Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BGB § 425; BGB § 613a; ZPO § 256
Instanzenzug: LAG Düsseldorf, 7 (1) Sa 763/06 vom ArbG Solingen, 3 Ca 2277/05 lev vom
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz darüber, ob zwischen ihnen über den hinaus ein Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Der Kläger war seit 1992 bei der Beklagten als Maschinenführer und Lagerist beschäftigt, zuletzt im Werk W, das zum Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) gehörte.
Dieser Geschäftsbereich verzeichnete seit mehreren Jahren Umsatzrückgänge, welche die Beklagte zu Personalabbaumaßnahmen veranlassten. Am vereinbarte die Beklagte mit ihrem Betriebsrat einen Interessenausgleich. Dieser regelte ua., dass Mitarbeiter, die von dem geplanten Personalabbau betroffen sein würden, Abfindungszahlungen erhalten sollten. Diesem Interessenausgleich sollte eine Namensliste der betroffenen Mitarbeiter beigefügt werden. Der Kläger war zur Aufnahme in diese Liste vorgesehen.
Mit Schreiben vom informierte die Beklagte den Kläger über die beabsichtigte Übertragung des Geschäftsbereiches CI auf die A GmbH. In diesem Schreiben heißt es ua.:
"...
die A AG plant, den Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) mit Wirkung zum auf die A GmbH zu übertragen.
Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a Absatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen Arbeitnehmers vor, der nach § 613 a Absatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.
Diese Bestimmungen lauten:
'Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:
1. den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2. den Grund für den Übergang,
3. die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4. die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen.
Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.'
Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem auf A GmbH übergehen.
...
1. Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:
Das Datum des geplanten Übergangs ist der .
2. Zum Grund für den Übergang:
Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs CI in der A GmbH und deren anschließende Veräußerung an N GmbH.
A GmbH mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige CI-Geschäft der A AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A GmbH übernimmt das Vermögen von CI. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.
...
Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.
3. Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:
Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A AG, A GmbH, Gesamtbetriebsrat der A AG sowie die örtlichen Betriebsräte am eine Überleitungsvereinbarung 'zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen' abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:
- Die bei der A AG verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A GmbH anerkannt.
- Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A GmbH bestehen, d.h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.
...
5. Zu Ihrer persönlichen Situation:
Ihr Arbeitsverhältnis wird nach unserer Planung von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Die Zustimmung des Betriebsrats zu Ihrer Aufnahme in die Namensliste liegt derzeit noch nicht vor. Insofern sind Verhandlungen mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne Ihre Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten.
Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen dann die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen zu.
Die geplante Kündigung wirkt sich auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses nicht aus. Ihr Arbeitsverhältnis geht trotzdem über und Sie sind verpflichtet, Ihre Tätigkeit bei A GmbH fortzuführen. Die nachfolgend dargestellten Konsequenzen eines eventuellen Widerspruchs treffen auch in Ihrem Falle zu.
6. Zum Widerspruchsrecht:
Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden.
Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an:
...
7. Zu den Folgen eines Widerspruchs:
Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A AG und geht nicht auf die A GmbH über.
Da nach dem Übergang des Geschäftsbereichs CI auf A GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A AG rechnen.
Wir weisen Sie jedoch ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A AG, noch gegenüber A GmbH. Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt.
Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen. ..."
Mit Wirkung zum wurde der Geschäftsbereich CI ausgegliedert und auf die neu gegründete A GmbH übertragen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese GmbH zunächst nicht.
Die A GmbH kündigte dem Kläger mit Schreiben vom "aus dringend betrieblichen Erfordernissen" zum . Gegen diese Kündigung erhob der Kläger keine Kündigungsschutzklage.
Unter dem Datum des teilte die A GmbH dem Kläger schriftlich mit, dass dieser zum Ausgleich der ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung von insgesamt 119.086,80 Euro erhalten werde.
Im Mai 2005 stellte die A GmbH Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welches am eröffnet wurde.
Nachdem die A GmbH dem Kläger mit Schreiben vom mitgeteilt hatte, dass sie aufgrund des gestellten Insolvenzantrages an ihn keine Zahlungen leisten werde, widersprach der Kläger mit Anwaltsschreiben vom dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH. Er begründete den Widerspruch ua. damit, dass "die ausführlichen Informationen im Schreiben vom offenkundig unzutreffend" gewesen seien.
Der Kläger meint, er habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH noch im September 2005 wirksam widersprechen können, weil er bis dahin nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über den Betriebsübergang unterrichtet worden sei. So rügt er insbesondere eine falsche Information über die wirtschaftliche Situation der Betriebserwerberin und über die Haftungsverteilung zwischen der Beklagten und der A GmbH.
Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie beruft sich darauf, ihr Informationsschreiben vom habe den Erfordernissen des § 613a Abs. 5 BGB genügt. Der Widerspruch des Klägers sei verspätet, da er nicht innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist nach Zugang des Unterrichtungsschreibens (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) erhoben worden sei. Zumindest sei das Widerspruchsrecht des Klägers jedoch verwirkt.
Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage und die auf Zahlung von Arbeitsentgelt gerichtete Leistungsklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien durch Teilurteil stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.
Gründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Feststellungsklage zu Unrecht stattgegeben.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das Schreiben der Beklagten vom , mit dem sie den Kläger über den Betriebsteilübergang unterrichtet habe, genüge nicht den Anforderungen des § 613a BGB. So gebe der Hinweis auf den "Übergang des Arbeitsverhältnisses" lediglich die in § 613a BGB getroffene Regelung wieder und erschöpfe sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffes "Übergang". Außerdem fehle es an der Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsteilübergangs. Letztlich enthalte das Unterrichtungsschreiben auch keine Informationen zu den kündigungsrechtlichen Folgen des Betriebsüberganges nach § 613a Abs. 4 BGB. Wegen der fehlerhaften Unterrichtung des Klägers habe für diesen die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen. Dessen Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Es fehle bereits am Vorliegen des für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen so genannten Zeitmoments. Dieses habe frühestens ab Kenntnis des Klägers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung zu laufen begonnen, dh. mit dessen Kenntnis vom Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A GmbH. Angesichts der schwierigen und komplexen Sach- und Rechtslage sei ein Zeitraum von drei Monaten zwischen der - möglichen - Kenntnisnahme vom Bestehen eines Widerspruchsrechtes und dessen Ausübung durch den Kläger nicht ausreichend, um von einer Erfüllung des Zeitmoments auszugehen. Selbst wenn man ein solches annähme, fehlte es für eine Verwirkung am Vorliegen des Umstandsmoments. Allein die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der A GmbH reiche dafür nicht aus. Durch die Nichterhebung einer Klage gegen die von der A GmbH am ausgesprochene ordentliche Kündigung habe der Kläger ebenfalls kein im Rahmen der Verwirkung zu berücksichtigendes Umstandsmoment gesetzt, weil der Beklagten die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage zunächst nicht bekannt gewesen sei. Selbst wenn dieses aber der Fall gewesen wäre, hätte sie sich wegen der objektiv festgestellten falschen Unterrichtung nicht darauf verlassen dürfen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Ein solches Vertrauen der Beklagten sei wegen ihres pflichtwidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit der Unterrichtung des Klägers über den Betriebsübergang nicht schutzwürdig.
B. Die Revision der Beklagten ist begründet, da die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand halten.
I. Die Klage auf Feststellung, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten über den hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht, ist zulässig.
Der Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Das nach dieser Norm erforderliche Interesse an alsbaldiger Feststellung ist gegeben. Das Feststellungsinteresse ist eine Sachurteilsvoraussetzung und als solche in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen. Maßgebender Zeitpunkt für das Bestehen des Feststellungsinteresses ist der Schluss der Revisionsverhandlung.
Da die Beklagte bestreitet, über den hinaus Arbeitgeberin des Klägers gewesen zu sein, ist ein Feststellungsurteil über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geeignet klarzustellen, wer die Verpflichtungen aus diesem Arbeitsverhältnis künftig zu erfüllen hat.
II. Die Feststellungsklage ist nicht begründet.
Zwischen den Parteien hat über den , den Zeitpunkt des Überganges des Geschäftsbereiches CI auf die A GmbH im Wege eines Betriebsteilüberganges (§ 613a BGB), hinaus ein Arbeitsverhältnis nicht mehr bestanden, weil der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH nicht wirksam widersprochen hat.
1. Die Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte mit Schreiben vom über den am erfolgten Betriebsteilübergang entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB (vgl. Senat - 8 AZR 174/07 - zu einer im Wesentlichen gleich gelagerten Unterrichtung). Daher war dessen Widerspruch nicht verspätet, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht mit Zugang der Unterrichtung zu laufen begonnen hatte (st. Rspr., vgl. Senat - 8 AZR 174/07 -).
2. Der Kläger hatte sein Widerspruchsrecht allerdings verwirkt.
Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, mit welcher dieses eine Verwirkung des Widerspruchsrechts verneint hat, folgt der Senat nicht.
a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist.
b) Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (Senat - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64 mwN).
c) Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments jedoch nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei (BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsüberganges ( - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Zutreffend ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen besondere Verhaltensweisen des Berechtigten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).
d) Diese Voraussetzungen für die Annahme der Verwirkung liegen im Streitfalle vor, weil sich der Kläger gegen die ihm von der A GmbH ausgesprochene Kündigung nicht zur Wehr gesetzt hat.
aa) Zwischen der Unterrichtung des Klägers mit Schreiben vom über den bevorstehenden Betriebsteilübergang und seinem Widerspruch mit Schreiben vom liegt ein Zeitraum von über 10 Monaten. Damit ist das so genannte Zeitmoment erfüllt. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts beginnt die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment nicht erst ab einem bestimmten Zeitpunkt zu laufen, insbesondere nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und dessen Folgen. Bei dem Zeitmoment handelt es sich nicht um eine gesetzliche, gerichtliche oder vertraglich vorgegebene Frist, für welche bestimmte Anfangs- und Endzeitpunkte gelten, die in den §§ 186 ff. BGB geregelt sind. Vielmehr hat bei der Prüfung, ob ein Recht verwirkt ist, immer eine Gesamtbetrachtung stattzufinden, bei welcher das Zeit- und das Umstandsmoment zu berücksichtigen und in Relation zu setzen sind. Wie der Senat am (- 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64) entschieden hat, ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen, was zur Folge hat, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers möglicherweise erst nach einer längeren Untätigkeit verwirken können. Erfolgt die Prüfung der Verwirkung nach diesen Grundsätzen, so ist es nicht geboten, ähnlich wie bei gesetzlichen, gerichtlichen oder vertraglichen Fristen für das so genannte Zeitmoment einen bestimmten Fristbeginn, wie etwa die Kenntnis des Berechtigten von bestimmten Tatsachen festzulegen. Vielmehr ist immer darauf abzustellen, ob der Verpflichtete aufgrund des Zeitablaufes, in dem der Berechtigte sein Recht nicht ausgeübt hat, und den Umständen des Einzelfalles, zu denen auch die Nichtkenntnis des Berechtigten von den für die Geltendmachung seines Rechtes bedeutsamen Tatsachen gehört, darauf vertrauen durfte, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (Senat - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).
bb) Legt man dies dem Streitfalle zugrunde, so ist das Zeitmoment für die Verwirkung des Widerspruchsrechtes des Klägers gegeben, weil er die von der A GmbH am ausgesprochene Kündigung bis zur Erklärung seines Widerspruchs nicht angegriffen hatte.
cc) Auch die Voraussetzungen für das Umstandsmoment liegen vor, und zwar unabhängig davon, ob auch der Beklagten die widerspruchslose Hinnahme der von der A GmbH ausgesprochenen Kündigung durch den Kläger bekannt gewesen ist.
Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Gericht der Tatsacheninstanz alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird ( - DB 2007, 1034). Dagegen ist der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom (- 2 AZR 711/87 - AP BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 5 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 1) davon ausgegangen, dass die Rechtsfrage, ob die verspätete gerichtliche Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kündigung das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt, freier revisionsgerichtlicher Überprüfung unterliegt. In dieser Entscheidung hat der Zweite Senat auch bei der Prüfung, ob das Umstandsmoment vorliegt, die Entscheidung des Berufungsgerichts einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterzogen.
Letztlich braucht der Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfbarkeit der Tatsachenwürdigung des Landesarbeitsgerichts im Streitfalle jedoch nicht entschieden zu werden, weil diesem ein Rechtsfehler unterlaufen ist. Es hat das Vorliegen des Umstandsmomentes mit der Begründung verneint, die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage durch den Kläger sei der Beklagten "zunächst" nicht bekannt gewesen, und außerdem sei ihr Vertrauen wegen der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung des Klägers iSd. § 613a Abs. 5 BGB nicht schutzwürdig.
Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht zunächst an, dass allein die widerspruchslose Weiterarbeit des Klägers bei der Betriebserwerberin nach der Rechtsprechung des Senats noch keine Verwirkung des Widerspruchsrechts des nicht ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB unterrichteten Arbeitnehmers begründet (vgl. Senat - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).
Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts liegt aber ein ausschlaggebender Umstand für die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechtes deshalb vor, weil der Kläger die von der A GmbH am ausgesprochene Kündigung widerspruchslos hingenommen hatte. Als ein Umstand, der das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechtes nach § 613a Abs. 6 BGB rechtfertigen kann, ist es nämlich anzusehen, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert hat, dass er einen Aufhebungsvertrag mit dem Betriebserwerber geschlossen oder eine von diesem nach dem Betriebsübergang erklärte Kündigung hingenommen hat (vgl. Senat - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354).
Die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechtes ist nicht ausgeschlossen, wenn nur der A GmbH, nicht aber der Beklagten alle vom Kläger verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechtes im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann.
Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Inhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechtes sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, legt dies nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstands zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich zu begreifen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber (Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären darf. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen "Umstände" subjektiv kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6 "ein anderes" normiert (§ 425 Abs. 1 BGB). Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen, eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat - 8 AZR 174/07 -).
Unzutreffend ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe sich wegen der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung des Klägers über den Betriebsteilübergang nicht darauf verlassen dürfen, er werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Würde man dieser Überlegung des Landesarbeitsgerichts folgen, führte das zu einem widersinnigen Ergebnis. Einerseits behielte der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht deshalb länger als in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normiert (einen Monat ab Zugang der Unterrichtung), weil die Unterrichtung nicht ordnungsgemäß war. Andererseits könnte das Widerspruchsrecht nicht verwirken, weil der Arbeitnehmer nicht entsprechend den Vorgaben des § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet worden war. Dies hätte zur Folge, dass - entgegen der Rechtsprechung - die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung durch den alten Arbeitgeber idR nicht eintreten könnte. Dies widerspräche dem Grundsatz, dass jedes Recht verwirken kann.
C. Die Kostenentscheidung - auch über die Kosten der Revision - war wegen des Erfordernisses der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorzubehalten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAD-21014
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein