BFH Beschluss v. - V B 265/07

Fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen kein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) schloss Werkverträge über Maßnahmen auf dem Gebiet des Naturschutzes, für die sie den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) beanspruchte. Die entgeltlichen Leistungen bezogen sich auf die Durchführung von faunistischen Kartierungen, Gewässerstrukturkartierungen, Beiträgen zu Umweltverträglichkeitsstudien, die naturschutzfachliche Würdigung für Landschaftsschutzgebiete, tierökologische Gutachten zur Erfassung und Bewertung von Tierarten, die Erarbeitung eines Manuskripts für eine Publikation über das Artenschutzprogramm Weißstorch, Erfassung und Sicherung von Lebens- und Nistkästen besonders geschützter Tierarten.

Darüber hinaus bezog die Klägerin vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt —FA—) als körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig beurteilte Projektzuschüsse öffentlicher Geldgeber, ABM-Zuschüsse der Arbeitsverwaltung, Kurzarbeitergeld für eigene Mitarbeiter, Lohnkostenzuschüsse sowie Zuschüsse aus der „Aktion 55” (Zuschüsse).

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Die Klagestattgabe bezog sich auf einzelne Werkverträge. Die aufgrund dieser Verträge ausgeübten Tätigkeiten erfolgten nach dem Urteil des FG im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 65 der Abgabenordnung (AO), so dass insoweit der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG anzuwenden war. Die Klage hatte insoweit Erfolg, als die Tätigkeiten im Rahmen des Zweckbetriebs nicht der Körperschaft- und der Gewerbesteuer unterliegen. Das Vorliegen eines Zweckbetriebs stützte das FG auf das (BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573). Danach sei ein Wettbewerb i.S. von § 65 Nr. 3 AO vermeidbar, so dass kein Zweckbetrieb vorliege, wenn die von der Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Zwecke auch ohne die steuerlich begünstigte Tätigkeit zu erreichen sei. Somit liege im Streitfall ein Zweckbetrieb vor, soweit die Klägerin sich auf das beschränkt habe, was mit ihrem steuerbegünstigten Zweck, der satzungsmäßigen Förderung des Natur- und Landschaftsschutzes, in notwendiger Weise verbunden gewesen sei. Dementsprechend bejahte das FG für einige der Werkverträge die Zweckbetriebseigenschaft und verneinte sie für andere.

Mit seiner Beschwerde wendet sich das FA gegen die Nichtzulassung der Revision und rügt Divergenz zum BFH-Urteil in BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach Ziffer I.1 und I.3 der Ergänzenden Regelungen des Geschäftsverteilungsplans des BFH ist die Zuständigkeit des V. Senat des BFH gegeben.

2. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—) zuzulassen. Die geltend gemachte Divergenz zum BFH-Urteil in BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573 liegt nicht vor. Nach dem BFH-Urteil kommt es für die Frage, ob vermeidbarer Wettbewerb nach § 65 Nr. 3 AO vorliegt, darauf an, ob die steuerbegünstigten Zwecke auch ohne steuerlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit und damit ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu erreichen seien. Dementsprechend hat das FG sein Urteil darauf gestützt, ob sich die Tätigkeit der Klägerin im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auf das beschränke, was zur Erreichung des steuerbegünstigten Satzungszwecks notwendig sei.

Im Übrigen stellen Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils keinen Zulassungsgrund dar. Von vornherein unbeachtlich sind daher Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revision erheblich sein können. Anders ist es nur, wenn ein sog. qualifizierter Rechtsanwendungsfehler vorliegt, der ausnahmsweise die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO rechtfertigt. Dafür kommen aber nur offensichtliche materielle oder formelle Fehler des FG im Sinne einer willkürlichen Entscheidung in Betracht. Hingegen reicht eine allenfalls fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles nicht aus (, BFH/NV 2006, 799). So ist es im Streitfall, bei dem allenfalls von einer fehlerhaften Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auszugehen wäre.

3. Es liegt auch kein Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) vor. Die vom FA gerügte widersprüchliche Würdigung der einzelnen Verträge kann einen Verfahrensmangel nur dann begründen, wenn überhaupt jede Begründung der Entscheidung fehlt oder eine Begründung vorhanden ist, diese aber derart unverständlich und verworren ist, dass nicht mehr erkennbar ist, welche Überlegungen für die (Sach-)Entscheidung maßgebend waren. Hingegen stellt eine bloß lückenhafte Begründung grundsätzlich keinen Mangel in diesem Sinne dar. Darüber hinaus kann § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO zwar verletzt sein, wenn die Entscheidungsgründe nur zum Teil fehlen. Das setzt aber grobe Begründungsmängel in einem Ausmaß voraus, dass die Entscheidungsgründe des FG zum Nachweis der Rechtmäßigkeit des Urteilsspruchs schlechterdings ungeeignet erscheinen und den Beteiligten keine hinreichende Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Erwägungen das Urteil beruht (vgl. , BFH/NV 2008, 1516, m.w.N.). Dies trifft auf das Urteil des FG im Streitfall nicht zu.

Fundstelle(n):
YAAAD-02177