Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: TVÜ-VKA § 11; GG Art. 3; GG Art. 6; BAT § 50 Abs. 1 lit. a; ZPO § 256 Abs. 1
Instanzenzug: LAG Schleswig-Holstein, 6 Sa 37/07 vom ArbG Elmshorn, 4 Ca 1198 e/06 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über kinderbezogene Entgeltbestandteile.
Die 1964 geborene Klägerin ist seit dem bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist Mutter von fünf Kindern, für die sie Kindergeld erhält. Nachdem sie mehrere Jahre Elternzeit in Anspruch genommen hatte, wurde ihr auf ihren Antrag vom bis zum unter Fortfall der Dienstbezüge Sonderurlaub aus familiären Gründen gewährt. Seit dem arbeitet die Klägerin nach Maßgabe des Änderungsvertrags vom wieder bei der Beklagten im Umfang von acht Stunden wöchentlich.
Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sowie der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) Anwendung. In § 11 TVÜ-VKA ist bestimmt:
"(1) Für im September 2005 zu berücksichtigende Kinder werden die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT/BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen oder BMT-G/BMT-G-O in der für September 2005 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG gezahlt würde.
...
Unterbrechungen wegen der Ableistung von Grundwehrdienst, Zivildienst oder Wehrübungen sowie die Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres sind unschädlich; soweit die unschädliche Unterbrechung bereits im Monat September 2005 vorliegt, wird die Besitzstandszulage ab dem Zeitpunkt des Wiederauflebens der Kindergeldzahlung gewährt.
...
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für
a) zwischen dem und dem geborene Kinder der übergeleiteten Beschäftigten,
b) die Kinder von bis zum in ein Arbeitsverhältnis übernommenen Auszubildenden, Schülerinnen/Schüler in der Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und in der Entbindungspflege sowie Praktikantinnen und Praktikanten aus tarifvertraglich geregelten Beschäftigungsverhältnissen, soweit diese Kinder vor dem geboren sind."
Mit Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TVÜ-VKA vom ist § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA mit Wirkung zum ua. um folgende Protokollerklärungen ergänzt worden:
"1. Die Unterbrechung der Entgeltzahlung im September 2005 wegen Elternzeit, Wehr- oder Zivildienstes, Sonderurlaubs, bei dem der Arbeitgeber vor Antritt ein dienstliches oder betriebliches Interesse an der Beurlaubung anerkannt hat, Bezuges einer Rente auf Zeit wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen des Ablaufs der Krankenbezugsfristen ist für das Entstehen des Anspruchs auf die Besitzstandszulage unschädlich. Für die Höhe der Besitzstandszulage nach Satz 1 gilt § 5 Abs. 6 entsprechend.
...
5. Endet eine Unterbrechung aus den in Nr. 1 Satz 1 genannten Gründen vor dem , wird die Besitzstandszulage vom an gezahlt, wenn bis zum ein entsprechender schriftlicher Antrag (Ausschlussfrist) gestellt worden ist. Wird die Arbeit nach dem wieder aufgenommen oder erfolgt die Unterbrechung aus den in Nr. 1 Satz 1 genannten Gründen nach dem , wird die Besitzstandszulage nach Wiederaufnahme der Arbeit auf schriftlichen Antrag gezahlt.
...
Ist eine den Nrn. 1 bis 3 entsprechende Leistung bis zum schriftlich geltend gemacht worden, erfolgt die Zahlung vom an."
Die Klägerin hat mit Schreiben vom gegenüber der Beklagten geltend gemacht, ihr stehe ein Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage nach § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA in Höhe von monatlich 8/38,5 von 452,85 Euro (= 94,10 Euro) zu. Die Beklagte hat die Zahlung mit Schreiben vom abgelehnt.
Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen und mit Schriftsatz vom erweiterten Klage hat die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.129,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB ab zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie monatlich ab April 2007 Kinder-/Sozialzuschläge iHv. 94,10 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA sei ein Anspruch auf die begehrte Besitzstandszulage nicht zu entnehmen. Im Übrigen sei der Sonderurlaub nicht der Elternzeit gleichzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Dem von der Klägerin zu Ziff. 2 geltend gemachten Feststellungsantrag steht der Vorrang der Leistungsklage nicht entgegen. Zwar kommt aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit einer Leistungsklage grundsätzlich Vorrang vor einer Feststellungsklage zu, wenn der Kläger den Anspruch beziffern kann (Senat - 6 AZR 277/02 - zu I 1 b der Gründe, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2). Auch in diesem Fall kann aber ein Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gegeben sein, wenn das angestrebte Urteil trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern (Senat - 6 AZR 657/07 - Rn. 14; - Rn. 18, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 32). Richtet sich die Feststellungsklage - wie vorliegend - gegen eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts, kann erwartet werden, dass diese einem gegen sie ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird ( - mwN, BAGE 112, 112, 115). Hinzu kommt, dass der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage nicht gilt, wenn eine Leistungsklage nur nach § 259 ZPO als Klage auf zukünftige Leistung möglich wäre ( - BAGE 60, 350, 352). Vorliegend hätte die Klägerin hinsichtlich der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom noch nicht fälligen Ansprüche auf Besitzstandszulage nicht auf Zahlung, sondern allenfalls auf zukünftige Leistung gem. § 259 ZPO klagen können.
2. Die Feststellungsklage ist auch für den Zeitraum nach dem zulässig. Das Feststellungsinteresse entfällt vorliegend nicht aufgrund der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA. Die Protokollerklärung trifft keine Regelung für den vorliegenden Fall des Sonderurlaubs zum Zwecke der Kinderbetreuung. Nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA sind nur Unterbrechungen der Entgeltzahlung im September 2005 wegen Sonderurlaubs, bei dem der Arbeitgeber vor Antritt ein dienstliches oder betriebliches Interesse an der Beurlaubung anerkannt hat, für das Entstehen des Anspruchs auf die Besitzstandszulage unschädlich. Das sind die in § 50 Abs. 2 BAT geregelten Fälle. Die Beklagte hat der Klägerin jedoch nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und ausweislich des Schreibens der Beklagten vom gem. § 50 Abs. 1 BAT Sonderurlaub aus familiären Gründen gewährt. Die Anerkennung eines dienstlichen oder betrieblichen Interesses an einem Sonderurlaub aus familiären Gründen gem. § 50 Abs. 1 BAT ist nach § 50 Abs. 3 Satz 2 BAT ausgeschlossen (vgl. Senat - 6 AZR 506/02 - zu II 2 a der Gründe, PflR 2005, 21).
II. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Besitzstandszulage des § 11 TVÜ-VKA für die streitbefangene Zeit in rechnerisch unstreitiger Höhe. Zwar ergibt sich ein solcher Anspruch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht bereits aus § 11 TVÜ-VKA. Jedoch verstößt der Ausschluss von Arbeitnehmern, die im September 2005 gem. § 50 Abs. 1 Buchst. a BAT Sonderurlaub zum Zwecke der Kinderbetreuung hatten, gegen Art. 3 Abs. 1 iVm. Art. 6 Abs. 1 GG. Die Inanspruchnahme von Sonderurlaub zum Zwecke der Kinderbetreuung ist in Bezug auf die Gewährung kinderbezogener Entgeltbestandteile als Besitzstandszulage nicht anders zu behandeln als Elternzeit.
1. Allerdings gewährte § 11 TVÜ-VKA Arbeitnehmern, die im Monat September 2005 in Elternzeit waren, bis zu seiner Änderung durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TVÜ-VKA vom keinen Anspruch auf die Besitzstandszulage für kinderbezogene Entgeltbestandteile (Roß in Bepler/Böhle/Martin/Stöhr TVöD Stand Juni 2008 § 11 TVÜ-VKA Rn. 2d; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand August 2007 § 11 TVÜ-VKA Rn. 8.1; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2007 § 11 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 135; Sponer/Steinherr TVöD Stand Oktober 2007 § 11 TVÜ-VKA Rn. 1.4; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 628; aA Guth Der Personalrat 2008, 313, 314; Heimann NZA 2008, 23, 24).
a) Die Besitzstandsregelung des § 11 TVÜ-VKA knüpfte nach ihrem eindeutigen Wortlaut daran an, dass Kinder im September 2005 zu berücksichtigen waren, für sie also dem in den TVöD übergeleiteten Arbeitnehmer der kinderbezogene Entgeltbestandteil gezahlt wurde (Senat - 6 AZR 712/07 - Rn. 8). Befand sich ein in den TVöD übergeleiteter Arbeitnehmer im September 2005 in Elternzeit, erhielt er kein Entgelt und damit auch keinen kinderbezogenen Entgeltbestandteil. Ihm konnte dieser Entgeltbestandteil damit nicht in der für September 2005 zustehenden Höhe fortgezahlt werden, wie es § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA vorsah. Ihm stand daher die Zulage nach § 11 TVÜ-VKA nicht zu ( - zu 1 der Gründe, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 2; Roß in Bepler/Böhle/Martin/Stöhr TVöD Stand Juni 2008 § 11 TVÜ-VKA Rn. 2d).
b) Der Zweck der Tarifnorm bestätigt diese Auslegung. Bereits die Bezeichnung der tariflichen Leistung als Besitzstandszulage lässt darauf schließen, dass mit ihr nur die im September 2005 als dem maßgeblichen Bezugsmonat tatsächlich gezahlten kinderbezogenen Entgeltbestandteile gesichert werden sollten (vgl. Senat - 6 AZR 64/03 - BAGE 109, 110, 115). Nur in diesem Fall lag ein zu sichernder Besitzstand vor.
Diese Zielrichtung der Zulage nach § 11 TVÜ-VKA ergibt sich auch daraus, dass der einmal entstandene Anspruch auf Gewährung der Besitzstandszulage nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 TVÜ-VKA entfällt, wenn der Anspruch auf das Kindergeld endet oder die Kindergeldberechtigung auf eine andere im öffentlichen Dienst beschäftigte Person übergeht. Lebt der Kindergeldanspruch später wieder auf, etwa weil das Kind, das zunächst eine Ausbildung begonnen und dabei Einkünfte erzielt hat, die die Einkommensgrenzen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG übersteigen, später ein Studium aufnimmt, oder wechselt die Kindergeldberechtigung erneut, entsteht der Anspruch auf die Besitzstandszulage nur in den in § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA ausdrücklich geregelten Fällen neu (Roß in Bepler/Böhle/Martin/Stöhr TVöD Stand Juni 2008 § 11 TVÜ-VKA Rn. 2c). In diesen Fällen haben die Tarifvertragsparteien in § 11 Abs. 1 Satz 3 2. Halbs. TVÜ-VKA zudem bereits eine Unterbrechung der Zahlung des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im September 2005 als unschädlich angesehen. Gerade dies zeigt, dass alle anderen Fälle, in denen im September 2005 kein kinderbezogener Entgeltbestandteil gezahlt wurde, schädlich sein, also in allen nicht in § 11 Abs. 1 Satz 3 2. Halbs. TVÜ-VKA geregelten Fällen kein Anspruch auf die Besitzstandszulage entstehen sollte.
Nach § 11 Abs. 3 TVÜ-VKA gilt die Besitzstandsregelung des § 11 Abs. 1 und 2 TVÜ-VKA entsprechend für die dort aufgeführten, bis zum geborenen Kinder. § 11 Abs. 3 TVÜ-VKA weitet als Sonderregelung den Anspruch auf die tarifliche Zulage ausdrücklich auf Fälle aus, in denen nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA ein Anspruch auf Besitzstandszulage gerade nicht besteht. Auch dies belegt, dass die Tarifvertragsparteien grundsätzlich nur den tatsächlich im Monat September 2005 gezahlten kinderbezogenen Entgeltbestandteil sichern wollten. Soweit sie von diesem Grundsatz im Einzelfall abgewichen sind, haben sie dies ausdrücklich geregelt. Für die Arbeitnehmer, die im Monat September 2005 Elternzeit in Anspruch genommen haben, fehlte es bis zur Änderung des § 11 TVÜ-VKA durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TVÜ-VKA vom an einer solchen Sonderregelung.
c) Schließlich spricht auch die Tarifgeschichte für vorstehendes Auslegungsergebnis. Die Tarifvertragsparteien haben erst durch die mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TVÜ-VKA vom eingefügten Protokollerklärungen Nr. 1 und 5 zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA den Arbeitnehmern, die im September 2005 Elternzeit genommen hatten, frühestens ab dem einen Anspruch auf die tarifliche Besitzstandszulage eingeräumt. Diese Tarifänderung zeigt, dass nach dem übereinstimmenden Normverständnis der Tarifvertragsparteien § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung ein Anspruch auf die Besitzstandszulage für Arbeitnehmer, die im September 2005 Elternzeit genommen hatten, nicht zu entnehmen war.
Deshalb haben sie eine eigenständige, hier in Form einer Protokollerklärung gefasste, Regelung für erforderlich gehalten, um den betroffenen Arbeitnehmern für die Zukunft Anspruch auf die Besitzstandszulage zu gewähren. Dieses Normverständnis der Tarifvertragsparteien ergibt sich auch daraus, dass sie die Begrenzung des Anspruchs auf Zeiten nach dem für möglich erachtet haben.
2. Die Besitzstandsregelung des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA in der bis zum Inkrafttreten des Änderungstarifvertrags Nr. 2 zum TVÜ-VKA geltenden Fassung verstieß gegen Art. 3 Abs. 1 GG iVm. Art. 6 GG, soweit sie kindergeldberechtigten Arbeitnehmern, die wie die Klägerin im Monat September 2005 wegen Elternzeit kein Arbeitsentgelt erhielten, die Besitzstandszulage verwehrte. Sie war daher insoweit unwirksam.
a) Die Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden (Senat - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8, 15). Deshalb kann eine tarifliche Regelung nicht unmittelbar am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG und des Art. 6 Abs. 1 GG gemessen werden, zumal der Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 1 GG sich nur an die staatliche Ordnung, nicht aber an die Tarifvertragsparteien als Vereinigungen privaten Rechts richtet. Die Tarifvertragsparteien haben deshalb nicht die Pflicht, durch tarifliche Regelungen zum besonderen Schutz von Ehe und Familie beizutragen (ErfK/Dieterich 9. Aufl. Art. 6 GG Rn. 16). Das Grundgesetz will aber keine wertneutrale Ordnung sein, sondern enthält in seinem Grundrechtsabschnitt verfassungsrechtliche Grundentscheidungen für alle Bereiche des Rechts. Art. 6 Abs. 1 GG ist eine wertentscheidende Grundsatznorm, die nicht nur eine Institutsgarantie beinhaltet, sondern zugleich eine verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts enthält (BVerfG st. Rspr. seit der Entscheidung vom - 1 BvL 4/54 - BVerfGE 6, 55, 71 f.). Diese Wertentscheidung der Verfassung verpflichtet auch die staatlichen Gerichte, die kraft Verfassungsgebots bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts die sich aus dem Schutzauftrag der Verfassung ergebenden Modifikationen des Privatrechts zu beachten haben (Art. 1 Abs. 3 GG, vgl. - BVerfGE 7, 198, 206; - 1 BvR 26/84 - BVerfGE 81, 242, 254 ff.).
Für die Auslegung und Anwendung tariflicher Normen, die die Belange von Ehe und Familie berühren, folgt daraus, dass die Tarifvertragsparteien bei ihrer tariflichen Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 3 GG beachten müssen, wobei ihnen als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weitergehender Gestaltungsspielraum als dem Gesetzgeber zusteht. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zu. Sie sind nicht dazu verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen, vielmehr genügt es, wenn sich für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund ergibt (Senat - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8, 15 ff., 18 f.). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung, bei der vom Tarifvertrag erfasste Personen die Voraussetzungen, an die die Tarifnorm knüpft, nicht beeinflussen können, ist der Gleichheitssatz erst verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumen, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (Senat - 6 AZR 95/07 - Rn. 24, AP BAT § 34 Nr. 12 = EzTöD 320 TÜV-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 8). Der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien ist jedoch wiederum durch die Wertentscheidungen des Art. 6 GG, denen die Arbeitsgerichte zur Geltung zu verhelfen haben, eingeengt (vgl. ua. - BVerfGE 87, 1, 39 für den Gesetzgeber; - BAGE 54, 210, 215). Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte verpflichtet deshalb die Rechtsprechung dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu einer Gruppenbildung führen, die die durch Art. 6 GG geschützten Belange von Ehe und Familie gleichheits- oder sachwidrig außer Betracht lässt (Senat - 6 AZR 712/07 - Rn. 14 f.; vgl. ErfK/Dieterich 9. Aufl. Einl. GG Rn. 57 f., Art. 6 GG Rn. 15; vgl. zum Verbot gleichheitswidriger Differenzierungen auch Senat - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8, 16).
b) Die Tarifvertragsparteien haben die Besitzstandszulage an den tatsächlichen, individuellen Besitzstand des Arbeitnehmers im letzten Monat vor dessen Überleitung in den TVöD geknüpft. Stichtagsregelungen sind Typisierungen in der Zeit, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Ausdruck einer gebotenen pauschalisierenden Betrachtung sind. Sie sind aus Gründen der Praktikabilität ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach vertretbar ist. Die Stichtagsregelung in § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA bestimmt mit dem September 2005 den letzten Monat, in dem kinderbezogene Entgeltbestandteile im durch den TVöD abgelösten Entgeltgefüge des öffentlichen Dienstes vorgesehen waren, zum Anknüpfungspunkt für die Besitzstandszulage. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (Senat - 6 AZR 712/07 - Rn. 17).
Tarifvertragsparteien steht es frei, ob und in welchem Umfang sie neben den rein arbeitsleistungsbezogenen Vergütungen durch einen zusätzlichen Vergütungsbestandteil einen sozialen, familienbezogenen Ausgleich gewähren wollen (Senat - 6 AZR 682/07 -; - 6 AZR 712/07 - Rn. 18; aA Wiedemann/Wiedemann TVG 7. Aufl. Einl. Rn. 270). Nachdem sich die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes zu einem Systemwechsel entschlossen und die ehe- und familienbezogene Ausgleichsfunktion eines Teils des Entgelts für die Zukunft aufgegeben hatten, waren sie an ihre frühere Grundentscheidung, familienbezogene Entgeltbestandteile zu gewähren, auch nicht durch die Grundsätze der Folgerichtigkeit gebunden (vgl. ua. - Rn. 80, NJW 2009, 48 für den Steuergesetzgeber). Es war ihnen aber verwehrt, von der gleichwohl getroffenen tariflichen Besitzstandsregelung bestimmte Arbeitnehmergruppen ohne einen auch unter Beachtung der Wertentscheidungen des Art. 6 GG sachlich vertretbaren Grund ganz oder teilweise auszuschließen (vgl. - BVerfGE 107, 133, 141 st. Rspr.; Senat - 6 AZR 712/07 - Rn. 18).
c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA in Fällen gebilligt, in denen beide Ehegatten am Stichtag im öffentlichen Dienst beschäftigt waren, soweit die Besitzstandszulage nur der Ehegatte erhielt, der im Monat September 2005 Kindergeld bezog. Dies galt auch dann, wenn sich die Wahl des Bezugsberechtigten im Nachhinein als ungünstig herausstellte - etwa weil der ausgewählte Elternteil kurz nach dem in Elternzeit ging - und diese Folge im Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts noch nicht absehbar war. Die Tarifvertragsparteien durften in diesen Fällen eine Gruppenbildung nach typisierender Betrachtung vornehmen und dabei davon ausgehen, dass die für September 2005 getroffene Wahl der Kindergeldberechtigung im Normalfall den Interessen der Betroffenen auch in der unmittelbaren Folgezeit noch gerecht werde. Fallkonstellationen, in denen die Interessenlage einzelner Beschäftigter von der von den Tarifvertragsparteien als typisch angenommenen abwich, mussten sie nicht regeln (Senat - 6 AZR 712/07 - Rn. 20; vgl. auch ua. - Rn. 60, NJW 2009, 48).
d) Die von den Tarifvertragsparteien in § 11 TVÜ-VKA vorgenommene Gruppenbildung, die die Zulage allein davon abhängig machte, ob der in den TVöD übergeleitete kindergeldberechtigte Arbeitnehmer am Stichtag Entgelt bezog, ließ dagegen selbst bei Anlegung eines typisierenden Maßstabes die durch Art. 6 GG geschützten Belange von Ehe und Familie gleichheits- und sachwidrig außer Betracht, soweit dadurch auch Arbeitnehmern, die im September 2005 Elternzeit in Anspruch genommen hatten, der Anspruch auf die tarifliche Besitzstandszulage versagt wurde.
aa) Zwar dürfen Tarifvertragsparteien bei der Gruppenbildung generalisieren und typisieren. Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Normgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die von ihm vorgenommenen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Zudem müssen die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sein und dürfen diesem nicht widersprechen. Die bei einer solchen Typisierung entstehenden, unvermeidlichen Ungerechtigkeiten und Härten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, in denen die Interessenlage von der von den Tarifvertragsparteien als typisch angenommenen abweicht, sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. ua. - Rn. 60, NJW 2009, 48; ua. - BVerfGE 111, 115; vgl. Senat - 6 AZR 712/07 -).
bb) Die bei der tariflichen Besitzstandsregelung des § 11 TVÜ-VKA erfolgte Gruppenbildung benachteiligte gerade solche Arbeitnehmer gravierend, die aufgrund einer von Art. 6 GG verbürgten Entscheidung im maßgeblichen Monat September 2005 kein Entgelt erhielten. Zudem versagte sie diesen Arbeitnehmern den Schutz des Besitzstandes für solche Entgeltbestandteile, die grundrechtlichen Bezug hatten. Der benachteiligte Personenkreis war also sowohl bezogen auf den Anlass des fehlenden Entgeltbezugs am Stichtag als auch nach dem Zweck der durch die Besitzstandsregelung in § 11 TVÜ-VKA gesicherten Entgeltbestandteile besonders schutzwürdig und schutzbedürftig. Plausible Gründe für diese Benachteiligung lagen nicht vor. Deshalb war es für diesen Personenkreis kein der Wertung im Lichte des Art. 6 GG standhaltendes typisierendes Differenzierungsmerkmal für die Gewährung der Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA, ob ein Arbeitnehmer am Stichtag Entgelt und damit auch einen kinderbezogenen Entgeltbestandteil bezog oder nicht.
(1) Der in § 40 BBesG geregelte Familienzuschlag und der Ortszuschlag im früheren Tarifsystem des öffentlichen Dienstes entsprachen sich nach Leistungszweck, Leistungsvoraussetzung und -modalitäten ( 2 B 27.07 - Rn. 5). Die kinderbezogenen Bestandteile dieser Zuschläge sollten einen Beitrag zu der aus der Erziehung und Betreuung von Kindern folgenden erheblichen finanziellen Belastung leisten ( - zu III 2 der Gründe; 2 C 44.04 - BVerwGE 124, 227, 229). Der Entgeltbestandteil, für den die Tarifvertragsparteien Besitzstandsschutz gewährt haben, hatte also grundrechtlichen Bezug.
(2) § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung nahm gerade die Eltern vom Anspruch auf die Besitzstandszulage aus, die im September 2005 ihr durch Art. 6 Abs. 2 GG gewährleistetes Elternrecht wahrnahmen und sich dafür des vom Gesetzgeber in Erfüllung seiner Schutzpflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG eröffneten Instituts der Elternzeit bedienten.
Gem. Art. 6 Abs. 2 GG sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Dieses Elternrecht hat nicht nur Grundrechtscharakter, sondern zugleich eine die gesamte staatliche Ordnung und damit auch die Gerichte bindende Richtlinienfunktion (vgl. - BVerfGE 4, 52, 57). Zum Elternrecht gehört auch die Befugnis zu entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll. Aus Art. 6 Abs. 1 GG ergibt sich die Verpflichtung des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dementsprechend dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden ( ua. - BVerfGE 99, 216, 231, 234). In Erfüllung dieser Schutz- und Fürsorgepflicht hat der Gesetzgeber das gesetzliche Institut der Elternzeit geschaffen. Sie soll die Ausübung des Erziehungsrechts ohne Verlust des Arbeitsplatzes erleichtern ( - BAGE 103, 321, 327). Sie dient der Förderung der Betreuung und Erziehung des Kindes in den ersten Lebensjahren durch die Eltern und der besseren Vereinbarung von Familie und Beruf (Buchner/Becker Mutterschutzgesetz Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz 8. Aufl. Vor §§ 15 - 21 BEEG Rn. 10; ErfK/Dörner 9. Aufl. § 15 BEEG Rn. 2).
Diese grundrechtliche Verankerung sowohl der Elternzeit als auch der Entscheidung, sie in Anspruch zu nehmen, durften die Tarifvertragsparteien nicht außer Betracht lassen. Jedenfalls den Personenkreis der Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt ihrer Überleitung in den TVöD Elternzeit in Anspruch nahmen, durften die Tarifvertragsparteien darum auch bei typisierender Betrachtung nicht allein deshalb aus der tariflichen Besitzstandsregelung ausnehmen, weil diese Arbeitnehmer im September 2005 kein Entgelt bezogen und damit auch keinen kinderbezogenen Entgeltbestandteil von ihrem Arbeitgeber gezahlt erhielten.
cc) Die tarifliche Regelung führte nicht nur in atypischen Einzelfällen zu vernachlässigungsfähigen Nachteilen einzelner Betroffener. Es war der bisherigen Entgeltregelung des öffentlichen Dienstes systemimmanent, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Arbeitnehmer, die grundsätzlich Anspruch auf die Gewährung kinderbezogener Entgeltbestandteile hatten, gerade wegen der diesen Anspruch auslösenden Geburt eines Kindes ihren Anspruch auf Elternzeit wahrnahm. Auch ist die Rückkehr der Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen, an ihren Arbeitsplatz nach Ende der Elternzeit nicht atypisch, sondern gerade Teil der vom Gesetzgeber mit der Eröffnung der Elternzeit verfolgten Intention. Die Elternzeit soll die Verbindung von Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit ermöglichen. Darin liegt der Unterschied zu der vom Senat gebilligten Entscheidung der Tarifvertragsparteien, die Besitzstandszulage an die Wahl der Kindergeldberechtigung zum Stichtag zu knüpfen, wenn beide Ehegatten im öffentlichen Dienst beschäftigt waren. Dies führte nur in atypischen Konstellationen zu Nachteilen für einzelne Arbeitnehmer (Senat - 6 AZR 712/07 - Rn. 19).
Die erfolgte Gruppenbildung trifft auch gerade Arbeitnehmer, die sich unmittelbar vor der Überleitung in den TVöD in Elternzeit befanden, finanziell besonders hart, weil sie bereits während der Elternzeit kein Arbeitsentgelt erhielten. Durch die Versagung der Besitzstandszulage wird die finanzielle Schlechterstellung dieser Gruppe für die Zeit nach Wiederaufnahme der Tätigkeit teilweise perpetuiert. So entginge einer Arbeitnehmerin, die alleinerziehende Mutter zweier Kinder ist und nach der Geburt des zweiten Kindes im Mai 2005 von Mitte August 2005 bis Elternzeit in Anspruch genommen hatte, dauerhaft die kinderbezogene Besitzstandzulage von ca. 180,00 Euro brutto monatlich (vgl. Senat - 6 AZR 9/08 -).
Die Benachteiligung der Arbeitnehmer, die sich im September 2005 in Elternzeit befanden, ließ sich von den Tarifvertragsparteien auch unschwer vermeiden, wie bereits die Tarifänderung im Jahr 2008 zeigt.
3. Diese für die Inanspruchnahme von Elternzeit geltenden Grundsätze finden auch Anwendung, wenn der Arbeitnehmer gem. § 50 Abs. 1 Buchst. a BAT wegen Sonderurlaubs zum Zwecke der Kinderbetreuung im September 2005 keine Arbeitsvergütung erhalten hat. Auch in diesem Fall führt die Stichtagsregelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA bei typisierender Betrachtung zu einer nicht mehr sachgerechten Gruppenbildung. Der zur Kinderbetreuung gewährte Sonderurlaub verfolgte den gleichen Zweck wie die Elternzeit. Er diente ebenso wie die Elternzeit der von Art. 6 GG geschützten Betreuung von Kindern durch ihre Eltern (vgl. - BAGE 60, 362, 365 f.). Die Tarifvertragsparteien selbst hatten der Möglichkeit eines über die zeitlichen Grenzen der Elternzeit hinausgehenden Sonderurlaubs zum Zwecke der Kinderbetreuung ersichtlich besonderen Wert beigemessen. Die Gewährung von Sonderurlaub stand nicht im Ermessen des Arbeitgebers, § 50 Abs. 1 BAT gewährte vielmehr trotz seiner Ausgestaltung als Soll-Vorschrift unter den dort geregelten Voraussetzungen einen Anspruch auf Sonderurlaub, es sei denn, dringende dienstliche oder betriebliche Interessen standen dem entgegen (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Juni 2006 § 50 Anm. 7; Cerff in Bredemeier/Neffke BAT/BAT-O 2. Aufl. § 50 Rn. 8). Aufgrund des genannten grundrechtlichen Bezugs sowohl des Sonderurlaubs gem. § 50 Abs. 1 Buchst. a BAT zum Zwecke der Kinderbetreuung als auch der Entscheidung, ihn in Anspruch zu nehmen, durften die Tarifvertragsparteien bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Arbeitnehmer nicht allein deshalb aus der tariflichen Besitzstandsregelung ausnehmen, weil diese wegen dieses Sonderurlaubs im September 2005 kein Entgelt bezogen und damit auch keinen kinderbezogenen Entgeltbestandteil von ihrem Arbeitgeber gezahlt erhielten.
4. Wegen der Teilnichtigkeit von § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA hat die Klägerin Anspruch auf die tarifliche Besitzstandszulage.
Verstöße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG lösen bei Tarifverträgen und Gesetzen die gleichen Rechtsfolgen aus. Soweit dem Normgeber ein Regelungsspielraum verbleibt, haben die Gerichte für Arbeitssachen dies zu respektieren. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Tarifvertrages ist nicht ohne Weiteres möglich. Die unzulässigerweise ausgeklammerten Personen haben jedoch dann Anspruch auf die Vergünstigung, wenn der Normgeber nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung tragen kann oder wenn anzunehmen ist, dass der Normgeber bei Beachtung des Gleichheitssatzes alle zu berücksichtigenden Personen in die Vergünstigung einbezogen hätte (vgl. ua. - BVerfGE 85, 191, 211 f.; - BAGE 79, 236, 247 f.).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Für die Vergangenheit kann dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur dadurch entsprochen werden, dass auch den benachteiligten Arbeitnehmern die vorenthaltene Leistung verschafft wird. Schon aus Gründen des Vertrauensschutzes kann die gebotene Gleichheit nicht dadurch hergestellt werden, dass auch begünstigten Arbeitnehmern die Besitzstandszulage für die Vergangenheit entzogen wird (vgl. - BAGE 79, 236, 248). Im Übrigen entspräche dies nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien, wie die ab geltende Protokollerklärung Nr. 1 zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA belegt.
III. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
CAAAD-13462
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein