Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Duisburg, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit dem wirksam auf den Strafausspruch beschränkten, zu Lasten des Angeklagten eingelegten Rechtsmittel rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Die Revision hat keinen Erfolg.
Die Strafe hat Bestand. Das Landgericht hat allerdings mit "erheblichem Gewicht" zugunsten des Angeklagten gewürdigt, dass die Justizvollzugsanstalt "in nicht mehr nachvollziehbarer Weise" den "wegen einer Reihe von erheblichen Gewaltdelikten vorbestraften schwerkriminellen" Angeklagten mit dem Geschädigten R. eine psychisch labile, suizidgefährdete Person, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßte, in eine Zelle gelegt und damit eine Eigendynamik in Gang gesetzt habe. Der Angeklagte habe sich vor der Tat zu einem zukünftig straffreien Leben entschlossen gehabt, sich nun aber durch die charakterlich angelegte Konflikt- und Durchsetzungsschwäche des Geschädigten zur Tatbegehung provoziert gefühlt.
Das Landgericht könnte mit diesen Erwägungen zu Gunsten des Angeklagten eine staatliche Mitverantwortung für das strafbare Geschehen - einen bestimmenden Strafzumessungsgrund (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 60) - berücksichtigt haben. Indes ergibt sich - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - eine staatliche Mitverantwortung aus den getroffenen Feststellungen nicht. Der Angeklagte war zwar schon mehrfach wegen Gewaltdelikten verurteilt worden, diese standen jedoch jeweils im Zusammenhang mit Vermögensdelikten. Hinweise darauf, dass er Gewalt angewendet hätte, um Schwächere zu demütigen oder gar Sexualdelikte zu begehen, wie bei der vorliegenden Tat, lagen nicht vor. Schlussfolgerungen darauf, dass eine Zusammenlegung mit dem Geschädigten zu einem Delikt wie dem Vorgefallenen hätte führen können, waren daher entgegen der Auffassung der Kammer aus den festgestellten Vorstrafen nicht zu ziehen, zumal die Kammer selbst hervorgehoben hat, dass der Angeklagte sich vor der Tat zu einem künftig straffreien Leben entschlossen und dies auch durch sein Verhalten in der Justizvollzugsanstalt bestätigt hatte. Eine Vorhersehbarkeit der Tat für die Verantwortlichen der Vollzugsanstalt in dem Sinne, dass ihnen die Tatgenese vorwerfbar und aus diesem Grund die Schuld des Angeklagten gemindert wäre, wird somit durch die Feststellungen nicht getragen. Die bloße kausale Verursachung durch das Zusammenlegen vom Angeklagten und Geschädigten ist als solche nicht geeignet, sich auf den Schuldumfang auszuwirken, zumal die Suizidneigung des Geschädigten objektiv gegen dessen Unterbringung in einer Einzelzelle sprach.
Gleichwohl nötigen diese rechtlich bedenklichen Erwägungen unter den hier gegebenen Umständen nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil bei Abwägung aller für die Strafzumessung bedeutsamen Gesichtspunkte die verhängte Rechtsfolge jedenfalls noch angemessen ist (§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO).
Die bei verfassungskonformer Auslegung erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach dieser Vorschrift (vgl. dazu BVerfG NStZ 2007, 598) liegen vor. Dem Senat steht ein zutreffend ermittelter, vollständiger und aktueller Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung. Es gibt keine Anhaltspunkte für erst nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eingetretene und dementsprechend bisher nicht berücksichtigte Entwicklungen oder Ereignisse, die ein neuer Tatrichter nahe liegend feststellen und berücksichtigen würde.
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Fundstelle(n):
TAAAD-17859
1Nachschlagewerk: nein