Provisionen bei ringweiser Vermittlung von Lebensversicherungen unter nahen Angehörigen als sonstige Leistung; kein Vorliegen eines Scheingeschäfts
Gesetze: EStG § 22 Nr. 3, EStG § 8, EStG § 9, EStG § 11 Abs. 1, EStG § 12 Nr. 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und ihre beiden Schwestern (SH und SHr) schlossen im Streitjahr (1998) jeweils Lebensversicherungen beim V-Konzern (V) ab. Sie kamen vor dem Abschluss der jeweiligen Versicherungsverträge überein, sich die Lebensversicherungen (ringweise) untereinander zu vermitteln und die dafür erhaltenen Vermittlungsprovisionen jeweils an die entsprechende Versicherungsnehmerin (die jeweilige Schwester) weiterzuleiten. Gemäß dieser Vereinbarung schloss die Klägerin im Streitjahr mit V einen Vertrag, in welchem ihr für die erfolgreiche Vermittlung von Lebensversicherungen Provisionen zugesagt wurden. Nachdem ihre Schwestern SHr und SH Versicherungsverträge abgeschlossen hatten, zahlte V der Klägerin Provisionen in Höhe von 51 955,70 DM, von denen sie vereinbarungsgemäß 31 250 DM an SHr und 20 705,70 DM an SH weiterleitete. Ebenfalls im Streitjahr schloss die Klägerin bei V mehrere Versicherungsverträge ab, die SH vermittelte und die die von ihr kassierten Provisionen von 52 527,30 DM an die Klägerin auszahlte. In vergleichbarer Weise verfuhren die Schwestern SH und SHr, so dass jede Schwester im Ergebnis die für ihren Vertragsabschluss von V ausgezahlte Vermittlungsprovision erhielt, die überdies im Wesentlichen mit den von ihr durch die Vermittlungsverträge verdienten Provisionen übereinstimmte.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin die erhaltenen Provisionen nicht, gab aber Versicherungsbeiträge in Höhe von 87 795 DM als Sonderausgaben an. Daraufhin setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Einkommensteuer zunächst ohne die Provisionszahlungen fest. Nachdem das FA aufgrund einer Kontrollmitteilung Kenntnis von den Provisionszahlungen erlangt hatte, erließ es einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid und erfasste die im Streitjahr vereinnahmten Provisionen von 51 955 DM als sonstige Einkünfte.
Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Es kam zu dem Ergebnis, das Verhalten der Klägerin erfülle zwar den Tatbestand des § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), so dass die Einnahme von 51 955 DM grundsätzlich steuerbar sei. Indes bilde die Provisionsweiterleitung an SHr und SH einen steuerrechtlich beachtlichen Erwerbsaufwand, der als Werbungskosten abziehbar sei. Selbst wenn man die Vereinbarungen aber als verdeckte Eigenprovision verstehen würde, stelle die Zahlung nur eine Preisminderung der Versicherung dar, die nicht zu den Einkünften gehöre.
Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung von § 22 Nr. 3 EStG.
Es beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, es liege ein Scheingeschäft vor, das den in Wirklichkeit gewollten Betragsnachlass verdecke. Die Klägerin habe auch keine Vermittlungsleistung erbracht.
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG hat zwar zutreffend die Provisionseinnahmen als Einnahmen gemäß § 22 Nr. 3 EStG erfasst. Es hat aber die Einkünfteerzielungsabsicht zu Unrecht verneint.
1. Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen. Das Verhalten der Klägerin erfüllt den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG schon deshalb, weil es Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages war und sich nicht als Veräußerungs- oder veräußerungsähnlicher Vorgang im privaten Bereich darstellt (vgl. , BFHE 207, 305, BStBl II 2005, 167, m.w.N.). Die Klägerin hatte nach den Feststellungen des FG, die den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO binden, die Provisionen als Gegenleistung für ihre V gegenüber erbrachte Leistungen erhalten, am Zustandekommen der Versicherungsverträge mit ihren Schwestern vermittelnd mitzuwirken.
a) Die Provisionsvereinbarung mit V ist nicht nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO für die Besteuerung unerheblich und es tritt nicht nach § 41 Abs. 2 Satz 2 AO eine die Anschaffungskosten der erworbenen Versicherung (§ 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches) mindernde —verdeckte— Eigenprovision an deren Stelle.
Das FG hat zu Recht das Vorliegen eines Scheingeschäfts verneint. Am Scheincharakter des Vermittlungsvertrages fehlt es schon deshalb, weil er unabdingbare Voraussetzung der Provisionszahlungen war und diese dauerhaft an die Klägerin wie auch an ihre Schwestern geflossen sind. Insoweit verhält es sich im Streitfall ebenso wie im Fall kreuzweiser Vermittlung von Lebensversicherungen, so dass der Senat zur weiteren Begründung und —um Wiederholungen zu vermeiden— auf sein Urteil vom IX R 25/05 (BFH/NV 2007, 657, unter II. 2. c) verweist.
b) Die aus dem Vermittlungsvertrag eingenommenen Provisionen führen entgegen der Auffassung des FG auch zu Einkünften. Der Klägerin fehlte nicht deshalb die Einkünfteerzielungsabsicht, weil sie in gleicher Höhe wie ihre Provisionseinnahmen Aufwendungen hatte, so dass sich insgesamt kein Totalüberschuss ergab. Zwar hatte sie die Provisionen ihren Schwestern weitergeleitet. Dies führt aber nicht zu von den Einnahmen nach § 22 Nr. 3 EStG abziehbaren Werbungskosten, sondern zu einer einkommensteuerrechtlich nicht bedeutsamen Einkommensverwendung. Insoweit verweist der Senat auf sein zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenes Urteil vom IX R 34/07.
Denn auch im Streitfall sind die Zahlungen der Schwestern allein durch die zwischen ihnen abgeschlossene Verwendungsvereinbarung veranlasst: Die Klägerin vermittelte die Versicherungen der Schwestern SH und SHr und erhielt von V Provisionen (51 955 DM), die sie an die Schwestern weiterleitete. Die Schwester SH vermittelte die Versicherung der Klägerin mit V und erhielt dafür eine Provision (52 527 DM), die sie an die Klägerin weiterleitete. Mit der Verpflichtung der Klägerin zur Auskehrung der erhaltenen Provisionen an ihre Schwestern korrespondierte nach der Vereinbarung der Schwestern untereinander ihr Recht, von SH die von dieser verdiente Provision für die Vermittlung ihrer eigenen —der Klägerin— Versicherung zu verlangen. Damit war alleiniger Grund für die Zahlung der von der Klägerin eingenommenen Provisionen an SH und SHr das Übereinkommen der Schwestern zur Verwendung der jeweils zugeflossenen Provision und nicht die Provisionsvereinbarung mit V.
2. Weil das angefochtene Urteil diesen Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Das FA hat im angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr zutreffend die von der Klägerin erhaltene Provision von 51 955 DM als Einkünfte aus Leistungen erfasst.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 768 Nr. 5
XAAAD-16008