BFH Beschluss v. - I R 96/05

Nachversteuerung nach § 2a EStG

Leitsatz

Für Verluste einer ausländischen Betriebsstätte einer inländischen GmbH, die bei dieser auf der Grundlage des § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG 1990/1997 einkommensmindernd berücksichtigt worden sind, kommt eine Nachversteuerung nach Maßgabe von § 2a Abs. 3, 4 und § 52 Abs. 3 Sätze 3, 5 EStG 1997 in der Fassung des StBereinG 1999 in Betracht, wenn die Betriebsstätte mit Vertrag vom zum veräußert wird.
Die Neuregelungen des StBereinG 1999 wirken hier nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise zurück, da dieses Gesetz am (und damit vor dem Übertragungszeitpunkt ) im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist.

Gesetze: EStG § 2a Abs. 3, EStG § 2a Abs. 4, EStG § 2 Abs. 3, EStG § 52 Abs. 3 Satz 5

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Streitig ist, ob in früheren Jahren einkommensmindernd berücksichtigte Verluste einer ausländischen Betriebsstätte im Streitjahr 1999 nachzuversteuern sind.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, errichtete 1996 in den USA eine Betriebsstätte für den dortigen Vertrieb ihrer Industrieprodukte. Die Betriebsstätte erzielte Verluste, die bei der Besteuerung der Klägerin auf der Grundlage des § 2a Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes 1990/1997 (EStG 1990/1997) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1996 (KStG 1996) einkommensmindernd berücksichtigt wurden. Im Streitjahr 1999, in dem die Klägerin in der Betriebsstätte ebenfalls einen Verlust erzielte, kam es zu einer Veräußerung der Betriebsstätte an die A-Corp. Alleingesellschafter dieser US-amerikanischen Gesellschaft ist X, der auch an der Klägerin zu 99,82 % beteiligt ist. Der Übertragungsvertrag datiert vom . Als Übertragungszeitpunkt (Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten, Übertragung des Anlagevermögens und des Mietverhältnisses) war der vereinbart; der Kaufpreis, der nach bestimmten Maßgaben auf der Grundlage der Bilanz zum Übertragungszeitpunkt errechnet werden sollte, wurde später auf ca. 1,1 Mio. US-$ festgelegt (Schuldversprechen der Käuferin vom ).

Zur Ermittlung des Einkommens des Streitjahres ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) den laufenden Betriebsstättenverlust (504 483 DM) unberücksichtigt; darüber hinaus setzte er die Betriebsstättenverluste der Vorjahre (1 495 049 DM) einkommenserhöhend an (Hinzurechnung gemäß § 2a Abs. 4 EStG 1997 i.d.F. des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften —Steuerbereinigungsgesetz 1999— vom , BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13 —EStG 1997 n.F.—). Die gegen die Nachversteuerung der Betriebsstättenverluste der Jahre 1996 bis 1998 gerichtete Klage blieb erfolglos (Finanzgericht —FG— München, Urteil vom , Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2006, 420).

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1999 herabzusetzen bzw. die Sache an das FG zurückzuverweisen, um den Herabsetzungsantrag auf den laufenden Verlust der Betriebsstätte ausweiten zu können, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob § 2a Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als eine rückwirkende Anwendung ab dem normiert werde.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Das durch Senatsbeschluss vom bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) über den Vorlagebeschluss des Senats vom in der Sache I R 116/04 (BFHE 214, 536, BStBl II 2006, 864) gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzte Verfahren ist durch Senatsbeschluss vom fortgeführt worden, nachdem der EuGH darüber durch Beschluss vom in der Rechtssache C-415/06 „Stahlwerk Ergste Westig” (Internationales Steuerrecht —IStR— 2008, 107) entschieden hatte.

III. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a FGO. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet —weil das FG § 2a Abs. 4 EStG 1997 n.F. ohne Rechtsverstoß im Streitjahr 1999 angewendet hat und eine unzulässige Rückwirkung nicht vorliegt— und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

1. Nach § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG 1990/1997 können unter bestimmten Voraussetzungen Verluste aus einer gewerblich tätigen ausländischen Betriebsstätte (auch dann) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden, wenn die Einkünfte aus der betreffenden Betriebsstätte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Einkommensteuer zu befreien sind. Der dafür notwendige Antrag des Steuerpflichtigen ist im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung zu stellen. Ein nach § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG 1990/1997 abgezogener Betrag ist gemäß § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997 unter bestimmten, in der Vorschrift näher bezeichneten Voraussetzungen in einem nachfolgenden Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte wieder hinzuzurechnen. Diese Grundsätze gelten bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften entsprechend (§ 8 Abs. 1 KStG 1996). Dass die im Zusammenhang mit der US-amerikanischen Betriebsstätte erzielten (negativen) Einkünfte der Klägerin die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1990/1997 erfüllen, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

2. Nach § 52 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 n.F. ist § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997 für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2008 (nunmehr unbegrenzt, vgl. § 52 Abs. 3 Satz 3 EStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom , BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218) u.a. dann weiter anzuwenden, wenn eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte i.S. des § 2a Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. übertragen wird. Die in dem genannten Satz 5 angeführte Gesetzesfassung sieht vor, dass dann, wenn eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt (Nr. 1), entgeltlich oder unentgeltlich übertragen (Nr. 2) oder aufgegeben wird (Nr. 3 - unter Fortführung der Geschäftstätigkeit durch eine „nahestehende” andere Person), ein nach Abs. 3 Sätze 1 und 2 abgezogener Verlust, soweit er nach Abs. 3 Satz 3 nicht wieder hinzugerechnet worden ist oder nicht noch hinzuzurechnen ist, im Veranlagungszeitraum der Umwandlung, Übertragung oder Aufgabe in entsprechender Anwendung des Abs. 3 Satz 3 dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen ist. Damit wird ein entgegen der Freistellungsanordnung eines Doppelbesteuerungsabkommens gewährter Verlustausgleich/-abzug wieder rückgängig gemacht; diese Rechtsfolge ist von der Höhe des (z.B. infolge der Übertragung) erzielten Gewinns unabhängig (vgl. Probst in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 2a EStG Rz 380; ders. in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 2a EStG Rz 279, 282, 286; Gosch in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 2a Rz 100; Blümich/Wagner, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rz 166; Schmidt/ Heinicke, EStG, 27. Aufl., § 2a Rz 66).

Die Nachversteuerungstatbestände des § 2a Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. sind materiell-rechtlich unmittelbar mit § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997 verknüpft. § 2a Abs. 4 EStG 1997 n.F. soll verhindern, dass die Hinzurechnung nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997 umgangen wird (BTDrucks 14/2070, S. 22; Probst in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff, a.a.O., § 2a EStG Rz 367.9; ders. in Herrmann/Heuer/ Raupach, a.a.O., § 2a EStG Rz 279; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 2a Rz 100; s.a. , BFHE 165, 46, BStBl II 1991, 873 [zu § 2 des AuslandsinvestitionsgesetzesAIG—]).

Die Klägerin hat durch die Veräußerung der Betriebsstätte an die A-Corp. die Betriebsstätte i.S. des § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 n.F. entgeltlich übertragen. Zugleich ist der Tatbestand des § 2a Abs. 4 Nr. 3 EStG 1997 n.F. erfüllt, da die Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte durch die A-Corp. fortgeführt wird und diese mit Blick auf die Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin bzw. der A-Corp. —es besteht nach den Feststellungen des FG ein beherrschender Einfluss des X in beiden Gesellschaften— als „nahestehende Person” i.S. des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) —AStG— angesehen werden kann. Beide Tatbestände werden mit Ablauf des 31. Dezember des Streitjahres verwirklicht. Zu diesem Zeitpunkt kommt es infolge des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums der Wirtschaftsgüter (s. insoweit Mössner in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2a Rz F 20; zustimmend Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 2a EStG Rz 373; ders. in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 2a EStG Rz 282) zu einer Gewinn- bzw. Verlustrealisation (betreffend § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 n.F.) bzw. zu einer Einstellung der werbenden Tätigkeit (betreffend § 2a Abs. 4 Nr. 3 EStG 1997 n.F. - s. insoweit Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 2a EStG Rz 373.2 bzw. in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 2a EStG Rz 283).

3. Die Neuregelungen des am im Bundesgesetzblatt (BGBl I 1999, 2601) verkündeten Steuerbereinigungsgesetzes 1999 wirken entgegen der Revision nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise zurück. Sie greifen nicht in rechtsstaatlich unzulässiger Weise rückwirkend in bereits abgeschlossene Lebenssachverhalte ein und verletzen nicht das Vertrauen der Klägerin.

a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BVerfG (vgl. z.B. eingehend Beschluss vom 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, BGBl I 1998, 725), dass eine Rechtsnorm Rückwirkung entfaltet, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt wird, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen frühestens ab dem mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge schon für einen davor liegenden Zeitraum eintreten zu lassen, ist —als echte Rückwirkung— regelmäßig unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. So verhält es sich regelmäßig bei Steueransprüchen, soweit diese entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (vgl. § 38 i.V.m. § 37 Abs. 1 der Abgabenordnung), nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschlüsse in BVerfGE 97, 67, BGBl I 1998, 725, sowie vom 2 BvR 305, 348/93, BVerfGE 105, 17, 40) aber auch bei steuerlichen Subventionen, die der Steuerpflichtige nur während des Veranlagungszeitraums —vor Entstehen des Steueranspruchs— annehmen kann.

Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung („unechte” Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung „ins Werk gesetzt” worden sind. Solche Tatbestände unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 97, 67, BGBl I 1998, 72, m.w.N.). Betroffen hiervon sind vor allem periodische Steueransprüche, die erst mit Ablauf des Kalenderjahres als Veranlagungszeitraum entstehen (vgl. für die Körperschaftsteuer § 48 Buchst. c KStG 1996; , BVerfGE 72, 200, 241 f., BStBl II 1986, 628, 645).

b) Änderungen in der Unternehmensstruktur, wie z.B. die Veräußerung einer Betriebsstätte, beeinflussen in der Regel den erst am Ende eines Veranlagungszeitraumes entstehenden Steueranspruch; sie sind insofern zeitraumbezogen. Tatsächlich liegen ihnen jedoch zeitpunktbezogene Gestaltungen zugrunde, die —ähnlich wie die Inanspruchnahme steuergesetzlicher Subventionsangebote— Verhaltensdispositionen des Steuerpflichtigen sind. Solche Dispositionen sind oftmals bereits abschließend vollzogen, wenn das Gesetz geändert wird. Angesichts dessen mag zweifelhaft sein, ob in solchen Fällen dem Steuerpflichtigen nachteilige Gesetzesänderungen nach den Maßstäben der „echten” oder aber nur der „unechten” Rückwirkung zu beurteilen sind. In diese Richtung geht auch die jüngere Spruchpraxis des IX. Senats des BFH, der, ausgehend von der Rechtsprechung des BVerfG zum Dispositionsschutz im Bereich steuerlicher Lenkungsnormen (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 97, 67, 78, und in BVerfGE 105, 17, 40) und unter Berücksichtigung der im Schrifttum geäußerten Kritik an der bisherigen Rechtsprechung, der Auffassung ist, dass der vom BVerfG bislang nur für (Verschonungs-)Subventionen und Steuervergünstigungen gewährte verstärkte Schutz von Dispositionen auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken sei (gl.A. , BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140 unter B.III.1.e bb). Auch bei einer tatbestandlichen Rückanknüpfung müsse —so der IX. Senat— in jedem Einzelfall geprüft werden, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende (günstige) Rechtslage schützenswert sei und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigten, dieses Vertrauen überwögen. Das gelte für den rückwirkenden Wegfall einer Steuervergünstigung in gleicher Weise wie für die rückwirkende Belastung mit einem neu begründeten Steueranspruch und ebenso für die Aufhebung von steuerlichen „Freiräumen” (, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, m.w.N.). Der IX. Senat hat in dem bei ihm geführten Verfahren das BVerfG angerufen.

c) Ob dieser letzteren Auffassung zu folgen ist, kann im Streitfall jedoch dahingestellt bleiben (offenlassend auch , BFHE 221, 121, BStBl II 2008, 723; vom I R 16/06, BFHE 218, 102, BStBl II 2007, 707; vom I R 76/04, BFHE 211, 90, BStBl II 2006, 274; vom I R 69, 70/05, BFHE 215, 491, BStBl II 2007, 662; Senatsbeschluss vom I B 208/04, BFHE 209, 204, BStBl II 2005, 351). Im Streitfall ist das Vertrauen der Klägerin in die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am bestehende (günstige) Rechtslage nicht in besonderem Maße schützenswert.

Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, ob dem Vertrauensschutz bereits der auf Missbrauchsverhinderung ausgerichtete Gesetzeszweck des § 2a Abs. 4 EStG 1997 n.F. (Vermeidung einer missbräuchlichen Aufgabe der Betriebsstätte, vgl. BTDrucks 14/1514, S. 28 f. und 14/2070, S. 22) entgegensteht. Ebenso wenig muss der Senat darüber befinden, inwiefern ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin dadurch beeinträchtigt sein könnte, dass die im Streitfall angewendete Nachversteuerungsregelung schon vor dem Februar 1999 Gegenstand von Gesetzesentwürfen und Diskussionen in der Fachliteratur war (vgl. zu diesem Aspekt z.B. Inzelmann/Mutscher, IStR 1999, 40, 43; Probst in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 2a EStG Rz 32, 279; ders. in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 2a EStG Rz 367.10; Blümich/Wagner, a.a.O., § 2a EStG Rz 119; Hey/Gloßner, IStR 2001, 233, 236 ff.; Offerhaus, Der Betrieb 2001, 556). Denn jedenfalls ist das Vertrauen der Klägerin in den Fortbestand der zum Februar 1999 geltenden Rechtslage deshalb nicht in besonderem Maße schützenswert, weil der für die Nachversteuerung maßgebliche Tatbestand —die Übertragung der Betriebsstätte— nach den getroffenen Vereinbarungen erst zum erfolgen sollte; zu diesem Zeitpunkt war die Neuregelung jedoch bereits im Bundesgesetzblatt verkündet. Entscheiden sich die Vertragspartner dafür, eine bestimmte Maßnahme erst nach Ablauf einer geraumen Zeit in der Zukunft durchzuführen, können sie nicht redlicherweise darauf vertrauen, dass nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht die Maßnahme noch die gleichen steuerlichen Folgen zeitigen wird, die eingetreten wären, wenn sie die Maßnahme sofort und unter Geltung des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Rechts durchgeführt hätten. Andernfalls hätten es die Vertragspartner in der Hand, die gegenwärtige Gesetzeslage durch die Vereinbarung erst nach Ablauf einer geraumen Zeit auszuführender Tatbestände gleichsam für die Zukunft zu konservieren. Eine solche Möglichkeit erfordert das Verfassungsgebot des Vertrauensschutzes nicht.

Insoweit weicht der hier zu entscheidende Sachverhalt von der Konstellation ab, die dem Vorlagebeschluss des IX. Senats in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284 zugrunde liegt. Insoweit kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf die Vorlagebeschlüsse des XI. Senats des (BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887) und XI R 30/03 (BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895) verweisen, in denen der XI. Senat die Auffassung vertreten hat, dass die Verkündung des Änderungsgesetzes derjenige Zeitpunkt sei, „bis zu dem das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die alte Rechtslage nach den Grundsätzen einer echten Rückwirkung schutzwürdig ist” (s. dazu das Senatsurteil in BFHE 215, 491, BStBl II 2007, 662).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 744 Nr. 5
AAAAD-15424