Keine Anwendung der 1 v.H.-Regelung, wenn eine Privatnutzung ausscheidet; Beweis des ersten Anscheins spricht für eine private Nutzung des Dienstwagens
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, EStG § 8 Abs. 2 Satz 2, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug: , 5 K 932/06 E
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) noch macht sie eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2008, 45, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
a) Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gilt ab dem Veranlagungszeitraum 1996 für die Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG getroffene Regelung entsprechend; diese Nutzung ist daher für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Es handelt sich um eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung (, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472). Der Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG kann auch mit dem auf die private Nutzung entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG). Diese vom Gesetz vorgegebenen Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und abschließend, welche Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden. Sowohl die 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) als auch die Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) stellen unterschiedliche Methoden zur Bewertung dieses Vorteils dar. Als Spezialvorschriften zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sperren sie, soweit ihr Regelungsgehalt reicht, den Rückgriff auf die dort geregelte Bewertung von Sachbezügen im Übrigen (, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72).
Die Bestimmungen kommen nicht zur Anwendung, wenn eine Privatnutzung ausscheidet (, BFH/NV 2005, 1300). Dabei spricht allerdings nach der Rechtsprechung des Senats aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Dienstwagens. Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es allerdings nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116; vom VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302; vom VI R 85/04, BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887).
b) Die Vorinstanz ist in der angefochtenen Entscheidung von den vorgenannten Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Hat, wie im Streitfall, ein Arbeitnehmer von der Möglichkeit, ein Fahrtenbuch zu führen (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG), nicht Gebrauch gemacht, kommt die 1 %-Regelung nur dann nicht zur Anwendung, wenn er den ihm überlassenen Dienstwagen ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt hat. Diese Frage ist aufgrund einer umfassenden Beweiswürdigung zu beantworten. Das Finanzgericht (FG) ist im Streitfall zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger den Dienstwagen auch für private Zwecke eingesetzt hat.
Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen des Klägers werfen demgegenüber keine neuen, fallübergreifenden Rechtsfragen auf, die im allgemeinen Interesse noch der Klärung durch den BFH bedürften.
Im Kern richtet sich das Vorbringen des Klägers gegen die vom FG vorgenommene Beweiswürdigung und betrifft damit einen die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigenden vermeintlichen materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung.
2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als u.a. der BFH oder ein anderes FG. Das abweichende Gericht muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (BFH-Beschlüsse vom VI B 70/07, BFH/NV 2008, 216; vom VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das angefochtene Urteil weicht von der Entscheidung des (nicht veröffentlicht) in einer Rechtsfrage ersichtlich nicht ab. Auch insoweit wendet sich der Kläger ausschließlich gegen die tatrichterliche Überzeugungsbildung.
3. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch zuzulassen, wenn das Urteil des FG willkürlich oder unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (vgl. BFH-Beschlüsse vom XI B 18/06, BFH/NV 2007, 475; vom X B 218/06, BFH/NV 2007, 2273). Ein solcher gravierender Rechtsfehler von erheblichem Gewicht, der deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen, ist aber im Streitfall nicht erkennbar. Die nach Ansicht des Klägers fehlerhafte Beweiswürdigung durch das FG erfüllt diese Voraussetzungen jedenfalls nicht. Der Kläger hat nicht einmal geltend gemacht, dass die Beweiswürdigung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst sei.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
UAAAD-18498