BFH Beschluss v. - X B 112/08

Voraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind geklärt

Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.

1. Wird geltend gemacht, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen, dann ist ausführlich darzustellen, aus welchen Gründen die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Hierbei ist unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und strittig ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 31 ff., m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH—). Nicht ausreichend ist der Vortrag, eine Entscheidung des BFH über die bezeichnete Rechtsfrage sei für eine größere Zahl von Fällen bedeutsam (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 34). Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine Entscheidung des BFH zu dieser Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert vortragen, inwiefern und aus welchen Gründen die höchstrichterlich beantwortete Frage weiterhin umstritten ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. In dieser wird vorgetragen, der BFH habe sich zwar in mehreren Entscheidungen mit der Rechtsfrage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein häusliches Arbeitszimmer der Abzugsbeschränkung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der bis zum Jahr 2006 geltenden Fassung unterliege. Es sei jedoch bisher keine BFH-Entscheidung für die Berufsgruppe der Betreuer i.S. der §§ 1896 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergangen. Insbesondere bedürfe es der Klärung, ob die wesentliche und prägende Tätigkeit im Falle der Betreuung weiterhin in der (im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübten) Vermögenssorge für den Betreuten liege. Diese Frage sei für den gesamten Berufsstand der Betreuer von Bedeutung. Auch sei zu befürchten, dass die Finanzverwaltung die Grundsätze des hier angefochtenen Urteils auch bei anderen Betreuern anwende.

Dieser Vortrag ist nicht ausreichend. Die Klägerin berücksichtigt nicht, dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet, hinreichend geklärt ist. Hierzu liegt eine umfangreiche BFH-Rechtsprechung vor (vgl. z.B. Urteil vom VI R 65/05, BFH/NV 2007, 1133, und Beschluss vom XI B 12/07, BFH/NV 2008, 47, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung). Danach kommt es maßgeblich auf den inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen an. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Fallgruppen, mit denen sich der BFH bisher befasst hat, sondern für sämtliche Berufe (BFH-Beschlüsse vom XI B 87/05, BFH/NV 2006, 2045, und in BFH/NV 2008, 47) und damit auch für Betreuer i.S. der §§ 1896 ff. BGB).

Ob die im häuslichen Arbeitzimmer ausgeübte Betätigung den qualitativen Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet, kann nur im Wege einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit unter Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls festgestellt werden (, BFH/NV 2005, 1537). Diese obliegt dem Finanzgericht (FG) als Tatsacheninstanz und ist einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 47). Die Klägerin lässt in diesem Zusammenhang auch außer acht, dass das FG bei seiner Würdigung, wonach das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit dargestellt hat, nicht allein auf den Inhalt der gesetzlichen Regelungen in §§ 1896 ff. BGB abgestellt hat. Vielmehr hat das FG (zu Recht) bei seiner Würdigung auch berücksichtigt, welche Tätigkeiten die Klägerin in den Streitjahren tatsächlich ausgeübt hat.

2. Die Rüge der Klägerin, das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist nicht schlüssig erhoben.

a) Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) und gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und damit ein Verfahrensfehler kann gegeben sein, wenn das FG bei seiner Entscheidung den in den Verfahrensakten enthaltenen Vortrag eines Beteiligten nicht berücksichtigt. Zur schlüssigen Rüge eines solchen Verfahrensfehlers müssen die (angeblich) vom FG übergangenen Akten, Aktenteile oder Schriftsätze genau bezeichnet werden. Ferner muss dargelegt werden, welche Schlussfolgerungen sich dem FG ausgehend von dessen materiell-rechtlichem Standpunkt aufgrund dieser Tatsachen hätten aufdrängen müssen. Schließlich muss die Erheblichkeit des gerügten Verfahrensmangels dargetan werden (, BFH/NV 2003, 527, und vom I B 138/04, BFH/NV 2005, 2212).

Die Klägerin macht geltend, sie habe vorgetragen, dass zwar der Erstkontakt mit der jeweils zu betreuenden Person nicht im häuslichen Arbeitszimmer der Klägerin stattfinde. Die nachfolgenden Tätigkeiten würden hingegen fast ausschließlich in ihrem Arbeitszimmer anfallen. Dieser Vortrag ist nicht ausreichend. Es fehlt bereits an der Angabe, in welchem Schriftsatz bzw. in welchem Termin vor dem FG dieser Vortrag erfolgt sein soll. Die Klägerin berücksichtigt auch nicht, dass das FG im Tatbestand seines Urteils ausführlich die Tätigkeit der Klägerin geschildert hat. Zudem hat es sich (vgl. Seite 6 des angefochtenen Urteils) im Rahmen seiner Gesamtwürdigung auch mit dem Gesichtspunkt befasst, dass nach dem klägerischen Vortrag die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübten Tätigkeiten erheblich mehr Zeit beansprucht haben als die außerhalb desselben ausgeübten Tätigkeiten.

b) Die schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, setzt voraus, dass die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— einen solchen Verfahrensmangel ergeben (BFH-Beschlüsse vom VIII B 81/05, BFH/NV 2006, 2297, und vom IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974). Wird geltend gemacht, das FG hätte unabhängig von einem entsprechenden Beweisantrag der Klägerin den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufklären müssen, sind die Tatsachen anzugeben, aus denen sich ergibt, dass sich dem FG eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Auch sind die (angeblich) aufklärungsbedürftigen Tatsachen anzugeben. Ferner bedarf es Ausführungen dazu, inwiefern eine weitere Sachaufklärung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, und vom VII B 53/07, BFH/NV 2008, 817). Solche Darlegungen fehlen. Vielmehr erschöpft sich der Vortrag der Klägerin darin, das FG habe es unterlassen, über das Vorbringen der Klägerin hinausgehend den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Mit diesem Vorbringen wird ein Verstoß gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht schlüssig gerügt.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 161 Nr. 2
QAAAD-02158