Anwendung der geänderten Rechtsprechung bei der Eigennutzung von Wohnräumen
Der BStBl 2004 II S. 378 entschieden, dass die Verwendung von Räumen in einem dem Unternehmen zugeordneten Gebäude für private Zwecke eine steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe ist, wenn die unternehmerische Nutzung der anderen Räume zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. In diesen Fällen sind auch die Vorsteuerbeträge abzugsfähig, die auf die selbst genutzte Wohnung entfallen. Der BFH hat sich mit Urteil vom , BStBl 2004 II S. 371 der Rechtsauffassung des EuGH angeschlossen. Zur Anwendung der Rechtsprechung sind die BStBl 2004 I S. 451, vom , BStBl 2004 I S. 468 und vom , BStBl 2004 I S. 469 ergangen.
Unternehmer U errichtet ein Gebäude. Im Erdgeschoss betreibt er eine Kfz-Werkstatt. Das Obergeschoss nutzt er für eigene Wohnzwecke.
U kann auch für die eigene Wohnung den Vorsteuerabzug geltend machen, da seine unternehmerische Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt und die unentgeltliche Wertabgabe damit steuerpflichtig ist (Abschn. 24c Abs. 7 und 76 Abs. 3 Satz 6 UStR).
Unternehmer U errichtet ein Mehrfamilienhaus. Drei Wohnungen vermietet er nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei. Eine Wohnung nutzt er zu eigenen Wohnzwecken.
U kann für die eigene Wohnung keinen Vorsteuerabzug geltend machen, da die unternehmerische Nutzung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt und daher die unentgeltliche Wertabgabe nicht steuerbar ist (Abschn. 24c Abs. 7 UStR).
1. Zuordnung zum Unternehmensvermögen
Ein Unternehmer, der verpflichtet ist, USt-Voranmeldungen abzugeben, hat die Zuordnungsentscheidung grundsätzlich durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in der USt-Voranmeldung des Leistungsbezugs zu treffen. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Zuordnungsentscheidung erst bei Abgabe der Erklärung des Jahres, in dem die jeweiligen Leistungen bezogen wurde, getroffen und der Vorsteuerabzug geltend macht wird. Eine spätere Zuordnung, z.B. durch die Abgabe einer berichtigten USt-Jahreserklärung, ist nicht zulässig.
Ist bei Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes nach dem kein oder nur ein teilweiser Vorsteuerabzug möglich, muss der Unternehmer gegenüber dem Finanzamt durch eine schriftliche Erklärung spätestens bis zur Abgabe der Erklärung des Jahres, in dem die jeweilige Leistung bezogen worden ist, dokumentieren, in welchem Umfang er das Gebäude zugeordnet hat. Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b UStR 2000 ist zum aufgehoben worden. Danach war davon auszugehen, dass der Unternehmer das Gebäude insgesamt seinem unternehmerischen Bereich zugeordnet hat, wenn er für den unternehmerisch genutzten Teil den Vorsteuerabzug beim Leistungsbezug geltend gemacht hat. Das Gleiche galt, wenn für den unternehmerisch genutzten Teil der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen war. Eine Zuordnung lag nur dann nicht vor, wenn der Unternehmer spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung des Jahres des Leistungsbezugs dem Finanzamt schriftlich mitgeteilt hat, dass er das Gebäude nur teilweise oder gar nicht zugeordnet hat.
In Altfällen (Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes bis ) ist bei Anwendung des Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b UStR 2000 nicht auf die Umsatzsteuer-Jahreserklärung des Leistungsbezugs, sondern auf die Umsatzsteuer-Jahreserklärung des Jahres der erstmaligen Verwendung abzustellen.
Nutzt ein Unternehmer ein Gebäude sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke und hat er in der maßgeblichen Umsatzsteuer-Jahreserklärung den Vorsteuerabzug für den unternehmerisch genutzten Teil nicht geltend gemacht, obwohl die Voraussetzungen nach § 15 UStG hierfür vorgelegen haben, hat er das Gebäude insgesamt nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet.
Unternehmer U hat in den Jahren 1998/1999 ein Einfamilienhaus errichtet. U ist Schriftsteller und nutzt für seine unternehmerische Tätigkeit einen Raum als Arbeitszimmer (15 % der Nutzfläche des Gebäudes). U hat aus den anteiligen Herstellungskosten in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung der erstmaligen Verwendung (1999) keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht. Im Jahr 2004 gibt er berichtigte Umsatzsteuererklärungen (§ 164 AO) für die Jahre 1998 und 1999 ab und macht den Vorsteuerabzug für die gesamten Herstellungskosten des Einfamilienhauses geltend.
Da U keinen Vorsteuerabzug für das Arbeitszimmer geltend gemacht hat, hat er das Gebäude nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet. Ein Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Einfamilienhauses ist nicht möglich.
Unternehmer U hat in den Jahren 2002/2003 ein Einfamilienhaus errichtet. U ist Schriftsteller und nutzt für seine unternehmerische Tätigkeit einen Raum als Arbeitszimmer (15 % der Nutzfläche des Gebäudes). U hat aus den anteiligen Herstellungskosten in der Umsatzsteuer-Jahreserklärungen der Leistungsbezüge (2002 und 2003) keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht. Im Jahr 2005 gibt er berichtigte Umsatzsteuererklärungen (§ 164 AO) für die Jahre 2002 und 2003 ab und macht den Vorsteuerabzug für die gesamten Herstellungskosten des Einfamilienhauses geltend.
Da U keinen Vorsteuerabzug für das Arbeitszimmer geltend gemacht hat, hat er das Gebäude nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet. Ein Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Einfamilienhauses ist nicht möglich.
2. Anwendung der 10 %-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG
Bei der Herstellung eines Gebäudes kommt es für die Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG auf den Umfang der erstmaligen Nutzung an. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG wird auf Gebäude angewandt, mit deren Herstellung nach dem begonnen wurde (vgl. BStBl 2004 II S. 806; BStBl 2004 I S. 864).
Unternehmer U baut ein Einfamilienhaus mit zwei Büroräumen. Die Wohnfläche beträgt 180 m2, die unternehmerisch genutzte Fläche 25 m2. Die Herstellungskosten von 400.000 € entfallen auf den Wohnteil mit 370.000 € und auf den unternehmerischen Teil mit 30.000 €. Nach der Wohn- und Nutzfläche beträgt der unternehmerisch genutzte Anteil 12,2 %, nach dem Verhältnis der Herstellungskosten aber nur 7,5 %.
Ein Gegenstand kann dem Unternehmen zugeordnet werden, wenn er zu mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke verwendet wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Für die Berechnung der 10 %-Grenze ist das Verhältnis der gesamten Wohn- und Nutzfläche zu der unternehmerisch genutzten Fläche maßgebend. Danach wird das Gebäude zu 12,2 % für unternehmerische Zwecke verwendet und kann insgesamt dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Da von den Herstellungskosten 370.000 € (92,5 %) auf den eigen genutzten Wohnteil entfallen, ist dieser Betrag für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe maßgebend.
Unternehmer U hat ein Zweifamilienhaus erstellt, das im Januar 2003 bezugsfertig wurde. Das Gebäude wird überwiegend für eigene Wohnzwecke genutzt; zwei Räume verwendet U für sein Unternehmen als Büroräume. Die Wohnfläche beträgt 180 m2, die unternehmerisch genutzte Fläche 25 m2 (12,2 %). U hat das gesamte Gebäude seinem Unternehmensvermögen zugeordnet und die Vorsteuer aus den Herstellungskosten in voller Höhe abgezogen. Seit wird einer der Büroräume als Kinderzimmer genutzt. Dadurch verringert sich der unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes auf 7,3 %.
Ein Gegenstand kann dem Unternehmen zugeordnet werden, wenn er zu mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke verwendet wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Da zum Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung diese Grenze erreicht war, konnte U das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen. Durch die Nutzung eines Raumes, der bisher als Büroraum verwendet wurde, als Kinderzimmer, sinkt die unternehmerische Nutzung unter 10 %. Da der Gegenstand weiterhin teilweise für unternehmerische Zwecke verwendet wird, kann U nicht dazu gezwungen werden, das Gebäude aus seinem Unternehmensvermögen zu entnehmen. Es ergibt sich ab der Nutzungsänderung lediglich bei der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe durch die Nutzung für eigene Wohnzwecke eine höhere Bemessungsgrundlage.
3. Anbauten, Umbauten, Außenanlagen und Fotovoltaikanlagen
Die Zuordnung eines Anbaus ist unabhängig von der Zuordnung des Altgebäudes zu beurteilen. Wird der Anbau ausschließlich nichtunternehmerisch genutzt, ist eine Zuordnung nicht möglich. Wird der Anbau sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzt (gemischt genutzter Leistungsbezug), ist eine Zuordnung nach den allgemeinen Kriterien zulässig. Diese Beurteilung ist für Umbaumaßnahmen entsprechend anzuwenden, da hier die Zuordnungsentscheidung ebenfalls für jeden Leistungsbezug separat getroffen werden muss.
Unternehmer U plante im Jahre 2002 ein Einfamilienhaus mit Werkstattanbau. Der Anbau ist mit dem Einfamilienhaus nur durch eine Türe verbunden. Er besitzt eigene Fundamente, tragende Wände und ein eigenes Dach. Auch ohne das Einfamilienhaus kann der Anbau selbständig bestehen. Das Einfamilienhaus wurde im Juni 2003 bezugsfertig und der Werkstattanbau im August 2004. U beantragt für das ganze Bauvorhaben die Vorsteuer, da es sich nur um ein Gebäude handeln und durch den Anbau der unternehmerisch genutzte Teil 30 % des gesamten Gebäudes betragen würde.
Der Anbau ist ein selbständiger Gebäudeteil, der für sich auch ohne das Einfamilienhaus standfest ist. Er dient zu 100 % dem Unternehmensvermögen. Beide Gebäudeteile sind für sich selbständig und getrennt nutzbar. Somit liegt eine klare Trennung zwischen der Werkstatt und dem Einfamilienhaus vor. Deshalb kann U das Einfamilienhaus nicht seinem Unternehmensvermögen zurechnen. Ein Vorsteuerabzug ist somit nur für die Werkstatt möglich.
Unternehmer U hatte im Jahre 1998 ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet. Im Erdgeschoss befindet sich der gewerbliche Teil und im Obergeschoss seine eigene Wohnung. Für den unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes (50 %) hat U die Vorsteuer aus den Herstellungskosten geltend gemacht. Im Dezember 2003 beantragte er eine Baugenehmigung zum Umbau und Erweiterung seiner Wohnung. Der unternehmerisch genutzte Teil blieb unverändert. Nach der Genehmigung im Februar 2004 begann er mit der Baumaßnahme, nach deren Durchführung das Gebäude zu 40 % unternehmerischen Zwecken und zu 60 % Wohnzwecken dient. Die Umbaukosten haben 200.000 € betragen. U beantragt für die Umbaukosten den vollen Vorsteuerabzug.
Nutzt ein Unternehmer ein Gebäude sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke und hat er beim Leistungsbezug den Vorsteuerabzug aus dem unternehmerisch genutzten Teil geltend gemacht, ist bis zum davon auszugehen, dass er das Gebäude insgesamt seinem unternehmerischen Bereich zugeordnet hat. Eine Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Unternehmensvermögen liegt nur dann nicht vor, wenn der Unternehmer spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung des Jahres, in dem er das Gebäude erstmals verwendet hat, dem Finanzamt schriftlich die nur teilweise Zuordnung mitgeteilt hat (Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b UStR 2000).
Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt die Lieferung eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, als nicht für das Unternehmen ausgeführt. Umbau und Erweiterung der Wohnung sind ein eigenständiger Leistungsbezug im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG, der für die Frage des Vorsteuerabzugs getrennt von dem übrigen Gebäude zu beurteilen ist. Da dieser Leistungsbezug ausschließlich für außerunternehmerische Zwecke verwendet wird, können die damit zusammenhängenden Vorsteuerbeträge nicht abgezogen werden.
Die Vorsteuerbeträge aus der ursprünglichen Errichtung des Wohnteils kann U nach § 15 UStG bzw. in den Folgejahren nach § 15a UStG (Abschn. 217 Abs. 3 UStR) geltend machen, wenn die betreffenden Steuerfestsetzungen noch änderbar sind. Es ist in gleicher Höhe eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern.
Nicht mit dem Gebäude zusammenhängende Bauwerke auf dem selben Grundstück, wie z.B.
Garagen
Swimmingpools (nur private Nutzung)
Gartenhäuser (nur private Nutzung)
sind stets selbständig zu beurteilende Leistungsbezüge. Werden diese Bauwerke ausschließlich nichtunternehmerisch genutzt, können sie nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden.
Leistungsbezüge im Zusammenhang mit der Errichtung einer Außenanlagen können nur insoweit dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden, als eine unternehmerische Mitbenutzung erfolgt (Stellplätze, Zugang zum Gebäude). Gartenanlagen werden in der Regel ausschließlich nichtunternehmerisch genutzt und berechtigen daher nicht zum Vorsteuerabzug.
Fotovoltaikanlagen stehen nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude. Der Betrieb einer Anlage auf dem ansonsten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude berechtigt nicht zur Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen. Die Leistungsbezüge sind getrennt vom Gebäude zu beurteilen. Diese Beurteilung gilt unabhängig davon, ob die Fotovoltaikanlage auf dem Dach montiert ist oder das Dach ersetzt. Dasselbe gilt, wenn die Dachflächen zum Betrieb einer Anlage verpachtet werden.
A erstellt ein Einfamilienhaus, dessen Herstellungskosten 570.000 € betragen. In den Herstellungskosten ist eine Fotovoltaikanlage mit 70.000 € enthalten. Der von der Fotovoltaikanlage erzeugte Strom wird unmittelbar an ein Energieversorgungsunternehmen weiter geliefert. Die Anlage wurde nicht zusätzlich auf das Dach montiert, sondern als Dach mit eingebaut. Da die Herstellungskosten der Fotovoltaikanlage mehr als 10 % der gesamten Herstellungskosten des Gebäudes betragen, beantragt A das ganze Gebäude als Unternehmensvermögen zu behandeln.
Ein Gegenstand kann dem Unternehmen zugeordnet werden, wenn er zu mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke verwendet wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Für die Berechnung der 10 %-Grenze ist das Verhältnis der gesamten Wohn- und Nutzfläche zu der unternehmerisch genutzten Fläche – bezogen auf die Räume – maßgebend. Daher kann durch die unternehmerische Nutzung der Fotovoltaikanlage keine Zuordnung des Gebäudes abgeleitet werden.
Auch wenn die Fotovoltaikanlage einen Teil des Daches bildet, dient sie ausschließlich der Stromerzeugung und ist deshalb als eigener Leistungsbezug im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG anzusehen. Daher kann nur die Fotovoltaikanlage dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Das Einfamilienhaus kann A nicht seinem Unternehmensvermögen zuordnen, da es nicht für unternehmerische Zwecke verwendet wird.
4. Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe
Zur Bemessungsgrundlage gehören z.B. Aufwendungen des Unternehmers für den laufenden Betrieb oder Unterhalt des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, aber auch Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gegenstandes sind dabei abweichend von den ertragsteuerlichen Grundsätzen gleichmäßig auf den nach § 15a UStG für diesen Gegenstand jeweils maßgeblichen Berichtigungszeitraum zu verteilen. Nach Ablauf des jeweils nach § 15a UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraums sind die auf den Gegenstand entfallenden Kosten vollständig in die Bemessungsgrundlage eingeflossen und in den Folgejahren nicht mehr als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Die vorstehenden Grundsätze sind ab anzuwenden. Beruft sich der Unternehmer hinsichtlich der nichtunternehmerisch genutzten Wohnung in einem vor dem angeschafften und dem Unternehmen zugeordneten Gebäude für einen Zeitraum vor dem auf die Grundsätze des sind die der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG zugrunde zu legenden Ausgaben auch für Zeiträume vor dem nach den oben dargestellten Grundsätzen zu ermitteln.
Unternehmer U erwirbt im Juli 2004 zum Nettopreis von 400.000 € ein neu errichtetes Einfamilienhaus, das er zu 15 % für unternehmerische Zwecke nutzt. Der Verkäufer optiert im Kaufvertrag nach § 9 UStG zur Umsatzsteuer. U teilt den Nettokaufpreis auf in einen Wert für Grund und Boden mit 100.000 € und für das Gebäude mit 300.000 €. Den Vorsteuerabzug beantragt er aus dem vollen Kaufpreis, für die Berechnung der unentgeltlichen Wertabgabe legt er aber nur den anteiligen auf das Gebäude entfallenden Kaufpreis von 300.000 € zugrunde.
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe ist von den tatsächlichen vorsteuerentlasteten Ausgaben auszugehen. Daher sind die gesamten Anschaffungskosten einschl. Grund und Boden anzusetzen. Diese Rechtsauffassung ergibt sich auch aus dem Beispiel in Absatz 4 des BStBl 2004 I S. 468, welches einen Anschaffungsvorgang behandelt, bei welchem in den Anschaffungskosten auch der Wert des Grund und Bodens enthalten sein muss.
Zweifel an dieser Aussage könnten sich aus dem Beispiel in Absatz 3 des BMF-Schreibens ergeben, weil dort von Gebäudeanschaffungskosten ausgegangen wird, ohne den weiteren Kaufpreisanteil für den Grund und Boden zu beziffern und ihn bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ab anzusetzen. Es ist aber davon auszugehen, dass das Beispiel zu Absatz 3 wohl einen Herstellungsvorgang behandeln soll. Lediglich Gebäudeanschaffungskosten sind nur beim Erwerb eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden denkbar.
U erwirbt im Jahr 1998 ein Grundstück. Im Kaufpreis ist keine Umsatzsteuer enthalten. Das Grundstück wird teilweise für steuerpflichtige unternehmerische Zwecke und teilweise für eigene Wohnzwecke verwendet. In den Jahren 1999, 2000, 2001, 2002 und 2003 sind jeweils nachträgliche Anschaffungskosten angefallen. Ein Vorsteuerabzug wurde für die Jahre 1999, 2000 und 2001 nur für den für unternehmerische Zwecke genutzten Teil vorgenommen. Für die Jahre 2002 und 2003 wurde die Vorsteuer in vollem Umfang abgezogen.
Die Auswirkungen der Seeling-Rechtsprechung sind erst ab dem Jahr 2002 anzuwenden, da für die früheren Jahre kein Vorsteuerabzug für die Wohnung geltend gemacht wurde. Bemessungsgrundlage sind die entstandenen Kosten, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Daher sind in die Bemessungsgrundlage nur die nachträglichen Anschaffungskosten der Jahre 2002 und 2003 einzubeziehen, da nur für diese Anschaffungskosten der Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Für die Jahre vor 2002 hat sich U nicht auf die Seeling-Rechtsprechung berufen. Für diese Anschaffungskosten bestand somit keine Vorsteuerabzugsberechtigung, da die Wohnungsnutzung bei Anwendung des nationalen Rechts steuerfrei war.
5. Weitere Einzelfälle
Die Eheleute M und F haben ein Gebäude mit Wohnung, Büro, Lagerraum, Garage und Carport erstellt. Die Wohnung nutzen die Eheleute zu eigenen Wohnzwecken. Das Büro, der Lagerraum, die Garage und der Carport werden von den Eheleuten an den Ehemann vermietet, der ein Fahrschulunternehmen betreibt und sowohl steuerpflichtige als auch nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG steuerfreie Umsätze (mehr als 5 %) tätigt. Die Eheleute möchten für die Vermietung der Garage und des Carports einerseits und für die Vermietung des Büros und des Lagerraumes andererseits getrennte Mietverträge abschließen.
Die Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken sind grundsätzlich steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Unter den Voraussetzungen des § 9 UStG kann auf die Steuerbefreiung verzichtet werden. Bei Vermietungs- und Verpachtungsumsätzen ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 9 Abs. 2 UStG). Eine geringfügige Verwendung des Grundstück (höchstens 5 %) durch den Leistungsempfänger für Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist unschädlich (Abschn. 148a Abs. 3 UStR).
Die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig. Die Vermietung ist allerdings umsatzsteuerfrei, wenn sie eine Nebenleistung zu einer steuerfreien Leistung, insbesondere zu einer steuerfreien Grundstücksvermietung ist. Für die Annahme einer Nebenleistung ist es unschädlich, wenn die steuerfreie Grundstücksvermietung und die Stellplatzvermietung zivilrechtlich in getrennten Verträgen vereinbart werden. Beide Verträge müssen aber zwischen denselben Vertragspartnern abgeschlossen sein. Die Verträge können auch zu unterschiedlichen Zeiten zustande kommen (Abschn. 77 Abs. 3 Sätze 3–6 UStR). Dies gilt nicht nur, wenn im Zusammenhang mit der Vermietung einer Wohnung ein Stellplatz überlassen wird, sondern auch dann, wenn zusammen mit der Vermietung von Büroräumen eine Stellplatzüberlassung erfolgt (Abschn. 77 Abs. 3 Beispiel 2 UStR).
Die Überlassung der Garage und des Carports ist daher eine unselbständige Nebenleistung zur Vermietung des Büros und des Lagerraumes. Für den Vermietungsumsatz kann nicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG verzichtet werden, weil der Leistungsempfänger zu mehr als 5 % vorsteuerabzugsschädliche Umsätze ausführt. Da die Umsätze aus der Vermietung durch die Eheleute M und F daher zwingend steuerfrei sind, können die Vorsteuerbeträge, die mit dem Gebäude im Zusammenhang stehen, insgesamt nicht abgezogen werden. Für die Räume die eigenen Wohnzwecken dienen kommt eine Vorsteuerabzug nur in Betracht, wenn die unternehmerische Nutzung des Gegenstands zum Vorsteuerabzug berechtigt (Abschn. 24c Abs. 7 Satz 3 UStR).
Die Eheleute Z haben 1996 je zur Hälfte ein unbebautes Grundstück erworben und in den Jahren 1999 und 2000 darauf ein Einfamilienhaus mit einer in das Gebäude integrierten Doppelgarage erbaut. Zwischen den Eheleuten Z und dem Ehemann (Steuerberater) wurde im Juli 2000 ein Mietvertrag geschlossen. Vermietet wurde die Doppelgarage mit 31,94 m2 für 100 DM mtl. und ein Archiv mit 5,82 m2 für 50 DM mtl., wovon die Hälfte (75 DM zuzüglich 16 % USt) = 99 DM zu zahlen waren. Die Praxis des Ehemannes befindet sich in fremd gemieteten Räumen in der gleichen Kommune.
Zum hat der Ehemann seinen hälftigen Anteil auf seine Ehefrau gegen Schuldübernahme in Höhe von 222.000 € übertragen. In der als Übereignungsvertrag bezeichneten Urkunde wurde zur Umsatzsteuer nichts ausgesagt. In einem neuen Mietvertrag vom September 2002 wurde den geänderten Eigentumsverhältnissen Rechnung getragen: Vermieter ist nun die Ehefrau und die Miete von 76,68 € wird jetzt in voller Höhe auf ein anderes Konto bezahlt.
Mit Schreiben vom reichte die Ehegattengemeinschaft berichtigte USt-Erklärungen für die Jahre 1999 bis 2002 ein und beantragt zusätzlich die Erstattung der Vorsteuer für den Wohnteil. Der unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes einschließlich Garage wird von den Eheleuten Z mit 10,82 % angegeben. In dem als „Archiv” bezeichneten Raum befindet sich die Gaswerttherme für die Beheizung der Wohnung (ohne Garage), daneben in der Schräge des Raums sind Regale angebracht, die als Aktenlager dienen. Rechnet man diesen Raum insgesamt der Wohnfläche zu, beträgt die Nutzung für unternehmerische Zwecke lediglich 9,15 %.
Die Einführung der 10 %-Grenze ab wurde ebenso wie die Einschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG bei gemischt genutzten Fahrzeugen durch die rückwirkende Entscheidung des EU-Ministerrats vom (ABl. EG 2000 Nr. L 59/12) als Maßnahme zur Vereinfachung der Steuererhebung EU-rechtlich abgesichert.
Mit Urteil vom , BStBl 2004 II S. 806 hat der EuGH zur Einschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG entschieden, dass die o. a. Ermächtigung zwar gültig und wirksam ist. Die rückwirkende Erteilung zum war jedoch unzulässig. Das bedeutet, dass die Ratsermächtigung für den Zeitraum vom bis zum (Tag der Veröffentlichung der Ratsermächtigung im Amtsblatt der EG) ungültig ist und § 15 Abs. 1b UStG insoweit keine EU-rechtliche Grundlage hat. Aufgrund dieser Entscheidung ist davon auszugehen, dass auch die rückwirkende Ratsermächtigung für die 10 %-Grenze unzulässig war, d.h. die 10 %-Grenze hat für den Zeitraum vom bis zum keine gemeinschaftsrechtliche Grundlage.
Da mit der Errichtung des Gebäudes bereits im Jahr 1999 begonnen wurde, kann das Gebäude auch bei einer unternehmerischen Nutzung zu weniger als 10 % dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden.
Die Vermietung der Garage an den Ehemann ist anzuerkennen, wenn sie dem Abstellen von Fahrzeugen dient, die zum Unternehmensvermögen des Ehemannes gehören.
Nach den Ausführungen des BStBl 1988 II S. 1012 ist eine Vermietung von Räumen auch möglich, wenn die unternehmerische und die private Nutzung sowohl zeitlich wie räumlich zusammen fallen. Die Vermietung des Raumes an den Ehemann kann aber nur insoweit erfolgen, als dieser Raum nicht den (nichtunternehmerischen) Zwecken des Vermieters dient (Abschn. 6 Abs. 6 Nr. 1a Beispiel 2 UStR).
Da das Gebäude teilweise für unternehmerische Zwecke verwendet wird, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, kann auch die auf den Wohnteil entfallende Vorsteuer abgezogen werden. Die Nutzung des Wohnteils ist als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3a Abs. 9 Nr. 1 UStG zu besteuern ( BStBl 2004 I S. 468 und 469).
Die Veräußerung des Grundstücksanteils durch den Ehemann an die Ehefrau führt zu keiner Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG. Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft, die dann zu einem Einzelunternehmen wird, stellt keine Änderung der Verhältnisse dar, wenn sich die Verwendung des Gegenstands nicht ändert (Abschn. 215 Abs. 2 Satz 6 UStR).
U hat ein Gebäude nach Herstellung teilweise steuerpflichtig vermietet und teilweise für eigene Wohnzwecke verwendet. Ursprünglich wurde nur die Vorsteuer für den vermieteten Teil geltend gemacht. Für 2001 und 2002 wurde der volle Vorsteuerabzug beantragt. U trägt jetzt vor, dass er die Vorsteuer für die Wohnung doch nicht abziehen will.
Das Gebäude ist zu 100 % dem Unternehmen zugeordnet (Vorsteuerabzug wurde geltend gemacht). Nach Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2b UStR ist von einer vollständigen Zuordnung auch dann auszugehen, wenn nur für einen Teil des Gebäudes die Vorsteuer abgezogen wurde (gilt für Gebäudeanschaffung/-herstellung bis ). Vor dem hat der Unternehmer ein Wahlrecht hinsichtlich der Anwendung der Seeling-Rechtsprechung, auch dann, wenn er die eigen genutzte Wohnung dem Unternehmensvermögen zugeordnet hat. Macht er für die eigen genutzte Wohnung keinen Vorsteuerabzug geltend, oder macht er einen geltend gemachten Vorsteuerabzug wieder rückgängig, unterliegt die Nutzung der Wohnung nicht der Umsatzsteuer.
Die Zuordnung kann nicht rückgängig gemacht werden. Da U auf die Vorsteuer für den Wohnteil verzichtet (dieser Verzicht kann ausgeübt werden, solange die Steuerfestsetzung abgabenrechtlich noch geändert werden kann), beruft er sich nicht mehr auf die Seeling-Rechtsprechung. In diesem Fall kann die ganz oder teilweise Entnahme des Grundstücks als steuerfrei behandelt werden, da die Anschaffung/Herstellung vor dem erfolgte.
U erwirbt nach dem ein Grundstück, das er teilweise steuerpflichtig vermietet (30 %) und im Übrigen für eigene Wohnzwecke nutzt. Er beantragt für den vermieteten Teil den Vorsteuerabzug (30 %) der insgesamt angefallenen Vorsteuerbeträge.
Durch Geltendmachung des Vorsteuerabzugs i.H.v. 30 % ist das Grundstück nur zu 30 % im Unternehmensvermögen. Soweit kein Vorsteuerabzug erfolgte, kann eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen nicht mehr unterstellt werden ( BStBl 2004 I S. 451, Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b UStR 2005). Bei einer späteren Entnahme erfolgt die Besteuerung nur hinsichtlich des dem Unternehmen zugeordneten Teils.
Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - S 7300
Fundstelle(n):
UStB 2009 S. 159 Nr. 6
ZAAAD-15472