Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB II § 11; SGB II § 20
Instanzenzug: LSG Baden-Württemberg, L 12 AS 1181/07 vom SG Stuttgart, S 3 AS 5145/06 vom
Gründe
I. Die Beteiligten streiten im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende darüber, ob die Regelleistung des Klägers während eines kurzzeitigen Haftaufenthalts um den Wert der Anstaltsverpflegung gekürzt werden durfte.
Der 1969 geborene Kläger bezieht seit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach den Vorschriften des SGB II. Das beklagte Job Center (Grundsicherungsträger) bewilligte ihm ua für die Zeit vom 1.4. bis monatliche Leistungen in Höhe von 660,57 Euro, einschließlich der vollen Regelleistung in Höhe von 345 Euro (Bescheid vom ). Am teilte die Justizvollzugsanstalt (JVA) S. dem beklagten Job Center mit, der Kläger sei am zur Verbüßung einer bis dauernden Ersatzfreiheitsstrafe in die JVA aufgenommen worden. Das Job Center hob hierauf die Leistungsbewilligung vom unter Berufung auf § 45 SGB X für April 2006 in Höhe von 69 Euro und für Mai 2006 in Höhe von 138 Euro anteilig auf, weil dem Kläger während seiner Haftzeit Regelleistungen nicht zugestanden hätten. Es sei eine Überzahlung von 207 Euro erfolgt. Insoweit werde ab gegen die dem Kläger in den Folgemonaten zustehenden Ansprüche auf Alg II in Höhe von jeweils monatlich 30 vH der Regelleistung aufgerechnet (Bescheid vom ). Dem Widerspruch des Klägers half das beklagte Job Center insoweit ab, als es die Aufrechnung monatlich nur noch in Höhe von 20 vH der Regelleistung erklärte. Im Übrigen wies es den Widerspruch zurück, zahlte bereits aufgerechnete Beträge nach und stützte die Rückforderung nunmehr auf § 48 SGB X. Der Kläger sei seiner Pflicht zur Mitteilung der Haft nicht nachgekommen und habe den Haftaufenthalt erst im Nachhinein mitgeteilt (Widerspruchsbescheid vom ).
Das Sozialgericht (SG) hat den Aufhebungsbescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom "dahin gehend geändert, als die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.4. bis in Höhe von 40,54 Euro und im Zeitraum vom 1.5. bis in Höhe von 81,08 Euro zurückgenommen wird". Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei der Anspruch des Klägers auf die Regelleistung während seiner Haftzeit nicht völlig entfallen. In den Monaten April und Mai 2006 habe ihm jedoch nicht die volle Regelleistung zugestanden, weil die während der Haft gewährte Verpflegungsleistung in Höhe der sich aus der Sachbezugsverordnung ergebenden Werte auf den Regelleistungsanspruch als Einkommen anzurechnen sei. Dies ergebe insgesamt (April 40,54 und Mai 81,08 =) 121,62 Euro. Die Aufrechung sei weder rechtswidrig noch ermessensfehlerhaft (Urteil vom ). Gegen dieses Urteil hat nur der Kläger Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat diese zurückgewiesen. Die Verpflegung in der JVA habe einen "Marktwert". Sie sei als Sachleistung nach der 2006 geltenden Sachbezugsverordnung zu bewerten und als erzieltes Einkommen nach § 11 SGB II auf die Regelleistung anzurechnen (Urteil vom ).
Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Verletzung der §§ 11, 20 SGB II. Die Verpflegung in der JVA sei kein bedarfsmindernd zu berücksichtigendes Einkommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom zu ändern und den Bescheid des beklagten Job Centers vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, bis zur Änderung des § 7 Abs 4 SGB II zum sei davon auszugehen gewesen, dass Inhaftierte alle für ihren Lebensunterhalt erforderlichen Leistungen durch die JVA erhalten haben. Zumindest hinsichtlich der bereitgestellten Anstaltsverpflegung sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen.
II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das LSG hat seine Berufung zu Unrecht zurückgewiesen, denn das SG hätte sich nicht mit einer Änderung des angefochtenen Aufhebungsbescheides begnügen dürfen. Vielmehr hätte es diesen in der Gestalt des Widerspruchsbescheides in vollem Umfang aufheben müssen. Das beklagte Job Center war nicht berechtigt, seine bestandskräftig gewordene Bewilligung von Regelleistungen für die Zeit vom 24.4. bis wegen Änderung der Verhältnisse in vollem Umfang aufzuheben und den Überzahlungsbetrag gegen künftige Leistungsansprüche des Klägers aufzurechnen.
1. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der den Kläger begünstigenden Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung im Bescheid vom liegen nicht vor.
Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II in seiner bis zum geltenden Fassung erhalten Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln, hierin einbezogen das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Das beklagte Job Center hatte mit Bescheid vom das Vorliegen dieser Voraussetzungen der §§ 7, 9 SGB II für Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II beim Kläger für die Zeit vom 1.4. bis bejaht und dem Kläger Leistungen bewilligt. Dieser Verwaltungsakt ist nicht zu beanstanden.
Zwar ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 48 Abs 1 SGB X aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche (zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führende) Änderung eintritt. Die Aufhebung erfolgt dabei im Anwendungsbereich des SGB II mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an (§ 48 Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB X iVm § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II, § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III). Vorliegend fehlt es indessen an einer leistungsrechtlich relevanten Änderung der Sach- oder Rechtslage nach Erlass des maßgeblichen Verwaltungsaktes (hier: Leistungsbewilligung vom über Regelleistung und Leistungen für Unterkunft in Höhe von insgesamt 660,57 Euro). Weder schloss der JVA-Aufenthalt des Klägers, der nach Erlass des genannten Bescheides stattfand, Leistungen zur Grundsicherung grundsätzlich aus (dazu 2.) noch stellte die dem Kläger in der JVA gewährte Verpflegung grundsicherungsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen iS von § 11 SGB II dar (dazu 3.). Eine Rechtsgrundlage dafür, die dem Kläger bewilligte pauschalierte Regelleistung wegen teilweiser Deckung des Lebensbedarfs durch anderweitige Verpflegung in der JVA zu kürzen, existierte im streitigen Zeitraum nicht (dazu 4.).
2. Der rund dreiwöchige Aufenthalt des Klägers in der JVA schloss vor dem den Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung für die Zeit des JVA-Aufenthalts nicht aus.
Der Aufenthalt in einer JVA führte in der Zeit vor dem nur dann zum Ausschluss von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, wenn der Aufenthalt in der JVA voraussichtlich mindestens sechs Monate dauerte. Dies war hier nicht der Fall.
Das SGB II sah in seiner ursprünglichen, am in Kraft getretenen Fassung des Art 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 2954) eine ausdrückliche Regelung für den Anspruch Strafgefangener auf Leistungen zur Grundsicherung oder den Ausschluss solcher Leistungen nicht vor. § 7 Abs 4 SGB II in seiner Ursprungsfassung (aF) bestimmte jedoch, dass Leistungen nach diesem Buch nicht erhält, "wer für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist oder Rente wegen Alters bezieht" (zur Neufassung dieser Vorschrift mit Wirkung ab vgl Art 1 Nr 7 c des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom , BGBl I 1706). Der 14. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat § 7 Abs 4 SGB II (aF) unter dem Gesichtspunkt des Gesetzeszwecks des SGB II funktional ausgelegt und darauf abgestellt, ob der in einer Einrichtung Untergebrachte auf Grund der objektiven Struktur der Einrichtung in der Lage ist, wöchentlich 15 bzw drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein (vgl § 8 Abs 1 SGB II). Scheidet eine solche Erwerbstätigkeit aufgrund der Struktur der Einrichtung aus, liegt funktional betrachtet eine stationäre Einrichtung iS des § 7 Abs 4 SGB II (aF) vor. Der 14. Senat des BSG hat weiter angenommen, dass auch eine JVA eine Einrichtung iS des § 7 Abs 4 SGB II (aF) darstellt, weil im "Normalvollzug" (kein Freigang) eine Teilnahme am "allgemeinen Arbeitsmarkt" objektiv nicht möglich ist. Damit scheiden Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen aus, wenn der voraussichtliche Aufenthalt in der JVA länger als sechs Monate dauert. Handelt es sich - prognostisch betrachtet - um eine Unterbringung von nicht mehr als sechs Monaten, soll ein Wechsel des Leistungsträgers vermieden werden, so dass bei einer Unterbringung von weniger als sechs Monaten jedenfalls nach altem Recht Grundsicherungsleistungen nicht nach § 7 Abs 4 SGB II (aF) ausgeschlossen waren (vgl B 14/7b AS 60/06 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 5 RdNr 12, 16: Aufenthalt in JVA und Fachklinik zur Alkoholentwöhnung).
Zur Auslegung des § 7 Abs 4 SGB II (aF) schließt sich der erkennende Senat der geschilderten Rechtsprechung des 14. Senats des an (vgl. SozR 4-4200 § 7 Nr 5 RdNr 12, 16). Danach waren Leistungen zur Grundsicherung nur bei einem länger als sechs Monate dauernden Aufenthalt in der JVA ausgeschlossen. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger wurde zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe von vornherein nur für die Zeit vom 24.4. bis in die JVA aufgenommen. Leistungen zur Grundsicherung waren damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
3. Die dem Insassen einer JVA als Sachleistung während der Haft gewährte Verpflegung ist auch kein zu berücksichtigendes Einkommen iS von § 11 SGB II.
Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen, soweit nicht eine in § 11 Abs 1 Satz 1 oder Abs 3 SGB II genannte, hier nicht einschlägige Ausnahme vorliegt (zB Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, Leistungen nach dem SGB II, zweckbestimmte Einnahmen). Die Anstaltsverpflegung eines Gefangenen in einer JVA ist keine Einnahme in diesem Sinne.
Zwar werden im Bereich der Sozialversicherung kostenlose oder verbilligt abgegebene Sachleistungen wie Unterkunft und Verpflegung seit jeher dem Arbeitsentgelt zugerechnet. Das Arbeitsentgelt erfasst alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig in welcher Form sie geleistet werden (vgl § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Der Wert derartiger Sachbezüge wurde bis Ende 2006 nach den Bestimmungen der aufgrund § 17 Abs 1 SGB IV erlassenen Sachbezugsverordnung (SachbezugsVO) generell-abstrakt im Voraus festgelegt. So betrug im Jahr 2006 der Wert für freie Verpflegung bundeseinheitlich monatlich 202,70 Euro (vgl BGBl I 2005, 3493). Seit 2007 erfolgt die Bewertung von Sachbezügen durch die am in Kraft getretene Sozialversicherungsentgelt-Verordnung (SvEV) vom (BGBl I 3385). Von den Werten für 2006 sind vorliegend auch das SG und LSG ausgegangen. Indessen finden die SachbezugsVO und die SvEV nur dort direkte Anwendung, wo es um die Bestimmung der Höhe des Arbeitsentgelts als der Gegenleistung abhängig Beschäftigter für ihre Arbeitsleistung geht.
Sachbezüge als Gegenleistung abhängig Beschäftigter verlieren ihre Qualität als materieller Bestandteil des Arbeitsentgelts iS von § 14 SGB IV auch nicht dadurch, dass der Arbeitnehmer (zB als sog Aufstocker) dem Grunde nach zu den nach den Vorschriften des SGB II Hilfebedürftigen gehört. Demgemäß bestimmt § 2 der auf Grund § 13 SGB II erlassenen Alg II-V in der Fassung vom (BGBl I 2622), dass bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit von § 14 SGB IV auszugehen ist (vgl § 2 Abs 1 Alg II-V) und Sachleistungen nach der SachbezugsVO bzw der SvEV in ihrer jeweils geltenden Fassung zu bewerten sind (vgl § 2 Abs 4 Alg II-V).
Vorliegend fehlt es indessen an dem für die Anwendung der SachbezugsVO als auch der SvEV erforderlichen Anknüpfungspunkt abhängiger Beschäftigung, aus der Arbeitsentgelt erzielt wird (ebenso , RdNr 15: Krankenhausverpflegung). Der Kläger erhielt in der JVA Verpflegungsleistungen nicht für eine Arbeitsleistung als abhängig Beschäftigter, sondern im Rahmen der gemäß § 21 Strafvollzugsgesetz vorgeschriebenen Anstaltsverpflegung als Insasse einer JVA.
Der erkennende Senat braucht deshalb auch nicht darüber zu entscheiden, ob § 2 Abs 4 Alg II-V in seiner bis Ende Juli 2007 geltenden Fassung noch von der Verordnungsermächtigung des § 13 Satz 1 Nr 1 SGB II gedeckt war. Der 14. Senat des BSG hat hieran Zweifel geäußert (vgl , RdNr 17: Krankenhausverpflegung).
4. Eine sonstige Rechtsgrundlage dafür, die dem Kläger bewilligte pauschalierte Regelleistung wegen teilweiser Deckung des Lebensbedarfs durch anderweitige Verpflegung in der JVA wie Einkommen zu berücksichtigen und die Regelleistung insoweit anteilig zu kürzen, existierte im streitigen Zeitraum nicht. Das SG war daher nicht berechtigt, den angefochtenen Bescheid teilweise aufrecht zu erhalten.
Insbesondere scheidet der von SG und LSG herangezogene § 2b Alg II-V als Rechtsgrundlage einer Anrechnung aus. Diese durch die am in Kraft getretene "Erste Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld/Sozialgeld-Verordnung" vom (BGBI I 2499) in die Alg II-V eingefügte Vorschrift trägt die Überschrift "Berechnung des Einkommens in sonstigen Fällen". Sie ergänzt § 2 Alg II-V über die Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit sowie § 2a Alg II-V über die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb und Land- und Forstwirtschaft. § 2b Alg II-V bestimmte im streitigen Zeitraum und noch bis Ende 2007, dass für die Berechnung des Einkommens aus Einnahmen, die nicht unter §§ 2 und 2a Alg II-V fallen, § 2 Alg II-V entsprechend anzuwenden ist.
Der 14. Senat des BSG hat hierzu bereits entschieden, dass § 2b Alg II-V keine geeignete Rechtsgrundlage dafür bietet, die Regelleistung pauschal zu kürzen, weil der hilfebedürftige Arbeitsuchende während eines stationären Aufenthalts im Krankenhaus verpflegt werde. Die Berücksichtigung von im Krankenhaus gewährter kostenloser Nahrung könne nicht "entsprechend" wie die innerhalb einer abhängigen Beschäftigung als Lohnbestandteile gewährte kostenfreie Ernährung bewertet werden. Jedenfalls decke der Wortlaut des § 2b Alg II-V nicht einen so weitgehenden Eingriff in die Struktur der Regelleistung wie er mit einer anteiligen Kürzung der Regelleistung verbunden wäre. Während das Recht der Sozialhilfe nach dem SGB XII von einer individualisierten Berücksichtigung der Bedarfslagen ausgehe und es der Individualisierungsgrundsatz (§ 9 SGB XII) zulasse, die Leistungen der Sozialhilfe nach den Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs zu bemessen, sei nach dem Leistungssystem des SGB II eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung gesetzlich nicht vorgesehen. Dies gelte sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Empfängers von Grundsicherungsleistungen. Bei der Gewährung von Essen handle es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Die pauschalierte Regelleistung solle gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern. Diese seien darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II gewährten einmaligen Leistungen seien monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht denkbar. Im Umkehrschluss sei dann aber auch zumindest bei den im Rahmen von § 20 Abs 1 SGB II benannten Grundbedürfnissen eine abweichende (niedrigere) Bestimmung des Bedarfs ausgeschlossen (, RdNr 17, 22 - 24).
Der erkennende Senat schließt sich dem an. Im Recht der Sozialhilfe ermöglicht § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII eine abweichende Festlegung des Bedarfs, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Demgemäß wurden bereits nach dem früheren, im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelten Recht der Sozialhilfe unentgeltliche Einnahmen außerhalb von Beschäftigungen, wie beispielsweise kostenlose Verpflegung, in der Regel nicht als Einkommen iS des § 76 Abs 1 BSHG, sondern als abweichender Bedarf nach § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG behandelt, der dort zur Kürzung des sozialhilferechtlichen Regelsatzes berechtigte (vgl , RdNr 23 mit Hinweisen auf Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom - 5 B 47/96 - FEVS 47, 337 zur unentgeltlichen Kfz-Nutzung; - BVerwGE 72, 354).
Demgegenüber hält es der erkennende 4. Senat mit dem 14. Senat des BSG nicht für zulässig, im Bereich der Grundsicherung nach dem SGB II entsprechend zu verfahren. Durch Anwendung des § 2b Alg II-V duften jedenfalls bis Ende 2007 (zur Zeit ab vgl sogleich) pauschalierte Regelleistungen im Hinblick auf anderweitige kostenlose Bedarfsdeckung weder pauschal wie im Falle der Krankenhausverpflegung um 35 vH noch um den in der SachbezugsVO festgesetzten Wert gekürzt werden, zumal in der Regelleistung - wenn auch ohne konkrete normative Festlegung - für Nahrung nur sehr viel geringere Beträge in Ansatz gebracht sind. Für die Verpflegung eines Hilfebedürftigen in der JVA gilt insoweit nichts anderes als für die Verpflegung während eines stationären Krankenhausaufenthalts.
: 27 Zwar hat der Verordnungsgeber die bis Ende 2007 geltende Alg II-VO mit Wirkung ab aufgehoben und durch eine neu gefasste Alg II-V ersetzt. Danach ist bereitgestellte Vollverpflegung pauschal in Höhe von 35 vH der nach § 20 SGB II maßgebenden monatlichen Regelleistung als Einkommen zu berücksichtigen (§ 2 Abs 5 Satz 1 Alg II-V iVm § 4 Alg II-V idF der Verordnung vom , BGBl I 2942). Auch ist § 2 Abs 5 Satz 1 SGB II hinreichend bestimmt. Allerdings trat diese Bestimmung nach § 10 Alg II-V erst am in Kraft. Sie misst sich keinerlei Rückwirkung bei und ist somit im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Ob sie von der Verordnungsermächtigung des § 13 SGB II gedeckt ist, hat der 14. Senat des BSG mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen (vgl , RdNr 22). Jedoch ist auch hierüber im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.
Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
LAAAD-13472