BSG Urteil v. - B 12 R 11/06 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art 3; GG Art 14; GG Art 20; SGB XI § 59 Abs 1; SGB V § 241; SGB V § 241a; SGB V § 247; SGB V § 249a; SGB VI § 68; SGB VI § 255e

Instanzenzug: SG Kassel, S 2 RA 2232/04 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Tragung des hälftigen Pflegeversicherungsbeitrags über den hinaus verlangen kann, ob der von ihm zu tragende Krankenversicherungsbeitrag ab allein nach der Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes ohne Erhebung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags zu berechnen und seine Bruttoaltersrente ab zumindest in Höhe der Inflationsrate anzupassen ist.

Der im Mai 1930 geborene Kläger bezieht seit Juni 1993 von dem beklagten Rentenversicherungsträger eine Altersrente für langjährig Versicherte. Er ist in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert und Mitglied der beigeladenen Krankenkasse sowie deren Pflegekasse. Von seiner Rente wurden die Hälfte der nach dem allgemeinen Beitragssatz berechneten Krankenversicherungsbeiträge und ab dem die Hälfte der an die Pflegeversicherung zu zahlenden Beiträge einbehalten. Die anderen Beitragshälften trug die Beklagte und führte die Gesamtbeiträge ab.

Mit Bescheid vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, für die Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung sei ab dem ein Beitragssatz von 14,7 vH statt bisher 15,2 vH zugrunde zu legen. Zudem seien ab dem von den Rentnern die Beiträge zur Pflegeversicherung nach dem Beitragssatz von 1,7 vH nicht mehr nur zur Hälfte, sondern in voller Höhe zu tragen und aus der Rente einzubehalten. Sie setzte für die Zeit ab unter Berücksichtigung der Bruttorente von 1.906,36 Euro den vom Kläger zu tragenden Krankenversicherungsbeitrag mit 140,11 Euro und den von ihm zu tragenden Pflegeversicherungsbeitrag mit 32,41 Euro fest. Der Zahlbetrag der Rente betrug 1.733,84 Euro. Den Widerspruch, mit dem sich der Kläger gegen seine Belastung mit dem vollen Pflegeversicherungsbeitrag und die Berechnung des Krankenversicherungsbeitrags nach dem allgemeinen statt dem ermäßigten Beitragssatz wandte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom zurück.

Der Kläger hat am Klage erhoben und sich weiter gegen seine Belastung mit dem vollen Pflegeversicherungsbeitrag und gegen die Anwendung des allgemeinen statt des ermäßigten Beitragssatzes zur Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge gewandt. Während des Klageverfahrens setzte die Beklagte mit der dem Kläger am zugegangenen undatierten "Mitteilung zur Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab " (iF: Mitteilung 2005) für die Zeit ab Juli 2005 den Rentenbruttobetrag unverändert mit 1.906,36 Euro, den vom Kläger zu tragenden Krankenversicherungsbeitrag aber mit 148,70 Euro fest. Der zuletzt genannte Betrag ergab sich aus dem vom Kläger hälftig zu tragenden Krankenversicherungsbeitrag nach einem Beitragssatz von nunmehr 13,8 vH statt vorher 14,7 vH und dem vom Kläger allein zu tragenden zusätzlichen Beitrag nach einem Beitragssatz von 0,9 vH (= 131,54 Euro + 17,16 Euro). Den vom Kläger zu tragenden Pflegeversicherungsbeitrag stellte sie unverändert mit 32,41 Euro fest. Der Zahlbetrag der Rente ab betrug nunmehr 1.725,25 Euro. Im anhängigen Klageverfahren wandte sich der Kläger auch gegen diesen Bescheid und machte geltend, die Höhe der von ihm zu tragenden Krankenversicherungsbeiträge sei verfassungswidrig. Die Beklagte wertete seine Ausführungen als Widerspruch gegen die Erhebung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags in der Mitteilung 2005 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom zurück. Die Erhebung des zusätzlichen Beitrags zur Krankenversicherung sei rechtmäßig. Der Kläger hat sich mit der hiergegen am erhobenen Klage gegen die Tragung höherer monatlicher Beiträge zur Pflegeversicherung als der Hälfte des Beitrags, nämlich 16,20 Euro, und höherer Krankenversicherungsbeiträge als der Hälfte der nach dem ermäßigten für Versicherte ohne Krankengeldanspruch geltenden Beitragssatz von 12,9 vH berechneten Beiträge von 122,96 Euro sowie die unterbliebene Rentenanpassung ab gewandt und eine monatliche Nettorente von mindestens 1.767,20 Euro begehrt. Das Sozialgericht (SG) hat nach Verbindung der Verfahren die Klagen mit Urteil vom abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Klage auf Zahlung eines monatlichen Rentenbetrags von 1.767,20 Euro sei wegen bereits bestehender Rechtshängigkeit teilweise unzulässig. Im Übrigen seien die Klagen unbegründet, weil die Beklagte die Beiträge entsprechend den gesetzlichen Vorschriften berechnet habe und ein Verfassungsverstoß nicht ersichtlich sei. Auch die unterbliebene Rentenanpassung sei nicht verfassungswidrig.

Mit seiner vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger die Verletzung der Art 3, Art 14 und Art 20 GG durch die Auferlegung des vollen Pflegeversicherungsbeitrags gemäß § 59 Abs 1 SGB XI, die Erhebung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags nach §§ 241a, 249a SGB V, die Anwendung des allgemeinen statt des ermäßigten Beitragssatzes gemäß §§ 247, 241 SGB V und die unterbliebene Rentenanpassung ab aufgrund der §§ 68, 255e SGB VI. Die Erhebung des vollen Pflegeversicherungsbeitrags verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Sozialstaatsprinzip, weil es nicht gerechtfertigt sei, Rentner anders zu behandeln als pflichtversicherte Arbeitnehmer. Auch sei der rechtsstaatliche Vertrauensschutzgrundsatz verletzt und werde die Rente dadurch sozial nicht gerechtfertigt gekürzt. Dies gelte auch für die Erhebung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags. Die Anwendung des allgemeinen statt des für Versicherte ohne Krankengeldanspruch geltenden ermäßigten Beitragssatzes auf Rentner stelle eine sachwidrige Ungleichbehandlung dar, weil Rentner keinen Anspruch auf Krankengeld hätten. Bei sachgerechter Interessenabwägung habe der Gesetzgeber den Rentnern weitere Belastungen nicht zumuten dürfen. Durch die unterbliebene Rentenanpassung im Jahre 2005 werde in Art 14 Abs 1 GG eingegriffen. Durch die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors werde eine positive Anpassung auf Jahre hinweg vermindert, so dass der reale Wert von Rentenanwartschaften und Rentenansprüchen sinke. Die vermögensrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für Rentner seien hierdurch zunehmend eingeschränkt. Die Regelungen dienten nicht mehr dazu, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu verbessern oder zu erhalten, sondern dem politischen Ziel, eine langfristige Beitragssatzstabilität von 22 Prozentpunkten zu gewährleisten. Die Vielzahl gesetzgeberischer Maßnahmen seit dem habe nicht unerhebliche und nicht verfassungskonforme Auswirkungen auf den Zahlbetrag seiner Altersrente sowie seiner Gesamteinkünfte, da seit dem von ihm auch auf seine Versorgungsbezüge der volle Krankenversicherungsbeitrag zu entrichten sei. Auch würden Beiträge auf Einmalzahlungen von Versorgungsbezügen erhoben und Renten zunehmend besteuert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom und die "Mitteilung zur Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab " in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben, soweit ab dem ein vom Kläger zu tragender Pflegeversicherungsbeitrag von mehr als 16,20 Euro monatlich (hälftiger Pflegeversicherungsbeitrag), ab dem ein vom Kläger zu tragender Krankenversicherungsbeitrag von mehr als 131,54 Euro monatlich (hälftiger Beitrag nach dem allgemeinen Beitragssatz) und die Bruttorente (Wert des Rentenrechts) ab dem unverändert festgesetzt sind, und die Beklagte zu verurteilen, die Bruttorente ab dem zumindest in Höhe der Inflationsrate anzupassen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG die Klagen abgewiesen. Soweit der Kläger sich gegen die unterbliebene Rentenanpassung gewandt hat, war die Klage bereits unzulässig, weil es an dem erforderlichen Vorverfahren fehlte. Im Übrigen sind die Klagen unbegründet. Zutreffend hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom und mit der Mitteilung 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom für die Zeit ab festgestellt, dass der volle Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 32,41 Euro aus der Rente allein vom Kläger zu tragen ist, und für die Zeit ab den Bruttobetrag der Altersrente in unveränderter Höhe und den vom Kläger zu tragenden Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 148,70 Euro festgesetzt.

1. Der erkennende Senat ist für die Entscheidung über die Revision des Klägers zuständig. Wird eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Tragung und Höhe aus der Rente zu bemessender Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung angegriffen, hat nach der Geschäftsverteilung des Bundessozialgerichts (BSG) der 12. Senat zu entscheiden (vgl , SozR 2200 § 393a Nr 3 vom , B 12 RA 2/01 R, SozR 3-2500 § 247 Nr 2, und vom , B 12 RJ 4/05 R, BSGE 97, 292 = SozR 4-3300 § 59 Nr 1). Allerdings umfasst die Senatszuständigkeit keine Streitigkeiten über die Höhe der Rente. Nach der Geschäftsverteilung ist jedoch dann, wenn in einem Revisionsverfahren mehrere Ansprüche im Streit sind, für die verschiedene Senate zuständig sind, derjenige Senat insgesamt zuständig, in dessen Aufgabenbereich der Anspruch fällt, bei dem nach dem Revisionsbegehren der Schwerpunkt liegt. Hier liegt der Schwerpunkt beim Streit über die Tragung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie über die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge.

2. Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung sein Anfechtungsbegehren hinsichtlich der von ihm zu tragenden Krankenversicherungsbeiträge auf den Zeitraum ab beschränkt hat, war über den angefochtenen Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom nur noch insoweit zu entscheiden, als darin der von der Rente einzubehaltende, allein vom Kläger zu tragende Beitrag zur Pflegeversicherung ab in Höhe von nunmehr 32,41 Euro statt bisher 16,20 Euro festgestellt worden ist. Darüber hinaus war über die Anfechtungsklage gegen die Mitteilung 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom insoweit zu entscheiden, als die Beklagte mit diesem Bescheid festgestellt hat, dass ab die vom Kläger zu tragenden und von seiner Rente einzubehaltenden Krankenversicherungsbeiträge mehr als 131,54 Euro, nämlich insgesamt 148,70 Euro, betrugen und dass sich die Bruttorente nicht erhöhte.

3. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist unzulässig, soweit der Kläger sich gegen die zum festgesetzte Höhe der Bruttorente wendet und eine Rentenanpassung mindestens in Höhe der Inflationsrate begehrt. Es fehlt insoweit an der Durchführung des gemäß § 78 Abs 1 und 3 SGG erforderlichen Vorverfahrens. Dieses war nicht gemäß § 96 SGG (in der hier maßgebenden bis zum geltenden Fassung) entbehrlich, denn eine Festsetzung der Bruttorente war nicht Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens gegen den Bescheid vom . Die Höhe der Bruttorente ab hatte der Kläger zu keinem Zeitpunkt beanstandet. Die Feststellung der Bruttorente in der Mitteilung 2005 änderte oder ersetzte damit jedenfalls keine mit der Klage gegen den Bescheid vom angefochtene Feststellung zur Höhe der Bruttorente. Gegen die in der Mitteilung 2005 in unveränderter Höhe festgesetzte Bruttorente und die darin enthaltene Ablehnung einer höheren Bruttorente hat der Kläger keinen Widerspruch erhoben. Er hat zunächst nur die zusätzliche Belastung durch den von ihm allein zu tragenden zusätzlichen Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 0,9 vH neben der Tragung des vollen Pflegeversicherungsbeitrags angegriffen. Soweit er außerdem geltend gemacht hat, der in der Einführung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags liegende Verfassungsverstoß wiege umso schwerer, als es zu keiner Rentenerhöhung gekommen sei, ist dies Begründung für die Behauptung des Verfassungsverstoßes. Damit hat der Kläger jedoch die Entscheidung der Beklagten zur unterbliebenen Rentenanpassung gerade nicht angefochten. Folgerichtig hat er auch die Festsetzung einer höheren Bruttorente mit seinem Widerspruch nicht begehrt. Zu Recht ist daher die Beklagte insoweit nicht von einem Widerspruch des Klägers in Bezug auf die Höhe der Bruttorente ausgegangen und hat im Widerspruchsbescheid vom über die unterbliebene Rentenanpassung auch nicht entschieden. Als der Kläger erstmals mit seiner am erhobenen Klage die Rechtswidrigkeit der unterlassenen Rentenanpassung geltend machte, war die am beginnende Monatsfrist für die Einlegung des Widerspruchs gegen die in der Mitteilung 2005 enthaltenen Feststellungen bereits verstrichen.

4. Hinsichtlich der seiner Ansicht nach zu hohen Festsetzung der Pflege- und Krankenversicherungsbeiträge kann der Kläger sein Begehren zulässig mit der Anfechtungsklage verfolgen (BSG, Urteile des Senats vom , B 12 RJ 4/05 R, BSGE 97, 292 = SozR 4-3300 § 59 Nr 1, und vom , B 12 R 21/06 R, SozR 4-2500 § 241a Nr 1). Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zu Recht hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden den ab vom Kläger zu tragenden Beitrag zur Pflegeversicherung mit 32,41 Euro statt bisher 16,20 Euro festgesetzt (hierzu unten a.), ab den vom Kläger zu tragenden Krankenversicherungsbeitrag aus dem allgemeinen Beitragssatz in Höhe von 131,54 Euro und den vom Kläger allein zu tragenden zusätzlichen Beitragsteil nach einem Beitragssatz von 0,9 vH in Höhe von 17,16 Euro festgesetzt (hierzu unten b.). Einer Aussetzung des Verfahrens zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bedurfte es nicht, weil der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschriften in ihrer Anwendung auf den Kläger überzeugt ist. Dies gilt auch, wenn die den Kläger insgesamt treffenden Beitragslasten sowie die nicht erfolgte Rentenanpassung im Jahre 2005 mitberücksichtigt werden (dazu unten c.).

a. Die Beklagte als Rentenversicherungsträger war bei dem in der gesetzlichen Krankenkasse als Rentner pflichtversicherten Kläger für die Entscheidung über die Tragung und Höhe der Pflegeversicherungsbeiträge sachlich zuständig (vgl Urteil des Senats vom , B 12 RJ 4/05 R, BSGE 97, 292 = SozR 4-3300 § 59 Nr 1). In Anwendung der Vorschriften des SGB XI hat die Beklagte den vom Kläger zu tragenden und von der Rente einzubehaltenden Pflegeversicherungsbeitrag ab zutreffend mit 32,41 Euro berechnet. Gemäß § 55 Abs 1 Satz 1 SGB XI waren die aus der Rente zu zahlenden Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum ab dem nach einem Beitragssatz von 1,7 vH zu berechnen. Der nach § 20 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 11 SGB XI in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversicherte Kläger hatte nach § 59 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB XI idF des Art 6 Nr 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom (BGBl I S 3013) ab den aus der Rente zu zahlenden Pflegeversicherungsbeitrag allein zu tragen.

Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelung über die Beitragstragung in Anwendung auf den Kläger überzeugt. Die Neufassung des § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI hat für den Kläger ab faktisch eine Verdoppelung der aus der Rente zu tragenden Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung und insoweit eine Erhöhung der von der monatlichen Bruttorente vorzunehmenden Abzüge um 0,85 vH gegenüber dem bis zum geltenden Recht bewirkt, weil nach § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI in der zuvor geltenden Fassung die Hälfte des Beitrags vom Rentenversicherungsträger übernommen wurde. In seiner Entscheidung vom (B 12 RJ 4/05 R, BSGE 97, 292 = SozR 4-3300 § 59 Nr 1) hat der Senat ausgeführt, dass er die ab geltende Regelung nicht für verfassungswidrig hält. Er hat dabei offengelassen, ob bei Personen, deren Erwerbsphase erst nach Einführung der Pflegeversicherung endete und die deshalb mit ihren während der Erwerbsphase entrichteten Rentenversicherungsbeiträgen an der Finanzierung der Pflegeversicherungslasten noch beteiligt waren, die Änderung des § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI überhaupt in den Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG eingreift, auch für diesen Fall jedoch eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung angenommen und eine Verletzung des Art 14 Abs 1 GG auch unter Vertrauensschutzerwägungen - wie der Kläger sie geltend macht - verneint. Von einer - hier vom Kläger ebenfalls geltend gemachten - Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG war der Senat auch nicht überzeugt. Die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (, 1 BvR 740/07). Es hat ua ausgeführt, die hälftige Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger unterfalle nicht dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG. Soweit es sich um nur kurze Zeiträume handele, in denen der Rentner während seiner Erwerbstätigkeit durch die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen auch zur Finanzierung der Pflegeversicherung für Rentner beigetragen habe, fehle es für die Anerkennung einer dem Eigentumsschutz unterfallenden Leistung an einer erheblichen Eigenleistung. Zudem setze die Einbeziehung sozialversicherungsrechtlicher Positionen in den Eigentumsschutz voraus, dass diese für den Berechtigten von solcher Bedeutung seien, dass ihr Fortfall oder ihre Einschränkung die freiheitssichernde Funktion der Eigentumsgarantie wesentlich berühre. Bei den zusätzlich zu tragenden Beiträgen handele es sich um Beträge, welche für die existentielle Sicherung des Einzelnen nicht von Bedeutung seien und nicht zu wesentlichen Einschränkungen in der privaten Lebensführung zwängen. Die Abschaffung der hälftigen Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger sei von dem gewichtigen öffentlichen Interesse bestimmt gewesen, einem Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Rentenversicherung entgegenzuwirken. Der Gesetzgeber habe in Ansehung des erzielten dauerhaften Einspareffekts unter Ausschöpfung des ihm bei der Gestaltung des Sozialrechts zukommenden Spielraums die angegriffene Maßnahme als geeignet und erforderlich ansehen dürfen. Auch Art 2 GG sei deshalb nicht verletzt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Anwendung der Vorschriften über die Beitragstragung auf den Kläger zu einem anderen Ergebnis führt. Der Kläger bezieht seit dem Jahr 1993 eine Altersrente und hat damit zu keinem Zeitpunkt über seine Beiträge zur Rentenversicherung den Pflegeversicherungsschutz von Rentnern mitfinanziert.

b. Die Beklagte war auch für die Entscheidung über die Höhe der vom Kläger zu tragenden Krankenversicherungsbeiträge sachlich zuständig (vgl , SozR 3-2500 § 247 Nr 2, und vom , B 12 R 21/06 R, SozR 4-2500 § 241a Nr 1). Die Beklagte hat in Anwendung der Vorschriften des SGB V zutreffend den vom Kläger zu tragenden Krankenversicherungsbeitrag nunmehr mit 148,70 Euro festgesetzt. Seit dem waren aufgrund der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 247 SGB V die Beiträge zur Krankenversicherung aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr nach dem bis zum geltenden allgemeinen Beitragssatz (§ 241 SGB V) ihrer Krankenkasse - bis dahin bei der Krankenkasse des Klägers 14,7 vH -, sondern nach dem nunmehr geltenden allgemeinen Beitragssatz (§ 241 SGB V) von 13,8 vH und aufgrund von § 241a SGB V nach einem Beitragssatz von 0,9 vH als weiterem Beitragsteil ("zusätzlicher Krankenversicherungsbeitrag") zu erheben. Letzterer war anders als der Beitragsteil nach dem allgemeinen Beitragssatz nach dem ebenfalls am in Kraft getretenen § 249a Halbsatz 2 SGB V vom Rentner allein zu tragen. § 241a SGB V war durch Art 1 Nr 145 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz vom [BGBl I S 2190]) eingefügt und mit Wirkung zum durch Art 1 Nr 1 Buchst c) des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom (AnpassungsG, BGBl I S 3445) neu gefasst worden. Auch § 247 Abs 1 SGB V wurde mit Wirkung zum angepasst, § 249a Halbsatz 2 SGB V wurde zum eingefügt. Die Gesetzesänderungen haben faktisch für den Kläger zu einer Erhöhung des von ihm zu tragenden Krankenversicherungsbeitrags und insoweit zu einer Erhöhung der von der monatlichen Bruttorente vorzunehmenden Abzüge gegenüber dem bis zum geltenden Recht in Höhe von zusätzlichen 0,45 Beitragssatzpunkten geführt. Die rechnerische Aufspaltung des Beitragssatzes diente letztlich dazu, gesetzestechnisch einen Anknüpfungspunkt für die Änderung der Regelung über die Beitragstragung zu schaffen. Diese bewirkt eine Verschiebung der Beitragslast zum Nachteil der Versicherten (vgl zum Ganzen Urteil des Senats vom , B 12 R 21/06 R, BSGE 99, 19 RdNr 15 bis 17 = SozR 4-2500 § 241a Nr 1; vgl die nunmehr ab geltende Fassung der §§ 249, 249a SGB V, neu gefasst durch das Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften vom , BGBl I S 1066).

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Regelungen der §§ 247 Abs 1 Satz 1, 241a, 249a SGB V in der Fassung des AnpassungsG in Anwendung auf den Kläger verfassungswidrig sind. Bereits in seinem Urteil vom (B 12 R 21/06 R, BSGE 99, 19 = SozR 4-2500 § 241a Nr 1) hat der Senat ua ausgeführt, dass Rentner, die wie der Kläger mit ihren während der Erwerbsphase entrichteten Rentenversicherungsbeiträgen an der Finanzierung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligt waren, durch die Regelung zur alleinigen Tragung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags selbst bei Heranziehung des Art 14 GG als Maßstabsnorm in ihrem Eigentumsgrundrecht nicht verletzt sind, weil für die Inhalts- und Schrankenbestimmung legitimierende Gründe bestehen. Die Beitragsverschiebung zu Lasten von Arbeitnehmern und Rentnern stand nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Finanzierung der Aufwendungen für das - im Wesentlichen von den Arbeitnehmern - in Anspruch genommene Krankengeld. Vielmehr wurde das auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung verfassungsrechtlich legitime Anliegen verfolgt, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten ökonomischen und demographischen Bedingungen anzupassen. Es durften insbesondere die nachteiligen Folgen von Beitragserhöhungen für Wachstum und Beschäftigung als bedeutsam angesehen und die Auswirkungen steigender Arbeitskosten auf die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend gewichtet werden. Soweit es die Rentner betrifft, durften sie in angemessenem Umfang an der Finanzierung der auf sie entfallenden Leistungsaufwendungen beteiligt und entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen werden. Der Senat hat die Beitragsverschiebung zu Lasten der Rentner auch im engeren Sinne als verhältnismäßig angesehen und darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf den Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Anpassung rentenrechtlicher Positionen besteht (vgl im Einzelnen Urteil des Senats vom , aaO, RdNr 18 ff). Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt auch die Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes statt des ermäßigten Beitragssatzes nach § 247 Abs 1 SGB V nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Zwar war nach § 243 Abs 1 SGB V der Beitragssatz zu ermäßigen, wenn kein Anspruch auf Krankengeld bestand oder die Krankenkasse aufgrund von Vorschriften des SGB V für einzelne Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen beschränkte. Der Kläger hat als Rentner auch keinen Anspruch auf Krankengeld. Die Vorschriften der §§ 241 bis 243 SGB V, die eine Differenzierung des Beitragssatzes nach dem Risiko der Inanspruchnahme von Krankengeld vorsahen, mussten nicht auch auf Personen, die als Rentner nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V versicherungspflichtig sind und als solche mangels versicherungspflichtiger Beschäftigung keinen Anspruch auf Krankengeld erwerben können, erstreckt werden. Vielmehr konnte - wie der Senat im Zusammenhang mit der Beitragserhebung auf Versorgungsbezüge bereits in seinem Urteil vom (B 12 KR 29/04 R, SozR 4-2500 § 248 Nr 1) ausgeführt hat - für die versicherungspflichtigen Rentenbezieher mit § 247 SGB V eine beitragsrechtliche Sonderregelung geschaffen werden. Der Senat hat zur Begründung darauf hingewiesen, dass seit Einführung der Krankenversicherung der Rentner im Jahr 1956 die Rentner stets als besondere Gruppe behandelt und die Beitragssätze besonders geregelt wurden (vgl im Einzelnen aaO, RdNr 20 bis 23).

c. Die im Revisionsverfahren überprüften "Verschlechterungen" im Beitragsrecht der gesetz lichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung stellen gemessen an Art 14 GG, auch im Kontext anderer Beitragserhöhungen der letzten Jahre, der "Einschnitte" im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung wie dem Unterbleiben von Rentenanpassungen in den Jahren 2004 und 2005 sowie der ab 2005 schrittweise beginnenden Besteuerung von Renten entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung keine Überforderung der Rentner dar. Vor dem Hintergrund der sich verändernden ökonomischen und demographischen Rahmenbedingungen, mit dem Ziel der Stabilisierung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung und, um dem sich vertiefenden Finanzierungsdefizit in der gesetzlichen Rentenversicherung im Übrigen entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber in den Jahren 2004 und 2005 bei Rentnern punktuell und situativ Maßnahmen ergriffen, die den monatlichen Rentenzahlbetrag sukzessive minderten. Soweit die Minderung der monatlichen Nettorente in den vergangenen Jahren auf einer Erhöhung der Beitragslast beruht, hat der Senat diese in seinem Urteil vom (B 12 R 21/06 R, SozR 4-2500 § 241a Nr 1 RdNr 29) im Rahmen einer auch kumulative Effekte einbeziehenden verfassungsrechtlichen Betrachtungsweise als nicht so gewichtig angesehen, dass sie die Legitimation des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsrechtlich in Frage stellt. Der Senat hat hierzu ausgeführt, dass er bei der Summierung nur im Hinblick auf das Eigentumsrecht relevante "Verschlechterungen" im Beitragsrecht für Rentner in den Blick nimmt, solche in der Überbürdung der zweiten Beitragshälfte in der sozialen Pflegeversicherung zum und in der Einführung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags zum gesehen und beide Maßnahmen als typischerweise nicht derart niveausenkend betrachtet, dass die Rente dadurch ihre prinzipielle Struktur und ihre Funktion als freiheits- und existenzsichernde Leistung verliert. Kriterien dafür, ob und ggf welche weiteren Belastungen, die bei Rentnern durch gesetzliche Regelungen eingetreten sind, bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Zulässigkeit von Beitragslasterhöhungen mitzuberücksichtigen sind, hat der Senat nicht. Solche sind bisher auch nicht ersichtlich. Selbst wenn aber die im Unterbleiben der Rentenanpassungen liegenden nachteiligen Veränderungen im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung in eine "additive" Betrachtung einzubeziehen wären, hielte der Senat an seiner bisherigen Beurteilung fest. Ob Rentenanpassungen überhaupt von Bedeutung für das Eigentumsrecht an der hierdurch geschützten Anwartschaft sein können, oder vielmehr (nur) eine - nicht durch Art 14 Abs 1 GG geschützte - bloße Erwartung auf zukünftige Teilhabe an steigenden Einkünften der Rentenbeitragszahler betreffen, ist nicht entschieden (vgl zur Aussetzung der Rentenanpassung im Jahr 2005 , Umdruck RdNr 25, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; auch zur Aussetzung der Rentenanpassung im Jahr 2004 ua, Umdruck RdNr 53). Soweit die Revision in ihre Gesamtschau miteinbezieht, dass Rentner ab dem Jahr 2005 verstärkt zur Einkommensteuer herangezogen werden, erscheint es besonders offen, ob dieser Umstand überhaupt als ein kumulativer Effekt berücksichtigt werden könnte oder außerhalb einer insoweit verfassungsrechtlich maßgeblichen "additiven" Betrachtung läge (vgl zum Begriff des additiven Grundrechtseingriffs , BVerfGE 112, 304, und Beschluss vom , 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9, sowie Lücke, DVBl 2001, 1469, 1476). Diese steuerlichen Belastungen der Rentner sind Folge verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung (, BVerfGE 105, 73 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176), mit der eine bisher unterschiedliche steuerliche Belastung verschiedener Gruppen von Steuerpflichtigen am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes beanstandet wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
DStR 2009 S. 1155 Nr. 23
CAAAD-21682