BFH Urteil v. - I R 47/07 BStBl 2009 II S. 986

Abschreibungsdauer von Musterhäusern eines Fertighausherstellers

Leitsatz

1. Musterhäuser eines Fertighausherstellers unterliegen der in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG für Wirtschaftsgebäude bestimmten Abschreibungsrate (hier —Streitjahre 1995 bis 1998—: jährlich 4 v.H.).

2. In die Bemessung der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist bei Musterhäusern auch der Zeitraum einer nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb voraussichtlichen anschließenden Nutzung des Hauses als Wohngebäude einzubeziehen. Das gilt auch für auf fremdem Grund errichtete Fertighäuser, die zum Zwecke der Veräußerung demontiert und anderenorts wieder aufgebaut werden müssen.

Gesetze: EStG 1990/1997 i.d.F. vor dem StSenkG § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2

Instanzenzug: (EFG 2008, 202) (Verfahrensverlauf), ,

Gründe

I.

Streitpunkt ist die Abschreibungsdauer von Musterhäusern eines Fertighausherstellers.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die sich u.a. mit der Errichtung und dem Vertrieb von Fertighäusern befasst. Sie errichtet überwiegend Ein- und Zweifamilienhäuser als Typenhäuser in vorgefertigter Holzbauweise. Die vorgefertigten Wandteile, Geschossdecken und Dachelemente werden zur Baustelle transportiert und dort auf einer Kellerdecke oder Bodenplatte aufgestellt und montiert.

In den Streitjahren (1995 bis 1998) unterhielt und errichtete die Klägerin zu Vertriebszwecken Musterhäuser an verschiedenen Standorten im Bundesgebiet. Die Musterhäuser befanden sich zum Teil auf eigenen Grundstücken der Klägerin und teilweise —meist im Rahmen von Musterhausausstellungen— auf gemietetem fremdem Grund und Boden. Soweit die Grundstücke angemietet worden waren, hatten die Mietverträge Laufzeiten zwischen zwei und neun Jahren. Im Regelfall enthielten die Mietverträge Klauseln, nach denen sich die Mietdauer jeweils verlängerte, wenn nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gekündigt würde. Zum Teil wurden die Musterhäuser nach Ablauf der Repräsentationsphase mit dem dazugehörigen Grund und Boden veräußert, zum Teil wurden sie demontiert und verkauft, zum Teil befanden sie sich über die Streitjahre hinaus noch im Betriebsvermögen.

Die Klägerin schrieb die Musterhäuser auf der Grundlage einer auf acht Jahre veranschlagten betrieblichen Nutzungsdauer in den Streitjahren mit 12,5 v.H. jährlich ab; ihrer Auffassung nach handelte es sich bei den Musterhäusern nicht um Gebäude, sondern um Betriebsvorrichtungen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) legte bei der körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung hingegen unter Berufung auf § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) vom (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) geltenden Fassung —EStG 1990/1997— für die Musterhäuser die für Wirtschaftsgebäude geltende jährliche Abschreibungsrate von 4 v.H. zugrunde. Auf die dagegen gerichtete Klage hat das , abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 202, vorab über folgende Rechtsfragen entschieden:

1. Bei Musterhäusern eines Fertighaus-Bauunternehmens handelt es sich um Gebäude i.S. des § 7 Abs. 4 EStG 1990/1997, bei denen grundsätzlich unabhängig davon, ob sie auf gemietetem oder eigenem Grund und Boden errichtet worden sind, eine Absetzung für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 in Höhe von 4 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzuziehen ist. Höhere Beträge können als AfA nur berücksichtigt werden, wenn im Einzelfall die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes weniger als 25 Jahre beträgt (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG 1990/1997) oder eine außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG 1990/1997 gegeben ist.

2. Bei auf gemieteten Grundstücken in Fertigbauweise errichteten Musterhäusern beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer nicht schon allein deshalb weniger als 25 Jahre, weil die Musterhäuser nach Ablauf der Mietzeit demontiert werden müssen.

Gegen das Zwischenurteil richtet sich die vom FG zugelassene, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Klägerin.

Die Klägerin beantragt, das Zwischenurteil des FG wie folgt abzuändern:

1. Bei Musterhäusern eines Fertighaus-Bauunternehmens handelt es sich nicht um Gebäude i.S. des § 7 Abs. 4 EStG 1990/1997, bei denen grundsätzlich unabhängig davon, ob sie auf gemietetem oder eigenem Grund und Boden errichtet worden sind, eine AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 in Höhe von 4 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzuziehen sind.

2. Eine AfA kann deshalb im Rahmen der tatsächlichen Nutzungsdauer erfolgen und muss nicht anhand der angenommenen Nutzungsdauer von 25 Jahren erfolgen.

3. Hilfsweise liegt bei Musterhäusern im Rahmen deren tatsächlicher zeitlicher Nutzung eine außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG 1990/1997 vor.

4. Hilfsweise richtet sich bei auf gemieteten Grundstücken in Fertigbauweise errichteten Musterhäusern die tatsächliche Nutzungsdauer nach der Laufzeit des Mietvertrages.

5. Hilfsweise richtet sich die tatsächliche Nutzungsdauer nach der Laufzeit des Mietvertrages, wenn eine vertragliche oder gesetzliche Rückbauverpflichtung besteht.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die im —gemäß § 99 Abs. 2 FGO statthaften— Zwischenurteil vorab aufgegriffenen Rechtsfragen zutreffend beantwortet.

1. Bei Musterhäusern eines Fertighausherstellers handelt es sich bis zu ihrer Umwidmung zum Verkauf um Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (, BFHE 122, 184, BStBl II 1977, 684; H 6.1 des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs 2007; Schmidt/ Glanegger, Einkommensteuergesetz, 27. Aufl., § 6 Rz 23; Blümich/Ehmcke, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 6 EStG Rz 816 „Musterhäuser”), die den Regeln über die AfA gemäß § 7 EStG 1990/1997 unterliegen. Aus dem , BFHE 160, 361, BStBl II 1990, 706 lässt sich (entgegen Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, § 6 EStG Rz 265 „Ausstellungsgegenstände”) nichts Gegenteiliges ableiten. Denn im Urteilsfall wird die Zuordnung der dort in Rede stehenden „Test"-Mietverträge über Fernsehgeräte zum Umlaufvermögen u.a. damit begründet, dass es sich nicht um Vorführgeräte gehandelt hat, die einer größeren Zahl von Kunden zu Testzwecken überlassen worden sind, um diese zum Verkauf eines anderen Gerätes anzuregen. Musterhäuser sollen demgegenüber während ihrer betrieblichen Verwendung ausschließlich Vorführzwecken für eine Vielzahl von Kunden dienen, damit diese andere Häuser erwerben; dies rechtfertigt eine unterschiedliche Zuordnung.

2. Bei den im Streitfall zu beurteilenden Musterhäusern der Klägerin handelt es sich um Gebäude i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997.

a) Der ertragsteuerrechtliche Gebäudebegriff entspricht —auch was die Abgrenzung zu Betriebsvorrichtungen betrifft— jenem des Bewertungsrechts (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132; R 7.1 Abs. 5 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien 2006 (EStR 2006); Blümich/Brandis, a.a.O., § 7 EStG Rz 457). Bei der Abgrenzung des Gebäudes von den Betriebsvorrichtungen ist zunächst zu prüfen, ob das Bauwerk ein Gebäude ist; liegen alle Merkmale des Gebäudebegriffs vor, kann das Bauwerk keine Betriebsvorrichtung sein (, BFHE 210, 52, BStBl II 2005, 688; Senatsurteil vom I R 109/04, BFH/NV 2006, 1812). Als Gebäude ist ein Bauwerk auf eigenem oder fremdem Grund anzusehen, das durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie von einiger Beständigkeit und standfest ist (BFH-Urteile in BFHE 210, 52, BStBl II 2005, 688; in BFH/NV 2006, 1812; vom II R 68/05, BFHE 217, 168, BStBl II 2008, 12; gleich lautender Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen —Ländererlass— vom , BStBl I 2006, 314, Tz. 2.2). Alle Bauwerke, die sämtliche dieser Begriffsmerkmale aufweisen, sind ausnahmslos als Gebäude zu behandeln (, BFHE 202, 376, BStBl II 2003, 693; in BFHE 217, 168, BStBl II 2008, 12).

b) Musterhäuser der Fertighausindustrie —nach den Feststellungen des FG auch jene der Klägerin— erfüllen sämtliche Begriffsmerkmale eines Gebäudes (ebenso Oberfinanzdirektion —OFD— Frankfurt a.M., Verfügung vom , Steuererlasse in Karteiform —StEK— EStG § 7 Nr. 376, Tz. 2, unter Hinweis auf unveröffentlichtes ; Der Betrieb —DB— 2003, 416; Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 7 EStG Rz 340).

aa) Dass ein auf einem Fundament oder einer Bodenplatte verankertes Musterhaus objektiv betrachtet die Merkmale eines Gebäudes aufweist, stellt im Grundsatz auch die Klägerin nicht in Abrede. Sie meint indes, aufgrund des ausschließlich auf Werbung und Präsentation gerichteten Zwecks, der dem Musterhaus im Rahmen seiner konkreten Verwendung im Betrieb des Fertighausproduzenten zukomme, sei die Gebäudeeigenschaft zu verneinen. So fehle es dem Musterhaus an jeglicher Zweckbestimmung, den sich dort aufhaltenden Kunden und Kundenbetreuern Schutz gegen äußere Einflüsse zu gewähren; der Verwendungszweck des Musterhauses erschöpfe sich in seiner bloßen Existenz und der damit verbundenen Möglichkeit der Inaugenscheinnahme durch die Kaufinteressenten.

bb) Dem ist nicht zu folgen. Der vom Fertighausanbieter mit der Aufstellung der Musterhäuser primär verfolgte Präsentations- und Werbezweck ändert nichts daran, dass es sich bei den Musterhäusern um Bauwerke handelt, die durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewähren. Diese Schutzfunktion liegt auch nicht völlig außerhalb der vom Anbieter mit der Aufstellung verfolgten betrieblichen Zwecke und Funktionen; denn die Kaufinteressenten sollen sich nach den Intentionen des Anbieters bei den Besichtigungen unter anderem davon überzeugen können, dass das Musterhaus stellvertretend für die beworbenen Produkte die grundlegenden Schutzfunktionen eines Gebäudes zu erfüllen in der Lage ist. Im Übrigen kommen die Schutzfunktionen während des Aufenthalts der Kunden und Kundenbetreuer in den Musterhäusern —und, worauf das FA zu Recht hingewiesen hat, im Hinblick auf das dort untergebrachte Mobiliar auch in der übrigen Zeit— im Rahmen der vom Anbieter verfolgten betrieblichen Zwecke tatsächlich zur Geltung. Wie die Schutzfunktion des Musterhauses in dem von der Klägerin zur Diskussion gestellten Fall zu beurteilen wäre, dass das Haus in einer überdachten Messehalle aufgestellt ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

Ebenso wenig steht der konkrete betriebliche Zweck der Musterhäuser der Annahme entgegen, dass die Häuser den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatten. Denn es ist für die „Gestattung” des Aufenthalts nicht erforderlich, dass das Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen auch bestimmt ist (BFH-Urteil in BFHE 210, 52, BStBl II 2005, 688; Ländererlass in BStBl I 2006, 314, Tz. 2.4). Darüber hinaus reicht für einen nicht nur vorübergehenden Aufenthalt bereits eine wenige Minuten übersteigende Anwesenheit aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 168, BStBl II 2008, 12 zu einem Toilettenhäuschen); diese Grenze wird bei den Aufenthalten der Kunden und Kundenbetreuer in den Musterhäusern zum Zwecke von Besichtigungen und Vertragsgesprächen überschritten. Die Musterhäuser sind aus diesen Gründen nicht mit den von der Klägerin in Bezug genommenen Transformatorenhäusern, kleinen Rohrnetzstationen oder Pumpenhäusern vergleichbar (vgl. zu solch kleinen Bauwerken etwa , BFHE 56, 209, BStBl III 1952, 84).

Die Eigenschaft der festen Verbindung mit dem Grund und Boden folgt bei den Musterhäusern aus der vom FG festgestellten Montage der Bauwerke auf Kellerdecken oder Bodenplatten. Aufgrund der sonach gegebenen festen Verbindung mit einem Fundament handelt es sich unabhängig von ihrer Zweckbestimmung bei den Häusern um ortsfeste Bauwerke (vgl. , BFHE 180, 506, BStBl II 1996, 613). Soweit der BFH im Zusammenhang mit der festen Verbindung mitunter auch auf die individuelle Zweckbestimmung für eine dauerhafte Nutzung angestellt hat, betraf das Fälle, in denen die betreffenden Objekte nicht mit Fundamenten verbunden waren (z.B. auf lose verlegten Kanthölzern ruhende Bürocontainer —, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113—) und aus diesem Grund andere Anhaltspunkte für die Annahme einer festen Verbindung erforderlich waren. Die von der Klägerin mit durchschnittlich ca. 5,8 Jahren veranschlagte durchschnittliche Standzeit der auf fremdem Grund errichteten Musterhäuser bietet demnach für diese Häuser keinen Anlass, am Merkmal der festen Verbindung mit dem Grund und Boden zu zweifeln. Bestätigt wird die Einordnung unter § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 schließlich durch die in diesem Zusammenhang zu beachtende Verkehrsanschauung (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2006, 1812, m.w.N.), nach der Musterhäuser unter die Kategorie der Gebäude fallen.

c) Da die Bauanträge für die streitbefangenen Musterhäuser nach den tatrichterlichen Feststellungen nach dem gestellt worden sind und die Häuser in den Streitjahren nicht Wohnzwecken dienten, sind die Voraussetzungen für eine Abschreibung als Wirtschaftsgebäude gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 erfüllt.

3. Für Musterhäuser galt in den Streitjahren grundsätzlich die durch § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 für Wirtschaftsgebäude festgelegte allgemeine jährliche Abschreibungsrate von 4 v.H. Es war infolge der Funktion als Musterhaus nicht generell eine 25 Jahre unterschreitende tatsächliche Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG 1990/1997) der Gebäude zu veranschlagen (vgl. auch OFD Frankfurt a.M., StEK EStG § 7 Nr. 376; OFD Kiel, DB 2003, 416; Blümich/Brandis, a.a.O., § 7 EStG Rz 522).

a) Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG 1990/1997 können anstelle der Absetzungen nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG 1990/1997 die der tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes entsprechenden AfA vorgenommen werden. Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG 1990/1997 ist gemäß § 11c Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1990/1997 der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Die zu schätzende Nutzungsdauer wird bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können. Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer, also dem Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch abnutzt.

Sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer kürzer als die technische Nutzungsdauer ist, kann sich der Steuerpflichtige hierauf berufen (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59; vom X R 54/01, BFH/NV 2004, 474; vom IX R 16/07, BFH/NV 2008, 1310). Eine mit wirtschaftlicher Abnutzung begründete kürzere Nutzungsdauer kann der AfA nur dann zugrunde gelegt werden, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist. Ein wirtschaftlicher Verbrauch ist nur anzunehmen, wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen (anderweitigen) Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist (BFH-Urteile in BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59; in BFH/NV 2008, 1310).

b) Nach diesen Maßstäben kommt bei den Musterhäusern der Klägerin die von dieser erstrebte durchgängige Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten durch die AfA auf den Zeitraum der voraussichtlichen Verwendbarkeit als Musterhaus in ihrem Betrieb nicht in Betracht (im Ergebnis ebenso OFD Frankfurt a.M., StEK EStG § 7 Nr. 376, Tz. 2; OFD Kiel, DB 2003, 416).

aa) Nach den von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG besteht kein Anhalt dafür, dass die technische Nutzungsdauer der Musterhäuser einschließlich des Zeitraums der regelmäßig nachfolgenden Anschlussnutzung als Wohnhäuser den Zeitraum von insgesamt 25 Jahren unterschreitet. Soweit die Revision damit argumentiert, aufgrund eingeschränkter Instandhaltungsarbeiten, beschränkter Versorgung mit Wärme und erhöhter Belastungen durch laufende Besichtigungen passten die typisierten Abschreibungssätze des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 nicht, fehlt es an den entsprechenden tatrichterlichen Feststellungen. Im Übrigen ergibt sich aus dem Vortrag nicht, dass aufgrund der behaupteten Umstände die technische Nutzungsdauer der Musterhäuser die in den Streitjahren nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 im Vergleich zu sonstigen ab 1925 hergestellten Gebäuden (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 1990/1997) ohnehin bereits auf 25 Jahre halbierte typisierte Nutzungsdauer von Wirtschaftsgebäuden noch unterschreitet.

bb) Ein auf die Dauer der voraussichtlichen Nutzungsmöglichkeit als Musterhaus im Betrieb der Klägerin verkürzter Abschreibungszeitraum ist nicht aufgrund wirtschaftlicher Abnutzung geboten. Denn nach den Feststellungen des FG erzielte die Klägerin nach der Beendigung der Nutzung als Musterhaus durch den Verkauf der Häuser —entweder mit Grundstück oder zum Abbau und Aufbau an anderer Stelle— regelmäßig nicht unerhebliche Veräußerungserlöse. Damit bestand für sie grundsätzlich die Möglichkeit, die zum Veräußerungszeitpunkt noch nicht abgeschriebenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Häuser mit den Veräußerungserlösen zu kompensieren.

Für die Frage der weiteren Nutzbarkeit ist nicht von entscheidender Bedeutung, dass es sich bei der nachfolgenden Nutzung der vormaligen Musterhäuser als Wohnhäuser um eine von der bisherigen Nutzung als betriebliche Ausstellungsobjekte verschiedene Nutzungsart handelt. Denn ein Wirtschaftsgut ist, wenn es zwar für den Veräußerer nicht mehr entsprechend der ursprünglichen Zweckbestimmung nutzbar ist, es aber wegen seiner Nutzbarkeit für andere noch einen erheblichen Verkaufswert hat, auch aus Sicht des Veräußerers noch nicht als verbraucht anzusehen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59 zur Veräußerung von Mietfahrzeugen eines Autovermieters; Blümich/Brandis, a.a.O., § 7 EStG Rz 342).

cc) Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen besteht kein Anlass, die tatsächliche Nutzungsdauer der auf angemietetem Grund errichteten und nach dem Ende der Mietzeit zu demontierenden Musterhäuser abweichend von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 regelmäßig auf weniger als 25 Jahre zu veranschlagen. Denn auch diese Musterhäuser sind auf der Grundlage der Feststellungen des FG nach Demontage und Wiederaufbau an anderer Stelle noch als Gebäude nutzbar und deshalb veräußerbar; durch die Demontage und den Wiederaufbau wird die Identität der Wirtschaftsgüter nicht berührt. Die Musterhäuser können somit nicht losgelöst vom Einzelfall als zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Demontage technisch oder wirtschaftlich verbraucht angesehen werden.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Bei Zurückweisung der Revision gegen ein Zwischenurteil ist eine endgültige Kostenentscheidung zu treffen (Senatsurteil vom I R 66/06, BFHE 220, 173, BStBl II 2008, 510, m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BStBl 2009 II Seite 986
BB 2009 S. 492 Nr. 10
BBK-Kurznachricht Nr. 4/2009 S. 166
BFH/NV 2009 S. 443 Nr. 3
BFH/PR 2009 S. 123 Nr. 4
BStBl II 2009 S. 986 Nr. 24
DB 2009 S. 259 Nr. 6
DStRE 2009 S. 397 Nr. 7
EStB 2009 S. 93 Nr. 3
FR 2009 S. 622 Nr. 13
GStB 2009 S. 13 Nr. 4
HFR 2009 S. 350 Nr. 4
KÖSDI 2009 S. 16352 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 6/2009 S. 346
SJ 2009 S. 29 Nr. 5
StB 2009 S. 57 Nr. 3
StBW 2009 S. 4 Nr. 6
StuB-Bilanzreport Nr. 3/2009 S. 115
WPg 2009 S. 388 Nr. 6
UAAAD-03681