Zur Tenorierung bei einem Teilurteil; mitunternehmerische Tätigkeit der Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft
Gesetze: FGO § 98, FGO § 99 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, WEG § 15
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die 1989 unter der Bezeichnung „Grundstücksgesellschaft X” gegründet wurde. Der Kläger und Beschwerdeführer zu 2. (Kläger) war bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1995 einer ihrer Gesellschafter.
Geschäftsgegenstand der Klägerin war die gemeinsame Nutzung der zuvor von ihr erworbenen Teileigentumseinheiten im Objekt „X”, einem Einkaufszentrum in Y. Der Gesamtkomplex „X” ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in 10 000 Miteigentumsanteile aufgeteilt, verbunden mit dem Sondereigentum an zahlreichen Laden-, Büro- und Wohneinheiten sowie 233 Tiefgaragenstellplätzen.
Eigentümer dieser Miteigentumsanteile waren in den Streitjahren (1993 bis 1995)
a) die Klägerin mit 4 285 Miteigentumsanteilen,
b) eine Grundstücks KG, an der ausschließlich die Gründungsgesellschafter der Klägerin beteiligt waren, mit 5 001 Miteigentumsanteilen,
c) neun Einzelpersonen mit den restlichen Miteigentumsanteilen.
Auf die Klägerin entfielen u.a. 42 Ladeneinheiten und 106 Tiefgaragenplätze in Teileigentum.
Aufgrund eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom hatten die „Raumeigentümer des Objekts X” einen Verwaltervertrag mit einer Gesellschaft Z, deren Gesellschafter wiederum mit den Gründungsgesellschaftern der Klägerin identisch waren, geschlossen. Der Z oblag zudem aufgrund des Gesellschaftsvertrags der Klägerin deren Geschäftsführung und Verwaltung, insbesondere die Vertretung gegenüber der Eigentümergemeinschaft vor allem in den Eigentümerversammlungen.
Die Miteigentümer des Objekts „Eigentümergemeinschaft X” vermieteten die ihnen gehörenden Läden nebst Tiefgaragenstellplatz an die jeweiligen Ladeninhaber. Während die Tiefgaragenplätze im Untergeschoss der Tiefgarage ausschließlich Dauermietern überlassen waren, waren die Plätze auf der oberen Parkebene (Parkebene 1) auch Kurzzeitparkern zugänglich.
Die Klägerin behandelte ihre Einkünfte aus der Vermietung der Laden- und Büroeinheiten —ebenso wie die aus der Vermietung der Stellplätze— als solche aus Vermietung und Verpachtung. Im Einzelnen erklärte sie folgende Verluste:
1993: ./. 549 632 DM
1994: ./. 435 186 DM
1995: ./. 1 774 356 DM
Da sie zur Umsatzsteuer optiert hatte, gab sie auch Umsatzsteuererklärungen ab.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte zunächst den eingereichten Erklärungen unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Jahr 1998 führte das FA bei der Klägerin eine die Streitjahre betreffende Betriebsprüfung durch. Hierbei stellte sich die Prüferin auf den Standpunkt, dass die Vermietung von Stellplätzen in einem öffentlichen Parkhaus (hier Parkebene 1) zu gewerblichen Einkünften führe. Im Einzelnen traf die Prüferin folgende Feststellungen (Tz. 18 ff. Betriebsprüfungsbericht vom ):
Die Tiefgaragenplätze würden nach außen einheitlich als öffentliches „Parkhaus X” betrieben. Durch Beschluss der Eigentümerversammlung sei die einheitliche Verwaltung der einzelnen Tiefgaragenplätze der Z übertragen worden. Der Sondereigentümer könne den Gebrauch seines Eigentums einzeln oder gemeinschaftlich mit den übrigen Eigentümern durch einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft regeln. Im Streitfall seien die Tiefgaragenplätze zum Zweck einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und einer effektiven Nutzung einheitlich als öffentliches Parkhaus im Sinne einer Gebrauchsregelung nach § 15 WEG genutzt worden.
Die Verwaltung der Tiefgaragenplätze sei finanziell wie folgt abgewickelt worden: Pro Tiefgaragenplatz zahle der jeweilige Eigentümer monatlich über das Wohngeld die mit diesem Sondereigentum zusammenhängenden Kosten an die Z. Im Gegenzug überweise die Z an die jeweiligen Eigentümer vierteljährlich die Einnahmen aus der einheitlichen Verwaltung. Die Klägerin habe in den Streitjahren Einnahmen in einer Höhe zwischen 265 890 DM und 290 715 DM bezogen.
Neben dieser Tätigkeit würden im Ladenbereich auch Werbeveranstaltungen durchgeführt, wofür die Klägerin im Jahr 1993 34 454 DM und im Jahr 1994 35 965 DM vereinnahmt habe. Auch die Durchführung von Werbeveranstaltungen sei eine gewerbliche Tätigkeit.
In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht (FG) festgestellt, dass die von der Klägerin mit den einzelnen Ladenbesitzern abgeschlossenen Mietverträge folgende Klausel enthielten:
„Innerhalb der Laufzeit des Mietvertrages sind für das Geschäftszentrum X gemeinsame Werbemaßnahmen vorgesehen. Der Mieter erklärt sich damit einverstanden und wird einen von der Vermieterin festzulegenden Betrag, voraussichtlich monatlich 1,50 DM/qm Mietfläche zuzüglich Mehrwertsteuer zur freien Verwendung für solche Gemeinschaftswerbemaßnahmen zur Verfügung stellen.…Eine Abrechnung wird von der Vermieterin nicht geschuldet.”
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gelte die Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn sie auch Tätigkeiten ausübe, die unter den Tatbestand des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG fielen. Daher seien die bisher als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung deklarierten Einkünfte in gewerbliche Einkünfte einer Mitunternehmerschaft umzuqualifizieren.
Für die Streitjahre ermittelte die Prüferin den Gewinn aus Gewerbebetrieb in folgender Höhe:
1993: 140 663 DM
1994: ./. 206 535 DM
1995: 2 659 DM
Das FA übernahm die Feststellungen der Betriebsprüferin und erließ erstmals für die Streitjahre Gewerbesteuermessbescheide sowie Feststellungsbescheide über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den bis 1996. Für das Jahr 1993 erließ das FA einen Umsatzsteueränderungsbescheid, mit dem die Umsatzsteuer höher als bisher festgesetzt wurde. Schließlich erließ das FA für alle Streitjahre Änderungsbescheide betreffend die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen.
Gegen diese Bescheide wandte sich die Klägerin mit der Klage. Sie beantragte die Aufhebung der Bescheide mit Ausnahme des Umsatzsteuerbescheides, bei dem sie ausweislich des Protokolls der letzten mündlichen Verhandlung lediglich eine Herabsetzung der Steuer begehrte. Außerdem stellte sie zwei Hilfsanträge, von denen der erste auf die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Sache 1 BvL 2/04 und der andere auf die Minderung des Gewinns durch die Berücksichtigung von Rückstellungen und weiteren Posten gerichtet war.
Das FG traf, nachdem der zweite Hilfsantrag erstmalig in der zweiten mündlichen Verhandlung gestellt worden war, eine mit „Teilurteil” überschriebene Entscheidung mit folgendem Urteilsausspruch:
„Es wird festgestellt, dass die Klägerin in den Streitjahren insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt hat.”
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils seien im Streitfall gegeben. Die Klage sei nur hinsichtlich des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags entscheidungsreif. Hingegen könne der Senat nicht über den zweiten Hilfsantrag entscheiden, dem nach den Bekundungen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin lediglich spontane, griffweise Schätzungen zugrunde lägen. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klage insoweit begründet sei, bedürfe weiterer umfangreicher Ermittlungen.
Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu. Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und Verfahrensmängel (Unzulässigkeit eines Teilurteils) gestützt ist.
II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG.
1. Der Senat geht im Wege der Auslegung davon aus, dass die Klage von der GbR als Klägerin und —was die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide angeht— zugleich vom ausgeschiedenen Gesellschafter als weiteren Kläger erhoben worden ist.
2. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teil- oder Zwischenurteils sind nicht gegeben.
a) Voraussetzung für den Erlass eines Teilurteils ist nach § 98 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Entscheidungsreife eines Teils des Streitgegenstandes. Im Fall einer eventuellen Klagehäufung kann der Hauptantrag durch Teilurteil abgewiesen werden, wenn Haupt- und Hilfsantrag einander ausschließen (, BFHE 94, 523, BStBl II 1969, 260). Offenbar ist das FG vom Vorliegen eines solchen Falls ausgegangen. Sein Urteilsausspruch geht jedoch nicht dahin, dass es die Klage, was die Hauptanträge betrifft, abgewiesen hätte. Vielmehr hat es festgestellt, dass die Klägerin in den Streitjahren insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt habe.
b) Damit entspricht der Urteilsausspruch dem eines Zwischenurteils nach § 99 FGO. Jedoch sind auch die Voraussetzungen für ein solches Urteil nicht erfüllt.
Das gilt zum einen für ein Zwischenurteil über den Grund des strittigen Anspruchs nach § 99 Abs. 1 FGO. Nach ständiger Rechtsprechung sind Grundurteile in Streitsachen wegen einheitlicher und gesonderter Gewinnfeststellung nicht zulässig (vgl. z.B. , BFHE 129, 443, BStBl II 1980, 252, und vom VIII R 35/91, BFH/NV 1993, 316, jeweils m.w.N.). Diese Rechtsprechung wird damit begründet, dass Streitsachen wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung nicht auf die Erfüllung eines Anspruchs i.S. des § 99 FGO —d.h. auf Erfüllung des Steueranspruchs— gerichtet sind. Vielmehr betrifft der Rechtsstreit in solchen Fällen nur ein Element dieses Anspruchs. Dasselbe trifft auch auf Gewerbesteuermessbescheide und Bescheide über die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zu. Hinsichtlich der Umsatzsteuer war ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung ohnehin nur die Höhe des Steueranspruchs streitig.
Die Vorentscheidung lässt sich zum anderen aber auch nicht als Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage i.S. des § 99 Abs. 2 FGO aufrechterhalten. Solche Entscheidungen setzen nicht nur voraus, dass sie sachdienlich sind, sondern darüber hinaus, dass Kläger oder Beklagter nicht widersprechen. Letzteres erfordert wiederum, dass das Gericht die widerspruchsberechtigten Beteiligten über seine Absicht, ein Zwischenurteil zu erlassen, in Kenntnis setzt (Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 99 FGO Rz 18). Dass das FG einen entsprechenden Hinweis erteilt hätte, ergibt sich weder aus den Urteilsgründen noch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung.
3. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat —ohne Bindungswirkung nach § 126 Abs. 5 FGO— auf Folgendes hin:
a) Die vorinstanzliche Entscheidung enthält keine Erwägungen dazu, ob nicht möglicherweise die Klägerin und die anderen Mitglieder der „Eigentümergemeinschaft X” in mitunternehmerischer Verbundenheit die öffentlich zugänglichen Tiefgaragenplätze vermietet haben. Wie der Senat in seinem Urteil vom IV R 73/94 (BFHE 183, 127, BStBl II 1997, 569) entschieden hat, lässt sich aus der Möglichkeit, Gebrauchsregeln i.S. des § 15 WEG zu treffen, herleiten, dass die Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft gemeinschaftlich unternehmerisch tätig sein können, ohne dass sie sich dazu zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen müssten (so auch Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 2 Rz 171).
b) Der Senat hält es nicht für sinnvoll, im gegenwärtigen Stadium des Rechtsstreits dazu Stellung zu nehmen, ob das FG ohne Verstoß gegen die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 53 ff.) davon ausgehen konnte, aus den zwischen der Klägerin und ihren Mietern geschlossenen Verträgen ergebe sich, dass die Klägerin in eigener Person gegen Entgelt Werbemaßnahmen durchgeführt habe. Jedenfalls erhält die Klägerin im zweiten Rechtsgang Gelegenheit, über die bisher vorgelegten —vom FG offenbar für nicht aussagekräftig gehaltenen— Unterlagen hinaus Beweis dafür anzutreten, dass sie —wie behauptet—, lediglich das Geld für die Werbemaßnahmen entgegengenommen und weitergeleitet hat.
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Fundstelle(n):
PAAAD-03272