Keine Anhörungsrüge bei behaupteter Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter
Gesetze: FGO § 133a, GG Art. 101 Abs. 1, GG Art. 103 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1. Die auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) gestützte Anhörungsrüge der Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Klägerin) ist unzulässig, da ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 6 FGO entspricht.
a) Die Klägerin beanstandet, der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit der Zurückweisung der Beschwerde eine Überraschungsentscheidung getroffen, mit der die Klägerin nach dem Stand des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte, da sie darauf vertrauen konnte, dass vor der Entscheidung in der Sache zunächst entsprechend der gefestigten BFH-Rechtsprechung das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen überprüft und in Form eines Zwischenurteils entschieden werde. Die Klägerin habe nicht damit rechnen können, dass der BFH in der Sache selbst entscheide, ohne vorher die Sachentscheidungsvoraussetzungen in Form eines Beteiligtenwechsels geschaffen zu haben.
b) Diese Ausführungen genügen nicht den Erfordernissen einer schlüssigen Gehörsrüge. Darüber hinaus hat die Klägerin nicht —wie es jedoch geboten gewesen wäre (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 133a Rz 12, m.w.N.)— schlüssig und substantiiert darlegen können, dass die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin im Fall des von ihr als unterlassen gerügten Hinweises —auf der Basis des in der angefochtenen Entscheidung eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkts (vgl. hierzu z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 14, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH)— möglicherweise anders ausgefallen wäre. Denn in seinem die Beschwerde zurückweisenden Beschluss ging der BFH davon aus, dass ein Beteiligtenwechsel nicht eingetreten ist, so dass auch die Sachurteilsvoraussetzungen zu bejahen waren.
Im Übrigen liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine Überraschungsentscheidung und damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nur vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (vgl. z.B. , BFHE 185, 422, BStBl II 1998, 383, unter I.2., m.w.N.). Aus welchen Gründen der Senat gehalten gewesen sein sollte, die fachkundig vertretene Klägerin auf die rechtlichen Gesichtspunkte hinzuweisen, mit denen sie die Nichtzulassung der Revision begründet hat, ist nicht ersichtlich.
2. Mit der weiter behaupteten Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen Unterlassens der Vorlage des Rechtsstreits an den Großen Senat des BFH oder den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes kann die Klägerin im Rahmen der Anhörungsrüge nicht gehört werden, weil nicht das Verfahrensgrundrecht des rechtlichen Gehörs betroffen ist (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 133a FGO Rz 3). Entsprechendes gilt auch für die behauptete einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit, die Verletzung von EU-Recht, die weiter gerügten Verfassungsverstöße (insbesondere Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG) und die ebenso gerügten Verstöße gegen die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
3. Im Kern richten sich die Ausführungen der Klägerin gegen die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Rechtsauffassung. Dass der Senat insoweit die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht zur Frage des gesetzlichen Beteiligtenwechsels nicht teilt, führt nicht zu einem Verstoß gegen das Recht auf Gehör. Im Übrigen kann die Klägerin mit dem Vorbringen einer in der Sache fehlerhaften Entscheidung im Rahmen des § 133a FGO nicht gehört werden (vgl. z.B. , BFHE 209, 419, BStBl II 2005, 614).
4. Die beantragte Akteneinsicht war nicht zu gewähren. Da der Rechtsbehelf unzulässig ist, besteht auch kein Anspruch auf Akteneinsicht. Denn die Akten sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet, der Rechtsschutzgewährung der Klägerin zu dienen (vgl. , BFH/NV 2007, 1804, m.w.N.).
5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133a Abs. 4 Satz 4 FGO).
6. Die Kostenpflicht ergibt sich aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz —GKG— (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG i.d.F. des Anhörungsrügengesetzes vom , BGBl I 2004, 3220). Es fällt eine Festgebühr von 50 € an.
7. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 133a Abs. 4 Satz 3 FGO).
Fundstelle(n):
OAAAD-10733