OFD Hannover - S 0622 - 885 - StO 141

Prüfung der fristgerechten Rechtsbehelfseinlegung gem. § 358 AO

1. Eingangsstempel auf den Eingängen

1.1 Rechtsbehelfe sind nur dann zulässig, wenn sie innerhalb der vorgeschriebenen Fristen eingelegt worden sind (§ 358 AO). Maßgebend ist der Eingang der Rechtsbehelfsschrift bei der zuständigen Behörde. Ein Schriftstück ist dann eingegangen, wenn die Behörde hierüber die Verfügungsgewalt erhalten hat. Dabei genügt es, wenn das Schriftstück in den Hausbriefkasten oder das Postschließfach (Abholfach) der Behörde gelangt ist.

Nach der Rechtsprechung des BVerwG und des BFH [1] ist ein Rechtsbehelf rechtzeitig eingelegt, wenn die Rechtsbehelfsschrift am letzten Tag der Frist in das Postschließfach der Behörde gelangt, auch wenn das Schließfach erst an einem folgenden Tag geleert wird.

Zur Vermeidung von Streitigkeiten über den Zugang eines Rechtsbehelfs bittet die OFD bei der Anbringung des Eingangsstempels wie folgt zu verfahren:

  1. Die Hausbriefkästen sind regelmäßig morgens bei Dienstbeginn, die Postschließfächer (Abholfächer) möglichst bis zum Dienstbeginn zu leeren.

  2. Schriftstücke, die sich bei der ersten Leerung eines Tages in den Hausbriefkästen oder den Postschließfächern (Abholfächern) befinden, erhalten den Eingangsstempel des letzten vorangegangenen Tages, an dem das Finanzamt für den Dienstbetrieb geöffnet war. Werden im Rahmen eines sog. Bereitschaftsdienstes die Hausbriefkästen oder die Postschließfächer (Abholfächer) des Finanzamts entleert, so ist im Sinn dieser Anordnung davon auszugehen, dass das Finanzamt am Tag der Entleerung für den Dienstbetrieb geöffnet war.

1.2 Diese Regelung erstreckt sich nicht auf die Fälle, in denen das Schriftstück nachweislich erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist bei dem Finanzamt eingegangen ist (z. B. ist das Schriftstück lt. Poststempel erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zur Post gegeben worden). In diesen Fällen ist die Rechtsbehelfsfrist nicht gewahrt.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat durch Urteil vom (EFG 2003 S. 582) rechtskräftig entschieden, dass in Fällen verspäteter Einspruchseinlegung aufgrund verzögerten Postlaufs das Finanzamt aus Beweisgründen den Briefumschlag zur Rechtsbehelfsakte zu nehmen habe. Anderenfalls müsse es die Vernichtung des Briefumschlags nach dem Grundsatz der Beweisvereitelung gegen sich gelten lassen.

Diese Entscheidung erfordert es indes nicht, Briefumschläge grundsätzlich aufzubewahren. Ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, muss im Einzelfall entschieden werden. [2]Wiedereinsetzung ist nicht allein deswegen zu gewähren, weil das Finanzamt den Briefumschlag, in dem sich ein fristgebundenes Schreiben befand, nicht aufbewahrt hat. [3]Bei dem massenhaften Posteingang eines Finanzamts und den im Verhältnis hierzu seltenen Fällen fristgebundener Schriftsätze mit aus dem Poststempel offenbar ersichtlicher überlanger Postlaufzeit ist eine solche Beweissicherung nicht zumutbar. [4]

2. Abgabe der Steuererklärung innerhalb der Einspruchsfrist nach Schätzung

Geht nach einem Schätzungsbescheid die Steuererklärung innerhalb der Einspruchsfrist beim Finanzamt ein und ergibt sich nach Auswertung der Erklärung eine niedrigere Steuer, kann die Erklärung als Einspruch gegen den Steuerbescheid angesehen werden. [5]Bei Eingang nach Ablauf der Einspruchsfrist ist zu prüfen, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren ist. [6]

3. Elektronischer Eingang

3.1 Der Einspruch kann unter der Voraussetzung der Zugangseröffnung auch elektronisch eingelegt werden; eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz ist nicht erforderlich. [7]

3.2 Bei einem Einspruch i. S. der Tz. 2 mittels elektronischer Abgabe der Steuererklärung gilt [8]:

Der Zugang wird eröffnet, soweit Art, Umfang und Organisation des Einsatzes automatischer Einrichtungen in den Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder eine Datenübermittlung ermöglichen. Eine aktuelle Übersicht der eröffneten Zugänge wird im Internet unter http://www.eSteuer.de veröffentlicht.

Authentisierter Zugang:

Bei elektronisch übermittelten Steuererklärungen ersetzt die qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz die Unterschrift (§ 87a Abs. 3 S. 2 AO). Der Zugang der elektronisch übermittelten Daten in der für den Empfang bestimmten Einrichtung hat hinsichtlich der Abgabefristen die gleiche Wirkung wie der Zugang der Steuererklärung auf Papier. Als Tag der Abgabe gilt der Tag, an dem die für den Empfang bestimmte Einrichtung die Daten in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat (§ 87a Abs. 1 Satz 2 AO).

Zugang mit komprimierter Steuererklärung:

Die elektronische Übermittlung ist auch möglich, soweit für die Datenübermittlung und den Druck der Steuererklärung (komprimierter Vordruck) das von der Finanzverwaltung erstellte Softwarepaket (TeleModul) genutzt wird und der Steuerpflichtige versichert, dass im komprimierten Ausdruck der Steuererklärung keine anschließenden Änderungen vorgenommen worden sind. In diesem Fall ersetzt die elektronische Übermittlung nicht die Abgabe einer Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck im Sinne des § 150 Abs. 1 AO. Es gilt insoweit das BMF-Schreiben über die Grundsätze für die Verwendung von Steuererklärungsvordrucken vom (BStBl 1999 I, S. 1049). Durch die Übermittlung der Steuererklärungsdaten werden auch die Fristen zur Abgabe einer Steuererklärung nicht gewahrt. Die komprimierte Steuererklärung muss eigenhändig unterschrieben und dem Finanzamt zugeleitet werden.

OFD Hannover v. - S 0622 - 885 - StO 141

Fundstelle(n):
CAAAD-02890

1BVerwG-Entscheidungen vom – VIII B 48.60 – und – IV C 101.63 –; BStBl 1976 II S. 76.

2Eilmitteilung Nr. 200306261341 vom

3 BFH/NV 1997, 545

4 BFH/NV 1991, 140

5 BStBl 2003 II S. 505, und vom , BFH/NV 2005, 11

6AO-Kartei § 162 AO Karte 2 Tzn. 2.1.1 und 2.2.1 (rosa)

7AEAO zu § 87a, Nr. 1

8, BStBl 2007 I S. 95