Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BetrVG § 19; WO § 2 Abs. 4 S. 4; WO § 3 Abs. 4; WO § 7 Abs. 2 S. 2
Instanzenzug: LAG Niedersachsen, 4 TaBV 85/06 vom ArbG Hannover, 1 BV 11/06 vom
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der am durchgeführten Betriebsratswahl.
Die zu 1) bis 4) beteiligten Antragsteller sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der zu 5) beteiligten Arbeitgeberin, bei der es sich um ein auf dem Gebiet der Mobilfunktechnik und Telekommunikation weltweit tätiges Unternehmen handelt. Die Arbeitgeberin unterhält neben mehreren inländischen Betriebsstätten Projektbüros in Bhutan, Kuwait, Mosambik und Kasachstan.
Für die Betriebsratswahl am konnten nach dem Wahlausschreiben vom Wahlvorschläge bis Mittwoch, den 18.00 Uhr, eingereicht werden. Nach der Wählerliste waren 133 Arbeitnehmer wahlberechtigt. Das Wahlausschreiben enthielt ua. einen Hinweis auf den beabsichtigten Aushang der Wahlvorschläge in einem Teil der inländischen Betriebsstätten und den im Ausland gelegenen Projektbüros sowie über eine Einsichtnahmemöglichkeit der Wählerliste und der Wahlordnung im Intranet der Arbeitgeberin. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist ein Aushang des Wahlausschreibens in den Betriebsstätten München, Köln, Düsseldorf, Rodenbach, Berlin, Leipzig und Dresden unterblieben.
Der Wahlvorstand leitete das Wahlausschreiben in deutscher und englischer Sprache mit einer am versandten E-Mail allen wahlberechtigten Arbeitnehmern der Arbeitgeberin zu. Darüber hinaus wurde das Wahlausschreiben in den als "Whiteboard-Datenbank" bezeichneten Teil des Intranets der Arbeitgeberin unter dem Menüpunkt "Betriebsratswahl 2006" eingestellt. Auf die Dateien dieses Ordners konnten neben dem Vorsitzenden des Wahlvorstands auch die bei der Arbeitgeberin beschäftigten drei Systemadministratoren zugreifen, die nicht Mitglieder des Wahlvorstands waren.
Der Beteiligte zu 1) reichte am um 13.05 Uhr beim Wahlvorstand eine Wahlvorschlagsliste mit dem Kennwort "AIS 2006" ein. Die Liste bestand aus insgesamt sieben Seiten, von denen sechs Seiten Stützunterschriften enthielten. Der Beteiligte zu 1) hatte zuvor ein vollständig in schwarzer Maschinenschrift gehaltenes Formblatt erstellt, auf dem jeweils im oberen Teil die Namen der Beteiligten zu 1) bis 3) sowie der des Arbeitnehmers W als Wahlbewerber aufgeführt waren. Dieses Formblatt sandte der Beteiligte zu 1) per Mail an Arbeitnehmer in den Standorten der Arbeitgeberin in Berlin, Dresden, Bhutan und Kasachstan. Die dort beschäftigten Arbeitnehmer druckten sich das übersandte Formblatt teilweise aus und versahen es mit ihrer Unterschrift. Anschließend übermittelten sie das zuvor eingescannte Dokument auf elektronischem Weg an den Beteiligten zu 1) zurück. Am Standort Hannover unterzeichneten neun Arbeitnehmer das Formblatt. Anschließend versandte der Beteiligte zu 1) das mit den Unterschriften der Arbeitnehmer aus dem Standort Hannover versehene Dokument per Mail an den in Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer W, der es nach einem Ausdruck und der Unterzeichnung auf gleiche Weise an den Beteiligten zu 1) übermittelte. Dieser druckte sich das Dokument aus und ergänzte anschließend handschriftlich und in blauer Farbe die Namen der Wahlbewerber um den Namen des Bewerbers Uhlig. Dessen Name wurde von dem Beteiligten zu 1) auch auf den Vorschlagslisten aus den anderen Standorten handschriftlich eingetragen, wobei das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt hat, ob die Ergänzung der Namen der Wahlbewerber erst nach der Anbringung der Stützunterschriften erfolgt ist.
Der Wahlvorstand führte noch am eine Prüfung der von dem Beteiligten zu 1) eingereichten Wahlvorschlagsliste durch, über deren Umfang zwischen den Beteiligten Streit besteht. Am trat der Wahlvorstand erneut zusammen, um die Stützunterschriften auf den eingereichten Vorschlagslisten zu überprüfen. In dem Protokoll des Wahlvorstands vom heißt es dazu auszugsweise:
"Liste 3
Durch die handschriftliche Eintragung des 5. Bewerbers bestehen Zweifel, ob identische Ausfertigungen des Wahlvorschlags der Liste AIS 2006 im Umlauf waren (§ 8, Abs. 1, Satz 2).
Die Zweifel waren dadurch begründet, dass auf verschiedenen Kopien der aus unserer Sicht möglichen ursprünglichen Vorschlagsliste, der 5. Bewerber ebenfalls handschriftlich eingetragen und nicht als "kopierter" Eintrag zu erkennen war.
Beschluss:
a) Liste 3 wird noch nicht abgelehnt, da die Stützunterschriften auf der vermeintlichen Ursprungsliste ausreichend scheinen (9 Unterschriften)
b) Weitere Prüfung des Sachverhaltes intern und zusammen mit einem Anwalt wurde beschlossen."
Der Wahlvorstand teilte dem Beteiligten zu 1) mit Schreiben vom mit, dass seine Vorschlagsliste an einem nicht behebbaren Mangel leide und nicht zur Betriebsratswahl zugelassen werde.
In der Betriebsratswahl am wurde der aus sieben Mitgliedern bestehende und zu 6) beteiligte Betriebsrat gewählt. Das Wahlergebnis der Betriebsratswahl wurde am vom Wahlvorstand durch einen Aushang bekannt gegeben.
Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten. Sie haben die Auffassung vertreten, die Wahl sei unwirksam, weil gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen worden sei. Das Wahlausschreiben habe nicht an allen Standorten ausgehangen. Daneben habe der Wahlvorstand die Wahlvorschlagsliste "AIS 2006" nicht ordnungsgemäß geprüft und es unterlassen, Zweifel an der Wirksamkeit des Wahlvorschlags unverzüglich dem Beteiligten zu 1) als Listenführer mitzuteilen. Bei pflichtgemäßem Handeln des Wahlvorstands hätte noch vor dem Fristablauf um 18 Uhr ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht werden können.
Die Antragsteller haben beantragt,
die Betriebsratswahl vom für unwirksam zu erklären.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat gemeint, der unterbliebene Aushang des Wahlausschreibens in einigen Standorten sei unschädlich, weil die Bekanntgabe des Wahlausschreibens im Intranet der Arbeitgeberin den Anforderungen der Wahlordnung für eine Veröffentlichung in elektronischer Form genügt habe.
Das Arbeitsgericht hat die Wahl für unwirksam erklärt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Zurückweisungsantrag weiter, während die Beteiligten zu 1) bis 4) die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragen. Die Arbeitgeberin hat sich in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht am Verfahren beteiligt.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben dem Wahlanfechtungsantrag der zu 1) bis 4) beteiligten Antragsteller zu Recht stattgegeben. Die am im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl ist unwirksam. Bei der Wahl wurde gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen. Das Wahlausschreiben hat entgegen § 3 Abs. 4 Satz 1 WO nicht in allen Betriebsstätten der Arbeitgeberin ausgehangen. Daneben hat der Wahlvorstand gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, weil er die von dem Beteiligten zu 1) eingereichte Vorschlagsliste nur unzureichend geprüft und den gebotenen Hinweis auf die Ungültigkeit eines Teils der geleisteten Stützunterschriften unterlassen hat. Diese Verstöße konnten sich auf das Wahlergebnis auswirken.
I. Die Betriebsratswahl kann nach § 19 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG sind ua. drei wahlberechtigte Arbeitnehmer zur Anfechtung berechtigt. Die Anfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig.
Die zu 1) bis 4) beteiligten, bei der Arbeitgeberin beschäftigten Antragsteller haben die Betriebsratswahl vom fristgerecht angefochten. Das Wahlergebnis ist vom Wahlvorstand am bekannt gegeben worden. Der am beim Arbeitsgericht eingegangene Wahlanfechtungsantrag hat daher die Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gewahrt.
II. Das Wahlausschreiben vom ist entgegen § 3 Abs. 4 Satz 1 WO nicht hinreichend im Betrieb bekannt gemacht worden. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist ein Aushang des Wahlausschreibens in den Betriebsstätten München, Köln, Düsseldorf, Rodenbach, Berlin, Leipzig und Dresden unterblieben. Der Aushang des Wahlausschreibens in diesen Betriebsstätten war nicht deshalb entbehrlich, weil das Wahlausschreiben nach § 3 Abs. 4 Satz 3 WO iVm. § 2 Abs. 4 Satz 4 WO im Intranet der Arbeitgeberin bekannt gemacht worden ist. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Voraussetzungen für die Bekanntgabe des Wahlausschreibens ausschließlich in elektronischer Form im Streitfall nicht vorlagen.
1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 WO erlässt der Wahlvorstand spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe ein Wahlausschreiben. Mit Erlass des Wahlausschreibens ist die Betriebsratswahl nach § 3 Abs. 1 Satz 2 WO eingeleitet. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 WO ist ein Abdruck des Wahlausschreibens vom Tage seines Erlasses bis zum letzten Tag der Stimmabgabe an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand auszuhängen und in gut lesbarem Zustand zu erhalten. Ergänzend kann das Wahlausschreiben mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik bekannt gemacht werden (§ 3 Abs. 4 Satz 2 WO). Das Betriebsverfassungsgesetz und die zu seiner Durchführung erlassene Wahlordnung enthalten zwar keine ausdrückliche Regelung darüber, ob bei Betrieben mit mehreren räumlich von einander getrennten Betriebsstätten in jeder Betriebsstätte ein Abdruck des Wahlausschreibens auszuhängen ist oder ob der Aushang in einer Betriebsstätte oder in mehreren größeren Betriebsstätten genügt. § 3 Abs. 4 Satz 1 WO bestimmt aber, dass das Wahlausschreiben an Stellen ausgehängt wird, die den Wahlberechtigten zugänglich sind. Daraus sowie aus Sinn und Zweck der Regelungen über das Wahlausschreiben und dessen Bekanntmachung ergibt sich, dass grundsätzlich ein Aushang in allen Betriebsstätten erforderlich ist, in denen Wahlberechtigte beschäftigt sind. Wird das Wahlausschreiben gem. § 3 Abs. 4 Satz 2 WO ergänzend mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik bekannt gemacht, ist nur der Aushang maßgeblich, weil das Wahlausschreiben nur durch den Aushang wirksam erlassen werden kann ( - zu B I 1 der Gründe, AP WahlO BetrVG 1972 § 3 Nr. 1 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 3). Der Senat hat allerdings in der Vergangenheit in Betracht gezogen, dass ein zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtigender Wahlfehler nicht vorliegt, wenn zwar der Aushang des Wahlausschreibens unzureichend erfolgt ist, die elektronische Bekanntmachung aber den Anforderungen des § 3 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 2 Abs. 4 Satz 4 WO genügt ( - aaO.).
2. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat das Wahlausschreiben entgegen § 3 Abs. 4 Satz 1 WO in den Betriebsstätten München, Köln, Düsseldorf, Rodenbach, Berlin, Leipzig und Dresden nicht ausgehangen. Damit ist den wahlberechtigten Arbeitnehmern in diesen Betriebsstätten das Wahlausschreiben nicht zugänglich gemacht worden iSv. § 3 Abs. 4 Satz 1 WO.
3. Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Bekanntmachung des Wahlausschreibens nach § 3 Abs. 4 WO anzunehmen ist, wenn zwar sein Aushang an einer oder mehreren geeigneten Stellen iSd. § 3 Abs. 4 Satz 1 WO unterblieben ist, die Bekanntmachung des Wahlausschreibens in elektronischer Form aber den Anforderungen des § 3 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 2 Abs. 4 Satz 4 WO genügt. Die Voraussetzungen für die Bekanntmachung des Wahlausschreibens ausschließlich in elektronischer Form lagen nicht vor.
a) Nach § 3 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 2 Abs. 4 Satz 4 WO ist die Bekanntmachung des Wahlausschreibens ausschließlich in elektronischer Form nur zulässig, wenn alle Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen der Bekanntmachung nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können. Die ausschließlich dem Wahlvorstand vorbehaltene Änderungsbefugnis setzt voraus, dass der Inhalt der in elektronischer Form gehaltenen Bekanntmachung des Wahlausschreibens nur durch seine Mitglieder verändert werden kann. Die technischen oder organisatorischen Rahmenbedingungen im Betrieb müssen so beschaffen sein, dass der Zugriff auf das in elektronischer Form bekannt gemachte Dokument ausschließlich durch den Wahlvorstand erfolgt. Sind die Mitglieder des Wahlvorstands aufgrund ihrer Fachkenntnisse nicht in der Lage, die für die Veränderung des elektronischen Dokuments erforderlichen Verarbeitungsschritte durchzuführen, können sie sich der Hilfe von Dritten bedienen. Deren Hinzuziehung setzt aber zusätzliche Sicherungsmaßnahmen voraus, um die elektronische Bekanntmachung vor einer unbefugten Veränderung zu schützen (Schneider/Wedde ArbuR 2007, 26, 28; für eine Sicherung durch einen dem Wahlvorstand vorbehaltenen Zugriffscode: DKK/Schneider 11. Aufl. § 2 WO Rn. 9a; GK-BetrVG/Kreutz 8. Aufl. § 2 WO Rn. 14). Sind Dritte in der Lage, ohne Mitwirkung des Wahlvorstands das in elektronischer Form bekannt gemachte Wahlausschreiben tatsächlich zu verändern, genügt dies den Anforderungen des § 3 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 2 Abs. 4 Satz 4 WO auch dann nicht, wenn sie arbeitsrechtlich ohne Mitwirkung von Mitgliedern des Wahlvorstands hierzu nicht berechtigt sind (aA Jansen DB 2006, 334, 335). Dies folgt aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 4 Satz 4 WO, der auf das "Können" und nicht auf das "Dürfen", dh. die Befugnis zur Vornahme von Änderungen abstellt. Bei einer gegenteiligen Sichtweise wäre die Regelung in § 2 Abs. 4 Satz 4 WO weitgehend überflüssig. Änderungen des Wahlausschreibens dürfen ohnehin nur von den Mitgliedern des Wahlvorstands vorgenommen werden. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 4 WO liegen daher nicht mehr vor, wenn andere Mitarbeiter des Arbeitgebers, wie zB die Systemadministratoren ohne Mitwirkung des Wahlvorstands auf das Wahlausschreiben tatsächlich zugreifen können (Richardi/Thüsing BetrVG 11. Aufl. § 2 WO Rn. 16). Es stellt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch keinen Wertungswiderspruch dar, dass der Wahlvorstand nach § 3 Abs. 4 Satz 1 WO nicht verpflichtet ist, den Aushang des Wahlausschreibens vor Veränderungen durch Dritte besonders zu schützen. Etwaige Manipulationen des in Papierform verkörperten Aushangs sind für Außenstehende leichter erkennbar als Änderungen des in elektronischer Form bekannt gemachten Wahlausschreibens.
b) Zwar hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen, ob alle Arbeitnehmer von der elektronischen Bekanntmachung des Wahlausschreibens Kenntnis erlangen konnten. Hierauf kommt es aber nicht an, da der Wahlvorstand keine Vorkehrungen dahingehend getroffen hat, dass Änderungen der in elektronischer Form vorgenommenen Bekanntmachung des Wahlausschreibens nur von seinen Mitgliedern vorgenommen werden konnten. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist das Wahlausschreiben als eigenständiger Menüpunkt in die Whiteboard-Datenbank der Arbeitgeberin eingestellt worden. Auf diesen Teil des Intranets konnten neben dem Vorsitzenden des Wahlvorstands auch die drei Systemadministratoren zugreifen. Danach sind die Anforderungen des § 3 Abs. 4 Satz 3 WO iVm. § 2 Abs. 4 Satz 4 WO nicht erfüllt.
III. Das Landesarbeitsgericht ist weiterhin in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass bei der angefochtenen Betriebsratswahl auch deshalb gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen worden ist, weil der Wahlvorstand gegen seine ihm nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO obliegende Prüfungs- und Hinweispflicht verstoßen hat. Der Wahlvorstand konnte die von dem Beteiligten zu 1) am um 13.05 Uhr eingereichte Wahlvorschlagsliste "AIS 2006" zwar zunächst als ungültig ansehen, weil der Wahlvorschlag nicht die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften aufwies. Das Landesarbeitsgericht hat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zutreffend angenommen, dass eine Wahlvorschlagsliste ungültig ist, wenn ein bereits unterzeichneter Wahlvorschlag ohne Einverständnis der ihn unterstützenden Arbeitnehmer abgeändert wird ( - zu B 1 der Gründe, BAGE 24, 480 = AP BetrVG 1972 § 14 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 14 Nr. 1). Dies war vorliegend der Fall. Aufgrund der nachträglichen Aufnahme des Bewerbers Uhlig war nicht mehr gewährleistet, dass der Wahlvorschlag von den wahlberechtigten Arbeitnehmern getragen wurde, die vor der Änderung die Wahlvorschlagsliste unterzeichnet hatten. Dies führte jedenfalls zur Ungültigkeit der 10 Stützunterschriften aus den Standorten Hannover und Hamburg. Der Wahlvorschlag wurde danach nicht mehr von einer ausreichenden Anzahl von wahlberechtigten Arbeitnehmern unterstützt. Selbst wenn zu Gunsten der Antragsteller unterstellt würde, dass die verbleibenden fünf Stützunterschriften als gültig anzusehen gewesen wären, wäre die Wahlvorschlagsliste "AIS 2006" zum Zeitpunkt ihrer Einreichung beim Wahlvorstand nicht von der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BetrVG erforderlichen Mindestanzahl von sieben wahlberechtigten Arbeitnehmern getragen worden.
Der Wahlvorstand war aber nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verpflichtet, die eingereichte Wahlvorschlagsliste unverzüglich zu prüfen und den Beteiligten zu 1) als Listenvertreter auf das Fehlen einer ausreichenden Anzahl von Stützunterschriften hinzuweisen. Ein solcher Hinweis ist aufgrund der nur unzureichenden Prüfung der Vorschlagsliste "AIS 2006" durch den Wahlvorstand unterblieben.
1. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. "Unverzüglich" im Sinne der Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). § 7 Abs. 2 Satz 2 WO bestimmt zwar, dass die Wahlvorschläge möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen zu prüfen sind. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede innerhalb dieser Frist vorgenommene Prüfung als unverzüglich anzusehen ist. Wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ("möglichst") ergibt, handelt es sich bei der Frist von zwei Arbeitstagen nicht um eine starre Höchstfrist, die unter keinen Umständen überschritten und in jedem Fall ausgeschöpft werden darf, sondern lediglich um eine Regelfrist. In Ausnahmefällen kann daher die Prüfung des Wahlvorschlags und die Unterrichtung des Listenvertreters auch noch nach Ablauf von zwei Arbeitstagen "unverzüglich" sein, zB wenn Rückfragen bei den Listenvertretern über die Wählbarkeit eines Wahlbewerbers erforderlich sind. Umgekehrt kann auch die noch innerhalb der zweitägigen Frist erfolgende Prüfung des Wahlvorschlags und Unterrichtung des Listenvertreters nicht als "unverzüglich" iSd. Vorschrift anzusehen sein. Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es den Einreichern der Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen. Diese Möglichkeit darf ihnen nicht durch eine verzögerte Behandlung durch den Wahlvorstand genommen werden. Der Wahlvorstand hat daher die ihm obliegende Prüfung grundsätzlich so rechtzeitig vorzunehmen, dass die Einreicher einer ungültigen Vorschlagsliste nach Möglichkeit noch die Gelegenheit erhalten, vor Ablauf der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste einzureichen. Entsprechend dem Zweck des § 7 Abs. 2 Satz 2 WO besteht eine Pflicht zur möglichst raschen Prüfung und Unterrichtung insbesondere dann, wenn der Ablauf der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen unmittelbar bevorsteht. Am letzten Tag der Einreichungsfrist hat der Wahlvorstand Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammentreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Dies gilt namentlich dann, wenn bis zum letzten Tag vor Fristablauf noch keine Wahlvorschläge eingereicht wurden und der Wahlvorstand deshalb mit deren Eingang rechnen muss. Wird eine Vorschlagsliste erst kurz vor Ablauf der Frist beim Wahlvorstand eingereicht, tragen die Einreicher zwar grundsätzlich das Risiko, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht mehr innerhalb der Frist behoben werden kann. Das entbindet den Wahlvorstand jedoch nicht von der Pflicht, die Prüfung von Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit ggf. vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können ( - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34 = AP BetrVG 1972 § 14 Nr. 2 = EzA BetrVG 2001 § 14 Nr. 1). Die Prüfungspflicht des Wahlvorstands erstreckt sich auf alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe für den eingereichten Wahlvorschlag. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, seine Gültigkeit in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand bei einer Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann. Zu diesen kann auch ein ungewöhnliches äußeres Erscheinungsbild des Wahlvorschlags zählen (zB Radierungen, Streichungen oder Zusätze).
2. Danach hat der Wahlvorstand gegen die ihm nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO obliegende Prüfungs- und Hinweispflicht verstoßen.
Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Wahlvorstand angesichts der Auffälligkeiten im Schriftbild und bei den Schriftfarben Zweifel an der Gültigkeit der Vorschlagsliste "AIS 2006" haben musste, hält sich nicht nur im Rahmen des den Tatsachengerichten zustehenden Beurteilungsspielraums, sondern ist auch naheliegend. Denn der handschriftlich ergänzte Name des Bewerbers Uhlig erschien auf der vom Arbeitnehmer W endunterzeichneten Vorschlagsliste in blauer Farbe, während die in Maschinenschrift gehaltenen Namen der anderen Wahlbewerber sowie die eingescannten Stützunterschriften sämtlich in schwarzer Farbe wiedergegeben waren. Wäre der Name des Bewerbers Uhlig bereits von Beginn an auf dem vom Beteiligten zu 1) ausgedruckten Dokument enthalten gewesen, hätte er - wie die Namen der anderen Wahlbewerber - in schwarzer Farbe erscheinen müssen. Das Beschwerdegericht ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht von einem unzutreffenden Prüfungsmaßstab ausgegangen. Die Pflicht aus § 7 Abs. 2 Satz 2 WO ist nicht auf eine kursorische, dh. oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste beschränkt, sondern hat stets mit der gebotenen Sorgfalt zu erfolgen. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, wonach der Wahlvorstand diese Auffälligkeiten durch eine Rückfrage bei dem Beteiligten zu 1) als Listenvertreter aufklären und vorsorglich auf die mögliche Ungültigkeit der Vorschlagsliste hinweisen musste, erweist sich danach als zutreffend. Für eine nur unzureichende Prüfung des Wahlvorschlags spricht zudem, dass dem Wahlvorstand sowohl bei seiner am wie auch am folgenden Tag durchgeführten Prüfung nicht aufgefallen ist, dass der Wahlvorschlag von zwei Wahlbewerbern unterzeichnet war.
IV. Die festgestellten Verstöße gegen § 3 Abs. 4 Satz 1, § 7 Abs. 2 Satz 2 WO führen zur Unwirksamkeit der Wahl, weil hierdurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte.
1. Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., vgl. - zu B II 2 d aa der Gründe mwN, BAGE 115, 34 = AP BetrVG 1972 § 14 Nr. 2 = EzA BetrVG 2001 § 14 Nr. 1).
2. Es ist nicht auszuschließen, dass der unterbliebene Aushang des Wahlausschreibens in den Betriebsstätten München, Köln, Düsseldorf, Rodenbach, Berlin, Leipzig und Dresden Wahlberechtigte in diesen Betriebsstätten von der Einreichung einer eigenen Vorschlagsliste abgehalten hat, was möglicherweise zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte. Es ist auch nicht undenkbar, dass der Beteiligte zu 1) noch vor Ablauf der Einreichungsfrist am um 18 Uhr eine gültige Vorschlagsliste hätte einreichen können, wenn ihn der Wahlvorstand unverzüglich über den vorhandenen Mangel unterrichtet hätte. Gegenüber der entsprechenden Annahme des Landesarbeitsgerichts hat die Rechtsbeschwerde keine Rügen erhoben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2009 S. 2207 Nr. 41
DB 2009 S. 1302 Nr. 24
NAAAD-21995
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein