BFH Urteil v. - IX R 12/08

Nach § 2 Abs. 2 EigZulG a.F. begünstigte Erweiterung nur bei Abgeschlossenheit der Wohnung; Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 4 Satz 2 EigZulG

Leitsatz

Gemäß § 2 Abs. 2 EigZulG in der in 2002 geltenden Fassung (a.F.) stehen Erweiterungen an einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus der Herstellung einer Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 1 EigZulG a.F. gleich. Bemessungsgrundlage für den Fördergrundbetrag sind nach § 8 Satz 2 EigZulG a.F. die Herstellungskosten für eine Erweiterung an einer schon vorhandenen Wohnung, wenn unter wesentlichem Bauaufwand neuer Wohnraum geschaffen wird, der dieser Wohnung zugerechnet werden kann.
Eine nach § 2 Abs. 2 EigZulG a.F. begünstigte Erweiterung liegt nur vor, wenn die (vergrößerte) Wohnung nach wie vor abgeschlossen ist.
Eine Nutzung "zu eigenen Wohnzwecken" im Sinne des § 4 Satz 2 EigZulG a.F. ist selbst dann gegeben, wenn die mit dem Eigentümer in der Wohnung lebenden Angehörigen ihr Nutzungsrecht auf der Grundlage eines - auch dinglich gesicherten - Wohnungsrechts ausüben und sich das Nutzungsrecht des Eigentümers insoweit nicht aus dem Eigentumsrecht, sondern aus einer Überlassung durch die Angehörigen aufgrund von deren Wohnungsrecht ableitet.
Dies gilt nicht nur für eine Haushaltsgemeinschaft zwischen dem Eigentümerehegatten und einem dinglich berechtigten Ehepartner, sondern auch für die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch den Eigentümer und dessen Familienangehörige.

Gesetze: EigZulG § 2 Abs. 2, EigZulG § 4 Satz 2

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt mit notariell beurkundetem Schenkungsvertrag vom . 2001 das Eigentum an dem Anwesen 1 und 2 von seinen Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbregelung unentgeltlich übertragen. Nach § 6 des Schenkungsvertrages räumte der Kläger seinen Eltern als Gesamtberechtigten das lebenslängliche Wohnungsrecht gemäß § 1093 des Bürgerlichen Gesetzbuches in den Erdgeschossräumen des Hauses 1 einschließlich des Nutzungsrechts an einer im Hause befindlichen Garage ein; die Eintragung des Wohnungsrechts in das Grundbuch wurde mit Ergänzungserklärung vom…2001 beantragt. Der Kläger hat eigenen Angaben zufolge bis ein Zimmer im 1. Stock des Anwesens 1 bewohnt und zusätzlich die den Eltern überlassene Wohnung mitbenutzt; in der Folgezeit habe er mit seiner Familie im Anwesen 2 gewohnt.

Im Jahr 2002 ließ der Kläger auf dem schon bisher vorhandenen, jedoch sanierungsbedürftigen und zu den Räumen des Erdgeschosses im Haus 1 gehörenden Balkon einen Wintergarten anbauen, der sowohl von der von den Eltern genutzten Wohnung als auch —über eine bewegliche Treppenkonstruktion— vom Garten aus betreten werden kann, soweit er nicht von innen verriegelt ist. Auf Antrag des Klägers gewährte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) mit Bescheid vom für die Erweiterung der von den Eltern genutzten Wohnung durch den Anbau des Wintergartens eine Eigenheimzulage ab dem Jahr 2002. Der Kläger hatte in seinem Antrag auf Eigenheimzulage vom unter anderem angegeben, dass der Ausbau bzw. die Erweiterung durch den Wintergarten seinen Eltern seit dem zur unentgeltlichen Nutzung überlassen werde. Nachdem das FA im Zuge der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung 2005 von dem notariellen Schenkungsvertrag vom…2001 erstmals Kenntnis erlangt hatte, hob es mit Bescheid vom die Festsetzung der Eigenheimzulage auf; es vertrat insoweit die Auffassung, dass der Wintergarten Bestandteil der mit dem dinglichen Wohnrecht belasteten Wohnung geworden sei und von dem Nutzungsrecht der Eltern miterfasst werde. Daher nutzten diese den zusätzlichen Wohnraum aus eigenem Recht. Eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung durch den Kläger liege nicht vor, weshalb die zu Unrecht gewährte Eigenheimzulage nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung zurückzufordern sei.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, dass nur die von den Eltern genutzte, wohnrechtsbelastete Wohnung im Haus 1 mit dem Wintergarten i.S. des § 2 Abs. 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) in der im Streitjahr geltenden Fassung —a.F.— erweitert worden sei; demgegenüber liege keine Erweiterung der (später) von dem Kläger im Haus 2 zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung vor. Überdies habe der Kläger die von den Eltern genutzte, wohnrechtsbelastete Wohnung nicht i.S. des § 4 EigZulG a.F. „zu eigenen Wohnzwecken” genutzt. Auch wenn man davon ausgehe, dass der Kläger bis im 1. Stock des Anwesens 1 gewohnt und zusätzlich die den Eltern überlassene Wohnung mitbenutzt habe, liege hierin nicht eine Nutzung der elterlichen Wohnung „zu eigenen Wohnzwecken”, da die Mitbenutzung dieser Räume nicht auf dem Eigentumsrecht, sondern auf einem von den Wohnrechtsberechtigten abgeleiteten Recht beruhe.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 2 Abs. 2, § 4 Satz 1 und § 8 Satz 2 EigZulG a.F.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil des FG sowie den Aufhebungsbescheid des FA vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben,

hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Das FG hat es zutreffend abgelehnt, den Wintergarten als Erweiterung der späteren Wohnung des Klägers im Gebäude 2 anzusehen.

Gemäß § 2 Abs. 2 EigZulG a.F. stehen Erweiterungen an einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus der Herstellung einer Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG a.F. gleich. Bemessungsgrundlage für den Fördergrundbetrag sind nach § 8 Satz 2 EigZulG a.F. die Herstellungskosten für eine Erweiterung an einer schon vorhandenen Wohnung, wenn unter wesentlichem Bauaufwand neuer Wohnraum geschaffen wird, der dieser Wohnung zugerechnet werden kann. Denn nach seinem im Wortlaut der Vorschrift zum Ausdruck kommenden Förderzweck begünstigt § 2 Abs. 2 i.V.m. § 8 Satz 2 EigZulG a.F. die Herstellungskosten einer Wohnung, deren Wohnfläche dadurch vergrößert werden soll (, BFH/NV 2007, 2076, m.w.N.).

Eine nach § 2 Abs. 2 EigZulG a.F. begünstigte Erweiterung liegt indes nur vor, wenn die (vergrößerte) Wohnung nach wie vor abgeschlossen ist; hieran fehlt es im Streitfall. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angefochtenen und damit den Senat i.S. des § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG war der Wintergarten für den Kläger nur durch die Wohnung seiner Eltern (im Gebäude 1) oder über den Garten begehbar. Er war damit nicht im Sinne einer baulichen Abgeschlossenheit in die —ab Juni 2005 genutzte— Wohnung des Klägers im Gebäude 2 integriert.

2. Demgegenüber ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass im Streitfall eine Nutzung der Wohnräume im Erdgeschoss des Anwesens 1 durch den Kläger „zu eigenen Wohnzwecken” i.S. des § 4 Satz 2 EigZulG a.F. schon deshalb ausscheidet, weil an den genannten Wohnräumen ein Wohnungsrecht der Eltern bestand.

Das Tatbestandsmerkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” ist als tatsächlicher Vorgang —das Bewohnen durch den Eigentümer und die mit ihm in der Wohnung lebenden Personen— zu verstehen, so dass eine solche Nutzung selbst dann bejaht wird, wenn die dort mitwohnenden Angehörigen ihr Nutzungsrecht auf der Grundlage eines —auch dinglich gesicherten— Wohnungsrechts ausüben und sich das Nutzungsrecht des Eigentümers insoweit nicht aus dem Eigentumsrecht, sondern aus einer Überlassung durch den Angehörigen aufgrund von dessen Wohnungsrecht ableitet. Dies gilt nicht nur für eine Haushaltsgemeinschaft zwischen dem Eigentümerehegatten und einem dinglich berechtigten Ehepartner (s. hierzu , BStBl II 2002, 380), sondern auch für die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch den Eigentümer und dessen Familienangehörige (vgl. , nicht veröffentlicht, juris); zur letztgenannten Gruppe zählen auch die Eltern des Eigentümers.

Das Urteil der Vorinstanz beruht auf einer abweichenden Auslegung von § 4 Satz 2 EigZulG a.F. und ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Vorinstanz hat, da sie den Anspruch des Klägers schon dem Grunde nach verneint hat, keine ausreichenden Feststellungen darüber getroffen, ob der vom Kläger zum Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern und zur Mitbenutzung der Erdgeschossräume vorgetragene Sachverhalt zutreffend ist. Zur weiteren Aufklärung der damit im Zusammenhang stehenden Umstände muss die Rechtssache an das FG zurückverwiesen werden.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1240 Nr. 8
VAAAD-24084