Vorliegen eines Verfahrensfehlers
Gesetze: FGO § 76 Abs. 1, FGO § 76 Abs. 2, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Rechtsanwalt und Steuerberater, ein bebautes Grundstück aus betrieblichen Gründen im Wege der Zwangsversteigerung erworben hat. Dieses Grundstück gehörte einer seiner Mandantinnen, der er es erhalten wollte. Wegen Schwierigkeiten bei der Finanzierung des in Aussicht genommenen Kaufpreises kam es nicht zu einem Rückerwerb durch die Mandantin oder Angehörige ihrer Familie. Für die Jahre 1995 bis 1998 erklärte der Kläger Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus diesem Grundstück, das bis dahin keinen Eingang in seine betriebliche Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gefunden hatte. Erst für das Streitjahr 1998 trug er vor, dass der Verlust aus der Veräußerung des Objektes seinen freiberuflichen Einkünften zuzurechnen sei. Er habe seinerzeit die anwaltliche Beratung der ehemaligen Eigentümerin übernommen und im wirtschaftlichen Interesse seiner Mandantin das Objekt ersteigert als Teil eines Gesamtauftrages der Mandantin. Tätigkeiten dieser Art fielen grundsätzlich in den Bereich anwaltlichen Wirkens.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—), lehnte die steuerliche Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes im Rahmen der Einkünftefeststellung für die Einzelpraxis des Klägers ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet.
Der Kläger macht die Verletzung des rechtlichen Gehörs, unrichtige beziehungsweise unvollständige richterliche Hinweise, einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und unvollständige Sachverhaltsermittlung als Verfahrensmängel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. Die geltend gemachten Mängel sind nicht feststellbar.
1. Ein Verstoß des Finanzgerichts (FG) gegen die Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) liegt ersichtlich nicht vor. Das FG hat den Sachverhalt erschöpfend ausgewertet, ohne dabei gegen den klaren Inhalt der Akten zu verstoßen. Es war nicht gehalten, solchen betrieblichen Gründen des Klägers für den Erwerb des Hauses seiner Mandantin nachzuspüren und diese gegebenenfalls aufzudecken, die der fachkundige Kläger in einem insgesamt mehrere Jahre währenden Verfahren selbst nicht vorgebracht hat.
2. Dem Kläger war nicht das rechtliche Gehör versagt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst in erster Linie das durch § 96 Abs. 2 FGO gewährleistete Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Ergehen einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern (Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10a, m.w.N.). Darüber hinaus haben die Beteiligten einen Anspruch darauf, dem Gericht auch in rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was sie für wesentlich halten. Diesen Ansprüchen entspricht die Pflicht des Gerichts, Anträge und Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 119, Rz 10a, m.w.N.). Aus den Akten des FG ist weder ersichtlich, dass der Kläger im Prozess gehindert gewesen wäre, schriftsätzlich und in der mehrstündigen mündlichen Verhandlung alles aus seiner Sicht Wesentliche vorzutragen, noch dass das Gericht Vortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hätte.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger vom FG bereits mit Schreiben vom gebeten wurde, die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben, dass aber der nunmehr nach Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens erfolgte Sachvortrag nicht Gegenstand der daraufhin erfolgten Klagebegründung war, und dass zudem der Kläger nichts auf die Stellungnahme des FA erwidert hat, wonach bei dem „vergleichsweise kleinen Mandat” der Kläger das Risiko der Ersteigerung des Grundstücks im eigenen Namen und für eigene Rechnung im Bereich originärer anwaltlicher Tätigkeit nicht eingegangen wäre.
Soweit der Kläger geltend macht, er hätte seinen Sachvortrag ergänzt, wenn das FG seine bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erteilten richterlichen Hinweise korrigiert beziehungsweise ergänzt hätte, ist angesichts des Verfahrensverlaufs nicht ersichtlich, dass das Unterbleiben eines ergänzenden Sachvortrags auf ein irreführendes Verhalten des Gerichts zurückzuführen wäre. Denn selbst wenn die behauptete Äußerung des Vorsitzenden Richters in einem aus anderem Grunde geführten Telefonat mit dem Kläger wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung gefallen sein sollte, wonach der Senat die „Absicht” habe, „die betriebliche Veranlassung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks anzuerkennen”, mochte der sachkundige Kläger daran zwar die Hoffnung auf einen Klageerfolg knüpfen. Angesichts der noch ausstehenden mündlichen Verhandlung einschließlich der Durchführung einer Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und der abschließenden Beratung unter Einbeziehung der ehrenamtlichen Richter musste ihm aber als einem prozesserfahrenen Beteiligten jedenfalls klar sein, dass das Ergebnis des Klageverfahrens noch nicht feststehen konnte und es deshalb keinen objektiven Grund gab, die Erfüllung der eigenen prozessualen Mitwirkungspflichten oder der Obliegenheiten bei der Verfolgung des eigenen Anspruchs zu beschränken. Eine weitere Inaussichtstellung einer Klagestattgabe in der mündlichen Verhandlung lässt sich dem umfangreichen Sachprotokoll nicht entnehmen. Im Übrigen wären auch daran keine weiteren prozessrechtlichen Folgen geknüpft.
Der vorliegende Fall lässt sich nicht mit dem Sachverhalt vergleichen, der dem (BFHE 223, 308, BStBl II 2009, 309) zu Grunde lag, in dem der IX. Senat einen Verstoß gegen die Anforderung eines fairen Verfahrens wie auch des rechtlichen Gehörs darin gesehen hat, dass das FG im Widerspruch zu seiner vorherigen eindeutigen und mit Gründen versehenen schriftlichen Äußerung die Klage im schriftlichen Verfahren abgewiesen hat.
Fundstelle(n):
SAAAD-25206