BGH Beschluss v. - 2 StR 509/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StGB § 20; StGB § 64; StGB § 72

Instanzenzug: LG Aachen, vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls, wegen räuberischen Diebstahls, wegen Diebstahls mit Waffen, wegen Diebstahls in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, wegen versuchten Betrugs, wegen gefährlicher Körperverletzung, wegen Bedrohung in drei Fällen, wegen Beleidigung in drei Fällen, wegen versuchter Nötigung und wegen Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1.

Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

2.

Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers ergeben.

3.

Im Maßregelausspruch hält das Urteil indes der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a)

Das Landgericht hat - sachverständig beraten - die Überzeugung gewonnen, dass der Angeklagte an einer "krankheitswertigen bipolaren affektiven Störung mit gegenwärtig manischer Episode, die den Schweregrad eines psychotischen Zustandes aufweist", leide. Die zu den Tatzeitpunkten bei dem Angeklagten vorherrschende Störung führe "zu einer erheblichen Verminderung seiner Einsichtsfähigkeit. Insbesondere die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht seiner Taten einzusehen, (sei) durch die krankheitswertige Euphorie bei gleichzeitig psychotischer Wahrnehmung und Größenphantasien erheblich vermindert."

b)

Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht die Auffassung vertritt, mit der Feststellung einer erheblich verminderten Einsichtsfähigkeit sei bereits § 21 StGB erfüllt und damit auch die Grundlage für die Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB gegeben. Eine verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich indes erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Einsicht zur Folge hat (st. Rspr.; vgl. u. a. BGH NStZ-RR 2004, 38; 2007, 73, jeweils m.w.N.). Der Täter, der trotz erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit im konkreten Fall die Einsicht in das Unrecht seiner Tat gehabt hat, ist - sofern nicht seine Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war - voll schuldfähig.

Solange die Verminderung der Einsichtsfähigkeit nicht das Fehlen der Einsicht ausgelöst und dadurch zu Straftaten geführt hat, ist auch die Sicherung der Allgemeinheit durch Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht veranlasst (vgl. u. a. m.w.N.; Senatsbeschl. vom - 2 StR 215/03). Allein auf die Feststellung einer erheblich verminderten Einsichtsfähigkeit kann eine Unterbringung nach § 63 StGB deshalb nicht gestützt werden (vgl. u. a. Senat , Beschl. vom - 2 StR 462/07 m.w.N.).

c)

Der aufgezeigte Mangel zwingt nicht zur Aufhebung des Urteils im Schuld- und Strafausspruch. Mit der sachverständig beratenen Strafkammer kann der Senat ausschließen, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten bei der Begehung der abgeurteilten Taten im Sinne des § 20 StGB vollständig aufgehoben war. Die Zubilligung erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB beschwert den Angeklagten nicht. Nicht bestehen bleiben kann jedoch - wie ausgeführt - die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus.

4.

Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Erklärung des Beschwerdeführers, er nehme die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB von der Revision aus, unwirksam ist. Die Untrennbarkeit des Maßregelausspruchs folgt schon aus § 72 StGB; hier kommt hinzu, dass zu beurteilen ist, ob die abgeurteilten Taten auf die Persönlichkeitsstörung oder den Hang des Angeklagten zum Drogenkonsum zurückzuführen sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
LAAAD-15870

1Nachschlagewerk: nein