Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 63; StGB § 64; StGB § 66; StPO § 265 Abs. 1; StPO § 265 Abs. 2
Instanzenzug: LG Dortmund, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt sowie seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und die Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich der Maßregelanordnung nach § 66 Abs. 2 StGB Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1.
Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand; insoweit greift die sie betreffende Verfahrensrüge durch. Zu Recht beanstandet die Revision, dass der Angeklagte auf die Möglichkeit der Anordnung dieser Maßregel nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form hingewiesen worden ist (§ 265 Abs. 1 und 2 StPO).
a)
In der dem Verfahren zu Grunde liegenden Anklageschrift wird die Möglichkeit, Sicherungsverwahrung gegen den Angeklagten zu verhängen, überhaupt nicht erwähnt; auch der Eröffnungsbeschluss enthält keine eindeutigen Hinweise darauf. Während der Hauptverhandlung wurde ebenfalls kein förmlicher Hinweis erteilt, wie die Sitzungsniederschrift beweist (§ 274 StPO).
In dem Eröffnungsbeschluss hat die Strafkammer allerdings auch die Untersuchung des Angeklagten durch einen psychiatrischen Sachverständigen angeordnet zu der Frage, "ob aus medizinischer Sicht bei ihm zur Zeit der ihm zur Last gelegten Straftaten eine Einschränkung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) vorgelegen habe und ob die Voraussetzungen für Maßregeln zur Besserung und Sicherung (§§ 63, 64, 66 StGB) gegeben sind." Zwar kann in der gerichtlichen Anordnung, ein Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit und einer eventuellen Unterbringung einzuholen, ein nach § 265 Abs. 1 und 2 StPO erforderlicher Hinweis liegen (vgl. BGH NStZ 1992, 249). Der Hinweis muss aber, wenn er seine Funktion erfüllen soll, dem Angeklagten in einer solchen Form erteilt werden, dass dieser eindeutig sehen kann, auf welche Maßregel das Gericht zu erkennen gedenkt (vgl. BGHR StPO § 265 Abs. 2 Hinweispflicht 6).
Diesem Erfordernis genügt die allgemein gehaltene Aufzählung sämtlicher freiheitsentziehender Maßregeln im Eröffnungsbeschluss nicht. Die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung stellt mit ihrer in das Leben eines Angeklagten tief eingreifenden Wirkung einen besonders gravierenden Eingriff dar. Deshalb dürfen an die Hinweispflicht des Gerichts in einem solchen Fall keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGHR aaO; BGH NStZ-RR 2004, 297 f.).
b)
Das Beruhen der Anordnung der Maßregel auf dem fehlenden rechtlichen Hinweis wird auch nicht durch andere Vorgänge in der Hauptverhandlung ausgeschlossen. Insbesondere sind die Ausführungen der Strafkammer in dem Beschluss vom , mit dem ein Beweisantrag des Angeklagten zurückgewiesen wurde, nicht geeignet, einen förmlichen rechtlichen Hinweis entbehrlich zu machen. Denn auch dadurch wurde dem Angeklagten nicht mit hinreichender Eindeutigkeit vor Augen geführt, dass ihm die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 StGB drohte. Dies gilt umso mehr, als sich der Angeklagte zur Tatzeit im Maßregelvollzug nach § 64 StGB befunden hatte und die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB bei ihm nicht vorlagen.
c)
Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung war daher aufzuheben. Das übrige Urteil wird hiervon nicht erfasst.
2.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass der Tatrichter - ungeachtet der Regelung des § 67 c Abs. 1 StGB - bei der Ermessensentscheidung nach § 66 Abs. 2 StGB stets zu prüfen hat, ob die Anordnung der Sicherungsverwahrung angesichts der Höhe der erkannten Strafe unerlässlich ist (vgl. Fischer StGB 56. Aufl. § 66 Rdn. 40 m.w.N.).
Der neue Tatrichter wird ferner zu beachten haben, dass ein psychiatrischer Sachverständiger nicht deswegen an der ihm obliegenden Begutachtung gehindert ist, weil der Angeklagte eine Exploration verweigert (vgl. BGHR StPO § 246 a Satz 1 Sachverständiger 1; vgl. auch Fischer in KK 6. Aufl. § 246 a Rdn. 5 m.w.N.). Gegebenenfalls hat das Gericht dem Sachverständigen die entsprechenden Anknüpfungstatsachen zu vermitteln.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
QAAAD-14010
1Nachschlagewerk: nein