Kein selbständiges Wirtschaftsgut "Kalksteinvorkommen", wenn beim Verkauf des Grundstücks an ein Zementwerk gesonderte Kaufpreisanteile ausgewiesen werden
Leitsatz
Ein mit einem landwirtschaftlichen Grundstück an ein Zementwerk verkauftes Kalksteinvorkommen ist nicht als selbstständiges, dem Privatvermögen zugehöriges Wirtschaftsgut "Bodenschatz" anzusehen, wenn dafür zwar im Kaufvertrag ein Kaufpreisanteil ausgewiesen wurde, aber mit einem Abbau in den nächsten 20 Jahren nicht zu rechnen ist und eine Abbaugenehmigung noch nicht vorliegt.
Gesetze: EStG § 4 Abs. 1, EStG § 13, EStG § 6
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Streitig ist, ob ein mit einem landwirtschaftlichen Grundstück an ein Zementwerk verkauftes Kalksteinvorkommen als selbstständiges Wirtschaftsgut anzusehen ist, wenn dafür zwar im Kaufvertrag ein Kaufpreisanteil ausgewiesen wurde, aber mit einem Abbau in den nächsten 20 Jahren nicht zu rechnen ist und eine Abbaugenehmigung noch nicht vorliegt.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt und ermittelt seinen Gewinn nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Am 20. Juli des Streitjahres (2001) verkaufte er ein Grundstück seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens mit einer Größe von 52 975 qm für 600 000 DM an ein Zementwerk. Nach dem Kaufvertrag sollten 250 000 DM auf die landwirtschaftliche Nutzfläche und 350 000 DM auf das Kalksteinvorkommen entfallen.
Eine Abbaugenehmigung für das Grundstück lag nicht vor. Die Gemeinde hat allerdings zwischenzeitlich (im März 2003) ein „Folgenutzungskonzept” erstellt. Danach liegt die Fläche zur Hälfte in einem Gebiet, das der Rohstoffsicherung des Zementwerks in einem Zeitraum von 25 bis 50 Jahren dienen soll. Das Konzept für die Abgrabungsplanung geht für die Fläche von einem Abbauzeitraum von 20,8 Jahren aus. Als Folgenutzung ist Naturschutz vorgesehen.
Der Kläger erklärte für das Streitjahr neben dem laufenden Gewinn einen Gewinn aus der Veräußerung des Grund und Bodens. Den auf das Kalksteinvorkommen entfallenden Kaufpreisanteil berücksichtigte er dabei nicht. Der Bodenschatz sei als Wirtschaftsgut des Privatvermögens anzusehen, weil dafür ein besonderer Preis gezahlt worden sei. Der Erwerber habe von Anfang an die Ausbeutung beabsichtigt. Eine „alsbaldige” Aufschließung sei nicht erforderlich.
Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) nach einer Betriebsprüfung nicht. Der Bodenschatz könne nicht als eigenständiges, zum Privatvermögen gehörendes Wirtschaftsgut angesehen werden. Die Fläche sei zwar als Vorratsgelände für den oberirdischen Abbau von Kalkstein einzustufen, mit einer Aufschließung sei in absehbarer Zeit jedoch nicht zu rechnen.
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ lediglich die Bildung einer Rücklage nach § 6c EStG auch hinsichtlich des auf das Kalksteinvorkommen entfallenden Kaufpreisanteils zu. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1510 veröffentlicht.
Mit der dagegen gerichteten Revision macht der Kläger geltend, ein Wirtschaftsgut entstehe gemäß § 4 EStG, wenn ein Vermögenswert(-gegenstand) als gesondert realisierbar gehandelter Vorteil im kaufmännischen Bereich einen spezifischen Handelswert erlange und im allgemeinen Geschäftsverkehr verwertbar sei (, BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346). Für den Bereich „Bodenschatz” müsse dafür ein Abbauunternehmer einen Preis verhandeln, um einen für ihn besonderen Vermögensgegenstand zu erwerben (, BFHE 123, 140, BStBl II 1977, 825). Demgemäß dürfe ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen Ackerkrume und Bodenschatz für ihn nicht gewollt sein (BFH-Urteil in BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346).
Nach dem (BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657) sei von Bedeutung, dass ein Abbauunternehmer in absehbarer Zeit mit der Aufschließung beginnen wolle bzw. mit einer alsbaldigen Aufschließung zu rechnen sei. Das FG habe die Begriffe „alsbald” und „absehbar” zu einem Zeitbegriff zusammengefasst und für die Zukunft begrenzt. Nach Auffassung des Klägers sei nicht entscheidend, ob nach einem „absehbaren” Zeitablauf ein Erfolg durch Erteilung einer Abbaugenehmigung nachgewiesen werde. Diesen Nachweis könne er nicht erbringen. Die Beweislast für die Entstehung eines Wirtschaftsguts solle nach dem BFH-Urteil in BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657 nicht mehr dem Veräußerer obliegen. Maßgebend sei, dass der Abbauunternehmer glaubhaft machen könne, dass er zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. des Erwerbs mit einer Abbaugenehmigung in Zukunft rechne und dafür entsprechend seiner Unternehmensstrategie Vorplanungen durchführe.
Das FG Düsseldorf habe mit Urteil vom 7 K 3096/04 BB (EFG 2006, 394) entschieden, dass ein Wirtschaftsgut „Bodenschatz” entstanden sei, wenn demnächst mit seiner Aufschließung zu rechnen sei; der Begriff „demnächst” sei sehr weit auszulegen (bis zu 20 Jahren).
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom aufzuheben und die Einkommensteuer 2001 unter Abänderung des Bescheides vom auf 12 556 DM (6 419,78 €) herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger kein selbstständiges, im Privatvermögen entstandenes und von dem veräußerten landwirtschaftlichen Grundstück getrennt zu beurteilendes Wirtschaftsgut „Kalksteinvorkommen” verkauft hat. Denn ein selbstständiges Wirtschaftsgut war noch nicht entstanden, weil aus Sicht des Streitjahres in absehbarer Zeit noch nicht mit dem Abbau des Kalksteinvorkommens zu rechnen war.
1. Wirtschaftsgut ist nach ständiger Rechtsprechung jeder greifbare betriebliche Vorteil, für den der Erwerber eines Betriebs etwas aufwenden würde (vgl. u.a. , BFHE 211, 168, BStBl II 2006, 298, unter II.B.2.b bb bbb der Gründe; Beschluss des Großen Senats des , BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632, unter C.II. der Gründe, jeweils m.w.N.). Es muss sich um einen Gegenstand handeln, der nach der Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung zugänglich ist (vgl. , BFH/NV 2003, 154, m.w.N.). Daraus folgt, dass ein durch Abspaltung entstehendes Wirtschaftsgut erst dann als solches anzuerkennen ist, wenn es sich zumindest wirtschaftlich bereits verselbstständigt hat (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632, unter C.II.3. der Gründe). Das Wirtschaftsgut muss in einem eigenen, selbstständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen und entsprechend in Erscheinung treten (vgl. u.a. , BFH/NV 2008, 1728, unter II.1.c der Gründe, zum Baumbestand als Wirtschaftsgut).
2. Die Befugnis an der Substanz ist bei Bodenschätzen wie z.B. Sand-, Kies- oder im Streitfall Kalksteinvorkommen Teil des Eigentumsrechts am Grundstück. Der Grundstückseigentümer benötigt zum Abbau eine abgrabungsrechtliche Genehmigung; eine bergrechtliche Berechtigung oder ein Aneignungsrecht ist nicht erforderlich (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508, unter C.II.1.b der Gründe, zu Kiesvorkommen). Derartige Bodenschätze bilden grundsätzlich auch steuerrechtlich mit dem Grund und Boden eine Einheit, solange sie im Boden lagern und nicht abgebaut werden (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 220, 366, unter II.1.a der Gründe; vom IV R 51/05, BFH/NV 2006, 2064, unter B.II.1. der Gründe; in BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657, unter 1. der Gründe; in BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346, unter 1.b.aa der Gründe; BFH-Beschlüsse vom IV B 139/03, BFH/NV 2005, 1991, unter 1.a der Gründe, und vom IV B 53/00, BFH/NV 2001, 1256, unter 2.b der Gründe). Ein unter der Erdoberfläche befindlicher Bodenschatz ist solange kein selbstständiges Wirtschaftsgut, wie der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte den Bodenschatz nicht selbst nutzt oder durch einen anderen nutzen lässt.
3. Als Wirtschaftsgut greifbar und damit zu einem selbstständigen materiellen Wirtschaftsgut werden Teile des Grund und Bodens wie Sand-, Kies- oder Kalksteinvorkommen dann, wenn mit der Aufschließung —z.B. durch den Antrag auf Genehmigung— oder der Verwertung —z.B. durch Veräußerung— begonnen wird (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508, unter C.II.1.d der Gründe). Der betroffene Grundstücksteil wird damit einem anderen Nutzungs- und Funktionszusammenhang als der Grund und Boden im Übrigen zugeführt (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 2064, unter B.II.1. der Gründe, und in BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346, unter 1.b.aa der Gründe). So verhält es sich im Regelfall auch, wenn das den Bodenschatz enthaltende Grundstück an einen Abbauunternehmer veräußert wird und dieser nicht nur einen Kaufpreis für den Grund und Boden, sondern zusätzlich auch für den Bodenschatz zahlt, weil davon auszugehen ist, dass der Abbauunternehmer den Kaufpreis zu dem Zweck aufwendet, demnächst mit der Ausbeutung zu beginnen (BFH-Urteil in BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657, unter 1. der Gründe).
4. Ändert sich der Nutzungs- und Funktionszusammenhang des Bodenschatzes mit der Veräußerung des Grund und Bodens nicht, wird der Bodenschatz dadurch nicht zu einem gegenüber dem Grund und Boden selbstständigen Wirtschaftsgut. Deshalb gilt die Vermutung, der Bodenschatz sei durch die Veräußerung an einen Abbauunternehmer zu einem selbstständigen Wirtschaftsgut geworden, nicht, wenn in absehbarer Zeit noch nicht mit einem Beginn der Aufschließung gerechnet werden kann (BFH-Urteil in BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657, unter 1. der Gründe; BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 1256, unter 2.b der Gründe). Dabei ist es unerheblich, wenn der Erwerber des Grundstücks mit Rücksicht auf den vorhandenen Bodenschatz einen höheren Quadratmeter-Preis oder zusätzlich zu dem üblichen Quadratmeter-Preis für den Grund und Boden wegen des Bodenschatzes ein zusätzliches Entgelt bezahlt. Denn dieser Mehrpreis wird nicht für ein bereits vorhandenes Wirtschaftsgut Bodenschatz, sondern für eine möglicherweise in Zukunft eintretende Nutzungsmöglichkeit entrichtet, die sich noch nicht zu einem selbstständigen Wirtschaftsgut entwickelt hat (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 2064, unter B.II.1. der Gründe; vom IV R 1/88, BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317, unter 2. der Gründe; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1991, unter 1.a der Gründe).
5. FA und FG sind danach zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Kalksteinvorkommen bei dem Kläger im Streitfall noch nicht zu einem selbstständigen, dem Privatvermögen zugehörigen Wirtschaftsgut „Bodenschatz” entwickelt hatte. Denn nach den Feststellungen des FG sollte das Grundstück der Rohstoffsicherung der Erwerberin in einem Zeitraum von 25 bis 50 Jahren dienen; von einem Beginn der Nutzung des Vorkommens in absehbarer Zeit kann unter diesen Voraussetzungen keine Rede sein.
Auf die Frage, wie die Erwerberin das Kalksteinvorkommen bilanziert hat, kommt es —wie das FG ebenfalls zutreffend entschieden hat— nicht an. Auch das Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2006, 394 —das zwischenzeitlich durch (BFH/NV 2008, 1454) aus anderen Gründen aufgehoben wurde— rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Auffassung, dass bei einem Zeitraum von bis zu 20 Jahren bis zum Beginn der Aufschließung davon auszugehen ist, dass der Abbauunternehmer den Kaufpreis dazu aufwendet, demnächst mit der Ausbeutung des Bodenschatzes zu beginnen, teilt der Senat nicht. Im Übrigen ist nach den Feststellungen des FG frühestens in 25 Jahren mit der Aufschließung des Bodenschatzes zu rechnen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EStB 2009 S. 196 Nr. 6
StBW 2009 S. 6 Nr. 15
ZAAAD-19814