Keine Aussetzung des Klageverfahrens gegen einen Abrechnungsbescheid wegen noch streitiger Steuerfestsetzung; Darlegung eines Verfahrensmangels; Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Gesetze: FGO § 74, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, AO § 218
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Gesamtrechtsnachfolgerin des verstorbenen R (Rechtsvorgänger). Dieser wurde 1981 und 1982 bzw. auf den und den allein zur Einkommen- und Vermögensteuer veranlagt. Nachdem er 1983 geheiratet hatte, wurde er von 1983 bis 1993 zusammen mit seiner Ehefrau veranlagt und ab 1994, nachdem die Eheleute dauernd getrennt lebten, wieder allein zur Einkommen- und Vermögensteuer veranlagt. Aufgrund von Änderungsbescheiden zur Einkommensteuer 1981 bis 1991 im Rahmen eines Steuerfahndungsverfahrens sowie aufgrund von Veranlagungen zur Vermögensteuer ergaben sich Steuerschulden, auf die der Rechtsvorgänger verschiedene Beträge zahlte bzw. die durch Pfändungen getilgt wurden.
In der Folgezeit bestand zwischen dem Rechtsvorgänger und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) Uneinigkeit über das Bestehen von Guthaben bei der Einkommen- und Vermögensteuer, woraufhin das FA Abrechnungsbescheide zur Einkommensteuer 1981 bis 1995 und zur Vermögensteuer auf den bis auf den erließ. Die hiergegen nach im Wesentlichen erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene, seitens der Klägerin weiterbetriebene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab, nachdem es zu einer teilweisen Erledigung des Rechtsstreits gekommen war. Das FG urteilte, dass die streitigen Abrechnungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung die erforderliche genaue Auflistung der streitigen Steuerforderungen nach Steuerart, Besteuerungszeitraum und Betrag sowie die Darstellung etwaiger Erlöschenstatbestände enthielten. Für die Klägerin ergebe sich aus den Bescheiden nachvollziehbar, ob und in welcher Weise geleistete Zahlungen verwendet und wie die ursprünglichen Rückstände reduziert worden seien. Die Abrechnungsbescheide seien nicht zu beanstanden. Das FA habe sämtliche auf die Steuerschulden geleisteten Zahlungen sowie den gepfändeten Betrag berücksichtigt. Die von der Klägerin gegen die Buchungen und Umbuchungen erhobenen Einwände seien nicht begründet.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie auf Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. schon nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.
1. Anders als die Beschwerde meint, war das FG nicht verpflichtet, das Verfahren bis zum Abschluss der vor einem anderen Senat anhängigen Klageverfahren gegen die zu Grunde liegenden Steuerbescheide auszusetzen. Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sind die dem Steuerschuldner bekannt gegebenen Steuerbescheide, mit denen die Steuer wirksam festgesetzt worden ist (§ 155 Abs. 1 und § 218 der Abgabenordnung). Für die Frage im Rahmen eines Abrechnungsbescheids, ob und in welcher Höhe eine Steuerschuld besteht, kommt es nicht darauf an, ob der zu Grunde liegende Steuerbescheid unanfechtbar ist. Vor einem anderen Senat des FG anhängige Klageverfahren gegen Steuerbescheide waren für den Streitfall somit nicht i.S. des § 74 FGO vorgreiflich.
2. Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und , BFH/NV 1998, 608). An solchen Darlegungen der Beschwerde fehlt es im Streitfall, soweit sie hinsichtlich der behaupteten weiteren Zahlung in Höhe von . DM die unterbliebene Vernehmung der Klägerin bzw. des früheren Rechtsanwalts rügt. Auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ergibt sich kein Hinweis, dass die Klägerin Beweisanträge gestellt oder das Übergehen zuvor schriftsätzlich gestellter Beweisanträge gerügt hat. Vielmehr hat sie den Klageantrag gestellt und nach der Erörterung der Sach- und Rechtslage rügelos zur Sache verhandelt. Im Übrigen folgt aus den Feststellungen des FG, dass es hinsichtlich dieser behaupteten Zahlung an einem schlüssigen Vortrag der Klägerin bezüglich Datum und Anlass der Zahlung gefehlt hat. Zu einem nicht substantiierten Parteivorbringen war das FG aber nicht verpflichtet, Beweis zu erheben.
Das Gleiche gilt, soweit die Beschwerde meint, dass das FG die Klägerin als Partei zu einem angeblich gezahlten Betrag von . DM hätte vernehmen müssen. Diese Beweiserhebung war zum einen nicht beantragt, zum anderen hat das FG festgestellt, dass diese Behauptung nicht nachvollziehbar sei, weil insoweit keine weitere Begründung gegeben worden sei.
Auch hinsichtlich der gerügten unterbliebenen Vernehmung der früheren Ehefrau des Rechtsvorgängers als Zeugin fehlt es an Angaben der Beschwerde, dass ein entsprechender Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellt bzw. dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde.
3. Die schlüssige Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfordert Angaben, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines —insoweit maßgeblichen— Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat; schließlich, welches genaue Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93).
An solchen Darlegungen fehlt es, soweit die Beschwerde rügt, dass das FG unberücksichtigt gelassen habe, dass sich bereits der Rechtsvorgänger auf sein Vorbringen im einstweiligen Anordnungsverfahren und die dort angebotenen Beweise bezogen habe. Das Gleiche gilt, soweit geltend gemacht wird, dass das FG dem FA hätte Auflagen machen müssen oder dass es „die Aufteilungsbescheide, Pfändungen und Verrechnungen sowie Tilgungsbestimmungen nicht abschließend geprüft” habe.
Anders als die Beschwerde meint, war das FG auch nicht zu einer weiteren Sachaufklärung bezüglich der vorgenommenen Umbuchungen verpflichtet, weil nach dem insoweit maßgeblichen Rechtsstandpunkt des FG —entgegen der Ansicht der Beschwerde— mit dem Abrechnungsbescheid die Art und Weise der Tilgung der Steuerschulden nachvollziehbar dargestellt worden ist.
4. Mit dem Vorbringen, dass der Rechtsvorgänger nicht 1997, sondern bereits 1994 nach E verzogen und vom dortigen FA veranlagt worden sei, rügt die Beschwerde keinen Verfahrensfehler, sondern macht Einwendungen gegen die Richtigkeit bzw. Vollständigkeit des im FG-Urteil festgestellten Tatbestandes, die ggf. zum Gegenstand eines Antrags auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) hätten gemacht werden müssen. Im Übrigen ist das FG —wie sich aus seinen Ausführungen auf S. 3 und 19 des angefochtenen Urteils ergibt— von einer Veranlagung durch das FA E ab 1994 ausgegangen.
5. Mit ihrem übrigen Vorbringen legt die Beschwerde keine Verfahrensmängel dar, sondern begründet ihre Ansicht, dass das FG die Abrechnungsbescheide in verschiedenen Punkten zu Unrecht nicht korrigiert habe, womit sie sich allerdings lediglich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG wendet, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird. Dies gilt insbesondere, soweit geltend gemacht wird, dass
- das FG von einem unzutreffenden Datum des Aufteilungsantrags ausgegangen sei und dem FA im Zeitpunkt vorgenommener Umbuchungen bekannt gewesen sei, dass der Rechtsvorgänger „diverse Aufteilungsanträge” gestellt gehabt habe,
- durch die Pfändung eingezogene Beträge nicht auf die Gesamtschuld der Ehegatten zur Vermögensteuer hätten angerechnet werden dürfen,
- ebenso ein Betrag von . DM nicht auf die Gesamtschuld der Eheleute, sondern nur auf die Steuerschuld des Rechtsvorgängers hätte verbucht werden dürfen,
- zu hohe Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Vermögensteuer zu Unrecht auf die Einkommensteuerschuld der damaligen Ehefrau verbucht worden seien,
- wegen beantragter getrennter Veranlagung mindestens ab 1995 keine Buchungen gepfändeter Beträge auf die Einkommensteuerschuld 1994/1995 der damaligen Ehefrau hätten vorgenommen werden dürfen,
- von der Vermögensteuer 1999 ein Betrag in Höhe von . DM auf die Einkommensteuer 1992 umgebucht worden sei, wobei der Schreibfehler nicht korrigiert worden sei (insoweit ergibt sich aus den Feststellungen des FG, dass es richtigerweise Vermögensteuer 1994 heißen muss und dass dieser Fehler in der Anlage zur Einspruchsentscheidung korrigiert worden ist),
- für 1992 überhaupt kein Betrag an Einkommensteuer geschuldet gewesen sei,
- der Rechtsvorgänger mit seiner per Scheck geleisteten Zahlung von . DM auf die Vermögensteuerschuld nur seine eigene Steuerschuld habe tilgen wollen,
- das FA die Tilgungsreihenfolge nicht beachtet habe.
6. Hinsichtlich der geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlt es an jeglichem schlüssigen Vortrag der Beschwerde. Insoweit und auch hinsichtlich des übrigen Beschwerdevorbringens sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO von einer weiteren Begründung ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
LAAAD-03671