Keine Wiedereinsetzung bei mangelhafter Überprüfung des Eingangsstempels auf Richtigkeit
Gesetze: FGO § 56, FGO § 120 Abs. 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat gegen das Urteil des Finanzgerichts, durch das seine Klage abgewiesen worden ist, die von dem beschließenden Senat durch Beschluss vom zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) mit hier eingegangenem Schriftsatz vom begründet. Der Zulassungsbeschluss war dem Bevollmächtigten des Klägers am mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Nach ihm am zugestelltem Hinweis des Vorsitzenden des Senats auf die verspätete Begründung der Revision ist mit am eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Revisionsbegründungsfrist beantragt worden. Zur Begründung seines Antrags trägt der Bevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen vor, der vorgenannte Zulassungsbeschluss habe in seinem Büro den —unzutreffenden— Eingangsstempel „” erhalten. Es lasse sich nicht aufklären, wie es dazu gekommen sei. Die mit der Ermittlung und Eintragung der Fristen beauftragte, sorgfältig ausgewählte und geschulte Kanzleimitarbeiterin habe nicht bemerkt, dass der Beschluss tatsächlich bereits am zugestellt worden ist, und dementsprechend den Ablauf der Revisionsbegründungsfrist einschließlich der beiden in der Kanzlei notierten Vorfristen unzutreffend berechnet.
II. Die Revision ist unzulässig und daher nach § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu verwerfen. Der Kläger, der sich das Handeln seines Bevollmächtigten zurechnen lassen muss, hat die Revisionsbegründungsfrist des § 120 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz FGO versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann ihm nach § 56 Abs. 1 FGO nicht gewährt werden, weil sein Bevollmächtigter nicht ohne Verschulden verhindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten.
Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers substantiiert und glaubhaft vorgetragen, dass die Behandlung von Fristsachen in seiner Kanzlei so organisiert ist, dass die Versäumung von Fristen soweit irgend möglich vermieden wird, insbesondere die in diesem Zusammenhang in erster Linie verantwortliche Bürokraft sorgfältig ausgewählt und geschult ist und bisher fehlerfrei gearbeitet hat. Das rechtfertigt indes eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht, weil sich der Bevollmächtigte des Klägers, der bearbeitende Rechtsanwalt, eigenes Verschulden vorwerfen lassen muss. Denn es gehörte zu seinen Aufgaben, bei der Bearbeitung der Sache eigenständig den Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist zu prüfen. Er durfte sich nicht blindlings auf den von seinen Kanzleimitarbeitern dem Zulassungsbeschluss des Senats verliehenen Eingangsstempel verlassen, sondern musste, was ohne Weiteres und ohne besonderen Zeitaufwand möglich gewesen wäre, prüfen, ob das dort angegebene Datum mit dem von dem Postbediensteten auf dem Zustellungsumschlag eingetragenen Zustellungsdatum übereinstimmt; dieser Umschlag dürfte sich in der ihm vorgelegten Handakte befunden haben oder hätte sich zumindest bei ordnungsgemäßer Büroorganisation dort befinden müssen (vgl. , BFH/NV 1993, 552; , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 193).
Ob der Bevollmächtigte des Klägers eine solche eigenständige Prüfungspflicht bereits hätte erfüllen müssen, als ihm der Vorgang mit dem Zustellungsbeschluss des Senats erstmals vorgelegt wurde (verneinend , Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2004, 696, mit zahlreichen Nachweisen), kann hier dahinstehen. Denn der Bevollmächtigte des Klägers hätte eine solche Prüfung jedenfalls in dem Zeitpunkt vornehmen müssen, in dem ihm der Vorgang zur Bearbeitung der Revisionsbegründungsschrift vorgelegt wurde. Nach seinem eigenen Vortrag war die Bearbeitung etwa eine Woche vor Fristablauf —die (letzte) Vorfrist war auf den notiert— in dem Sinne abgeschlossen, dass die Revisionsbegründung fertig diktiert war. Damit bestand hinreichend Gelegenheit zur Überprüfung des Zustellungsdatums. Der Senat muss deshalb davon ausgehen, dass für die Fristversäumnis allein ursächlich war, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Richtigkeit des durch den Eingangsstempel der Kanzlei beurkundeten Zustellungsdatums entgegen seiner Verpflichtung aufgrund der oben angeführten Rechtsprechung überhaupt nicht geprüft hat —wie er es in seinem Wiedereinsetzungsantrag sinngemäß auch selbst zugesteht—, obwohl ihm dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre und er auf den verspäteten Eingang der Revisionsbegründung erst durch den Hinweis des BFH aufmerksam geworden ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 951 Nr. 6
FAAAD-19274