Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Annahme einer greifbar gesetzwidrigen Entscheidung
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise dargelegt.
1. Die Kläger sind der Ansicht, es bedürfe der „Klärung, weil es das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, in welchen Fällen abstrakt der Begriff der Tatsache in § 173 AO mit die Höhe der Einkünfte umfasst”.
a) Mit ihrem Vorbringen machen die Kläger geltend, der Rechtssache komme eine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu. Schlüssig und substantiiert dargelegt ist dieser Zulassungsgrund dann, wenn der Beschwerdeführer konkret darauf eingeht, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Entgegen der Auffassung der Kläger ist diese Anforderung nicht schon durch den Hinweis erfüllt, der Bundesfinanzhof (BFH) habe sich zu der von ihnen aufgeworfenen Frage noch nicht grundsätzlich geäußert (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 34). Ebenso wenig wird diese Anforderung durch die Überlegung der Kläger erfüllt, weil § 173 der Abgabenordnung (AO) im Spannungsfeld zwischen Rechtssicherheit einerseits und materieller Rechtsrichtigkeit andererseits liege und es sich dabei um rechtsstaatliche Grundsätze handele, seien Zweifel bei der Auslegung und Anwendung der Vorschrift stets von grundsätzlicher Bedeutung und infolgedessen klärungsbedürftig. Die Kläger lassen außer Acht, dass Rechtsprechung und Schrifttum sich bereits umfangreich zur Anwendung des § 173 Abs. 1 AO geäußert haben. Erforderlich ist, dass sich der Beschwerdeführer damit auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb die bisherige Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt hat (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32 und 33, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
b) Die Kläger hätten sich also außer mit dem von ihnen aufgegriffenen (BFHE 172, 397, BStBl II 1994, 346) z.B. mit dem (BFH/NV 1999, 743) befassen müssen. Diesen Entscheidungen ist zu entnehmen, dass zu dem Lebenssachverhalt, der eine Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ausmacht, auch die Höhe der durch den Vorgang angefallenen Einkünfte gehören kann, so dass die Angabe der Einkunftsart oder der Erwerbsgrundlage allein den Lebenssachverhalt nicht erschöpfend wiedergibt. Die Kläger hätten sich ebenso mit der Aussage des (BFHE 125, 488, BStBl II 1979, 57) befassen müssen, dass bei möglicherweise noch unklaren, aber derzeit nicht weiter aufklärbaren tatsächlichen Verhältnissen ein Steuerpflichtiger aus dem Ergehen eines endgültigen Bescheides nicht schließen dürfe, das Finanzamt (FA) werde später bekanntwerdende Tatsachen nicht verwerten.
2. Die Kläger verlangen die Zulassung der Revision mit der Behauptung, die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils seien greifbar gesetzwidrig.
a) Zwar ist anerkannt, dass eine Entscheidung des BFH zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erforderlich sein kann, wenn ein Urteil an gravierenden Rechtsanwendungsfehlern leidet und deshalb greifbar gesetzwidrig ist.
b) Die Annahme einer greifbar gesetzwidrigen Entscheidung muss jedoch auf außergewöhnliche Fallgestaltungen beschränkt bleiben (Senatsbeschluss vom X B 163/98, BFH/NV 1999, 504). So kann eine greifbare Gesetzwidrigkeit bejaht werden, wenn eine Entscheidung jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt, auf einer Gesetzesauslegung beruht, die offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (BFH-Beschlüsse vom III B 119/00, BFH/NV 2001, 1036, und vom III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116), oder wenn das Finanzgericht (FG) eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen oder eine solche Vorschrift völlig unvertretbar ausgelegt hat. Nach Auffassung des beschließenden Senats beruht nur in solchen Fällen die Entscheidung auf einem gravierenden, unerträglichen und außerdem offenkundigen, d.h. ohne Weiteres erkennbaren Rechtsverstoß, so dass sie als mit der vorliegenden Rechtsprechung schlechthin unvereinbar und an einem so schweren Rechtsfehler leidend angesehen werden kann, dass sie bei verständiger Würdigung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheinen kann (Beschluss vom X B 154/04, BFH/NV 2008, 1116).
c) Davon kann bei dem angefochtenen Urteil nicht die Rede sein. Vom FG war die Frage zu beurteilen, ob eine mit der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1999 erstmals abgegebene Mitteilung über eine Altersrente des Rechtsvorgängers der Kläger seit März 1992 ohne Benennung der Höhe der Rentenbezüge für sich gesehen eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO mit der Folge ist, dass in Kenntnis der Mitteilung für das Jahr 1992 bzw. die folgenden Jahre erlassene Bescheide nach Eintritt der Bestandskraft nach Bekanntwerden der Höhe der Rentenbezüge nicht mehr geändert werden können. Das FG hat die Frage unter Beachtung der zu § 173 Abs. 1 AO ergangenen Rechtsprechung beantwortet. Weiter hat es die nach den Maßstäben der Rechtsprechung erforderliche Abwägung vorgenommen, ob und mit welchem Gewicht eine Verletzung der Ermittlungspflicht des FA einerseits und der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen andererseits vorliegt und zu berücksichtigen ist.
Fundstelle(n):
MAAAC-97769