Vertreterpflichten eines sich selbst vertretenden Rechtsanwalts
Gesetze: FGO § 56, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) noch erfordert die Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH).
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn über Rechtsfragen zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt und die klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, deren Beantwortung sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. , BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231) oder die höchstrichterlich bereits entschieden ist, ohne dass zwischenzeitlich neue gewichtige Gesichtspunkte in Erscheinung getreten sind (vgl. , BFH/NV 2008, 215).
b) Nach diesen Grundsätzen hat die Rechtsfrage, ob sich ein Rechtsanwalt, der sich selber vertritt, auf die Angaben eines im Einspruchsverfahren tätigen Steuerberaters zum Ablauf der Klagefrist verlassen darf, wenn der Steuerberater die Fristberechnung ausdrücklich übernommen hat, keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Abgrenzung von Vertreterpflichten bei Beauftragung mehrerer Rechtsanwälte für verschiedene Instanzen ist durch die Rechtsprechung bereits geklärt (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift 2000, 3071, m.w.N.). Danach muss der beauftragte Rechtsanwalt nach Mandatsübernahme die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels selbst überprüfen. Nichts anderes kann gelten, wenn sich ein Rechtsanwalt selbst vertritt. Die im Zivilprozessrecht herausgebildeten Grundsätze zur Abgrenzung der Sorgfaltspflichten sind auch heranzuziehen, wenn in einer Steuerstreitsache neben einem Steuerberater ein Rechtsanwalt tätig wird (vgl. , BFHE 146, 206, BStBl II 1986, 547). Ein weiterer Klärungsbedarf besteht daher nicht.
2. Soweit das rechtzeitig erfolgte Vorbringen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) sinngemäß als Verfahrensrüge dahingehend zu verstehen ist, dass über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden worden ist, ist die Verfahrensrüge nicht schlüssig. Denn das Vorbringen rechtfertigt nicht die Annahme eines Verfahrensfehlers. Der Kläger hat dadurch gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen, dass er Erkundigungen zum Datum der Bekanntgabe des Einspruchsbescheides unterlassen hat.
Ein besonderer Anlass hierzu hätte im Übrigen schon allein deshalb bestanden, weil er, der Kläger, bei Einreichung der Klage zumindest über die Seite 1 des ergangenen Einspruchsbescheides verfügte. Denn er hat diese Seite der Klageschrift beigefügt. Auf Seite 1 des Einspruchsbescheides ist jeweils unmittelbar unter dem hinsichtlich des Tages handschriftlich ergänzten Datum vermerkt: „Gegen Empfangsbekenntnis”. Angesichts dieser Umstände hätte es sich ihm aufdrängen müssen, das genaue Datum der Zustellung zu erfragen.
3. Die Revision ist entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht auch nicht wegen eines schwerwiegenden Rechtsfehlers, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, zuzulassen. Das Vorliegen eines derart schwerwiegenden Fehlers nimmt der BFH in ständiger Rechtsprechung dann an, wenn die angefochtene Entscheidung des Finanzgerichts (FG) objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25 ; vom X B 57/07, BFH/NV 2008, 1192).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das FG hat seinem Urteil zutreffend die Rechtsprechung des BGH und BFH zu den Aufgaben des mit der Einlegung eines Rechtsmittels beauftragten Rechtsanwalts zugrunde gelegt. Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist es zu dem rechtlich vertretbaren Ergebnis gelangt, dass der Kläger schuldhaft handelte, weil er keine Information über das Bekanntgabedatum des Einspruchsbescheides einholte und damit nicht im Stande war, den Ablauf der Klagefrist selbst zu berechnen und die Richtigkeit der ihm erteilten Auskünfte zu überprüfen.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 188 Nr. 2
CAAAD-00197