BVerwG Urteil v. - 3 C 14.08

Leitsatz

Rechnungsbeträge, die das Krankenhaus (noch) nicht vereinnahmt hat, weil die jeweilige Krankenkasse ihre Zahlungspflicht bestreitet, sind keine ausgleichspflichtigen Erlöse im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 1 BPflV.

Gesetze: BPflV § 12 Abs. 2 Satz 1

Instanzenzug: VG Gießen, 8 E 6040/04 vom VGH Hessen, 5 UE 1106/07 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein

Gründe

I

Die Beigeladene zu 1 betreibt ein Krankenhaus. Im Jahr 2003 hatte sie für die Behandlung von Patienten geforderte Vergütungen von insgesamt 12 479 EUR nicht erhalten, weil die Kostenträger die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestritten und die Kostenübernahme abgelehnt hatten. Im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen für 2004 ist zwischen den Beteiligten streitig geblieben, ob diese Erlösausfälle Mindererlöse im Sinne der Bundespflegesatzverordnung darstellen, die von den Kostenträgern zu 40 v.H. auszugleichen sind.

Die Schiedsstelle entschied am , dass die Mindererlöse 2003 bei der Pflegesatzvereinbarung 2004 "nach der Netto-Methode" zu berücksichtigen und zu 40 v.H. auszugleichen seien. Zur Begründung hieß es, in die Berechnung des Erlösausgleichs seien Rechnungen, die bislang nicht bezahlt worden seien, nicht einzubeziehen; denn dann habe das Krankenhaus insoweit keine Erlöse erzielt. Wenn Rechnungen später doch noch beglichen würden, sei der Ausgleich insoweit nachzuholen. In ihrer rechnerischen Umsetzung dieser Vorgabe bezifferten die Pflegesatzparteien den der Beigeladenen zu 1 infolgedessen zustehenden Ausgleich. Die Schiedsstelle setzte daraufhin mit Beschluss vom den Gesamtbetrag der Erlöse für 2004, die Ausgleiche für Vorjahre, den krankenhausindividuellen Basisfallwert sowie weitere Entgeltgrößen fest. Der Beklagte genehmigte den Schiedsspruch mit Bescheid des Regierungspräsidiums Gießen vom .

Mit seiner Klage gegen den Genehmigungsbescheid hat der Kläger geltend gemacht, die Berechnung des Erlösausgleichs nach der sog. Netto-Methode stehe mit der Bundespflegesatzverordnung nicht im Einklang. Nach der Verordnung seien nur Mehr- oder Mindererlöse auszugleichen, die durch eine gegenüber der Prognose abweichende Belegung entstanden seien. An dieser Voraussetzung fehle es, wenn ein Mindererlös darauf zurückzuführen sei, dass die Rechnung nicht bezahlt worden sei. Der Verordnung werde daher nur das sog. Bruttoprinzip gerecht, nach dem sich der Erlös eines Krankenhauses nach der Summe derjenigen Forderungen errechne, die es im Erlöszeitraum für tatsächlich erbrachte Leistungen (Belegungen) abgerechnet habe. Auch streitige und uneinbringliche Forderungen seien zu berücksichtigen und könnten deshalb keine ausgleichungspflichtigen Mindererlöse darstellen. Andernfalls würde ein Teil des Risikos für die Uneinbringlichkeit von Forderungen vom Krankenhaus auf die Kostenträger überwälzt, zumal auch auf Kostenträger, die mit der strittigen Forderung nichts zu tun hätten. Dass ein gewisser Teil der Forderungen uneinbringlich sei, werde vielmehr bei der Kalkulation der Selbstkosten des Krankenhauses bereits vorab berücksichtigt; er dürfe im nachträglichen Erlösausgleich nicht nochmals berücksichtigt werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom abgewiesen. Dem Kläger sei zuzugeben, dass ein Mindererlös nur dann auszugleichen sei, wenn er durch eine abweichende Belegung verursacht wurde. Ein Erlösausgleich komme deshalb nicht in Betracht, wenn für eine Belegung fakturierte Rechnungen sich als uneinbringlich herausstellten. Darum gehe es hier aber nicht. Hier hätten die Kostenträger die Berechtigung von Entgeltforderungen des Krankenhauses dem Grunde nach bestritten, indem sie die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit in Zweifel gezogen hätten. Diese Fälle seien so zu behandeln, als habe überhaupt keine Belegung stattgefunden.

Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Genehmigungsbescheid des Beklagten aufgehoben. Dieser lege ebenso wie der genehmigte Schiedsspruch dem Erlösausgleich zu Unrecht die sog. Netto-Methode zugrunde. Freilich sei der Schiedsspruch einschränkend dahin auszulegen, dass er die Netto-Methode nur auf bestrittene und nicht auch auf uneinbringliche Forderungen angewendet wissen wolle; nur um bestrittene Forderungen gehe es aber hier. Solche Forderungen seien in den Mindererlösausgleich nicht einzubeziehen; denn der Erlösausfall habe seine Ursache nicht in einer abweichenden Belegung des Krankenhauses, sondern darin, dass die stationäre Behandlung von der Krankenkasse nicht oder nicht in der tatsächlichen Dauer für erforderlich angesehen werde (vgl. § 39 SGB V). Würden diese Fälle in den Mindererlösausgleich einbezogen, so würden die Kostenträger anteilig mit dem Erlösausfall belastet. Diese Risikoverteilung werde Sinn und Zweck des Erlösausgleichs nicht gerecht. Der Erlösaugleich diene dazu, Abweichungen der tatsächlichen Belegung von der bei der Pflegesatzvereinbarung vorausgeschätzten Belegung teilweise auszugleichen. Beidem ziehe der Versorgungsauftrag des Krankenhauses Rahmen und Grenze. Belegungen, bei denen die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit fehle, lägen außerhalb des Versorgungsauftrags. Dürften diese Belegungen aber schon nicht in das vorauskalkulierte Budget eingestellt werden, so könnten sie auch nicht Gegenstand des Erlösausgleichs sein.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 haben hiergegen Revision eingelegt.

Der Beklagte macht geltend, Zweck des Mindererlösausgleichs sei, dem Krankenhaus für Minderbelegungen jedenfalls 40 v.H. der vorauskalkulierten Erlöse zukommen zu lassen, um auf diesem Wege jedenfalls seine Fixkosten - die unabhängig von der tatsächlichen Belegung entstandenen Personal- und Sachkosten - zu decken. Wenn dies aber schon für Nichtbelegungen gelte, dann müsse es erst recht für Belegungen gelten, deren Berechtigung von den Kostenträgern bestritten werde. Dass die Auffassung des Berufungsgerichts nicht richtig sein könne, zeige auch der entgegengesetzte Fall des Mehrerlösausgleichs. Auf der Grundlage der Ansicht des Berufungsgerichts müsse das Krankenhaus dann nämlich 85 bzw. 90 v.H. von Erlösen an die Kassen abführen, die es (noch) gar nicht vereinnahmt habe.

Die Beigeladene zu 1 schließt sich dem an und trägt ergänzend vor, der Erlösausgleich solle dem Krankenhaus das Risiko von Belegungsschwankungen nehmen und ihm eine vorhersehbare finanzielle Grundlage für die Wirtschaftsführung geben. Wenn die tatsächliche Belegung in einem Pflegesatzzeitraum von der vorauskalkulierten Belegung abweiche, solle jedenfalls die Deckung der Fixkosten des Krankenhauses sichergestellt sein. Mit dem Verwaltungsgericht und entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liege eine abweichende Belegung in diesem Sinne nicht nur vor, wenn vorauskalkulierte Leistungen gar nicht erbracht würden, sondern auch dann, wenn eine erbrachte Leistung nicht pflegesatzfähig sei. Der Begriff der Belegung erfasse nämlich nur Berechnungstage, die nach dem Pflegesatzrecht abgerechnet werden dürften. Stelle das Krankenhaus erbrachte Leistungen zu Unrecht in Rechnung, so handele es sich daher insoweit nicht um Belegungen im pflegesatzrechtlichen Sinne. Nur auf diesem Wege lasse sich auch vermeiden, dass der Erlösausgleich im Rahmen der tagesgleichen Pflegesätze anders ausfalle als im Rahmen der Fallpauschalen.

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Nach dem Verordnungswortlaut finde der Erlösausgleich nur statt, wenn ein Mindererlös auf einer abweichenden Belegung beruhe. In den Fällen, die den Anlass zum vorliegenden Rechtsstreit boten, habe aber eine Belegung tatsächlich vorgelegen. Sie könnten nicht mit Nichtbelegungen gleichgesetzt werden. Die gegenteilige Auffassung der Revision führe dazu, dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der abweichenden Belegung jede Wirkung zu nehmen. Mangels Regelungslücke sei auch kein Raum für einen Erst-recht-Schluss, zumal sich nicht unterstellen lasse, dass der Verordnungsgeber den Fall umstrittener Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit übersehen habe. Dem Berufungsgericht sei darin zuzustimmen, dass Behandlungen, für die ein Entgelt nicht verlangt werden könne, etwa weil es an der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit fehle, als Leistungen anzusehen seien, die das Krankenhaus außerhalb seines Versorgungsauftrags erbringe; sie dürften deshalb weder bei der Budgetvereinbarung noch beim Erlösausgleich berücksichtigt werden. Habe die Entgeltklage aber Erfolg und werde das Entgelt daraufhin bezahlt, so liege ebenfalls kein Mindererlös vor. Der Mindererlösausgleich diene nicht dazu, den Krankenhäusern vorläufig - bis zur sozialgerichtlichen Entscheidung über die Berechtigung einer Forderung - eine teilweise Finanzierung für möglicherweise außerhalb des Versorgungsauftrags erbrachte Leistungen zu sichern.

Die Beigeladenen zu 2 bis 4 äußern sich nicht.

II

Die Revisionen sind begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hätte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen; denn dieses hat die Klage mit Recht abgewiesen.

1.

Der Rechtsstreit betrifft die Vergütung der vollstationären und teilstationären Leistungen des Krankenhauses der Beigeladenen zu 1 im Jahr 2004. Der Entscheidung sind deshalb das Krankenhausfinanzierungsgesetz vom (BGBl. I S. 886) - KHG -, das Krankenhausentgeltgesetz vom (BGBl. I S. 1422) - KHEntgG - und die Bundespflegesatzverordnung vom (BGBl. I S. 2750) - BPflV -, jeweils in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom (BGBl. I S. 2190) und der Verordnung vom (BGBl. I S. 2304), zugrunde zu legen.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 KHEntgG hat die zuständige Landesbehörde den von der Schiedsstelle festgesetzten krankenhausindividuellen Basisfallwert zu genehmigen, wenn die Festsetzung den Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes sowie sonstigem Recht entspricht. Die Schiedsstelle musste gemäß § 13 KHEntgG entscheiden, weil sich die Vertragsparteien nicht geeinigt hatten; dabei musste sie dieselben Rechtsvorschriften beachten wie die Vertragsparteien selbst. Sie musste also gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG den Gesamtbetrag der Erlöse, den krankenhausindividuellen Basisfallwert sowie dessen Berechnungsgrundlagen nach Maßgabe der §§ 3 bis 6 KHEntgG festsetzen. Für das Jahr 2004 war nach § 3 Abs. 3 KHEntgG ein Gesamtbetrag in entsprechender Anwendung von § 6 Abs. 1 BPflV zu vereinbaren. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2 BPflV sind vorgeschriebene Ausgleiche und Berichtigungen für Vorjahre durchzuführen; nach § 3 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG ist der Gesamtbetrag um diese Ausgleiche und Berichtigungen für Vorjahre zu verändern. Zu den vorgeschriebenen Ausgleichen gehört auch der Mehr- und Mindererlösausgleich nach § 12 Abs. 2 BPflV.

Dagegen findet § 3 Abs. 6 KHEntgG keine Anwendung. Diese Vorschrift regelt den Mehr- und Mindererlösausgleich nur für Jahre, in denen das Krankenhaus nach Fallpauschalen abgerechnet hat, wie die Zitierung des § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 KHEntgG zeigt. Bei Mehr- und Mindererlösen für das Jahr 2003 gilt sie deshalb nur für sog. Frühumsteiger (vgl. § 3 Abs. 2 KHEntgG). Dazu zählt das Krankenhaus der Beigeladenen nicht. Dieses hat vielmehr im Jahr 2003 seine Leistungen noch nach Pflegesätzen abgerechnet.

2.

Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BPflV werden die durch eine abweichende Belegung entstandenen Mindererlöse zu 40 v.H., Mehrerlöse bis zur Höhe von 5 v.H. zu 85 v.H. und Mehrerlöse über 5 v.H. zu 90 v.H. ausgeglichen, wenn die Summe der auf den Pflegesatzzeitraum entfallenden Gesamterlöse des Krankenhauses aus den Pflegesätzen nach § 13 BPflV von dem Budget abweicht (flexible Budgetierung). Der Mehr- und Mindererlösausgleich setzt mithin den Vergleich zwischen dem Budget und der Summe der vom Krankenhaus tatsächlich erzielten Erlöse voraus. Zu den tatsächlich erzielten Erlösen gehören unzweifelhaft diejenigen Zahlungen auf Rechnungen für durchgeführte Behandlungen, die das Krankenhaus vereinnahmt hat. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zu den tatsächlich erzielten Erlösen darüber hinaus auch die Beträge fakturierter Rechnungen für durchgeführte Behandlungen gehören, die das Krankenhaus (noch) nicht vereinnahmt hat. Der Rechtsstreit betrifft dabei nur solche Rechnungsbeträge, die das Krankenhaus deshalb (noch) nicht vereinnahmt hat, weil die jeweilige Krankenkasse ihre Zahlungspflicht bestreitet (bestrittene Forderungen), nicht hingegen solche Rechnungsbeträge, die das Krankenhaus (noch) nicht vereinnahmt hat, weil der Zahlungspflichtige nicht zahlen kann oder will (uneinbringliche Forderungen).

3.

Rechnungsbeträge, die das Krankenhaus (noch) nicht vereinnahmt hat, weil die jeweilige Krankenkasse ihre Zahlungspflicht bestreitet, sind keine Erlöse des Krankenhauses im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 1 BPflV. Weder erhöhen sie einen Mehrerlösausgleich, den das Krankenhaus schuldet, noch vermindern sie einen Mindererlösausgleich, den das Krankenhaus beanspruchen kann. Nur diese Auslegung wird dem Zweck der Vorschrift gerecht.

a)

Das Budget und die Pflegesätze eines Krankenhauses für das Jahr 2003 waren nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KHG im Voraus zu bemessen. Das Budget ist hiernach der Betrag, den das Krankenhaus für seine Leistungen gegenüber seinen Patienten insgesamt verlangen kann. Freilich wird das Budget dem Krankenhaus nicht auf einmal zur Verfügung gestellt; vielmehr stellt das Krankenhaus für jeden Behandlungsfall eine Rechnung, die von der jeweiligen Krankenkasse oder von Selbstzahlern beglichen wird. In der Sache sind diese Zahlungen Abschlagszahlungen auf das Budget. Wenn die tatsächlich erzielten Erlöse des Krankenhauses von dem Budget nach oben oder nach unten abweichen, weil die dem Budget zugrunde gelegten Prognosen nicht eingetreten sind, so findet ein Ausgleich der Mehr- oder Mindererlöse nach Maßgabe von § 12 Abs. 2 Satz 1 BPflV statt. Mindererlöse werden zu 40 v.H. ausgeglichen. Das Krankenhaus erhält also zusätzlich zu den bereits eingenommenen Beträgen von den Kostenträgern 40 v.H. der Differenz zwischen diesen Beträgen und dem Budget. Von Mehrerlösen muss das Krankenhaus demgegenüber 85 v.H. bzw. 90 v.H. an die Kostenträger abführen. Das Krankenhaus behält also nur 10 v.H. bzw. 15 v.H. Der Ausgleichsbetrag ist nach § 12 Abs. 2 Satz 6 BPflV über das Budget des folgenden Pflegesatzzeitraums abzurechnen, gegebenenfalls sind Abschlagszahlungen auf den Ausgleichsbetrag zu vereinbaren ( BVerwG 3 C 53.06 - Buchholz 451.73 § 12 BPflV Nr. 1 Rn. 22 f.).

Die Vorgängerregelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 BPflV 1985 (BGBl. I S. 1666) und § 12 Abs. 4 Satz 1 BPflV 1994 (BGBl. I S. 2750) bestimmte, dass Mehr- ebenso wie Mindererlöse in jedem Falle zu 75 v.H. auszugleichen seien. Bei einer Minderbelegung wurden dem Krankenhaus also 75 v.H. der dadurch ausfallenden Pflegesatzbeträge gezahlt, während ihm von Mehrerlösen 25 v.H. verblieben. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass 75 v.H. der im Krankenhaus anfallenden Kosten vom Krankenhaus kurzfristig nicht beeinflussbare Fixkosten seien, während 25 v.H. der Kosten von der tatsächlichen Belegung abhingen und vom Krankenhaus beeinflusst werden könnten. Die Regelung zielte also darauf, dem Krankenhaus bei einer Minderbelegung die gleichwohl anfallenden Fixkosten zu erstatten und ihm bei einer Mehrbelegung nur die zusätzlich angefallenen variablen Kosten zu belassen, die ohnehin bereits gedeckten Fixkosten also nicht noch zusätzlich zu gewähren (BRDrucks 224/85 S. 34 ff., 57; BVerwG 3 C 32.94 - Buchholz 451.73 § 4 BPflV Nr. 3). Die tatsächlichen Leistungen des Krankenhauses sollten mithin entsprechend den angefallenen Kosten honoriert werden. Im Laufe der Zeit sind die Prozentsätze des Erlösausgleichs bei Mehr- und Mindereinnahmen zwar zu Ungunsten der Krankenhäuser verändert worden. Mindereinnahmen im Jahr 2003 wurden, wie dargelegt, nur noch zu 40 v.H. ausgeglichen, während Mehreinnahmen den Krankenhäusern nur noch zu 15 bzw. 10 v.H. verblieben. Damit verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, die Krankenhäuser zu einer möglichst punktgenauen Einhaltung der Budgetvorgaben anzuhalten (BTDrucks 13/6087 S. 34; BVerwG 3 C 23.04 - Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 12 Rn. 38). Das ändert aber nichts an dem ursprünglich verfolgten Prinzip (Urteil vom a.a.O. Rn. 31).

b)

Sollten auch offene Rechnungen bereits als tatsächlich erzielte Erlöse anzusehen sein und würden die Rechnungsbeträge einen Mehrerlös des Krankenhauses weiter erhöhen, müsste das Krankenhaus auch von diesen Rechnungsbeträgen 85 v.H. oder 90 v.H. an die Kostenträger abführen, obwohl es insoweit selbst (noch) keine Zahlungen erhalten hat. Das lässt sich jedenfalls dann nicht vertreten, wenn das Krankenhaus die Rechnungsbeträge auch späterhin nicht realisieren kann, weil die jeweilige Krankenkasse ihre Zahlungspflicht dem Grunde nach mit Erfolg bestreitet. Beim Krankenhaus würden nicht lediglich Einnahmen in Höhe der Fixkostenquote abgeschöpft, um deren Doppelvergütung zu vermeiden; vielmehr würde ihm die Abführung von Einnahmen auferlegt, die es gar nicht erzielt hat. Damit würde der Zweck des Mehrerlösausgleichs verfehlt.

Nichts anderes gilt beim Mindererlösausgleich. Sollten offene Rechnungen bereits als tatsächlich erzielte Erlöse anzusehen sein, würden die Rechnungsbeträge die negative Differenz zwischen dem Erlös und dem vorauskalkulierten Budget verringern; das Krankenhaus erhielte insoweit keinen Mindererlösausgleich. Wird auch hier unterstellt, dass das Krankenhaus den Rechnungsbetrag auch später nicht realisieren kann, weil die jeweilige Krankenkasse ihre Zahlungspflicht mit Erfolg bestreitet, so bekäme es im Umfang der berechneten Leistung keinerlei Vergütung, also auch keine Teilvergütung in Höhe von 40 v.H. im Wege des Ausgleichs. Auch dies widerspräche dem Zweck des § 12 Abs. 2 BPflV, der bei Mindererlösen dahin geht, dem Krankenhaus jedenfalls die Deckung eines Teils seiner Fixkosten zu sichern. Das Krankenhaus würde zudem schlechter gestellt, als wenn es seine Leistung überhaupt nicht erbracht hätte; denn dann behielte es den Anspruch auf den Ausgleich.

Bei alldem muss bedacht werden, dass offene Rechnungen, die später doch noch bezahlt werden, nunmehr zu Erlösen des Krankenhauses führen, die zu einer Veränderung des Erlösausgleichs für das Belegungsjahr Anlass geben. Die Vertragsparteien können, wenn im Zeitpunkt ihrer Budgetverhandlungen für das Folgejahr Rechnungsstreitigkeiten zwischen ihnen noch offen sind, nach § 12 Abs. 2 Satz 6 BPflV Abschlagszahlungen auf diesbezügliche Ausgleiche vereinbaren.

4.

Der Kläger verweist hiergegen darauf, dass Mehr- oder Mindererlöse nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BPflV nur dann dem Ausgleich unterliegen, wenn sie auf einer abweichenden Belegung beruhen. Er möchte daraus den Schluss ziehen, dass Forderungsausfälle des Krankenhauses dem Mindererlösausgleich nicht unterliegen können; denn sie beruhten nicht auf einer abweichenden Belegung, sondern darauf, dass fakturierte Rechnungen nicht bezahlt werden. Dem kann nicht gefolgt werden.

Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt: § 12 Abs. 2 BPflV setzt voraus, dass Mehr- oder Mindererlöse des Krankenhauses auf einer abweichenden Belegung beruhen. Damit reiht sich die Vorschrift ein in diejenigen Regelungen, welche Abweichungen der tatsächlichen Entwicklung von den prospektiven Annahmen betreffen, die dem Budget zugrunde liegen. Wie erwähnt, wird das Budget des Krankenhauses auf der Grundlage von Prognosen im Voraus vereinbart oder festgelegt. Diese Prognosen betreffen im Wesentlichen die beiden Grundfaktoren der Budgetkalkulation: zum einen die voraussichtlichen Leistungen des Krankenhauses, berechnet in Belegungstagen (Patientenzahl mal durchschnittlicher Verweildauer je Fachabteilung), und zum anderen die voraussichtlich hierdurch entstehenden Kosten (Personal- und Sachkosten). Die tatsächliche Entwicklung kann in beiden Punkten von den Prognosen abweichen und dazu führen, dass das Budget sein Ziel, die Kosten des Krankenhauses zu decken und damit das Krankenhaus wirtschaftlich zu sichern (§ 1 Abs. 1 KHG), verfehlt. Fehleinschätzungen der Entwicklung der Personalkosten werden durch den sog. BAT-Ausgleich aufgefangen (§ 6 Abs. 2 BPflV; dazu BVerwG 3 C 7.07 - GesR 2009, 25 und vom - BVerwG 3 C 22.07 - [...]). Fehleinschätzungen der Belegung des Krankenhauses regelt demgegenüber der Mehr- und Mindererlösausgleich (§ 12 Abs. 2 BPflV). Aus diesem Grunde hebt § 12 Abs. 2 BPflV hervor, dass abweichende Erlöse nach Maßgabe dieser Vorschrift ausgeglichen werden sollen, wenn sie auf einer gegenüber den Vorausannahmen abweichenden Belegung beruhen (vgl. BRDrucks 224/85, S. 34 ff., 56 ff. zu § 4 Abs. 1 und 2 BPflV 1985).

Damit ist freilich noch nicht entschieden, wann eine "Belegung" vorliegt, die von der vorauskalkulierten Belegung abweichen könnte. Der Kläger meint, Belegung in diesem Sinne sei jede tatsächlich erbrachte Krankenhausleistung, die das Krankenhaus in Rechnung stelle. Dies trifft nicht zu. Belegung im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 1 BPflV ist vielmehr nur jede tatsächlich erbrachte Krankenhausleistung, die das Krankenhaus erbringen und in Rechnung stellen durfte. Leistungen, die das Krankenhaus nicht erbringen und deshalb auch nicht in Rechnung stellen darf, sind nicht pflegesatzfähig. Sie dürfen schon in die Vorauskalkulation des Budgets nicht eingestellt werden; sie können deshalb auch bei der Berechnung des nachträglichen Ausgleichs für Belegungsabweichungen nicht berücksichtigt werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht für solche Leistungen bereits entschieden, die das Krankenhaus außerhalb seines Versorgungsauftrags erbringt ( BVerwG 3 C 53.06 - Buchholz 451.73 § 12 BPflV Nr. 1). Nichts anderes gilt für Leistungen, die das Krankenhaus erbringt, obwohl eine vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung nicht oder nicht in vollem Umfang erforderlich war (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V). § 17c Abs. 1 Nr. 1 KHG bezeichnet derartige Leistungen dementsprechend als Fehlbelegungen.

Das hat das Berufungsgericht durchaus richtig erkannt, auch wenn es hieraus einen falschen Schluss gezogen hat. Es meint, unzulässige Krankenhausleistungen müssten deshalb beim Mehr- wie beim Mindererlösausgleich ausgeblendet werden, weil sie schon bei der Vorauskalkulation des Budgets nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Das ist so nicht haltbar. Selbstverständlich dürfen unzulässige Krankenhausleistungen bei der Vorauskalkulation des Budgets nicht berücksichtigt werden. Vielmehr beruht ein rechtmäßiges und deshalb genehmigtes Budget allein auf einer Vorausschätzung zulässiger Krankenhausleistungen innerhalb des Versorgungsauftrags des Krankenhauses. Gerade weil das so ist, können zu einem nachträglichen Ausgleich nur Abweichungen von den Prognosen führen, die ebenfalls zulässige Krankenhausleistungen innerhalb des Versorgungsauftrags betreffen. Das Berufungsgericht hätte deshalb aus seinem zutreffenden Ausgangspunkt den Schluss ziehen müssen, dass Leistungen, die das Krankenhaus nicht erbringen und deshalb auch nicht abrechnen durfte, keine Belegungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 1 BPflV darstellen können. Derartige Leistungen sind pflegesatzrechtlich als nicht erbracht anzusehen; hierfür fakturierte Rechnungen vermögen die Erlöse des Krankenhauses nicht zu erhöhen, Mindererlöse nicht zu verringern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
MAAAD-20390