Neuherstellung einer Wohnung i.S. von § 2 Abs. 1 EigZulG
Leitsatz
Eine neue Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG wird hergestellt, wenn im Rahmen der Sanierung einer großen Wohnung unter Verwendung der vorhandenen Bausubstanz bisher nicht vorhandene baulich getrennte und in sich abgeschlossene Wohneinheiten hergestellt und damit zwei neue Wohnungen geschaffen werden.
Gesetze: EigZulG § 2 Abs. 1, EigZulG § 4 Satz 1, EigZulG § 9 Abs. 2
Instanzenzug: FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil vom 2 K 2207/04 (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben im September 2002 eine im Seitenflügel Hochparterre links belegene Eigentumswohnung in einem im Jahr 1912 mit fünf Wohnungen errichteten Gebäude. Im Hochparterre befand sich ursprünglich eine Wohnung mit acht Zimmern, fünf weiteren Räumen sowie —in dem Seitenflügel, in dem jetzt die Wohnung der Kläger liegt— Küche und zwei Toiletten. Die im Hochparterre belegene Wohnung war im Jahr 1954 zu Wohnzwecken, später als Büro vermietet. Im Jahr 2000 erwarb und sanierte die X-AG das Gebäude. Im Hochparterre entstanden zwei Wohnungen.
Mit Bescheid vom April 2003 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die von den Klägern beantragte Eigenheimzulage für die Wohnung ab dem Jahr 2002 auf jährlich 2 045 € (1 278 € zuzüglich 767 € Kinderzulage) fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger, mit dem sie geltend gemacht haben, dass durch die Baumaßnahmen ein bautechnisch neues Gebäude entstanden sei, hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1849, veröffentlichten Urteil ab. Weder die Sanierungsmaßnahmen noch die Teilung der ursprünglich im Hochparterre befindlichen Wohnung in zwei Wohnungen hätten dazu geführt, dass die von den Klägern angeschaffte Wohnung als neu hergestellt anzusehen sei. Im Hochparterre habe sich auch vor der Sanierung eine Wohnung —mit zwei Toiletten und einer Teeküche— befunden.
Mit der Revision machen die Kläger insbesondere geltend, dass die Räume im Hochparterre vor der Sanierung nicht den Anforderungen an eine Wohnung genügt hätten, da jedenfalls eine Badewanne oder Dusche nicht vorhanden gewesen seien.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu verpflichten, den Bescheid über Eigenheimzulage für das Jahr 2002 in Gestalt des Einspruchsbescheids dahingehend abzuändern, dass ab dem Jahr 2002 Eigenheimzulage in Höhe von 3 323 € festgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Da ein WC und eine Waschgelegenheit vorhanden gewesen seien, sei im Renovierungszeitraum bereits eine Wohnung vorhanden gewesen. Die eingefügten Gebäudeteile gäben dem Gesamtgebäude nicht das bautechnische Gepräge.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Unzutreffend hat das FG entschieden, dass den Klägern nur die reduzierte Eigenheimzulage zustehe, insbesondere durch die Sanierungsmaßnahmen keine neue Wohnung hergestellt worden sei.
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EigZulG) ist die Herstellung oder Anschaffung einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus begünstigt. Nach § 9 Abs. 2 EigZulG wird für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung jährlich ein Fördergrundbetrag in Höhe von 5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 556 €, gewährt; bei Anschaffung der Wohnung nach Ablauf des zweiten auf das Jahr der Fertigstellung folgenden Jahres beträgt der Fördergrundbetrag jährlich 2,5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 1 278 €. Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, kann der Anspruchsberechtigte den Fördergrundbetrag entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen.
Herstellen einer Wohnung i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG ist das Schaffen einer neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnung; dies gilt insbesondere für die Neuherstellung (ständige Rechtsprechung, , BFHE 215, 467, BStBl II 2007, 693, m.w.N.). Eine solche liegt u.a. vor, wenn eine bereits bestehende Wohnung in mehrere kleine Wohnungen aufgeteilt wird (Wacker, EigZulG, 3. Aufl., § 2 Rz 126). Eine Wohnung i.S. des Eigenheimzulagengesetzes ist die nach außen abgeschlossene Zusammenfassung mehrerer Räume, in denen ein selbständiger Haushalt geführt werden kann (BFH-Urteil in BFHE 215, 467, BStBl II 2007, 693, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben, der Klage ist stattzugeben.
Es kann dahinstehen, ob nach Entfernen der ursprünglich vorhandenen Badewanne im Zeitpunkt des Sanierungsbeginns in den im Hochparterre vorhandenen Räumlichkeiten neben einer Kochgelegenheit —eine Teeküche ist insoweit ausreichend (vgl. Wacker, a.a.O., § 2 Rz 11)— ein Bad vorhanden war.
War vor Durchführung der Sanierung keine den Anforderungen des Wohnungsbegriffs des Eigenheimzulagengesetzes genügende Wohnung vorhanden, so wurde eine solche neu hergestellt. Gleiches gilt, wenn die Räume im Hochparterre vor der Sanierung eine Wohnung bildeten; dann wurden aus dieser einen großen Wohnung unter Verwendung der vorhandenen Bausubstanz bisher nicht vorhandene baulich getrennte und in sich abgeschlossene Wohneinheiten hergestellt und damit zwei neue Wohnungen geschaffen (, nicht veröffentlicht).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 552 Nr. 4
BAAAD-08083