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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 10 K 10364/05 B

Gesetze: EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 62 Abs. 1 Nr. 2, EStG § 1 Abs. 2, EStG § 1 Abs. 3, AO § 8, AO § 9 S. 1, AO § 9 S. 2, AO § 171 Abs. 10

Kein Kindergeldanspruch eines unternehmerisch in Deutschländ tätigen deutschen Staatsangehörigen mit Familienwohnsitz in Polen

Keine Bindung der Familienkasse an die Feststellungen des Finanzamts zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht

Leitsatz

1. Der Steuerpflichtige hat unter seiner ordnungsbehördlich gemeldeten Adresse im Inland keinen Wohnsitz nach Maßgabe von § 8 AO begründet, wenn nicht hinreichend nachgewiesen wird, dass er sich tatsächlich im streitigen Zeitraum trotz des Mittelpunkts seiner Lebensinteressen bei seiner Familie in Polen regelmäßig in zusammenhängenden Zeitabschnitten im Inland aufgehalten und in der betreffenden Wohnung wie angemeldet gewohnt hat (hier: nicht durch schriftlichen Mietvertrag nachgewiesenes Untermietverhältnis an einer Wohnung, die nach Kenntnis des Gerichts von zwei mehrköpfigen Familien sowie zwei weiteren erwerbstätigen Personen aus Polen gegenüber deutschen Behörden als Wohnanschrift angegeben worden ist).

2. Trotz der Angaben des Klägers, dass die Art seiner unternehmerischen Erwerbstätigkeit im Inland nur gelegentlich an Wochenenden einen Heimatbesuch in Polen zulasse, aber im Übrigen den ausschließlichen Aufenthalt in Deutschland von montags bis freitags bedinge, kann ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S. von § 9 AO nicht anerkannt werden, wenn eine derart umfangreiche Erwerbstätigkeit des Klägers in Deutschland nicht durch aussagekräftige, den gesamten streitigen Zeitraum abdeckende Belege nachgewiesen wird.

3. Auch wenn der Kläger vom Finanzamt seit Jahren als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt worden ist, was gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG notwendig seinen Wohnsitz oder jedenfalls den dauernden Aufenthalt in Deutschland voraussetzt, entfalten die hierzu ergangenen Einkommensteuerbescheide des Finanzamts für die Agentur für Arbeit keine Bindungswirkung im Rahmen der Kindergeldfestsetzung. Hat die Familienkasse die verwaltungsinterne Anweisung gem. Tz. 62.1 Abs. 3 Satz 1 DA-FamEStG, wonach sie an Feststellungen des Finanzamtes zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht grundsätzlich gebunden ist und im Falle von ernsthaften Zweifeln eine Abstimmung mit dem Finanzamt herbeiführen muss, nicht beachtet, ist das Gericht selbst verpflichtet, im Hinblick auf den streitigen Kindergeldanspruch die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG betreffend die Einkommensteuerpflicht festzustellen.

Fundstelle(n):
WAAAD-20313

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