BAG Beschluss v. - 7 ABR 61/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BetrVG § 1 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 78a Abs. 4

Instanzenzug: LAG Frankfurt/Main, 9 TaBV 182/06 vom ArbG Darmstadt, 8 BV 3/06 vom

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung.

Die antragstellende und zu 1) beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilindustrie. Für ihren gemeinsam mit der G GmbH geführten Gemeinschaftsbetrieb in R ist der zu 3) beteiligte Betriebsrat und die zu 4) beteiligte Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt worden, deren Mitglied der Beteiligte zu 2) war.

Der Beteiligte zu 2) schloss mit der Arbeitgeberin einen Berufsausbildungsvertrag über eine Ausbildung zum Energieelektroniker mit der Fachrichtung Betriebstechnik. Er beantragte mit Schreiben vom für die Zeit nach der Beendigung seines Berufsausbildungsverhältnisses die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 78a Abs. 2 BetrVG. Der Beteiligte zu 2) bestand am die Abschlussprüfung. Er wurde anschließend als Prüfstandselektriker in der Abteilung "G" eingesetzt, in der im ersten Quartal 2006 5.687 Überstunden geleistet wurden. Die Arbeitgeberin übernahm von den Auszubildenden, die im Jahr 2006 ihre Ausbildung beendeten, lediglich vier Modellbaumechaniker. Im November 2006 wurden im Betrieb Stellen als Prüfstandselektroniker, Prüfstandsmechaniker, Mechatroniker und Betriebstechniker ausgeschrieben, auf die sich der Beteiligte zu 2) erfolglos bewarb.

Im Betrieb in R wurden zum Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung des Beteiligten zu 2) auf freiwerdenden Stellen Leiharbeitnehmer der Firma R eingesetzt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren in der Abteilung des Beteiligten zu 2) in den Jahren 2006/2007 die Leiharbeitnehmer M und R beschäftigt.

Die Arbeitgeberin hat mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift die Auflösung des mit dem Beteiligten zu 2) entstandenen Arbeitsverhältnisses beantragt. Sie hat gemeint, die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2) sei ihr mangels vorhandener Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten unzumutbar. Zum Zeitpunkt der Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses sei kein freier geeigneter Arbeitsplatz im Betrieb vorhanden gewesen, der mit dem Beteiligten zu 2) hätte besetzt werden können. Im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen belaufe sich die Anzahl der bis 2007 abzubauenden Stellen auf rd. 9.500. Ausscheidende Mitarbeiter würden in der Regel nicht ersetzt, zwingender Bedarf werde nach dem mit dem Betriebsrat vereinbarten Konzept "interner Arbeitsmarkt" aus dem Personalüberhang gedeckt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

das nach § 78a Abs. 2 BetrVG mit dem Beteiligten zu 2) begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen,

hilfsweise,

festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 2) nicht zustande gekommen ist.

Die Beteiligten zu 2) bis 4) haben erstinstanzlich beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Der Beteiligte zu 2) und der Betriebsrat haben gemeint, der Auflösungsantrag habe nur von beiden Arbeitgeberinnen des R Gemeinschaftsbetriebs gemeinsam gestellt werden können.

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag der Arbeitgeberin entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen eingelegten Beschwerden des Beteiligten zu 2) und des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit den für den Beteiligten zu 2) und den Betriebsrat zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen diese ihre Abweisungsanträge weiter, während die Arbeitgeberin die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden beantragt. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

B. Die Rechtsbeschwerden des Beteiligten zu 2) und des Betriebsrats sind begründet und führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann dem Hauptantrag der Arbeitgeberin nicht entsprochen werden. Das Landesarbeitsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass der Auflösungsantrag nach § 78a Abs. 4 BetrVG ohne Mitwirkung der G GmbH von der Arbeitgeberin gestellt werden konnte. Das Beschwerdegericht hat es aber zu Unrecht für unbeachtlich gehalten, dass im R Betrieb Leiharbeitnehmer beschäftigt worden sind. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.

I. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) und des Betriebsrats konnte die Arbeitgeberin das Verfahren nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG ohne Mitwirkung der G GmbH einleiten. Eine gemeinsame Antragstellung wäre selbst dann nicht erforderlich gewesen, wenn die Arbeitgeberin und die G GmbH den Betrieb in R als Gemeinschaftsbetrieb führen sollten, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen.

1. Arbeitgeber iSd. § 78a Abs. 4 BetrVG ist nur der Vertragsarbeitgeber. Dies ist die natürliche oder juristische Person mit dem das Mitglied der in § 78a Abs. 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen ein Berufsausbildungsverhältnis abgeschlossen hat. Zwar wird im Betriebsverfassungsgesetz mit dem Ausdruck "Arbeitgeber" regelmäßig der Inhaber der betrieblichen Leitungsmacht bezeichnet. Dies kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG der im einem Gemeinschaftsbetrieb von mehreren Unternehmen errichtete einheitliche Leitungsapparat sein, der die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt einsetzt. Bei einer Auseinandersetzung um Ansprüche, die den Status oder den Inhalt der nur mit einem Vertragsarbeitgeber des Gemeinschaftsbetriebs bestehenden Rechtsbeziehung betreffen, ist aber nur dieser als Arbeitgeber anzusehen.

2. Danach konnte der Auflösungsantrag allein durch die Arbeitgeberin gestellt werden.

Die Auflösung eines nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG begründeten Arbeitsverhältnisses betrifft nicht die betriebsverfassungsrechtliche Arbeitgeberstellung aller an einem Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen, sondern nur die des Vertragsarbeitgebers des ehemaligen Auszubildenden. Nach der genannten Vorschrift wird durch ein form- und fristgerecht erklärtes Übernahmeverlangen eines Mitglieds der in § 78a Abs. 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen ein Arbeitsverhältnis mit der Vertragspartei des bisherigen Berufsausbildungsverhältnisses begründet. Durch das in § 78 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG vorgesehene Verfahren hat diese die Möglichkeit, sich bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen aus dem gesetzlich begründeten Arbeitsverhältnis zu lösen. Dieser Streit betrifft nicht die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des ehemaligen Auszubildenden in dem Gemeinschaftsbetrieb, sondern allein die Aufrechterhaltung der vertragsrechtlichen Bindung zwischen den ehemaligen Parteien des Berufsausbildungsverhältnisses.

3. Davon zu unterscheiden ist die prozessrechtliche Frage nach der betriebsverfassungsrechtlichen Betroffenheit eines weiteren am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmens durch das Auflösungsverfahren. Dieses ist nach § 83 Abs. 3 ArbGG am Verfahren beteiligt, weil von dem Verfahren nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG auch die personelle Zusammensetzung der Jugend- und Auszubildendenvertretung abhängt. Das hätte die Notwendigkeit der Beteiligung der G GmbH als weitere Beteiligte zu 5) zur Folge. Davon hat der Senat für das hiesige Rechtsbeschwerdeverfahren abgesehen, da das Landesarbeitsgericht angesichts der Zurückverweisung die Beteiligten erneut anzuhören hat.

II. Die Rechtsbeschwerden des Beteiligten zu 2) und des Betriebsrats sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, das das Bestehen einer unbefristeten Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Beteiligten zu 2) prüfen muss. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht beurteilen, ob bei der Arbeitgeberin in dem maßgeblichen Zeitraum vom bis zum ein freier und für eine Besetzung mit dem Beteiligten zu 2) geeigneter unbefristeter Arbeitsplatz als Energieelektroniker zur Verfügung gestanden hat.

1. a) Nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG gilt zwischen einem Auszubildenden, der Mitglied des Betriebsrats oder eines der anderen dort genannten Betriebsverfassungsorgane ist, und dem Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn der Auszubildende in den letzten drei Monaten vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses vom Arbeitgeber schriftlich die Weiterbeschäftigung verlangt. Die in § 78a BetrVG enthaltene Übernahmeverpflichtung von Jugend- und Auszubildendenvertretern nach Beendigung ihrer Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis soll die Ämterkontinuität der in Abs. 1 genannten Arbeitnehmervertretungen gewährleisten und den Amtsträger vor nachteiligen Folgen bei seiner Amtsführung während des Berufsausbildungsverhältnisses schützen. Die Vorschrift stellt eine besondere gesetzliche Ausformung des betriebsverfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbots von Amtsträgern in § 78 BetrVG dar. Durch ein form- und fristgerechtes Übernahmeverlangen des Auszubildenden entsteht zwischen dem Arbeitgeber und dem Mitglied der in § 78a Abs. 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis in seinem Ausbildungsberuf. Der Arbeitgeber kann die Auflösung des kraft Gesetzes entstandenen Arbeitsverhältnisses unter den Voraussetzungen des § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG nur erreichen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann, wobei der Begriff der Zumutbarkeit in § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG mit dem in § 626 Abs. 1 BGB inhaltlich nicht übereinstimmt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nicht erst dann unzumutbar, wenn die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB erfüllt sind. Die zum Begriff der Unzumutbarkeit in § 626 Abs. 1 BGB entwickelten Grundsätze lassen sich nicht auf den Auflösungstatbestand des § 78a Abs. 4 BetrVG übertragen. Der Tatbestand des § 626 Abs. 1 BGB liegt erst dann vor, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung des nach § 78a Abs. 2 BetrVG entstandenen Arbeitsverhältnisses ist demgegenüber zu entscheiden, ob dem Arbeitgeber die Beschäftigung des Amtsträgers in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zumutbar ist ( - zu B I 1 der Gründe, BAGE 84, 294 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 26 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 24).

b) Neben personen- und verhaltensbedingten Gründen können auch betriebliche Gründe die Auflösung des kraft Gesetzes entstandenen Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Die Fortsetzung des nach § 78a Abs. 2 BetrVG begründeten Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen unzumutbar, wenn er keinen andauernden Bedarf für die Beschäftigung eines Arbeitnehmers hat ( - zu B I 2 der Gründe, BAGE 87, 105 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 30 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 25; - 7 ABR 54/95 - zu B I der Gründe, BAGE 84, 294 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 26 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 24). Maßgeblich sind die Verhältnisse im Ausbildungsbetrieb ( - Rn. 20, BAGE 120, 205 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 38 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 3).

aa) Ob ein Beschäftigungsbedarf für den durch § 78a BetrVG geschützten Auszubildenden zur Verfügung steht, bestimmt sich nach den arbeitstechnischen Vorgaben und der Personalplanung des Arbeitgebers, der darüber entscheidet, welche Arbeiten im Betrieb verrichtet werden sollen und wie viele Arbeitnehmer damit beschäftigt werden. Ohne Bedeutung ist daher, ob Arbeitsaufgaben vorhanden sind, mit deren Verrichtung ein Arbeitnehmer betraut werden könnte. Aus diesem Grund liegt kein Beschäftigungsbedarf für einen durch § 78a BetrVG geschützten Amtsträger vor, wenn sich der Arbeitgeber entschlossen hat, eine bestimmte Arbeitsmenge nicht durch die Einrichtung eines Arbeitsplatzes, sondern durch Mehrarbeit der regelmäßig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu erledigen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, durch organisatorische Maßnahmen Arbeitsplätze neu zu schaffen, um die Weiterbeschäftigung zu gewährleisten ( - zu B I 3 der Gründe, BAGE 84, 294 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 26 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 24; - 7 ABR 68/90 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 68, 187 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 23 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 21). Von Missbrauchsfällen abgesehen ist der Arbeitgeber grundsätzlich auch nicht gehindert, durch eine Veränderung der Arbeitsorganisation Arbeitsplätze wegfallen zu lassen ( - zu B I 3 der Gründe, ZTR 2001, 139; - 7 ABR 63/96 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 87, 105 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 30 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 25; - 7 ABR 73/96 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 87, 110 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 31 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 26; - 7 ABR 54/95 - zu B I 2 der Gründe, aaO.). Ist hingegen im Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ein freier Arbeitsplatz vorhanden, hat bei der Prüfung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung ein künftiger Wegfall von Arbeitsplätzen unberücksichtigt zu bleiben ( - zu B 3 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 25 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 23).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist dem Arbeitgeber die Übernahme eines durch § 78a BetrVG geschützten Auszubildenden aus betrieblichen Gründen nicht allein deshalb unzumutbar, weil sich der Arbeitgeber entschließt, die in seinem Betrieb anfallenden Arbeitsaufgaben künftig nicht mehr Arbeitnehmern zu übertragen, mit denen er selbst einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, sondern Leiharbeitnehmern. Durch diese Entscheidung allein wird weder die Anzahl der Arbeitsplätze noch die Arbeitsmenge, für deren Bewältigung der Arbeitgeber Arbeitnehmer einsetzt, verändert. Die bisher anfallenden Arbeiten werden nach wie vor von dem Arbeitgeber innerhalb seiner betrieblichen Organisation mit Arbeitskräften erledigt, die diese Arbeitsaufgaben nach seinen Weisungen für ihn ausführen. Der Arbeitgeber deckt seinen Arbeitskräftebedarf lediglich mit Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers, der sie ihm auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zur Förderung seiner Betriebszwecke zur Verfügung stellt. Die dem Arbeitgeber als Entleiher überlassenen Arbeitnehmer werden von diesem nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer eingesetzt. Durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern entfällt daher lediglich der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern, die in einem durch Arbeitsvertrag begründeten Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen. Dies führt nicht zur Unzumutbarkeit iSd. § 78a Abs. 4 BetrVG, weil sich allein durch die Entscheidung des Arbeitgebers, künftig für die Erledigung der Arbeitsmenge Leiharbeitnehmer einzusetzen, die Anzahl der im Betrieb eingerichteten Arbeitsplätze und damit auch der Beschäftigungsbedarf nicht ändert ( - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 50).

c) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist für die Feststellung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung iSd. § 78a Abs. 4 BetrVG auf den Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses abzustellen ( - zu B 3 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 25 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 23). Die Weiterbeschäftigung eines durch § 78a BetrVG geschützten Auszubildenden kann dem Arbeitgeber iSd. § 78a Abs. 4 BetrVG im Einzelfall auch zumutbar sein, wenn er einen kurz vor der Beendigung der Berufsausbildung frei gewordenen Arbeitsplatz wieder besetzt hat, statt ihn für einen nach § 78a BetrVG geschützten Auszubildenden freizuhalten. Das gilt regelmäßig bei einer Besetzung, die innerhalb von drei Monaten vor dem vereinbarten Ende des Ausbildungsverhältnisses vorgenommen wird, da der Arbeitgeber innerhalb des Drei-Monats-Zeitraums des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG mit einem Übernahmeverlangen rechnen muss. Diesem Verlangen muss er entsprechen, wenn nicht die Ausnahmetatbestände des § 78a Abs. 4 BetrVG vorliegen. Aus diesem Grund führt ein zum Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung fehlender Beschäftigungsbedarf nicht zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, wenn der Arbeitgeber einen innerhalb von drei Monaten vor der vertraglich vereinbarten Beendigung des Ausbildungsverhältnisses frei gewordenen Arbeitsplatz besetzt hat und die sofortige Neubesetzung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse geboten war ( - zu B II 1 der Gründe, BAGE 87, 105 = AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 30 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 25).

2. Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob der Auflösungsantrag der Arbeitgeberin begründet ist.

Das Landesarbeitsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass das zu Beginn des Jahres 2006 in der Abteilung "G" bestehende Überstundenvolumen von 5.687 Stunden keinen dauerhaften Beschäftigungsbedarf für den Beteiligten zu 2) begründet hat. Es sind weder Tatsachen ersichtlich noch vom Landesarbeitsgericht festgestellt, die dafür sprechen, dass die Arbeitgeberin durch die Anordnung oder Hinnahme von Überstunden durch andere in der Abteilung beschäftigte Arbeitnehmer die Übernahme des Beteiligten zu 2) verhindern wollte. Ebenso hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2) der Arbeitgeberin nicht deshalb zumutbar war, weil diese im November 2006 - und damit knapp 11 Monate nach dem Bestehen der Abschlussprüfung - freie Stellen ausgeschrieben hat, die für eine Besetzung mit dem Beteiligten zu 2) möglicherweise in Betracht gekommen wären. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings unzutreffend angenommen, dass die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern im Betrieb R für die Beurteilung der Unzumutbarkeit iSd. § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG ohne Bedeutung ist. Es hätte dem in der Beschwerdeinstanz von dem Beteiligten zu 2) und dem Betriebsrat gehaltenen Vortrag zur Beschäftigung von Leiharbeitnehmern nachgehen und aufklären müssen, ob in dem maßgeblichen Drei-Monats-Zeitraum des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG im Betrieb R Arbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern besetzt waren, die der Beteiligte zu 2) mit seiner in der Berufsausbildung erworbenen beruflichen Handlungsfähigkeit hätte ausüben können und die nach den Vorgaben der Arbeitgeberin nicht nur vorübergehend zur Verfügung standen. Dies wird das Landesarbeitsgericht in der erneuten Anhörung aufzuklären haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
DB 2009 S. 1473 Nr. 27
EAAAD-21009

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein