BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 2360/07

Gewerbesteuerpflicht bei Anteilsveräußerung innerhalb der Fünfjahresfrist nach formwechselnder Umwandlung

Leitsatz

1. Verfassungsrechtlich ist es nicht zu beanstanden, dass ein Gewinn aus der Auflösung oder Veräußerung des Betriebs oder Anteils an einer durch formwechselnde Umwandlung aus einer Kapitalgesellschaft entstandenen Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung der Gewerbesteuer unterliegt.

2. Maßgeblich für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist der Veräußerungszeitpunkt.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 3; GG Art. 20 Abs. 3; UmwStG 1995 § 18 Abs. 4; UmwStG 1995 § 14

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anwendung des § 18 Abs. 4 Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995) im Falle eines Formwechsels.

Bei einer Kapitalgesellschaft unterliegt der Gewinn aus der Betriebsveräußerung oder Liquidation der Gewerbesteuer, bei der Personengesellschaft grundsätzlich nicht. Dies kann dazu verleiten, eine Kapitalgesellschaft zunächst in eine Personengesellschaft umzuwandeln oder auf diese zur Aufnahme zu verschmelzen, um anschließend gewerbesteuerfrei die Betriebsaufgabe oder -veräußerung zu vollziehen. § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 soll verhindern, dass eine Kapitalgesellschaft allein zum Zwecke der Gewerbesteuerersparnis kurz vor der Betriebsveräußerung oder Liquidation in eine Personengesellschaft umgewandelt wird (vgl. BTDrucks 13/5952, S. 53). § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 unterwirft daher den Gewinn aus der Auflösung oder Veräußerung des Betriebs der Personengesellschaft oder der natürlichen Person innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung aus der Kapitalgesellschaft der Gewerbesteuer. Gleiches gilt nach § 18 Abs. 4 Satz 2 UmwStG 1995 für die (Teil-) Betriebsaufgabe bzw. -veräußerung oder die Veräußerung oder Aufgabe eines Anteils an einer Personengesellschaft.

Die Vorschrift des § 18 UmwStG 1995 in der für das Streitjahr 1998 maßgeblichen Fassung lautet wie folgt:

§ 18 UmwStG

Gewerbesteuer bei Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person sowie bei Formwechsel in eine Personengesellschaft

(1) 1 Die §§ 3 bis 9, 14, 16 und 17 gelten bei Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person sowie bei Formwechsel in eine Personengesellschaft vorbehaltlich des Absatzes 2 auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags. 2 Der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person kann nicht um die vortragsfähigen Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 10a des Gewerbesteuergesetzes gekürzt werden.

(2) Ein Übernahmegewinn ist nicht zu erfassen.

(3) 1 Auf übergegangene Renten und dauernde Lasten finden § 8 Nr. 2 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes keine Anwendung. 2 Satz 1 gilt nicht, wenn die Voraussetzungen für die Hinzurechnung nach den bezeichneten Vorschriften bereits bei der Körperschaft erfüllt waren.

(4) 1 Wird der Betrieb der Personengesellschaft oder der natürlichen Person innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang aufgegeben oder veräußert, unterliegt ein Auflösungs- oder Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer. 2 Satz 1 gilt entsprechend, soweit ein Teilbetrieb oder ein Anteil an der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird.

Nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 unterliegt ein Gewinn aus der Auflösung oder Veräußerung des Betriebs der Personengesellschaft oder der natürlichen Person innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung der Gewerbesteuer. Die Vorschrift begründet damit als spezielle Missbrauchs- oder Umgehungsverhinderungsvorschrift eine eigene Gewerbesteuerpflicht des Aufgabe- oder Veräußerungsgewinns und stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, wonach nur laufende Gewinne einer Personengesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen (vgl. Schmitt, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwStG, 4. Auflage 2006, § 18 Rn. 34; Trossen, in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2008, § 18 Rz. 40).

II.

Die Beschwerdeführerin, eine konzernangehörige GmbH & Co. KG, entstand durch formwechselnde Umwandlung einer GmbH aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom mit Wirkung zum . Mit Kaufvertrag vom wurden die Anteile an der Beschwerdeführerin an einen anderen Konzern veräußert. Der bei der Beschwerdeführerin angefallene Veräußerungsgewinn betrug 4.207.011 DM. Er wurde zunächst gewerbesteuerlich nicht erfasst. Anlässlich einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu der Auffassung, der Veräußerungsgewinn unterliege gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 der Gewerbesteuer.

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machte die Beschwerdeführerin geltend, § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 habe bis zum nur die Umwandlungen erfasst, bei denen es zu einem Vermögensübergang gekommen sei. Dies sei bei einem Formwechsel jedoch nicht der Fall. Erst mit Wirkung ab dem habe der Gesetzgeber mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 ausdrücklich sämtliche Umwandlungen in § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 einbezogen. Der Veräußerungsgewinn sei daher im Rahmen der Gewerbesteuer nicht zu erfassen. Hilfsweise vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass hinsichtlich der Höhe des gewerbesteuerlichen Veräußerungsgewinns ein Abschlag zu erfolgen habe. Denn in dem Kaufpreis seien nicht nur stille Reserven zum Umwandlungszeitpunkt, sondern auch ein "strategischer Überpreis" in Höhe von 47,8% des Kaufpreises enthalten. Diesen habe der Erwerber nur gezahlt, um auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen. Eine gedachte Veräußerung im Zeitpunkt der Umwandlung hätte diese strategische Prämie mit Sicherheit noch nicht enthalten. Sie gehöre daher nicht in die Bemessungsgrundlage für die "Sonder"-Gewerbesteuer nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995.

Das Finanzgericht folgte den Argumenten der Beschwerdeführerin und gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hin hob der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab. Auch der Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft erfülle den Begriff des Vermögensübergangs im Sinne von § 18 Abs. 4 UmwStG 1995. Zwar übernehme das Umwandlungssteuergesetz im Grundsatz die handelsrechtliche Unterscheidung, wonach die Umwandlung im Falle einer Verschmelzung, Aufspaltung oder Abspaltung mit dem Übergang des Vermögens auf einen anderen Rechtsträger verbunden sei, während sie bei einem Formwechsel unter Wahrung der wirtschaftlichen und rechtlichen Identität des Rechtsträgers vollzogen werde. Sei der alte Rechtsträger jedoch eine Kapitalgesellschaft und der Rechtsträger neuer Rechtsform eine Personengesellschaft, könne ertragsteuerlich nicht an die handelsrechtliche Identität des Rechtsträgers angeknüpft werden. Denn die Kapitalgesellschaft unterliege als selbständiges Steuersubjekt der Körperschaftsteuer, wohingegen bei der Personengesellschaft der Gewinn im Wege der transparenten Besteuerung bei den einzelnen Gesellschaftern der Einkommensteuer unterworfen werde. Deswegen werde im Fall des Formwechsels nach § 14 UmwStG 1995 umwandlungssteuerrechtlich ein Vermögensübergang fingiert. § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 solle verhindern, dass die bei einer Kapitalgesellschaft bestehende Gewerbesteuerbelastung des Gewinns aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils dadurch umgangen werde, dass die Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren vor der Veräußerung oder der Betriebsaufgabe in ein Personenunternehmen umgewandelt werde. Diese vom Gesetzgeber befürchtete Umgehung könne, wenn es § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 nicht gäbe, ebenso gut durch einen Formwechsel wie durch eine Umwandlung mit Vermögensübertragung herbeigeführt werden. Auch der von der Beschwerdeführerin hilfsweise begehrte Abschlag auf die Höhe des Veräußerungsgewinns komme nicht in Betracht. Im Fall des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 sei der von der Personengesellschaft oder den Mitunternehmern realisierte Gewinn der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Nicht maßgeblich sei die Höhe der stillen Reserven im Zeitpunkt der Umwandlung der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft.

III.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3, 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs überschreite die verfassungsrechtlichen Grenzen einer richterlichen Rechtsfortbildung und missachte den Vorrang des Gesetzes, den Gewaltenteilungsgrundsatz sowie Grundsätze der Rechtsklarheit, Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Bei einem Formwechsel finde zivil- und steuerrechtlich kein Vermögensübergang statt. Die Verwendung der Begriffe "Vermögensübergang" und "Formwechsel" in § 18 UmwStG 1995 bestätige, dass unter den Begriff des "Vermögensübergangs" der Formwechsel gerade nicht falle, sondern ein Aliud bezeichne. Der Formwechsel sei umwandlungssteuerrechtlich auch nicht als fingierter Vermögensübergang einzuordnen, der einem Vermögensübergang im Sinne des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 gleichzustellen sei. Das Argument des Bundesfinanzhofs, der Zweck des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 sei gleichermaßen für Umwandlungen mit Vermögensübergang und für Formwechsel einschlägig, rechtfertige jedenfalls keine derartige Gleichstellung. Es sei nicht Aufgabe des Bundesfinanzhofs, gesetzgeberische Entscheidungen auf ihre Klugheit hin zu überprüfen und zu korrigieren, wenn er sie nicht für vernünftig halte. Zudem habe der Gesetzgeber vor der Änderung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 das Umwandlungssteuergesetz 1995 bereits mehrfach geändert, ohne den Wortlaut des § 18 Abs. 4 UmwStG anzupassen. Vor allem bei der Einführung des § 18 Abs. 4 Satz 2 UmwStG 1995 durch das Jahressteuergesetz 1997 vom (BGBl I S. 2049) hätte der Gesetzgeber erkennen müssen, dass § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 nach seinem Wortlaut eindeutig nicht in Fällen des Formwechsels gelte. Aus dem Unterlassen einer gesetzgeberischen Korrektur lasse sich aber schließen, dass der Gesetzgeber bis zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 bewusst daran festgehalten habe, dass unter § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 kein Formwechsel falle. Zudem habe die Beschwerdeführerin auf den bis zum 31. Dezember 1998 geltenden eindeutigen Wortlaut des § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 vertrauen können. Insbesondere nach Veröffentlichung des Entwurfs des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, der eine Änderung erst zum vorgesehen habe, habe sie davon ausgehen können, dass die geänderte Fassung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 erst Veräußerungen nach dem betreffen werde.

Der Bundesfinanzhof wende zudem § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auf den gesamten Veräußerungsgewinn an und beschränke die Gewerbesteuerbelastung nicht auf die Gewinnanteile, mit denen stille Reserven realisiert worden seien, die bereits bei der Kapitalgesellschaft gewerbesteuerlich verstrickt gewesen seien. Soweit nach dem Wortlaut von § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 stille Reserven erfasst würden, die vor und nach der Umwandlung in der Personengesellschaft entstanden seien, schieße der Wortlaut über den Zweck der Norm hinaus. Das Ziel, die Umgehung der Gewerbesteuer durch die Umwandlung zu vermeiden, gelte nur für diejenigen stillen Reserven, die in der Kapitalgesellschaft entstanden und dort verhaftet gewesen seien. Die Erfassung derjenigen stillen Reserven, die vor oder nach der Umwandlung in der Personengesellschaft entstanden seien, habe mit diesem Zweck der Vorschrift nichts zu tun. Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 würden aber auch stille Reserven der Gewerbesteuer unterworfen, die bei der Kapitalgesellschaft gar nicht hätten besteuert werden können, weil sie dort nicht oder noch nicht vorhanden gewesen seien.

Es begründe auch keinen besonderen Aufwand, statt auf den Veräußerungszeitpunkt auf den Umwandlungsstichtag abzustellen und auf letzteren den Verkehrswert des übergangenen Betriebsvermögens zu ermitteln oder diesen nachträglich festzustellen. Seien im Rahmen einer Verschmelzung Dritte an der übernehmenden Personengesellschaft beteiligt, werde dieser Verkehrswert regelmäßig schon deshalb ermittelt, um die jeweiligen Beteiligungsquoten an der Personengesellschaft sachgerecht zu bestimmen. Zudem spreche für eine derartige Lösung, dass eine auf den Umwandlungsstichtag zurückgehende Wertermittlung bereits bei § 26 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 UmwStG 1969 (BGBl I S. 1163) und bei § 25 Abs. 2 UmwStG 1977 (BGBl I 1976 S. 2641) vorgenommen worden sei. Der Gewinnbe-griff in § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 sei daher verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift nur die stillen Reserven erfasse, die in der Kapitalgesellschaft entstanden seien.

IV.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nicht vorliegt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu. Sie dient auch nicht der Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin. Denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Bundesfinanzhof hat § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 weder willkürlich ausgelegt, noch bei seiner Anwendung die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten (1). Die vom Bundesfinanzhof vorgenommene Rechtsanwendung führt auch nicht zu einem Gleichheitsverstoß zu Lasten der Beschwerdeführerin (2).

1. Die Auffassung des Bundesfinanzhofs, dass auch der Formwechsel als "Vermögensübergang" im Sinne des § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 zu verstehen ist, überschreitet nicht die dem Richter gesetzten verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung (Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG) und ist erst recht nicht willkürlich (Art. 3 Abs. 1 GG).

a) Die Auslegung von Gesetzen und die Fortbildung des Rechts gehören zu den anerkannten Aufgaben und Befugnissen der Gerichte (vgl. BVerfGE 34, 269 <288 ff.>; 69, 315 <371 f.>; 111, 54 <81 ff.>). Dieser Befugnis sind jedoch Grenzen gezogen, insbesondere durch den Grundsatz der Gesetzesbindung in Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 111, 54 <82> m.w.N.). Setzt sich die Auslegung in krassen Widerspruch zu allen zur Anwendung gebrachten Normen und werden damit Ansprüche begründet, die keinerlei Grundlage im geltenden Recht finden, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen sind. Die Gerichte begeben sich damit aus der Rolle des Normanwenders in die einer Norm setzenden Instanz, entziehen sich also der Bindung an Recht und Gesetz im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 96, 375 <394 f.>; 113, 88 <104>). Die Grenze zur Willkür ist erst überschritten, wenn die Auslegung und Anwendung einfachen Rechts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht. Willkür im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG liegt daher erst dann vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird (vgl. BVerfGE 89, 1 <13 f.>).

b) Der Bundesfinanzhof hält sich im Rahmen dieser verfassungsrechtlichen Grenzen. Seine steuerrechtlich umfassende Auslegung des Begriffs "Vermögensübergang" in § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 widerspricht nicht dem Wortlaut der Norm und orientiert sich am Gesetzeszweck, an der steuerrechtlichen Systematik und der Entstehungsgeschichte der Norm. Die vom Bundesfinanzhof zur Begründung seiner Entscheidung angestellten Erwägungen lassen nicht erkennen, dass er sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben hat, also objektiv nicht bereit war, sich Recht und Gesetz zu unterwerfen (vgl. BVerfGE 82, 6 <12 f.>).

Der Bundesfinanzhof stützt seinen Standpunkt maßgeblich auf die auch im Schrifttum und in seiner ständigen Rechtsprechung geäußerte Auffassung, wonach im Umwandlungssteuerrecht der Formwechsel nach § 14 UmwStG 1995 - anders als zivilrechtlich in den §§ 190 ff. UmwG - als ein Vermögensübergang ausgestaltet ist (vgl. unter anderen -, BStBl II 2004, S. 474; vom - IV R 58/06 -, BFHE 217, 162; vom - VIII R 45/05 -, BFH/NV 2007, S. 793 und vom - IV R 22/06 -, BFH/NV 2008, S. 109; Widmann, in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 18 UmwStG Rn. 144; Pung, in: Dötsch/Patt/Pung/Jost, Umwandlungssteuerrecht, 5. Aufl. 2003, § 18 Rn. 38). Auch der Gesetzgeber ging bei der Neufassung des Umwandlungssteuergesetzes im Jahre 1995 davon aus, dass der Formwechsel einen Vermögensübergang beinhalte. In der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts vom Februar 1994 (BTDrucks 12/6885, S. 15 und S. 22) heißt es ausdrücklich, dass das Steuerrecht dem Wechsel des Besteuerungsregimes bei der Behandlung des Formwechsels im Handelsrecht für den Formwechsel zwischen Kapital- und Personengesellschaft nicht folgen könne. Der Bundesfinanzhof hat sich zudem am Sinn und Zweck der Norm orientiert, die verhindern soll, dass stille Reserven einer Kapitalgesellschaft, die der Gewerbesteuer unterliegen, durch Umwandlung in eine Personengesellschaft der Besteuerung entzogen werden. Diese Gefahr besteht beim Formwechsel in gleicher Weise wie beim Vermögensübergang auf eine bestehende Personengesellschaft oder natürliche Person. Der Bundesfinanzhof hat sich in der angegriffenen Entscheidung auch mit der im Schrifttum vertretenen Gegenauffassung auseinandergesetzt (vgl. Gosch, StBp 2002, S. 184 <186 f.>; Haritz/Slabon, GmbHR 1998, S. 1159; Jebens, DB 2005, S. 1240 <1242 ff.>; Patt, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 18 UmwStG Rn. R 2 und R 23; Rose, DB 2001, S. 1635 <1636>; ders., StuW 2002, S. 276 <277 f.> und FR 2005, S. 1; Wienands/Schneider, FR 2001, S. 1081 <1083 ff.>). Dass er den im Schrifttum vorgebrachten Gegenargumenten nicht folgt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin lässt sich auch dem Umstand, dass in § 18 Abs. 4 UmwStG erst durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 mit Wirkung vom der Begriff "Vermögensübergang" durch den umfassenderen der "Umwandlung" ersetzt wurde und zuvor Gesetzesänderungen des § 18 UmwStG die engere Wortwahl in dessen Absatz 4 unberührt gelassen hatten, nicht entnehmen, dass der Bundesfinanzhof für die Zeit bis zum durch die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung oder gar durch die Grundsätze des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) an der den Formwechsel mit einschließenden Auslegung des Begriffs "Vermögensübergang" gehindert gewesen wäre. Eine solche Sperrwirkung für eine zuvor grundsätzlich zulässige Gesetzesauslegung kann einer späteren Gesetzesänderung von vornherein nicht zukommen, unabhängig davon, dass sie hier ausweislich der Gesetzesbegründung selbst als lediglich klarstellend gemeint war (vgl. Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, BTDrucks 14/23, S. 195). Was den von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang geltend gemachten Vertrauensschutz betrifft, ist im Übrigen von ihr auch nichts substantiiert dafür vorgetragen, dass sie im Vertrauen auf ihre Deutung der Rechtslage vor 1999 bestimmte, sie finanziell belastende Dispositionen getroffen hätte, die durch die Interpretation des § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 durch den Bundesfinanzhof nun wertlos geworden wären.

2. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs erweist sich auch nicht deshalb als willkürlich oder im Ergebnis gleichheitswidrig, weil das Gericht § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auf den gesamten Veräußerungsgewinn angewendet und nicht, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, auf den Aufgabe- oder Auflösungsgewinn zum Zeitpunkt der Umwandlung beschränkt hat.

a) Mit der Auffassung, die stillen Reserven im Zeitpunkt der Veräußerung zu erfassen, bewegt sich der Bundesfinanzhof auf der Grundlage seiner bisherigen Rechtsprechung ( a.a.O.; vom - X R 6/04 -, BFHE 211, 518, BStBl II 2008, S. 62; vom , a.a.O. und vom , a.a.O.) sowie der herrschenden Meinung im Schrifttum (Pung, in: Dötsch/Patt/Pung/Jost, a.a.O.; Schmitt, a.a.O., Rn. 38; Widmann, in: Widmann/Mayer, a.a.O.; Trossen, in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, a.a.O. Rn. 41; Wacker, DStZ 2002, S. 457 <459>). Darüber hinaus stützt sich die Entscheidung auf den klaren Wortlaut der Norm, die von "Auflösungs- oder Veräußerungsgewinn" spricht und damit auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung und gerade nicht auf den Zeitpunkt der Umwandlung abstellt.

b) Die Erfassung der stillen Reserven im Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe ist gemessen an den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung (vgl. dazu BVerfGE 105, 73 <126>; 116, 164 <180 f.>; 117, 1 <30 f.>) sachlich gerechtfertigt.

aa) § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 führt in der Auslegung durch den Bundesfinanzhof zunächst insofern zu einer Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin, als ihr Veräußerungsgewinn gewerbesteuerrechtlich erfasst wird, wohingegen dies bei anderen Personengesellschaften, die nicht aus einer Umwandlung hervorgegangen sind oder deren Umwandlung im Veräußerungszeitpunkt länger als fünf Jahre zurück liegt, nicht der Fall ist. Das ist Folge des bereits beschriebenen, eigentlichen Zwecks der Vorschrift, Umgehungsgestaltungen zu verhindern, durch welche die Belastung mit Gewerbesteuer für von der ursprünglichen Kapitalgesellschaft erwirtschaftete Gewinne vermieden werden soll. Darin liegt ein sachgerechter, keinesfalls willkürlicher Differenzierungsgrund, was von der Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede gestellt wird.

bb) Die Ungleichbehandlung der aus einer Umwandlung hervorgegangenen Personengesellschaft gegenüber originären Personengesellschaften ist darüber hinaus mit Art. 3 Abs. 1 GG auch insoweit vereinbar, als sie ein besonderes Gewicht dadurch erhalten kann, dass § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 in der Auslegung durch den Bundesfinanzhof die stillen Reserven im Zeitpunkt der Veräußerung der Gewerbesteuer unterwirft. Personengesellschaften, deren Unternehmenswert sich in dem Fünfjahreszeitraum zwischen Umwandlung und Veräußerung erhöht, werden danach mit einer höheren Gewerbesteuer belastet als bei einer gedachten Veräußerung im Umwandlungszeitpunkt. Hingegen werden Personengesellschaften, deren Wert innerhalb des Fünfjahreszeitraums gleichbleibt oder sich verringert, einer genauso hohen oder gar einer niedrigeren Gewerbesteuer als im Umwandlungszeitpunkt unterworfen. Diese sich aus der Anknüpfung an den Veräußerungs- oder Aufgabezeitpunkt ergebende, möglicherweise zusätzliche Belastung der Personengesellschaften ist zwar - worauf die Beschwerdeführerin zu Recht hinweist - nicht aus Gründen der Missbrauchsverhinderung, aber durch hinreichend gewichtige andere Gründe, insbesondere solche der Verwaltungspraktikabilität, gerechtfertigt. Auf den Gedanken der Verwaltungsvereinfachung beruft sich in diesem Zusammenhang auch der Bundesfinanzhof in der hier angegriffenen Entscheidung (zu der grundsätzlichen Eignung dieses Gesetzeszwecks als Differenzierungsgrund bei Massenvorgängen wie der Steuererhebung vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 117, 1 <31> sowie Beschluss des Ersten Senats vom - 1 BvL 2/04 -, juris Rn. 83, 118 ff.).

Müsste zur Ermittlung des maßgeblichen Gewinns an den Umwandlungszeitpunkt angeknüpft werden, erforderte dies wohl vielfach eine erstmalige rückwirkende Ermittlung des Aufgabe- beziehungsweise Veräußerungsgewinns. Da eine Umwandlung nach dem Umwandlungssteuergesetz 1995 mit dem Ziel einer späteren Veräußerung in der Praxis regelmäßig zum Buchwert erfolgte, hätte dies zur Folge, dass nachträglich die Teilwerte festgestellt werden müssten. Dies ist, etwa im Fall von Immobilien oder Beteiligungen an Unternehmen, mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, insbesondere wenn - wie in der Praxis häufig - der Sachverhalt erst Jahre später anlässlich einer Betriebsprüfung aufgedeckt wird. Zudem würde ein Abstellen auf den Umwandlungszeitpunkt dazu führen, dass in der Personengesellschaft entstandene stille Reserven, die ihre wirtschaftliche Ursache noch aus Zeiten vor dem Formwechsel und damit aus Zeiten der Kapitalgesellschaft haben, nicht der Besteuerung unterworfen werden würden (vgl. dazu Kanzler, FR 2006, 424 <425>). Dies wäre wohl gerade hier der Fall. Denn Anhaltspunkte dafür, dass der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte "strategische Überpreis" beim Verkaufserlös seinen wirtschaftlichen Grund in dem Betrieb der - zivilrechtlich nur kurze Zeit bestehenden - Personengesellschaft hatte, trägt die Beschwerdeführerin nicht vor, zumal die Verkaufsverhandlungen bereits vor dem Formwechsel begonnen hatten.

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich die Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 daraus herleiten will, dass die Vorschrift auch stille Reserven erfasse, die vor der Umwandlung in einer bereits bestehenden Personengesellschaft entstanden waren, kann die Frage, ob dies zutrifft, im vorliegenden Verfahren dahinstehen. Diese Streitfrage kann nur im Fall der Verschmelzung zur Aufnahme auf eine bereits bestehende Personengesellschaft eine Rolle spielen. Beim Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine dadurch neu gegründete Personengesellschaft, wie es auch hier der Fall ist, stellt sich die Frage hingegen nicht (vgl. dazu die a.a.O. und vom , a.a.O. sowie zur verfassungsrechtlichen Problematik Söffing, FR 2005, S. 1007 <1011 f.> und Wernsmann/Desens, DStR 2008, S. 221).

Dass der Gesetzgeber bei dieser Sachlage mit der Gewerbesteuer - wie auch sonst nach dem Umwandlungssteuergesetz 1995 - an den konkreten Fall der Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung anknüpft und nicht an eine fiktive Veräußerung zum Zeitpunkt der Umwandlung, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Erstreckung der gewerbesteuerrechtlichen Verstrickung auf das von der Personengesellschaft in der Karenzzeit erwirtschaftete Betriebsergebnis ist mit Rücksicht auf dessen umwandlungsrechtliche "Herkunft" aus der Kapitalgesellschaft und die dafür sprechenden Praktikabilitätsgewinne sachgerecht und zumutbar.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 350 Nr. 2
HFR 2009 S. 302 Nr. 3
NJW 2009 S. 499 Nr. 8
WM 2009 S. 93 Nr. 2
ZIP 2008 S. 2408 Nr. 51
LAAAD-00087