Rückgängigmachung einer gemeinschaftsrechtswidrigen Beihilfegewährung
Leitsatz
Die nach § 25 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1.4 MinöStG 1993 gewährte und aus wettbewerbspolitischen Gründen eingeführte Mineralölsteuerbegünstigung für den Unterglasanbau stellt eine selektive steuerliche Maßnahme und damit eine Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG dar.
Die Rückgängigmachung einer gemeinschaftsrechtswidrigen Beihilfegewährung ist aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls geboten, so dass selbst die Annahme einer damit verbundenen echten Rückwirkung gerechtfertigt und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden wäre.
Hat die Bundesregierung die erforderliche Notifizierung einer Beihilfe unterlassen und dadurch das in Art. 88 EG vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten, kann ein beihilfebegünstigtes Unternehmen auf die Ordnungsmäßigkeit der ihm gemeinschaftsrechtswidrig gewährten Beihilfe grundsätzlich nicht vertrauen.
Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gebietet es, bei der Rückforderung gemeinschaftsrechtswidrig gewährter Verbrauchsteuer-Beihilfen § 169 AO unangewendet zu lassen.
Vergleichbar .
Gesetze: EG Art. 87 Abs. 1, EG Art. 88, AO § 169, MinöStG § 3, MinöStG § 25
Instanzenzug: (VM)
Gründe
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) betreibt Unterglasanbau. Für das von ihr zur Beheizung der Gewächshäuser eingesetzte Heizöl gewährte ihr der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt —HZA—) für die Jahre 2001 bis 2004 eine Vergütung nach § 25 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1.4 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993). Die Entscheidung über die für die Jahre 2005 und 2006 beantragte Vergütung stellte das HZA zunächst unter Hinweis auf das von der Bundesregierung bei der Europäischen Kommission (Kommission) eingeleitete beihilferechtliche Genehmigungsverfahren zurück. In ihrer Entscheidung vom K(2008) 860 (Amtsblatt der Europäischen Union —ABlEU— Nr. L 238/10 vom ) stellte die Kommission u.a. fest, dass die in § 25 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1.4. MinöStG 1993 —zunächst ohne die erforderliche Notifizierung— getroffene Beihilferegelung für Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft zum Beheizen von Gewächshäusern oder geschlossenen Kulturräumen zur Pflanzenproduktion mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, soweit die Steuerermäßigung über das ursprüngliche Steuerniveau von 40,90 €/1000 Liter Heizöl hinausging. Deutschland wurde aufgefordert, die gemeinschaftsrechtswidrige Beihilferegelung aufzuheben, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern und die Entscheidung binnen vier Monaten vom Tag ihrer Bekanntgabe zu vollstrecken (Art. 3 und 4 der Entscheidung).
Die Antragstellerin wurde Ende November 2005 über das beihilferechtliche Überprüfungsverfahren unterrichtet. Mit Bescheid vom forderte das HZA die Mineralölsteuervergütung für die Jahre 2001 bis 2004 sowie Zinsen zurück und setzte die Vergütung für die Jahre 2005 und 2006 unter Beachtung der Vorgaben der Kommission entsprechend fest. Bei der Berechnung des Rückforderungsbetrags berücksichtigte das HZA zugunsten der Antragstellerin für 2002, 2005 und 2008 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 der Kommission vom über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrar- und Fischereisektor (ABlEU Nr. L 325/4) eine sog. De-minimis-Beihilfe in Höhe von jeweils 3 000 €. Gegen den Rückforderungsbescheid legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte zugleich hinsichtlich der Rückforderung der bereits geleisteten Vergütung sowie hinsichtlich der geforderten Zinsen die Aussetzung der Vollziehung (AdV).
Sowohl das HZA als auch das Finanzgericht (FG) lehnten den Antrag ab. Das FG erachtete die auf Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 93 des EG-Vertrags (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 83/1) —VO Nr. 659/1999— gestützte Rückforderung der Vergütung und die Anforderung von Zinsen als rechtmäßig. Dass die Vergütung ohne Vorbehalt ausgezahlt worden sei, rechtfertige keinen Vertrauensschutz zugunsten der Antragstellerin. Auch könne diese sich nicht auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung —AO—) berufen. Denn einem Mitgliedstaat sei es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) verwehrt, durch die Anwendung nationaler Verfahrensvorschriften die Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe praktisch unmöglich zu machen. Hinsichtlich einer unbilligen Härte seien Anhaltspunkte weder erkennbar noch von der Antragstellerin vorgetragen worden.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Aussetzungsantrags durch das FG. Zur Begründung ihres Rechtsschutzbegehrens beruft sie sich auf Gründe des Vertrauensschutzes. Durch die vorbehaltlose Auszahlung der Beihilfe habe das HZA einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Mit einer Rückforderung der Vergütung habe sie nicht rechnen müssen, zumal die Bundesregierung die erforderliche Notifizierung der Beihilfe unterlassen habe. Eine unbillige Härte ergebe sich bereits aufgrund des immens hohen Rückforderungsbetrags. Zudem verletze die Rückforderung das Nettoprinzip. Die fehlerhafte Ermittlung des Rückforderungsbetrags ergebe sich aus der bereits erfolgten Besteuerung des gesamten Betrags und der Bezifferung der bereits gezahlten Steuern und verlorenen Zinsen in Höhe von 25 000 €. Die zusätzliche Steuerlast laufe dem Zweck der Vorteilsabschöpfung zuwider.
Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es schließt sich im Wesentlichen der Auffassung des FG an. Von einer verbotenen Rückwirkung sei im Falle einer nachträglichen Rückforderung von Beihilfen nicht auszugehen. Im Übrigen habe die Kommission in ihrer Entscheidung Vertrauensschutzgesichtspunkte geprüft und auch berücksichtigt. Auf Vertrauensschutz könne sich ein beihilfebegünstigtes Unternehmen nur dann berufen, wenn die Beihilfe unter Beachtung des im EG-Vertrag vorgesehenen Verfahrens gewährt worden sei. Schließlich stelle die Vollziehung des Rückforderungsbescheids für die Antragstellerin keine unbillige Härte dar.
II. Die nach § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. Im Streitfall bestehen nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage solche Zweifel jedoch nicht.
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass Deutschland nach Art. 4 der Entscheidung der Kommission vom K(2008) 860 i.V.m. Art. 14 Abs. 3 VO Nr. 659/1999 verpflichtet ist, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe, d.h. die nach § 25 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1.4 MinöStG 1993 gewährten Steuervergünstigungen, von den jeweiligen Empfängern zurückzufordern.
Die durch das Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes vom (BGBl I 2001, 2091) eingeführte Steuerbegünstigung für Gasöle nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MinöStG 1993, die von Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft zum Beheizen von Gewächshäusern oder geschlossenen Kulturräumen zur Pflanzenproduktion verwendet worden sind, stellt nach der Auffassung der Kommission innerhalb des Sektors Gartenbau eine selektive steuerliche Maßnahme dar, die geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen. Nach den vom EuGH entwickelten Kriterien handelt es sich bei der Steuervergünstigung, die nach der Zielsetzung des Gesetzgebers den Wettbewerbsvorteil niederländischer Unternehmer bei den Heizkosten ausgleichen sollte (Teichner/Alexander/Reiche, Mineralöl- und Erdgassteuer, Stromsteuer, Mineralölzoll, § 25 MinöStG 1993 Rz 60), um eine Beihilfe i.S. von Art. 87 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft —EG— (vgl. zum Beihilfecharakter von Steuervergünstigungen , Slg. 2001, I-8365, und vom C-6/97, Slg. 1999, I-2981, m.w.N., sowie Kirchhof, Nationale Steuerermäßigungen und europäisches Beihilfeverbot, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2006, 246)). Im Rahmen der summarischen Überprüfung des angefochtenen Rückforderungsbescheids ist es nicht veranlasst, den Beihilfecharakter der von Deutschland gewährten Steuerentlastung für Gartenbaubetriebe in Frage zu stellen, zumal der Antragsteller selbst keine Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der dem Rückforderungsbescheid zugrunde liegenden Kommissionsentscheidung und auch keine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG erhoben hat. Auch die Bundesregierung hat die Kommissionsentscheidung vor dem EuGH nicht angefochten, so dass von ihrer Bestandskraft auszugehen ist. Aus diesem Grund ist der beschließende Senat daran gehindert, die Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung formell- oder materiell-rechtlich in Frage zu stellen (, BFHE 193, 204, BStBl II 2001, 499). Nach Art. 14 Abs. 3 VO Nr. 659/1999 hat die Rückforderung der Beihilfe unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats zu erfolgen, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Kommissionsentscheidung ermöglicht wird. Hierzu gehört auch, dass die nationalen Gerichte alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einleiten.
2. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist der Rückforderungsbescheid nicht deshalb rechtswidrig, weil er in unzulässiger Weise rückwirkend in eine geschützte Rechtsposition der Antragstellerin eingreift.
a) Zur Rückforderung der Vergütung ist keine Änderung des MinöStG 1993 erforderlich, die Rechtsfolgen für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Rechtsänderung liegenden Zeitraum auszulösen geeignet wäre und die damit nachträglich in einen in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreifen würde. Eine echte Rückwirkung liegt demnach nicht vor. Vielmehr hatten die gemeinschaftsrechtlichen Beihilfevorschriften (insbesondere Art. 87 und 88 EG sowie Art. 14 VO Nr. 659/1999) im Zeitpunkt der Gewährung der von der Kommission beanstandeten Steuervergünstigung bereits Bestand. Der vom Gesetzgeber ohne Einhaltung des vorgeschriebenen Notifizierungsverfahrens eingeführten Steuervergünstigung haftete von vornherein der erkennbare Makel der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit an, die von der Kommission später in dem dafür vorgesehenen Beihilfeverfahren festgestellt worden ist.
b) Aber selbst wenn sich die von der Rechtsprechung für den Fall einer echten Rückwirkung entwickelten Grundsätze auf den Streitfall übertragen ließen, wäre von der Zulässigkeit einer solchen Rückwirkung auszugehen. Denn es entspräche dem Interesse Deutschlands, ein Vertragsverletzungsverfahren und evtl. die Verhängung eines Pauschalbetrags oder Zwangsgeldes (Art. 228 Abs. 2 EG) dadurch zu verhindern, dass dem Gemeinschaftsrecht der Vorrang vor den mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren nationalen Vorschriften eingeräumt wird. Darüber hinaus tritt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bei der Rücknahme gemeinschaftsrechtswidriger nationaler Beihilfen neben das mitgliedstaatliche öffentliche Interesse an der Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands ein öffentliches Interesse der Europäischen Gemeinschaft an der Durchsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsordnung; auch dieses eigene öffentliche Interesse der Gemeinschaft muss hinreichend Berücksichtigung finden (, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2000, 2015). Unter diesen Umständen erweist sich die Rückgängigmachung der gemeinschaftsrechtswidrigen Beihilfegewährung aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls als geboten (BFH-Urteil in BFHE 193, 204, 213, BStBl II 2001, 499).
3. Der auch im Gemeinschaftsrecht zu beachtende Grundsatz des Vertrauensschutzes steht der Rückforderung der Beihilfe ebenfalls nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH darf ein beihilfebegünstigtes Unternehmen auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn diese unter Einhaltung des in Art. 88 EG vorgesehenen Verfahrens gewährt worden ist. Einem sorgfältigen Gewerbetreibenden ist es regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, dass dieses Verfahren eingehalten wurde (, Slg. 1997, I-1591, und vom C-169/95, Slg. 1997, I-135). Wie bereits ausgeführt, hat die Bundesregierung im Streitfall die erforderliche Notifizierung der steuerlichen Beihilfe unterlassen und damit das in Art. 88 Abs. 3 EG vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten. Dem Vorbringen der Antragstellerin sind keine überzeugenden Gründe zu entnehmen, die es ihr unmöglich gemacht hätten, sich von der Einleitung des Notifizierungsverfahrens —etwa durch Einsichtnahme in amtliche Veröffentlichungen oder durch eine entsprechende Nachfrage bei den Finanzbehörden— zu überzeugen. Wie die Kommission in ihrer Entscheidung ausführt, hätte ein umsichtiger Geschäftsmann von dem Risiko einer möglichen Rückforderung erfahren können, so dass sein Vertrauen nicht schutzwürdig sei, wenn er eine entsprechende Nachfrage bewusst oder fahrlässig unterlassen habe.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass weder die Bundesregierung noch die begünstigten Unternehmen hätten erkennen können, dass es sich bei der 2001 eingeführten steuerlichen Förderung des Unterglasanbaus um eine Beihilfe gehandelt habe. Denn es entsprach bereits zu diesem Zeitpunkt ständiger Rechtsprechung des EuGH und der Entscheidungspraxis der Kommission, dass selektive steuerliche Vergünstigungen genehmigungspflichtige Beihilfen i.S. von Art. 87 EG darstellen. Zudem enthielt die Mitteilung der Kommission über den „Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen” vom (ABlEG Nr. C 72/3) eindeutige Hinweise auf den Beihilfecharakter von Steuervergünstigungen. Ausdrücklich weist die Kommission darauf hin, dass zur Verhinderung von Nachteilen im internationalen Wettbewerb eingeführte Umweltschutzsteuerbefreiungen als Betriebsbeihilfen betrachtet werden können. Gerade vor dem Hintergrund der Ökologischen Steuerreform, die 1999 als Teil der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung insbesondere mit dem Ziel der Ressourcenschonung mit einer Anhebung der Mineralölsteuersätze und der Einführung der Stromsteuer eingeleitet wurde, hätten sich die Selektivität und der Beihilfecharakter einer wettbewerbspolitisch motivierten energiesteuerlichen Entlastung des Unterglasanbaus aufdrängen müssen.
4. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung gelangt der Senat zu dem Schluss, dass auch der Eintritt der Festsetzungsverjährung (§ 169 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) der Rückforderung der gemeinschaftsrechtswidrig gewährten Beihilfe nicht entgegensteht. Wie der EuGH entschieden hat, ist ein Mitgliedstaat selbst dann zur Rückforderung einer solchen Beihilfe verpflichtet, wenn er die nach nationalem Recht im Interesse der Rechtssicherheit dafür bestehende Ausschlussfrist hat verstreichen lassen (EuGH-Urteil in Slg. 1997, I-1591). Aufgrund des zu beachtenden Vorrangs des Gemeinschaftsrechts, der verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (, BVerfGE 75, 223, 244, m.w.N.), müssen nationale Verfahrensvorschriften, wie z.B. solche zur Herbeiführung einer aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs, unangewendet bleiben, wenn ihre Beachtung zu einer erheblichen Verzögerung der Rückforderung einer Beihilfe und damit zu einer Perpetuierung des unzulässigen Wettbewerbsvorteils führen würde (, Slg. 2006, I-10071).
In Bezug auf die in § 48 Abs. 4 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes normierte Jahresfrist, innerhalb der ein als rechtswidrig erkannter Verwaltungsakt zurückgenommen werden kann, hat sich das BVerfG ausdrücklich der Auffassung des EuGH angeschlossen, nach der das Gemeinschaftsrecht auch nach Ablauf dieser Frist die Rücknahme einer Beihilfe verlangt, so dass im Ergebnis die nationale Verfahrensvorschrift unangewendet bleiben muss (BVerfG-Beschluss in NJW 2000, 2015). So verhält es sich auch im Streitfall. Die Anwendung der für Verbrauchsteuern sehr kurz bemessenen Festsetzungsfrist von einem Jahr würde dazu führen, dass die Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe —insbesondere in Fällen, in denen die Bundesregierung die Einleitung des vorgesehenen beihilferechtlichen Verfahrens nach Art. 88 Abs. 3 EG unterlassen hat— wesentlich erschwert oder sogar unmöglich gemacht würde. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gebietet es, zumindest in diesen Fällen § 169 AO gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AO unangewendet zu lassen.
5. Die Bemessung des Rückforderungsbetrags unter Berücksichtigung einer zulässigen De-minimis-Beihilfe sowie der Zinsen nach der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom zur Durchführung der VO Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABlEG Nr. L 140/1) sind nicht zu beanstanden.
Dies gilt auch für die Ansicht des FG, dass die Rückzahlungspflicht in der Bilanz ergebniswirksam zu passivieren sei, so dass keine doppelte Erfassung desselben Vorgangs vorliege. Der Rückforderungsbetrag ist in dem Jahr ertragsteuerlich gewinnmindernd zu berücksichtigen, in dem er gezahlt worden ist.
6. Der Senat kann offenlassen, ob bei Vorliegen von besonderen Umständen, die eine unbillige Härte i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO begründen, eine AdV des Rückforderungsbescheids trotz der an sich gebotenen unverzüglichen Umsetzung einer beihilferechtlichen Kommissionsentscheidung in Betracht käme. Ohne dies näher zu substantiieren, beruft sich die Antragstellerin lediglich auf die ihrer Ansicht nach immens hohe Rückforderung, die ihre Zahlungsfähigkeit bedrohe. Hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte vermag der Senat diesem Vorbringen nicht zu entnehmen. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
Fundstelle(n):
DAAAD-21096