Keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen Nichtgewährung von Akteneinsicht bei unzulässiger Untätigkeitsklage; Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Gesetze: FGO § 96 Abs. 2,FGO § 90 Abs. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, GG Art. 103
Instanzenzug:
Gründe
Die gegen die Abweisung der Untätigkeitsklage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) als unzulässig erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit jedenfalls unbegründet.
1. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes —GG— i.V.m. § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) ist nicht dadurch verletzt worden, dass das Finanzgericht (FG) nicht vor Erlass des Urteils die beantragte Akteneinsicht gewährt hat. Das FG hat in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger die gewünschte Akteneinsicht —auch nach Beendigung des Klageverfahrens— im Rahmen des noch laufenden Einspruchsverfahrens beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) nehmen kann. Der Kläger hat mit seiner Beschwerde nicht dargetan, dass die Akteneinsicht —für das FG erkennbar— zur Prüfung der die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage begründenden Umstände beantragt worden war. Nach Aktenlage ergibt sich vielmehr, dass die Akteneinsicht im Hinblick auf die Anfechtung des streitigen Lohnsteuer-Haftungsbescheides begehrt wurde (vgl. Seite 7 des Schriftsatzes vom , Bl. 98 FG-Akte). Die materielle Rechtmäßigkeit dieses Bescheides war aber nicht Gegenstand der Entscheidung des FG, so dass die Nichtgewährung der Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren das diesbezüglich zu gewährende rechtliche Gehör nicht verletzen konnte.
2. Mit dem weiterhin gerügten Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen Berücksichtigung von Tatsachen, zu denen sich der Kläger nicht habe äußern können, kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden, weil er nicht vorliegt. Das FG hat die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage verneint, weil es den die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens rechtfertigenden Grund in der mangelhaften Mitwirkung des Klägers an der Ermittlung des Sachverhalts gesehen hat. Gerade die Verpflichtung zur Mitwirkung des Klägers und die Verzögerungen, die sich durch die mangelnde Unterstützung bei den von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen ergaben, waren aber im Verfahrensverlauf vom FA stets hervorgehoben worden. Es oblag dem Kläger —ohne dass es eines Hinweises des FG bedurfte—, dazu Stellung zu nehmen.
3. Die Rüge, das FG habe die Argumentation des Klägers nicht berücksichtigt, genügt dem Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt, dass das Gericht grundsätzlich die Pflicht hat, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2007, 1094). Allerdings ist das Gericht nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Deshalb setzt die schlüssige Rüge eines solchen Verfahrensverstoßes voraus, dass konkret unter Angabe der Fundstelle benannt wird, welches Vorbringen das FG (angeblich) unberücksichtigt gelassen hat. Auch muss aufgezeigt werden, aus welchen Gründen dem Urteil entnommen werden kann, dass das Gericht das Vorbringen nicht in Erwägung gezogen hat (BFH-Beschlüsse vom X S 23/08 (PKH), juris; vom VIII B 90/05, BFH/NV 2006, 966). Der Kläger hat lediglich vorgetragen, das FG habe „ganz offensichtlich die Ausführungen des Klägers vollständig ignoriert”. Es habe den vom FA behaupteten und unzutreffenden Sachverhalt ohne erkennbare richterliche Tätigkeit lediglich übernommen. Diese Ausführungen zeigen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht in schlüssiger Weise auf.
4. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das FG habe ohne vorherige Terminankündigung entschieden. Denn das Gericht konnte, nachdem die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hatten, den Rechtsstreit entscheiden, ohne einen Termin hierfür zu bestimmen. Im finanzgerichtlichen Verfahren befähigen Verzichtserklärungen der Verfahrensbeteiligten das Gericht grundsätzlich, „ohne weiteres” im schriftlichen Verfahren zu entscheiden. Wenn es dem —rechtskundigen— Kläger auf seine Präsenz in einer mündlichen Verhandlung angekommen wäre, hätte er nicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten dürfen (vgl. (PKH), BFH/NV 2008, 1863).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1124 Nr. 7
HAAAD-21099