Abgrenzung zwischen Arbeitslohn und verdeckter Gewinnausschüttung; Privatnutzung eines Dienstwagens durch GmbH-Gesellschaftergeschäftsführer
Leitsatz
1. Nutzt der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ein Fahrzeug privat auf Grundlage einer im Anstellungsvertrag ausdrücklich zugelassenen Nutzungsgestattung, liegt keine vGA, sondern ein lohnsteuerlich erheblicher Vorteil vor.
2. Eine vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht stets als Arbeitslohn zu qualifizieren (Senatsbeschluss vom VI ER-S 4/07).
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2EStG § 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative
Instanzenzug:
Gründe
I. Im finanzgerichtlichen Ausgangsverfahren war im Rahmen der Überprüfung eines Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheids streitig, ob für die private Nutzung eines Firmenwagens durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ein geldwerter Vorteil als Arbeitslohn oder als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu versteuern ist.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) erließ gegen die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) einen Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheid. Grundlage war die Feststellung, dass der Geschäftsführer der Klägerin einen Dienstwagen zur Verfügung hatte, dessen private Nutzung bisher nicht versteuert worden war. Der Geschäftsführervertrag sah insoweit vor: „Der Geschäftsführer kann für die Dauer des Dienstverhältnisses einen Firmenwagen beanspruchen, der auch zu privaten Zwecken benutzt werden darf.”
Das Finanzgericht (FG) wies die gegen den Bescheid erhobene Klage ab. Das FA habe zu Recht eine private Nutzung des Kraftfahrzeugs durch den Gesellschafter-Geschäftsführer nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt und den Vorteil als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt. Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liege nicht vor, weil der Vertrag mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer ausdrücklich die private Nutzung zulasse, so dass er das Fahrzeug nicht ohne entsprechende Erlaubnis der Gesellschaft für private Zwecke genutzt habe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und die Notwendigkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) geltend.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2008, 1838, m.w.N.).
Eine solche grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage wirft die Klägerin im Streitfall nicht auf. Denn jedenfalls für die hier vorliegende Sachverhaltskonstellation, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer ein Fahrzeug nicht vertragswidrig privat nutzt, sondern sich auf eine im Anstellungsvertrag ausdrücklich zugelassene Nutzungsgestattung stützen kann, besteht keine klärungsbedürftige Rechtsfrage. Nach übereinstimmender Auffassung des I. Senats und des VI. Senats des BFH liegt in diesen Fällen ein lohnsteuerlich erheblicher Vorteil und keine vGA vor.
Der VI. Senat des BFH hatte auf Anfrage des I. Senats mitgeteilt, nicht mehr an seinen Beschlüssen vom VI B 258/98 (BFH/NV 1999, 1330), vom VI B 281/01 (BFH/NV 2004, 488) und vom VI B 59/04 (BFH/NV 2005, 1300) festzuhalten, dass die vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer stets als Arbeitslohn zu qualifizieren sei (Senats-Beschluss vom VI ER-S 4/07). In Übereinstimmung damit hatte der I. Senat sodann auch entschieden, dass eine vertragswidrige private PKW-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft in Höhe der Vorteilsgewährung eine vGA darstelle und der Vorteil nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit 1 % des Listenpreises, sondern nach Fremdvergleichsmaßstäben mit dem gemeinen Wert der Nutzungsüberlassung zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags zu bewerten sei (, BFHE 220, 276).
Nach den Feststellungen des FG liegt indessen im Streitfall keine vertragswidrige Nutzung eines Firmenfahrzeugs vor. Denn unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen, nach denen der Geschäftsführer für die Dauer des Dienstverhältnisses einen Firmenwagen beanspruchen kann, der auch zu privaten Zwecken benutzt werden darf, konnte das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der nicht nur möglichen, sondern nahe liegenden tatsächlichen Würdigung gelangen, dass im Streitfall die private Fahrzeugbenutzung durch den Geschäftsführervertrag ausdrücklich gestattet worden war. Auf dieser Grundlage konnte es eine vGA ausschließen und Arbeitslohn annehmen. Die Klägerin kann deshalb insbesondere nicht mit dem Vorbringen gehört werden, dass die Vereinbarung über die Nutzung des Firmenwagens im Geschäftsführervertrag durch die dort verwendeten Begriffe „kann” und „darf” keine ausdrückliche Erlaubnis darstelle. Denn ungeachtet der Frage, ob diese Begriffe überhaupt im Sinne des doch eher fern liegenden Verständnisses der Klägerin so aufgefasst werden könnten, wäre der Senat im Falle der Zulassung der Revision jedenfalls an die anders lautende tatsächliche Würdigung des FG gebunden.
Soweit die Klägerin daher vorbringt, dass die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine private Kraftfahrzeugnutzung, die ohne Vereinbarung erfolgt oder die über die getroffene Vereinbarung hinaus geht, als vGA oder als Arbeitslohn zu erfassen ist, grundsätzliche Bedeutung habe, könnte diese Frage —die grundsätzliche Bedeutung unterstellt— jedenfalls im Streitfall in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entschieden werden.
2. Aus den nämlichen Gründen erfordert der Streitfall auch keine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die Revision ist daher auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zuzulassen. In diesem Sinne ist eine Entscheidung des BFH u.a. dann erforderlich, wenn im Falle der sog. Divergenz das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (vgl. BFH-Beschlüsse vom VI B 70/07, BFH/NV 2008, 216; vom VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53, jeweils m.w.N.). Solche divergierenden Rechtssätze hat das FG mit der hier streitigen Entscheidung und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des I. Senats des BFH (in BFHE 220, 276) indessen aus den vorstehend genannten Gründen nicht in entscheidungserheblicher Weise aufgestellt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2010 II Seite 234
BB 2009 S. 1443 Nr. 27
BFH/NV 2009 S. 1188 Nr. 7
BFH/PR 2009 S. 283 Nr. 8
BStBl II 2010 S. 234 Nr. 4
DB 2009 S. 1442 Nr. 27
DStRE 2009 S. 779 Nr. 13
DStZ 2009 S. 539 Nr. 15
EStB 2009 S. 228 Nr. 7
FR 2009 S. 1009 Nr. 21
GmbH-StB 2009 S. 183 Nr. 7
GmbHR 2009 S. 779 Nr. 14
HFR 2009 S. 779 Nr. 8
KÖSDI 2009 S. 16551 Nr. 7
NJW 2009 S. 3472 Nr. 47
NJW-RR 2009 S. 1410 Nr. 20
NWB-Eilnachricht Nr. 26/2009 S. 1972
StB 2009 S. 219 Nr. 7
StBW 2009 S. 4 Nr. 13
StC 2009 S. 7 Nr. 8
StuB-Bilanzreport Nr. 12/2009 S. 473
WPg 2009 S. 929 Nr. 18
YAAAD-22758