BFH Urteil v. - III R 12/07

Unterbringungskosten in einem Altenheim als außergewöhnliche Belastung; zur Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Regelung der Höchstbeträge in § 33a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Nr. 1 EStG

Leitsatz

Kosten für die Unterbringung in einem Altersheim bzw. das Pauschalentgelt sind - abzüglich einer Haushaltsersparnis - als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn die Unterbringung in dem Altenheim ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist, weil der Betroffene infolge einer Krankheit pflegebedürftig geworden ist.
Ein ausschließlich krankheitsbedingter Aufenthalt in einem Altenheim ist jedenfalls dann noch nicht gegeben, wenn bei Berechnung eines Pauschalentgelts in den Jahren 2000 und 2001 keine zusätzlichen Kosten für Pflegeleistungen entstanden sind, kein Merkzeichen "H" oder "Bl" festgestellt ist und auch nach Aufschlüsselung des Heimentgelts im Folgejahr neben einem Entgelt für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten kein Entgelt für Pflegeleistungen, sondern lediglich eine "Maßnahmenpauschale (Betreuung)" für "nicht pflegebedürftige Bewohner" in Rechnung gestellt wurde.

Gesetze: EStG § 33, EStG § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, GG Art. 3 Abs. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Für die im Jahr 1919 geborene Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist seit . 1998 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit den Merkzeichen „B”, „G” und „RF” festgestellt; der entsprechende Schwerbehindertenausweis wurde 2003 ohne Änderung verlängert. Nach einem Sturz, bei dem sie sich ihr rechtes Auge erheblich verletzte, gab die Klägerin 1999 ihren Haushalt auf und zog in ein Altenheim. Nach dem Heimvertrag wurden mit dem kalendertäglichen Pflegesatz von . DM Unterkunft, Heizung, Strom, Kalt- und Warmwasser, Versorgung, allgemeine Betreuung und Pflege bei vorübergehender leichter Erkrankung sowie Angebote zur Freizeitgestaltung abgegolten. Leistungen zur Betreuung bei Pflegebedürftigkeit wurden nach dem Heimvertrag zunächst nur vorgehalten; bei dauernder Pflegebedürftigkeit sollte sich der Pflegesatz erhöhen.

Ein 1999 gestellter Antrag auf Blindengeld und auf Eintragung des Merkzeichens „Bl” im Schwerbehindertenausweis blieb erfolglos, da nach medizinischen Stellungnahmen die Sehschwäche des linken Auges hierfür nicht ausreichte.

Nach dem von ihr in 2002 unterzeichneten neuen Heimvertrag war die Klägerin bei Abschluss dieses Vertrags „nicht pflegebedürftig” und hatte seit 2002 ein Entgelt von täglich . € zu zahlen, das in Höhe von . € auf eine „Grundpauschale (Unterkunft und Verpflegung)”, in Höhe von . € auf Investitionskosten und in Höhe von . € auf eine „Maßnahmenpauschale (Betreuung)” entfiel. Ab 2003 erfüllte die Klägerin die Voraussetzungen der Pflegestufe I; zwischenzeitlich ist sie, nachdem für sie seit 2004 wegen „seniler Demenz vom Alzheimer Typ” für bestimmte Aufgabenkreise endgültige Betreuung angeordnet worden ist, der Pflegestufe III zugeordnet.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2000 und 2001 machte die Klägerin die von ihr gezahlten Heimkosten —jeweils abzüglich einer Haushaltsersparnis und unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung— als außergewöhnliche Belastung geltend. Zur Begründung trug sie vor, sie sei aufgrund ihrer Schwerbehinderung, Krankheit und Pflegebedürftigkeit nicht mehr in der Lage gewesen, einen Haushalt zu führen. Ein Umzug in das Heim sei ihr daher von ihrem Hausarzt dringend angeraten worden. Hierzu legte sie ein auf den datiertes „ärztliches Attest” ihres Hausarztes folgenden Inhalts vor: „... Frau X ist durch eine Erkrankung des Auges selbst und durch eine Verletzung des seinerzeit noch gesunden Auges erheblich sehbehindert. Frau X war und ist auch weiterhin nicht mehr in der Lage, einen eigenen Haushalt zu führen, ohne sich selbst und andere zu gefährden, d.h. Brennenlassen von Kochplatten u.ä. Es war daher seinerzeit und ist auch jetzt weiterhin erforderlich, dass Frau X in einem Seniorenheim untergebracht ist und versorgt wird.”

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden für 2000 und 2001 nur die in den Heimkosten enthaltenen Kosten für die einer Haushaltshilfe vergleichbaren Dienstleistungen gemäß § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jeweils mit dem Höchstbetrag von 1 800 DM bei Unterbringung zur dauernden Pflege sowie den Behindertenpauschbetrag nach § 33b Abs. 3 EStG in Höhe von jeweils 2 760 DM.

Der Einspruch führte zu einer Erhöhung der festgesetzten Einkommensteuer. In der Einspruchsentscheidung berücksichtigte das FA —nach entsprechendem Hinweis— statt des Höchstbetrags nach § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG in Höhe von 1 800 DM nur noch den Höchstbetrag nach § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG in Höhe von jeweils 1 200 DM, da die Klägerin in dem Altenheim nicht zur dauernden Pflege untergebracht gewesen sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 2 K 859/03 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 844) als unbegründet ab. Es führte aus:

Ein krankheitsbedingter Umzug in das Altenheim sei nicht nachgewiesen worden und könne nachträglich auch nicht mehr nachgewiesen werden. Dahinstehen könne, ob es sich bei dem zum Nachweis erforderlichen ärztlichen Zeugnis zwingend um ein amtsärztliches handeln müsse. Denn es fehle jedenfalls an einem vor oder in zeitlichem Zusammenhang mit dem Umzug erstellten ärztlichen Attest. Daher habe es auch der Vernehmung des damaligen Hausarztes der Klägerin als Zeugen dafür, dass er den Umzug der Klägerin in 1999 aus medizinischer Sicht für dringend erforderlich gehalten habe, nicht bedurft. Bei der erst am vorgelegten Bescheinigung handele es sich zudem um kein aussagekräftiges ärztliches Attest. Die Gefahr des Brennenlassens von Kochplatten u.Ä. sei nicht durch die Behinderung der Klägerin bedingt. Die Ursache hierfür liege regelmäßig in der zunehmenden Vergesslichkeit mit fortschreitendem Alter, wenn nicht besondere Umstände hinzuträten, die nicht bezeichnet worden seien. Insbesondere sei zu dem Zeitpunkt keine vom Erscheinungsbild des üblichen Alterungsprozesses abweichende Altersdemenz diagnostiziert worden, die eine andere Beurteilung zulassen würde. Die bezeichnete Sehbehinderung habe für die Streitjahre weder einen Eintrag des Merkmals „H” noch des Merkmals „Bl” im Schwerbehindertenausweis ermöglicht. Gegen eine Unterbringung der Klägerin aus Krankheitsgründen spreche auch, dass in den Streitjahren keine über das normale Maß hinausgehenden Aufwendungen (vgl. § 1 des Heimvertrags), die jedem Heimbewohner altersbedingt entstünden, angefallen seien. Es sei daher nicht feststellbar, dass die Unterbringung der Klägerin krankheitsbedingt gewesen sei. Eine krankheitsbedingte Unterbringung habe der Bundesfinanzhof (BFH) nur in besonders schwerwiegenden Fällen angenommen.

Auch der Hilfsantrag sei abzulehnen. Das FA habe in der Einspruchsentscheidung zutreffend nur den Höchstbetrag bei Heimunterbringung nach § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG gewährt. Die Voraussetzungen nach § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG hätten nicht vorgelegen, da die Klägerin in dem Heim untergebracht gewesen sei, ohne pflegebedürftig zu sein. Die Begrenzung in § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG auf 1 200 DM sei nicht verfassungswidrig. Denn bei einer Heimunterbringung eines Schwerbehinderten seien die vergleichbaren Dienstleistungen oft kostengünstiger als bei einer Unterbringung zu Hause.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 33 und 33a Abs. 3 EStG. Sie trägt vor:

Ihre Versorgungsbedürftigkeit habe den bei Personen ihres Alters üblichen Umfang bei weitem überstiegen. Soweit die Finanzverwaltung die Feststellung mindestens der Pflegestufe I oder einer Behinderung mit den Merkzeichen „H” oder „Bl” verlange, sei dies vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt. Ein Heimaufenthalt könne auch ohne die Feststellung einer Pflegestufe erforderlich sein. Dies gelte insbesondere für Personen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, da deren notwendige Pflege und Betreuung von der Pflegeversicherung nicht erfasst würden. Als Nachweis der Notwendigkeit einer Heimunterbringung genüge jeder objektive Nachweis. Jedenfalls in ihrem Fall müsse ein solcher als ausreichend angesehen werden, da —sollte ein zeitnah erstelltes amtsärztliches Attest für erforderlich gehalten werden— dieses Erfordernis dann erstmals aufgestellt würde. Im Übrigen habe es vor dem Umzug jedenfalls eine mündliche Einlassung des Hausarztes gegeben, die sich durch dessen Vernehmung hätte bestätigen lassen. Ihr Gesundheitszustand habe sich kontinuierlich verschlechtert.

Im Fall eines krankheitsbedingten Heimaufenthalts könnten die Kosten für Unterkunft und Verpflegung auch nicht den Lebenshaltungskosten i.S. des § 12 Nr. 1 EStG zugeordnet werden. Dem Umstand, dass alle Steuerpflichtigen Aufwendungen für die allgemeine Haushaltsführung hätten, werde durch den Abzug der Haushaltsersparnis Rechnung getragen. Die Möglichkeit, auch schwerst Pflegebedürftige heute zu Hause pflegen zu können, berücksichtige nicht, dass die finanziellen Aufwendungen hierfür vom durchschnittlichen Bürger nicht aufgewendet werden könnten. Zu berücksichtigen sei ferner, dass das Heimgesetz (HeimG) erst zum geändert worden sei und deshalb in den streitigen Veranlagungszeiträumen 2000 und 2001 das Pauschalentgelt noch nicht aufgeschlüsselt worden sei.

Zudem habe sie einen Anspruch auf den Ansatz eines Höchstbetrags bei Heimunterbringung von 1 800 DM. Andernfalls werde ein Schwerbehinderter wie sie bei Heimunterbringung schlechter gestellt als ohne Heimunterbringung. In den Unterbringungskosten seien in erheblich größerem Umfang Kosten für Dienstleistungen, die mit Aufwendungen für eine Haushaltshilfe vergleichbar seien, enthalten.

Die Klägerin beantragt, „das (Az. 2 K 859/03) aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 vom und 2001 vom , beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom , die Einkommensteuer 2000 unter Ansatz von Heimkosten in Höhe von . DM und eines Eigenanteils bei Krankheitskosten in Höhe von . DM sowie die Einkommensteuer 2001 unter Ansatz von Heimkosten in Höhe von . DM als weitere außergewöhnliche Belastung jeweils unter Abzug der Haushaltsersparnis und Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung entsprechend festzusetzen, hilfsweise, die Verböserung in der Einspruchsentscheidung vom (Herabsetzung des Freibetrags von 1 800 DM auf 1 200 DM) für beide Jahre rückgängig zu machen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen”.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Das FG hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die von der

Klägerin geltend gemachten Heimkosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

a) Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (z.B. , BFHE 199, 135, BStBl II 2003, 70; vom III R 39/05, BFHE 218, 136, BStBl II 2007, 764, und vom III R 64/06, BFH/NV 2008, 200).

aa) Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim. Dagegen sind Aufwendungen für die Pflege eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen ebenso wie Krankheitskosten eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG. Ist der Steuerpflichtige in einem Altenheim untergebracht, sind die tatsächlich angefallenen Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn sie von den —zu den Kosten der üblichen Lebensführung rechnenden— Kosten für die Unterbringung abgrenzbar sind. Sind dagegen mit einem von allen Heimbewohnern zu entrichtenden Pauschalentgelt für die Heimunterbringung auch Pflegeleistungen abgegolten, kann das Entgelt nicht in übliche, als Kosten der Lebensführung zu behandelnde Unterbringungskosten und außergewöhnliche Krankheits-/Pflegekosten aufgeteilt werden (Senatsurteile in BFHE 218, 136, BStBl II 2007, 764, und in BFH/NV 2008, 200, m.w.N.). Hat sich ein Steuerpflichtiger aus Altersgründen für eine Heimunterbringung entschieden und ist er nur in dem bei Personen seines Alters üblichen Umfang pflegebedürftig, sind daher nur die Aufwendungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen, die für die Unterbringung in der Pflegestation eines Heims anfallen oder die dem Steuerpflichtigen zusätzlich zu einem Pauschalentgelt für die Unterbringung und eine eventuelle Grundpflege infolge Krankheit oder Pflegebedürftigkeit entstehen (Senatsurteil in BFHE 199, 135, BStBl II 2003, 70, m.w.N.). Wer kein Pauschalentgelt entrichtet hat, sondern getrennt ausgewiesene Kosten für Unterkunft und Verpflegung und Pflegesätze der Pflegestufe 0, kann diese ihm gesondert in Rechnung gestellten Pflegesätze als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abziehen, wenn das Heim mit dem Sozialhilfeträger für pflegebedürftige Personen der sog. Pflegestufe 0 entsprechende Pflegesätze vereinbart hat (Senatsurteil in BFHE 218, 136, BStBl II 2007, 764) oder das Heim jedenfalls den Regelungen des HeimG unterliegt (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 200). Denn dann ist davon auszugehen, dass der Bewohner pflegebedürftig war und das Heim entsprechend erforderliche Pflegeleistungen erbracht hat. Für die Abziehbarkeit dieser Pflegesätze als außergewöhnliche Belastung bedarf es in der Regel keines weiteren Nachweises (Senatsurteile in BFHE 218, 136, BStBl II 2007, 764, und in BFH/NV 2008, 200).

bb) Ausnahmsweise sind nach der bisherigen Rechtsprechung auch die Unterbringungskosten bzw. das Pauschalentgelt —abzüglich einer Haushaltsersparnis— als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn die Unterbringung in einem Altenheim ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist, weil der Betroffene infolge einer Krankheit pflegebedürftig geworden ist, nicht dagegen, wenn der Steuerpflichtige erst während des Aufenthalts erkrankt ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 199, 135, BStBl II 2003, 70). Abweichend hiervon lässt die Finanzverwaltung die Aufwendungen auch dann zum Abzug zu, wenn die krankheitsbedingte Pflegebedürftigkeit erst nach dem Einzug in das Altenheim eintritt, jedoch nur, wenn mindestens ein Schweregrad der Pflegebedürftigkeit i.S. der §§ 14, 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch festgestellt ist (vgl. Nichtanwendungserlass vom , BStBl I 2003, 89, und R 33.3 Abs. 1 und H 33.1-33.4 „Eigene Pflegeaufwendungen” der Einkommensteuer-Richtlinien 2007).

Die gesamten Unterbringungskosten sind bislang nur in besonders schwerwiegenden Fällen berücksichtigt worden (vgl. , BFHE 131, 378, BStBl II 1981, 25: Unterbringung in der Pflegeabteilung eines Alten- und Pflegeheims wegen halbseitiger Lähmung; vom VI R 138/77, BFHE 131, 381, BStBl II 1981, 23: Unterbringung in der Pflegestation einer Alters- und Pflegepension nach Schlaganfall, der dazu führte, dass die Klägerin ihr Bett nicht mehr verlassen und Nahrung nicht mehr selbständig aufnehmen konnte; vom III R 2/86, BFH/NV 1991, 231: Unterbringung in einem Pflegeheim; vom III R 80/97, BFHE 191, 280, BStBl II 2000, 294: Unterbringung in einem Altenpflegeheim, da die Mutter des Klägers auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen war und der Vater einen Schlaganfall erlitten hatte und für beide eine „schwere Pflegebedürftigkeit” bescheinigt war; in BFHE 199, 135, BStBl II 2003, 70, und —im 2. Rechtsgang— vom III R 38/02, BFHE 208, 155, BStBl II 2005, 271: Unterbringung in einem Wohnstift bei Ober- und Unterschenkelamputation und Zuerkennung der Merkzeichen „H” und „aG” im Schwerbehindertenausweis; vgl. ferner Senatsurteil vom III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418: wegen Oberschenkeltrümmerbruchs, Sehminderung und Durchblutungsstörungen des Gehirns durch das Versorgungsamt bescheinigte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 v.H. und ständige Hilflosigkeit).

b) Im Streitfall kann offen bleiben, ob die Unterbringungskosten —abweichend von der bisherigen Rechtsprechung— auch dann zu berücksichtigen sind, wenn ein Steuerpflichtiger erst nach dem Umzug in das Altenheim krank und pflegebedürftig geworden ist. Für eine Berücksichtigung könnte sprechen, dass auch bei nachträglich eintretender Pflegebedürftigkeit der weitere Heimaufenthalt aus tatsächlichen Gründen als zwangsläufig anzusehen sein könnte.

Dahinstehen kann ferner, ob und ggf. ab welcher Pflegestufe die Kosten für die Unterbringung eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen in einem Altenheim aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig entstanden sind. Da Pflegedienste mittlerweile darauf eingerichtet sind, auch schwerstpflegebedürftige Personen zu Hause zu versorgen, könnte die Entscheidung für die Pflege in einem Altenheim auch als eine der Lebensführung zuzuordnende Entscheidung zu beurteilen sein, deren finanzielle Auswirkungen —mit Ausnahme der Aufwendungen für medizinische oder Pflegeleistungen— nicht nach § 33 EStG zu berücksichtigen sind.

Jedenfalls ist ein ausschließlich krankheitsbedingter Aufenthalt in einem Altenheim dann noch nicht gegeben, wenn —wie hier— bei Berechnung eines Pauschalentgelts in den Streitjahren 2000 und 2001 keine zusätzlichen Kosten für Pflegeleistungen entstanden sind, kein Merkzeichen „H” oder „Bl” festgestellt ist und auch nach Aufschlüsselung des Heimentgelts im Folgejahr neben einem Entgelt für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten kein Entgelt für Pflegeleistungen, sondern lediglich eine „Maßnahmenpauschale (Betreuung)” für „nicht pflegebedürftige Bewohner” in Rechnung gestellt wurde. Denn dann kann nicht davon ausgegangen werden, dass in den Streitjahren eine über eine altersbedingte Pflegebedürftigkeit hinausgehende, ausschließlich krankheitsbedingte Pflegebedürftigkeit gegeben war, die eine Heimunterbringung aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig machte.

Danach hat das FG im Ergebnis zu Recht die geltend gemachten Unterbringungskosten der Klägerin nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zum Abzug zugelassen. In den Streitjahren 2000 und 2001 hatte die Klägerin für ihre Unterbringung in dem Altenheim lediglich ein Pauschalentgelt von täglich . DM zu entrichten. Sie erfüllte nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen „H” oder „Bl”. Zudem war sie auch nach dem von ihr in 2002 abgeschlossenen neuen Heimvertrag (noch) „nicht pflegebedürftig"; ihr wurde dementsprechend ab 2002, nach einer Aufschlüsselung des Heimentgelts, neben einer Grundpauschale für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten kein Entgelt für „Pflegeleistungen der Pflegeklassen 0 bis 3” für pflegebedürftige Bewohner in Rechnung gestellt, sondern lediglich eine „Maßnahmenpauschale (Betreuung)” für nicht pflegebedürftige Bewohner.

War der Heimaufenthalt der Klägerin in den Streitjahren 2000 und 2001 danach (noch) nicht ausschließlich krankheitsbedingt, so kommt es auf die im finanzgerichtlichen Verfahren unter Zeugenbeweis gestellte Tatsache, dass der Hausarzt der Klägerin ihren Umzug in 1999 „aus medizinischer Sicht für dringend erforderlich gehalten und dies der Klägerin auch angeraten hat”, nicht an.

2. Zu Recht hat das FG es auch abgelehnt, Heimkosten über den Betrag von jeweils 1 200 DM hinaus nach § 33a Abs. 3 EStG zum Abzug zuzulassen.

Nach § 33a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen, die ihm durch die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt entstehen, bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen, wenn er hilflos i.S. des § 33b EStG oder schwerbehindert ist. Erwachsen einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim Aufwendungen, die Kosten für Dienstleistungen enthalten, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind, kann er sie nach § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG bei —hier gegebener— Heimunterbringung ohne Pflegebedürftigkeit hingegen nur bis zu einem Höchstbetrag von 1 200 DM geltend machen. Diese unterschiedliche Regelung der Höchstbeträge ist jedoch vor dem Hintergrund, dass vergleichbare Dienstleistungen aufgrund von Rationalisierungs- und Synergieeffekten in einem Heim in der Regel kostengünstiger sind als im eigenen Haushalt, verfassungsrechtlich unbedenklich.

3. Eine Berücksichtigung der in 2000 zusätzlich geltend gemachten Krankheitskosten in Höhe von . DM wirkt sich wegen der zumutbaren Belastung der Klägerin nach § 33 Abs. 3 EStG nicht aus.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1102 Nr. 7
EStB 2009 S. 236 Nr. 7
StBW 2009 S. 3 Nr. 12
KAAAD-21085