Leitsatz
1. Zur materiellen Bindungswirkung einer Verfügung, mit der der Sozialhilfeträger die Zahlung von Abwesenheitspauschalen für einen behinderten Hilfeempfänger im Rahmen einer stationären Eingliederungshilfe dem Grunde nach bewilligt hat.
2. Die Ablehnung einer Pauschale kann nicht in die Aufhebung eines Verwaltungsakts, mit dem diese Leistung zuvor dem Grunde nach zugesagt worden war, und eine gleichzeitige Leistungsablehnung umgedeutet werden.
Gesetze: SGG § 77; SGB XII § 35 Abs 1 S 1; SGB XII § 35 Abs 2 S 1; SGB XII § 54 Abs 2; BSHG § 43 Abs 1 S 2; BSHG § 85 Abs 1 S 1 Nr 3; SGB X § 39 Abs 2; SGB X § 43 Abs 1; SGB X § 43 Abs 2; SGB X § 43 Abs 3; SGB X § 45; SGB X § 48
Instanzenzug: SG Köln, S 10 SO 48/05 vom LSG Essen, L 12 SO 19/06 vom
Gründe
I. Im Streit ist die Zahlung von Abwesenheitspauschalen ab Januar 2005 für die Tage, in denen die stationär auf Kosten des Landschaftsverbandes Rheinland untergebrachte Klägerin sich nicht in der Einrichtung, sondern im Elternhaus aufgehalten hat.
Die 1968 geborene, geistig behinderte (Down-Syndrom) Klägerin ist im Rahmen einer bewilligten Eingliederungshilfe seit September 1994 in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig und lebt seit Februar 1989 in einem Wohnheim. Der Beklagte bewilligte ihr (Bescheid vom ) neben den Leistungen der Eingliederungshilfe von bis Leistungen der Grundsicherung nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz [GSiG]). In Höhe der bewilligten Grundsicherungsleistungen wurde die Klägerin zu den Kosten der Eingliederungshilfe herangezogen (weiterer Bescheid vom ). In diesem zweiten Bescheid (Kostenbeitragsbescheid) heißt es außerdem: "Für die Zeit einer vorübergehenden Abwesenheit aus der Einrichtung (zB wegen Urlaubs bei Angehörigen) wird pro Abwesenheitstag ein Betrag in Höhe von 7,90 Euro bzw 8,00 Euro ab ausgezahlt".
Nachdem der Beklagte die Klägerin im Dezember 2004 darauf hingewiesen hatte, dass ab Januar 2005 nach den Regelungen des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für Zeiten der Abwesenheit aus der Einrichtung keine Erstattung aus dem Kostenbeitrag, sondern Besuchshilfen gemäß § 54 Abs 2 SGB XII gewährt würden, lehnte er den Antrag der Klägerin vom Mai 2005 ab, für die Abwesenheit an 36 Tagen im 1. Quartal 2005 einen Betrag von 288 Euro zu überweisen (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Begründet hat er diese Entscheidung damit, dass bis die Grundsicherungsleistung zwar insgesamt als Kostenbeitrag zu den Heimkosten verwandt worden sei; davon seien jedoch bei Abwesenheit der Klägerin die aus der anteiligen Grundsicherung abzüglich des der Klägerin gezahlten Barbetrags errechneten Tagespauschalen wieder zurückzuzahlen gewesen, weil nur eine Heranziehung zu den angefallenen Kosten möglich sei. Ab seien wegen der Eingliederung der Grundsicherungsleistungen in das SGB XII jedoch keine eigenständigen Grundsicherungsleistungen mehr zu gewähren; vielmehr handele es sich nunmehr um eine Sozialhilfeleistung im Rahmen der stationären Maßnahme, für die damit zwangsläufig ein Kostenbeitrag entfalle. Eine Erstattung für Tage der Abwesenheit komme deshalb nicht mehr in Frage. Auch Sozialhilfeleistungen seien insoweit nicht zu gewähren. Die Besuchsbeihilfe nach § 54 Abs 2 SGB XII sei eine Ermessensleistung, die zwar auch anteilige Hilfen zum Lebensunterhalt erfasse; entsprechende Leistungen seien jedoch nicht erforderlich.
Das Sozialgericht (SG) Köln hat den Beklagten "unter Aufhebung des Bescheides vom in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom verurteilt, der Klägerin auf der Grundlage des Kostenbeitragsbescheides vom tageweise Leistungen der Abwesenheitspauschale auch ab dem Jahr 2005 dem Grunde nach zu gewähren ohne Begrenzung auf 35 Werktage pro Kalenderjahr" (Urteil vom ). Wegen des in den Tenor aufgenommenen Passus "ohne Begrenzung auf 35 Werktage pro Kalenderjahr" hat es auf ein Schreiben des Beklagten vom verwiesen, in dem dieser auf eine Begrenzung der Zahlung von Abwesenheitspauschalen für 35 Tage im Kalenderjahr hingewiesen hatte.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG "geändert und die Klage abgewiesen" (Urteil vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Verfügung über die Zahlung einer Abwesenheitspauschale im Kostenbeitragsbescheid vom habe sich mit dem Auslaufen der Leistungen nach dem GSiG zum erledigt, sodass sich aus diesem Bescheid für die Klägerin entgegen der Ansicht des SG keine Rechtsansprüche mehr ergeben könnten. Gesetzliche Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch (ab ) könne nicht § 35 SGB XII (notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen) sein. Insbesondere seien die begehrten Pauschalen nicht den Regelbeispielen des § 35 Abs 2 SGB XII für den weiteren notwendigen Lebensunterhalt vergleichbar. Allenfalls komme eine Anwendung des § 54 Abs 2 SGB XII (Besuchsbeihilfe) in Betracht; diese Leistungen hätte die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, die Regelung des Bescheides vom bestehe weiter, soweit es die darin verfügte Zahlung von Abwesenheitspauschalen dem Grunde nach betreffe; andere überörtliche Sozialhilfeträger erbrächten diese Leistungen über den hinaus. Der Anspruch auf die Abwesenheitspauschalen ergebe sich zudem unmittelbar aus den Vorschriften der §§ 41 ff SGB XII über die Grundsicherung selbst. Denn auch während der Abwesenheit von der vollstationären Einrichtung müsse ihr (der Klägerin) Lebensunterhalt gesichert sein; ihre Eltern seien bis auf einen Betrag von 46 Euro nicht zur Unterhaltszahlung verpflichtet (vgl § 94 Abs 2 Satz 1 SGB XII).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Verurteilung des SG zur Leistungsgewährung entfällt,
hilfsweise,
die Berufung ohne diese Maßgabe zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
II. Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit sie die Zeit vom 1. Januar bis betrifft (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Für die Zeit danach, dh für die Zeit ab , ist die Revision unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist nach dem Antrag der Klägerin im gesamten Verfahren und der Entscheidung des SG die Zeit ab auch über dieses Jahr hinaus. Die vom LSG angenommene Beschränkung des Streitgegenstandes auf das Jahr 2005 mit der Begründung, dass allein der Beklagte Berufung eingelegt habe, ist rechtlich nicht nachvollziehbar. Damit war auch die Berufung statthaft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).
Nach der Änderung des Klageantrags im Revisionsverfahren wehrt sich die Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom (§ 95 SGG) zu Recht nur noch mit der (reinen) Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG); mit der Aufhebung dieses Bescheides bleibt die im Kostenbeitragsbescheid vom enthaltene Verfügung über die Gewährung von Abwesenheitspauschalen dem Grunde nach für jeden Tag der Abwesenheit wirksam. Diese Verfügung enthält dieselbe Rechtsfolge wie die Entscheidung des SG, sodass es eines Leistungstenors nicht bedarf, nachdem die Klägerin keinen Klageantrag auf eine Leistung in konkreter Höhe gestellt hat.
Soweit es der Klägerin um Leistungen für die Zeit ab geht, ist die Klage unzulässig und die Revision aus anderen Gründen als denen im Berufungsurteil unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Klägerin ist nicht klagebefugt iS des § 54 Abs 1 SGG; denn für die Zeit nach dem liegen noch keine gerichtlich überprüfbaren Verwaltungsentscheidungen des Beklagten vor. Der Antrag der Klägerin vom Mai 2005 betraf allein das 1. Quartal 2005; dementsprechend hat der Beklagte auch mit dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid ausdrücklich und ausschließlich über diesen Zeitraum entschieden. Für die Zeit ab dem 2. Quartal 2005 hat der Beklagte mit Rücksicht auf die ausstehende Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit von Bescheiden abgesehen und dies der Klägerin auch mitgeteilt.
Soweit die Klägerin für die Tage, an denen sie sich im 1. Quartal 2005 nicht in der stationären Einrichtung aufgehalten hat, weiterhin Abwesenheitspauschalen (dem Grunde nach) begehrt, ist die Revision indes bereits deshalb begründet, weil die Leistungsablehnung des Beklagten gegen die bestandskräftige Verfügung (§ 77 SGG) über die Gewährung einer Abwesenheitspauschale im Bescheid vom verstößt; dadurch ist auch das Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 Grundgesetz (Rechtssicherheit, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) verletzt. Die Bewilligung dem Grunde nach ist weiterhin wirksam; es verbietet sich deshalb eine von dieser Bewilligung abweichende inhaltliche Regelung, also auch die vom Beklagten verfügte Leistungsablehnung ohne zusätzliche Aufhebung bzw Rücknahme dieser Verfügung (vgl: BSGE 65, 185, 188 f = SozR 1300 § 48 Nr 57; BSGE 77, 86, 91 f = SozR 3-5405 Art 59 Nr 1; BSGE 77, 253, 258 f = SozR 3-8570 § 13 Nr 1; BSGE 83, 95, 98 = SozR 3-4100 § 120 Nr 2; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 18 S 91; - RdNr 13; Urteil vom - B 1 KR 10/07 R - RdNr 9; vgl auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 8 und 14). Ein so genannter Selbstvollzug des Gesetzes kommt mithin nach dem Inhalt der Verfügung über die Gewährung einer Abwesenheitspauschale nicht in Betracht.
Die bezeichnete Verfügung, mit der der Beklagte dem Grunde nach eine Abwesenheitspauschale ohne zeitliche Begrenzung und ohne Begrenzung auf die Anzahl der Tage bewilligt hat, hat sich auch nicht durch Zeitablauf auf andere Weise erledigt (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - [SGB X]). Sie enthält insbesondere keine ausdrückliche zeitliche Befristung und ist auch nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl zu dieser Voraussetzung bei der Auslegung von Verwaltungsakten nur: Senatsurteil vom - B 8 AY 8/07 R - RdNr 12, und Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 31 RdNr 26 mwN) nicht entsprechend auslegbar. Eine zeitliche Begrenzung mag zwar noch für die Heranziehungsverfügung (zu den Kosten) im Bescheid vom gelten, weil diese logisch und erkennbar mit dem weiteren Bescheid vom über die zeitlich befristete Bewilligung der Grundsicherungsleistungen verknüpft ist. Für die weitere Verfügung (= Verwaltungsakt iS von § 31 SGB X) über die Zahlung von 8 Euro ab für jeden Tag der Abwesenheit gilt dies jedoch nicht, selbst wenn der Beklagte materiellrechtlich darin eine teilweise Rückerstattung des von der Klägerin nach § 43 Abs 1 S 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) iVm § 85 Abs 1 S 1 Nr 3 BSHG geforderten Kostenbeitrags, nicht einen eigenen Leistungsanspruch (Besuchsbeihilfe nach § 40 Abs 2 BSHG bzw ab § 54 Abs 2 SGB XII) sieht, die für Tage erforderlich wird, an denen entsprechende Heimkosten nicht anfallen bzw an denen die Klägerin keine Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart. Die Abwesenheitspauschale ist vielmehr als selbständige Leistung formuliert, nicht als Ausnahme von der Kostenerstattung, die ohnedies entgegen der Praxis des Beklagten einer Teilaufhebung der Heranziehungsverfügung bedurft hätte. Die Verfügung enthält nach ihrem objektiven Empfängerhorizont keinerlei Bezug zur Befristung im Bewilligungsbescheid der Grundsicherungsleistung.
Eine Umdeutung (Konversion) der Ablehnungsentscheidung durch den Senat scheidet aus. Die Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts in einen anderen Verwaltungsakt setzt voraus, dass der Verwaltungsakt, in den umgedeutet wird, auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen werden könnte und die Voraussetzungen für den Erlass dieses Verwaltungsaktes erfüllt sind. Dabei sind die Grundsätze des § 43 SGB X auch im gerichtlichen Verfahren anwendbar (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 25 S 42 f; SozR 3-3660 § 1 Nr 1 S 3).
Die Voraussetzungen einer Konversion liegen bereits deshalb nicht vor, weil nicht die rechtswidrige Ablehnung der Leistung (als Verwaltungsakt) für die Zeit vom 1. Januar bis in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden soll, wie dies der Gesetzeswortlaut voraussetzt, sondern zwei Verfügungen (= Verwaltungsakte) erforderlich wären: die Aufhebung der Verfügung vom über die Abwesenheitspauschale (nur) für die Zeit vom 1. Januar bis und zusätzlich die Ablehnung der Leistung für diesen Zeitraum. Diese Konstellation wird von § 43 Abs 1 SGB X nicht erfasst, weil der ergangene Bescheid gerade nicht umgedeutet, sondern aufrechterhalten bleiben soll und ihm nur ein - ihn gewissermaßen legitimierender - weiterer Verwaltungsakt hinzugefügt werden soll (Problem offen gelassen in BSG SozR 1300 § 50 Nr 15).
Selbst wenn man dem jedoch nicht folgen wollte und darüber hinaus auch Zielgleichheit iS des § 43 Abs 1 SGB X zwischen dem umzudeutenden Verwaltungsakt (vom ) und denen, in die umgedeutet werden soll, annähme, wäre die Umdeutung nach § 43 Abs 2 SGB X ausgeschlossen. Danach scheitert eine Umdeutung, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Der Beklagte ist erkennbar davon ausgegangen, dass die frühere Verfügung vom über die Abwesenheitspauschalen bereits ohne Aufhebungsbescheid insgesamt ihre Wirkung verloren hat; seine erkennbare Absicht wäre somit allenfalls eine vollständige, nicht nur eine teilweise (für die Zeit vom 1. Januar bis ) Aufhebung des Bescheides vom . Diese Rechtsfolge allerdings wäre für die Klägerin ungünstiger als die vom Beklagten verfügte Ablehnung einer Kostenpauschale lediglich für die Zeit vom 1. Januar bis .
Abgesehen von diesen fehlenden Voraussetzungen wäre die Umdeutung in einen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes) auch nach § 43 Abs 3 SGB X unzulässig, weil die Rücknahmeentscheidung des § 45 SGB X die Ausübung von Ermessen voraussetzt. Zweifelhaft ist zudem, ob die Voraussetzungen des § 45 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 3 Satz 2 SGB X für eine Rücknahme des Bescheides über die Gewährung von Abwesenheitspauschalen mit Wirkung für die Vergangenheit vorliegen würden. In Betracht käme allenfalls der Vorwurf des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X, die Klägerin habe die (mögliche) Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Dies dürfte - Rechtswidrigkeit unterstellt - nur schwerlich anzunehmen sein.
Nichts anderes gilt für die Umdeutung in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X wegen Änderung der Sach- und Rechtslage mit Wirkung für die Vergangenheit; nach der Rechtsprechung des BSG kann § 48 SGB X auch bei rechtswidrigem Ausgangsbescheid zur Anwendung kommen (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 47 S 105; - RdNr 13), wenn sich auf der Basis des rechtswidrigen Ausgangsbescheides eine wesentliche Rechtsänderung ergeben hat. Auch § 48 SGB X setzt jedoch nach dessen Abs 1 S 2 Nr 3 voraus, dass der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch ganz oder teilweise wegfallen ist. Dass dies bei der Klägerin der Fall ist, dürfte wiederum - die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung unterstellt - kaum anzunehmen sein, weil der Beklagte selbst davon ausgeht (vgl seine Schreiben vom Dezember 2004 und vom ), dass grundsätzlich weiterhin Leistungen wegen der Abwesenheit eines Hilfebedürftigen, der im Rahmen der Eingliederungshilfe in einem Heim untergebracht ist, - wenn auch nach § 54 Abs 2 SGB XII (Besuchsbeihilfe) - möglich sind, die der Beklagte lediglich im vorliegenden Falle abgelehnt hat, weil die Gewährung dieser Leistung hier ("im Einzelfall") nicht erforderlich sei.
Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob § 54 Abs 2 SGB XII für Beihilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschlägig ist, oder ob nicht für Zeiten der Heimabwesenheit § 35 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 1 SGB XII (weiterer notwendiger Lebensunterhalt) zur Anwendung gelangen muss; näher könnte die Anwendung des § 54 Abs 2 SGB XII liegen. Ebenso wenig ist entscheidungserheblich, ob die in § 54 Abs 2 SGB X vorausgesetzte Erforderlichkeit im Einzelfall - wie dies offenbar der Beklagte annimmt - allein tatsächlich, nicht (auch überwiegend normativ) an den weitgehend pauschalierten Bedarfen der §§ 28 ff SGB XII orientiert (Tagespauschalen) zu ermitteln ist, bzw ob es sich bei Annahme der Erforderlichkeit trotz der sich aus § 9 Abs 1 SGB XII abzuleitenden Notwendigkeit, Bedarfe vollständig abzudecken (so genannter Bedarfsdeckungsgrundsatz) noch um eine Ermessensnorm handeln kann, soweit es um Leistungen an den Hilfebedürftigen selbst geht. Entscheidend ist lediglich, dass das SGB XII jedenfalls Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Hilfebedürftige, die im Rahmen der Eingliederungshilfe im Heim untergebracht sind, für Abwesenheitstage ermöglicht. Dies gilt insbesondere - wie im vorliegenden Fall - für die grundsätzlich notwendige Aufrechterhaltung des Kontaktes des geistig behinderten Menschen zu seinen Eltern. Eine andere Frage ist es, in welchem Umfang ein solcher Kontakt für die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin als behinderten Menschen erforderlich ist und ob nicht in Einzelfällen statt einer vollstationären eine teilstationäre Unterbringung (§ 13 Abs 1 SGB XII) den Erfordernissen genügen bzw besser Rechnung tragen würde. Solange die Bewilligung der vollstationären Eingliederungshilfe nicht aufgehoben ist, steht dies der Zahlung von Beihilfen nicht grundsätzlich entgegen.
Der Beklagte ist mithin auf Grund seiner weiterhin wirksamen Verfügung vom über die Gewährung einer Abwesenheitspauschale für jeden Tag der Abwesenheit verpflichtet, der Klägerin 8 Euro pro Tag der Abwesenheit zu gewähren. Dass eine exzessive Nutzung der "Leistungsbewilligung" vom uU den Eingliederungszielen widerspricht, ändert hieran nichts, solange die Bewilligungsverfügung vom nicht aufgehoben bzw abgeändert ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin nur bezüglich der Zeit vom 1. Januar bis obsiegt hat.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
EAAAD-18956