Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BGB § 307; BGB § 307 Abs. 1; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1; BGB § 544; BGB § 550; BGB § 550 Satz 2; BGB § 557a; BGB § 573c Abs. 1 Satz 1; BGB § 573c Abs. 4; BGB § 575 Abs. 4
Instanzenzug: AG Weißenfels, 3 C 410/06 vom LG Halle, 2 S 54/07 vom
Tatbestand
Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung der Kläger in W. . Der Formularmietvertrag vom lautet in § 2:
"Es wird vereinbart, dass der Mieter auf sein ordentliches Kündigungsrecht ein Jahr lang, ab Mietbeginn, verzichtet und er in dieser Zeit demnach nur außerordentlich kündigen kann!"
Mit Schreiben vom , das am bei der Mietverwaltung der Kläger einging, kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum . Die Mietverwaltung der Kläger wies die Kündigung schriftlich unter Hinweis auf den vertraglichen Kündigungsausschluss zurück. Die Beklagte überwies für die Zeit ab Oktober keine Miete und keine Betriebskostenvorauszahlungen mehr an die Kläger. Sie gab die Wohnung am zurück.
Die Kläger forderten von der Beklagten die Bezahlung der Betriebskosten für das Jahr 2005 und der Miete für die Monate Oktober 2005 bis einschließlich Februar 2006. Die Beklagte leistete keine Zahlung.
Die Kläger haben die von ihnen beanspruchte Forderung von insgesamt 3.308,88 € nebst Zinsen gerichtlich geltend gemacht.
Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Bezahlung der Miete für Oktober 2005 (450 €) sowie von Betriebskosten in Höhe von 336,54 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Kläger, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Miete für die Monate November 2005 bis einschließlich Februar 2006 erreichen wollten, hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Forderung auf Zahlung der Miete für die Monate November bis einschließlich Februar 2006 weiter.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:
Die den Klägern am zugegangene wirksame Kündigung der Beklagten habe das Mietverhältnis gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB zum (gemeint wohl: ) beendet. Der formularmäßige Kündigungsausschluss zu Lasten der Mieterin scheitere zwar weder an § 573c Abs. 4 BGB noch an § 575 Abs. 4 BGB. Der einseitige Kündigungsausschluss zu Lasten der Beklagten sei jedoch nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Mieterin sei unangemessen benachteiligt, weil die Vermieter sich nicht in gleicher Weise gebunden hätten.
II.
Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision der Kläger zurückzuweisen ist.
1. Zu Recht hat das Landgericht - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. - VIII ZR 379/03, NJW 2004, 3117 unter II 1) - einen Verstoß gegen § 573c Abs. 4 BGB oder gegen § 575 Abs. 4 BGB verneint.
2. Durch den einseitigen, befristeten Kündigungsausschluss wurde indes die Beklagte - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - unangemessen benachteiligt i.S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
a) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein einseitiger Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters im Zusammenhang mit einer Staffelmietvereinbarung nach § 557a BGB wirksam vereinbart werden kann (Senat, Urteil vom - VIII ZR 154/04, NZM 2006, 256 ff., Tz. 21 f.). Die Kläger übersehen, dass in der genannten Entscheidung eine unangemessene Benachteiligung des Mieters deshalb verneint wurde, weil der den Mieter benachteiligende einseitige Kündigungsausschluss durch die Gewährung von Vorteilen ausgeglichen wurde, welche die Staffelmietvereinbarung (auch) für den Mieter bietet und in denen bereits der Gesetzgeber die sachliche Rechtfertigung für einen zeitlich begrenzten Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters gesehen hat. Im vorliegenden Fall wurde kein Staffelmietvertrag vereinbart. Es fehlt auch sonst an der Gewährung eines ausgleichenden Vorteils für den Mieter, der den einseitigen Kündigungsverzicht rechtfertigen könnte.
b) Vergeblich will die Revision aus §§ 544, 550 BGB die Wirksamkeit des einseitigen Kündigungsverzichts herleiten. Zwar ist richtig, wie die Revision unter Berufung auf § 550 BGB ausführt, dass bei einem Mietvertrag, der sich über ein Jahr hinaus erstrecken soll, der Mieter jedenfalls ein Jahr an den Vertrag gebunden ist, wenn der Vertrag nur mündlich geschlossen wurde. Die Kläger lassen dabei allerdings außer Acht, dass nach § 550 Satz 2 BGB beide Parteien frühestens zum Ablauf eines Jahres wirksam kündigen können. Vorliegend hingegen ist allein das Kündigungsrecht der Mieterin befristet ausgeschlossen.
c) Auch der Hinweis der Kläger, der Mieterin sei es erlaubt, bei einem berechtigten Interesse an einer vorzeitigen Vertragsbeendigung einen Nachmieter zu stellen, vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Denn diese Möglichkeit beseitigt die nachteiligen Folgen der unangemessenen Benachteiligung nicht, weil es im Einzelfall durchaus fraglich ist, ob es der Mieterin gelingen würde, einen Nachmieter zeitgerecht zu finden. Durch die (unwirksame) Regelung im Mietvertrag der Parteien würde das grundsätzlich dem Vermieter obliegende Risiko, einen Nachmieter zu finden, auf den Mieter verlagert. Dafür gibt es keinen rechtfertigenden Grund.
d) Der Senat befindet sich mit seiner Ansicht im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung und dem Schrifttum.
Ein Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom (VIII ZR 81/03, NJW 2004, 1448) ist nicht ersichtlich. Dort wurde zwar die Wirksamkeit eines einseitigen Verzichts des Wohnraummieters auf sein gesetzliches Kündigungsrecht bejaht (aaO). Der vorliegende Fall unterscheidet sich allerdings von dem damaligen Rechtsstreit in einem wesentlichen Punkt: Im dortigen Verfahren war der Kündigungsverzicht individualrechtlich vereinbart. Damit war die hier einschlägige Vorschrift des § 307 BGB unanwendbar, der nur eine Regelung für Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält.
Im Übrigen ist es in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und - soweit ersichtlich - auch im Schrifttum einhellige Auffassung, dass ein einseitiger, formularvertraglicher Kündigungsverzicht des Mieters außerhalb einer wirksamen Staffelmietvereinbarung oder eines wirksamen Zeitmietvertrages nicht vereinbart werden kann (LG Duisburg, NMZ 2003, 354; Staudinger/Rolfs, BGB (2006), § 573c Rdnr. 51; Börstinghaus, GE 2006, 898 f.; Häublein, ZMR 2004, 252, 254; Hinz, WuM 2004, 126, 127 f.; Kandelhard, WuM 2004, 129, 132; Wieck, WuM 2005, 369; Weitemeyer in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, § 557a Rdnr. 13; Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 573c Rdnr. 3; Wetekamp, Mietsachen, 4. Aufl., Kap. 8, Rdnr. 422).
Fundstelle(n):
NJW 2009 S. 912 Nr. 13
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2009 S. 274
RAAAD-02606
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein