BFH Beschluss v. - IX B 186/08

Anwendbarkeit der Rechtsprechung zum häuslichen Arbeitszimmer auch für Tätigkeiten, die zu Überschusseinkünften aus Kapitalvermögen führen; Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs; Verletzung der Sachaufklärungspflicht; keine Revisionszulassung bei fehlerhafter Rechtsanwendung

Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, EStG § 9 Abs. 5, EStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 76, FGO § 93 Abs. 1, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); im Übrigen liegen die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des EinkommensteuergesetzesEStG—), ist höchstrichterlich durch eine umfangreiche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 112/08, BFH/NV 2009, 161; vom VIII B 7/07, nicht veröffentlicht, juris, jeweils m.w.N.). Danach bestimmt sich der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen, der mehreren Tätigkeiten nachgeht, nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen (vgl. , BFH/NV 2005, 174; vom VI R 27/02, BFHE 204, 88, BStBl II 2004, 771; vom IV R 19/03, BFHE 208, 263, BStBl II 2005, 212). Diese Rechtsprechung ist auf alle Berufsgruppen anzuwenden (vgl. BFH-Beschlüsse vom XI B 87/05, BFH/NV 2006, 2045, und in BFH/NV 2009, 161); sie gilt auch für die Tätigkeiten, die —wie vorliegend— zu (Überschuss-)Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) führen. Das ergibt sich spätestens aus der Verweisung des —die Überschusseinkunftsarten betreffenden (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG)— § 9 Abs. 5 EStG auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG.

Auf der Basis dieser Rechtsprechung hat das Finanzgericht (FG) den inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt und damit den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeiten des Klägers mangels anderer Anhaltspunkte bei seiner (nichtselbständig ausgeübten) Vollzeitbeschäftigung und damit außerhalb seines häuslichen Arbeitszimmers gesehen. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung, die Tatsachenwürdigung wie auch Schlussfolgerungen tatsächlicher Art sind jedoch als tatsächliche Feststellungen des FG einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen und haben für die Revisionsinstanz, da insoweit auch zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen die Feststellungen des FG nicht erhoben wurden, Bindungswirkung (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Eine darin begründete fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen.

2. a) Zur Problematik des Veräußerungsverlustes i.S. des § 17 EStG haben die Kläger weder Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO näher bezeichnet noch deren Voraussetzungen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt; insoweit fehlt es gänzlich an Ausführungen.

b) Soweit die Kläger einen Verstoß gegen § 93 Abs. 1 FGO und damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) rügen, steht dem schon das Protokoll der mündlichen Verhandlung (zu dessen Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung) vor dem FG entgegen; danach wurde „die Streitsache mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht” erörtert. Ein Antrag auf Protokollberichtigung blieb ohne Erfolg. Darüber hinaus fehlt der Vortrag, weshalb eine entsprechende Rüge in der mündlichen Verhandlung nicht möglich war (vgl. , BFH/NV 2007, 1179).

c) Soweit die Kläger die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) in Gestalt des Unterlassens einer Amtsermittlung rügen, fehlt es bereits an genauen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (vgl. zu den Darlegungsanforderungen z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 94/05, BFH/NV 2006, 1142; vom VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751); zudem berücksichtigen sie bei ihren Ausführungen nicht den maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunkt des FG (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 13/04, BFH/NV 2005, 1065; vom IX B 207/07, BFH/NV 2008, 2022, unter 4. a). Auch fehlt der Vortrag, warum die Kläger nicht von sich aus Beweise angeboten und angetreten haben oder auf eine entsprechende Beweiserhebung hingewirkt haben. Das Sitzungsprotokoll weist ein solches Bemühen nicht aus.

d) Letztlich rügen die Kläger —zum Teil nach Art einer Revisionsbegründung und zum Teil aufgrund anderer Tatsachen bzw. deren abweichender Bewertung— eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG und damit die inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils, also materiell-rechtliche Fehler; damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl. , BFH/NV 2007, 2144). Das gilt gleichermaßen für die Rüge eines Verstoßes gegen Denkgesetze (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 144/01, BFH/NV 2002, 1336; vom II B 31/06, BFH/NV 2007, 972) wie für die bloße Behauptung eines Verstoßes gegen EU-Recht (Art. 43 EG-Vertrag).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
TAAAD-20486