Nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG durch eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen; Sanierungs- und Zwerganteilsprivileg
Bezug:
In seiner bisher ständigen Rechtsprechung knüpft der BFH hinsichtlich einer steuerlichen Berücksichtigung von eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen (Darlehen, Bürgschaft) als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG streng an die zivilrechtlichen Grundsätze zum Eigenkapitalersatzrecht an. Zur diesbezüglichen Bedeutung des so genannten Sanierungs- und Zwerganteilsprivileg nimmt die OFD wie folgt Stellung:
1. Erwerb von Geschäftsanteilen zur Überwindung der Gesellschaftskrise
Durch Art. 10 Nr. 2 des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom (KonTraG, BGBl. 1998 I S. 786) ist § 32a Abs. 3 GmbHG um folgenden Satz 3 ergänzt worden:
„Erwirbt ein Darlehensgeber in der Krise der Gesellschaft Geschäftsanteile zum Zweck der Überwindung der Krise, führt dies für seine bestehenden oder neugewährten Kredite nicht zur Anwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz.”
In derartigen Fällen unterliegen Tilgungs- und Zinszahlungen auf Gesellschafter-Darlehen zwar keiner Auszahlungssperre – die entsprechenden Forderungen sind also nicht nachrangig – doch schließt diese Freistellung der Darlehen eines Sanierungsgesellschafters von den Beschränkungen des § 32a GmbHG im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 und 4 EStG nicht deren Funktion als Eigenkapital aus. Denn Zweck des Sanierungsprivilegs als Sonderregelung ist es, Anreize zu bieten, GmbHs Risikokapital zur Verfügung zu stellen und sich an Sanierungen zu beteiligen (vgl. BT-Drucksache 13/10038, 28). Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn der Sanierungskapital gebende Gesellschafter gegenüber anderen Gesellschaftern steuerrechtlich benachteiligt würde.
Das Sanierungsprivileg des § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG schließt daher den Ansatz von Darlehensverlusten als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG nicht aus (, BStBl 2009 II S. 5). Diese Rechtsgrundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. An der gegenteiligen, in den Bezugsverfügungen vertretenen Rechtsauffassung wird nicht festgehalten.
2. GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung von bis zu 10 %
Durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen (Kreditaufnahmeerleichterungsgesetz – KapAEG vom , BGBl 1998 I S. 707) ist § 32a Abs. 3 GmbHG um folgenden Satz 2 erweitert worden:
„Die Regeln über den Eigenkapitalersatz gelten nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter, der mit zehn vom Hundert oder weniger am Kapital beteiligt ist.”
Seit der Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 10 % durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG 1999/2000/2002 vom , BGBl. 1999 I S. 402; BStBl 1999 I S. 304) können einem Gesellschafter, der mit 10 % oder weniger am Kapital beteiligt und nicht Geschäftsführer der Gesellschaft ist, keine nachträglichen Anschaffungskosten aus einer Finanzierungshilfe für die Gesellschaft (Darlehensverlust oder Bürgschaftsinanspruchnahme) entstehen.
3. Eigenkapitalersatz und Aktienrecht
Das Aktienrecht kennt keine dem § 32a Abs. 3 GmbHG entsprechenden Regelungen. Dies führt dazu, dass das Rechtsinstitut des Eigenkapitalersatzes regelmäßig erst eingreift, wenn ein Gesellschafter „unternehmerisch”, d.h., mit der Sperrminorität von mehr als 25 % am Grundkapital einer AG beteiligt ist. Bei einer darunter liegenden, aber nicht unbeträchtlichen Beteiligung kann ein Gesellschafterdarlehen nur im Ausnahmefall dann als haftendes Kapital einzustufen sein, wenn die Beteiligung in Verbindung mit weiteren Umständen dem Gläubiger Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert und er ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lässt (, DB 1984, 1188). Eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat oder eine Vorstandsfunktion genügen dafür nicht (, DStR 2005, 1416, m.w.N.).
Auch wenn der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung am Grundkapital einer AG von 1 % bis 25 % seit Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG vom , BGBl. 2000 I S. 1433; BStBl 2000 I S. 1428) einkommensteuerpflichtig ist, können aber nach der Rechtsprechung zum Zivilrecht und zu § 17 EStG Finanzierungshilfen (Darlehen oder Bürgschaft), die dieser Gesellschafter der AG gewährt, im Regelfall wegen der fehlenden Möglichkeit der Anwendung der zivilrechtlichen Regelungen zum Eigenkapitalersatz nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führen. Der Gesellschafter ist vielmehr wie jeder Drittgläubiger zu behandeln. Diese Rechtsauffassung hat der (BStBl 2008 II S. 706) bestätigt.
Die Bezugsverfügungen vom (ehemaliger OF-Bezirk Köln) und vom (ehemaliger OF-Bezirk Düsseldorf, EStG-Kartei NW zu § 17 Nr. 1001) hebt die OFD hiermit auf.
Oberfinanzdirektion Rheinland v. - S 2244 - 2009/0003 - St 14
Fundstelle(n):
DB 2009 S. 539 Nr. 11
FR 2009 S. 349 Nr. 7
GmbHR 2009 S. 335 Nr. 6
QAAAD-10754