Leitsatz
Die Prüfgremien nach § 106 SGB V sind auch nach der im Fallpauschalengesetz zum erfolgten Neuregelung der Honorierung ermächtigter Hochschulambulanzen weiterhin für die Wirtschaftlichkeitsprüfung dort verordneter Leistungen zuständig.
Gesetze: SGB V § 106 Abs 4; SGB V § 106 Abs 5; SGB V § 106 Abs 6; SGB V F: § 117 Abs 1 S 1 ; SGB V F: § 120 Abs 1 S 1
Instanzenzug: SG Hamburg, S 3 KA 532/06 vom
Gründe
I
Streitig ist die Zuständigkeit für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen hinsichtlich der in einer ermächtigten Hochschulambulanz verordneten Leistungen.
Das zu 2. beigeladene Universitätsklinikum betreibt eine gemäß § 117 Abs 1 SGB V zur ambulanten ärztlichen Behandlung ermächtigte Hochschulambulanz. Die dort tätigen Ärzte verordneten in den Quartalen III/2003, II/2004 und IV/2004 für Versicherte der klagenden Krankenkasse verschiedene Arzneimittel (Vitaminpräparate, Lösung zur Behandlung von Schuppen sowie ein Medikament gegen erektile Dysfunktion) im Wert von - nach Abzug von Apothekenrabatt und Zuzahlungen - insgesamt 354 Euro.
Die Klägerin beantragte im März 2004, Februar 2005 bzw Juli 2005 bei dem gemäß § 106 SGB V von den Krankenkassen und der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gebildeten Prüfungsausschuss eine "Prüfung in besonderen Fällen" nach § 20 der Prüfungsvereinbarung (PrüfV), weil sie die verschriebenen Präparate aufgrund von Vorschriften der Arzneimittel-Richtlinien in den betroffenen Behandlungsfällen als nicht verordnungsfähig ansah. Der Prüfungsausschuss wies die Anträge mit gleichlautenden Bescheiden vom als unzulässig ab, da nach einer am in Kraft getretenen Änderung des § 120 SGB V nicht mehr die Prüfgremien, sondern die Krankenkassen selbst für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Hochschulambulanzen zuständig seien. Die Prüfgremien könnten zwar im Rahmen von Durchführungsvereinbarungen gemäß § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V weiterhin mit dieser Aufgabe betraut werden, doch sei eine solche Vereinbarung bislang nicht abgeschlossen worden.
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Widersprüche der Klägerin sind ebenso wie ihre Klage ohne Erfolg geblieben. Im Urteil des Sozialgerichts (SG) Hamburg (vom - Juris) ist ausgeführt, die ab bestehende alleinige Zuständigkeit der Krankenkassen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Leistungen und Verordnungen, die in ermächtigten Hochschulambulanzen erbracht wurden, ergebe sich als notwendige Folge aus dem seit diesem Zeitpunkt geänderten Vergütungsregime. Die nunmehr unmittelbare Vergütung der Hochschulambulanzen durch die Krankenkassen anstelle der bis dahin praktizierten Honorierung durch die KÄV aus der Gesamtvergütung führe zur alleinigen Verantwortung der Krankenkassen auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung. Daran ändere die Regelung in § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V nichts, denn nicht alle der dort erwähnten ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen unterlägen der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Prüfgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung. Das Gesetz differenziere konsequent zwischen Ermächtigungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung - zB in § 116a SGB V - und solchen zur Erbringung ambulanter Leistungen - wie in §§ 117 bis 119 SGB V. Sofern in anderen gesetzlichen Bestimmungen nichts Abweichendes bestimmt werde, seien gemäß § 106 Abs 1 SGB V die von Krankenkassen und KÄV gemeinsam gebildeten Prüfgremien nur für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung zuständig. Nicht zu entscheiden sei, ob die Zuständigkeit der Prüfgremien nach § 106 SGB V im Rahmen von Ermächtigungsergänzungsverträgen gemäß § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V vereinbart werden könne, denn eine solche Vereinbarung bestehe in Bezug auf den Beigeladenen zu 2. nicht. Mit dieser Auslegung werde eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der in Institutsambulanzen erbrachten Leistungen nicht verhindert. Es stehe der Klägerin frei, eine solche Prüfung im Rahmen der gemäß § 113 Abs 4 SGB V für psychiatrische Institutsambulanzen und sozialpädiatrische Zentren vorgesehenen Strukturen durchzuführen.
5 Die Klägerin rügt mit ihrer Sprungrevision eine Verletzung der §§ 12, 106, 113, 117 und 120 SGB V. Die Zuständigkeit der Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse nach § 106 SGB V auch für Hochschulambulanzen ergebe sich aus § 106 Abs 6 SGB V, weil dort ausdrücklich die entsprechende Geltung der Absätze 1 bis 5 "für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen" angeordnet sei. Bei den in ermächtigten Hochschulambulanzen durchgeführten ärztlichen Behandlungen handele es sich ebenfalls um vertragsärztliche Versorgung; dies folge daraus, dass der Zulassungsausschuss nach § 96 SGB V diese Ermächtigungen erteilen müsse. Hingegen seien in § 113 Abs 4 SGB V die Hochschulambulanzen nicht erwähnt. Es überschreite die Grenzen der Auslegung, wenn das SG den eindeutigen Wortlaut dieser Regelungen außer Acht lasse und sein gegenteiliges Ergebnis nur mit Hilfe eines Umkehrschlusses aus dem Vergütungsregime herleite. Eine solche Bedeutung komme der Vergütungsregelung nicht zu; für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung spiele es keine Rolle, ob die Hochschulambulanzen aus der Gesamtvergütung oder unmittelbar von den Krankenkassen honoriert würden. Eine von der Rechtsprechung zu schließende Gesetzeslücke bestehe ebenfalls nicht. Die in den §§ 12, 106, 113, 117 und 120 SGB V getroffenen Regelungen seien in sich schlüssig und praktikabel; daran habe sich durch das Fallpauschalengesetz nichts geändert. Letztlich weiche das SG-Urteil auch von der Entscheidung des (Az: 6 RKa 33/89) ab.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom sowie den Beschluss des Beklagten vom aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
8 Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Beklagte führt ergänzend aus, eine Abweichung von der genannten BSG-Entscheidung liege nicht vor, denn es gebe neben den Hochschulambulanzen noch zahlreiche andere zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Kliniken, die ebenfalls "ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen" seien. Die Neuregelung durch das Fallpauschalengesetz sei so angelegt, dass ab die Hochschulambulanzen mit den psychiatrischen Institutsambulanzen und den sozialpädiatrischen Zentren auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsprüfung gleichgestellt seien. Für diese stehe in § 113 Abs 4 SGB V ein Prüfinstrumentarium zur Verfügung, welches berücksichtige, dass die Herausnahme der KÄVen aus den Leistungsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Hochschulambulanzen eine Entsprechung auch bei der Finanzierung der jeweils zuständigen Prüfeinrichtung finden müsse. Eine Gesetzeslücke bestehe somit nicht.
Die Beigeladene zu 1. macht zudem geltend, nach der zum erfolgten Rechtsänderung gehörten ambulante ärztliche Behandlungen in Hochschulambulanzen nicht mehr zur vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 106 SGB V und seien auch nicht mehr vom Sicherstellungsauftrag der KÄV umfasst; dies schließe ihre Mitverantwortung hierfür im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung aus. Die gesetzliche Regelung enthalte insoweit eine Lücke, als in § 113 Abs 4 SGB V und in § 116b Abs 5 Satz 3 SGB V Konsequenzen aus dem besonderen Vergütungsregime für ambulante Behandlungen in Krankenhäusern, psychiatrischen Institutsambulanzen und sozialpädiatrischen Zentren gezogen worden seien, während eine entsprechende Regelung für Institutsambulanzen gemäß § 117 SGB V fehle. Diese Lücke dürfe bei der gebotenen systematischen Auslegung jedoch nicht dadurch geschlossen werden, dass eine originäre Zuständigkeit der Prüfgremien nach § 106 SGB V auch für Hochschulambulanzen angenommen werde.
Der Beigeladene zu 2. äußert sich im Revisionsverfahren nicht zur Sache.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 165, 153 iVm § 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, über ihre Prüfanträge inhaltlich zu entscheiden, die sie wegen einzelner Verordnungen von Arzneimitteln durch Ärzte des Beigeladenen zu 2. gestellt hat. Die Auffassung des SG und des Beklagten, für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der in Hochschulambulanzen verordneten Arzneimittel seien seit dem stets nur noch die Krankenkassen und nicht mehr die Prüfgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung zuständig, verletzt Bundesrecht (§ 162 SGG).
1. Die Klägerin begehrt mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in der Sonderform einer Bescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Variante 3 iVm § 131 Abs 3 SGG), dass der Beklagte inhaltlich über ihre Anträge auf Festsetzung von Arzneikostenregressen entscheidet. Für dieses Verpflichtungsbegehren ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgeblich, soweit Vorschriften über das formelle Verfahren - insbesondere über die Zuständigkeitszuordnung oder die Zusammensetzung der zuständigen Verwaltungsstelle - betroffen sind ( -SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 16). Sofern keine abweichenden gesetzlichen Regelungen bestehen, ist hingegen hinsichtlich der materiellrechtlichen Vorgaben für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung und für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der betroffenen Arzneimittelverordnungen auf die Vorschriften in derjenigen Fassung abzustellen, wie sie im jeweils geprüften Zeitraum gegolten haben (BSG, aaO). Mithin sind für die hier zu entscheidende Frage der Zuständigkeit für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Verordnungsweise in Hochschulambulanzen die Vorschriften des SGB V in der ab geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG - vom , BGBl I 378, vgl dort Art 46 Abs 9) maßgeblich.
2. Aus der gesetzlichen Regelung des SGB V in der derzeit geltenden Fassung ergibt sich, dass die Prüfgremien gemäß § 106 SGB V auch die Verordnungsweise von Ärzten in Hochschulambulanzen auf ihre Wirtschaftlichkeit zu prüfen haben. Der Beklagte hat deshalb seine Zuständigkeit zur inhaltlichen Entscheidung über die Prüfanträge der Klägerin zu Unrecht verneint.
a) Nach der Rechtsprechung des BSG zum SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG - vom , BGBl I 2477) folgt aus den Vorschriften in § 106 Abs 6 iVm Abs 5 SGB V die Zuständigkeit der gemäß § 106 Abs 4 SGB V gebildeten Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse auch für Entscheidungen über Anträge der Krankenkassen auf Festsetzung von Regressen wegen unzulässiger Verordnungen von Arzneimitteln in poliklinischen Institutsambulanzen eines Universitätskrankenhauses. Der Senat hat die Zuständigkeit der Prüfgremien nach § 106 SGB V daraus abgeleitet, dass die Behandlung in solchen Polikliniken zur kassen- bzw vertragsärztlichen Versorgung gehöre und zudem unter die "im Krankenhaus erbrachten ärztlichen Leistungen" iS von § 106 Abs 6 SGB V (idF des GRG) zu subsumieren sei (BSGE 68, 195, 196 = SozR 3-2500 § 106 Nr 5 S 17). Die Rechtslage hat sich insoweit durch das Inkrafttreten des SGB V nicht geändert. Der Senat war bereits zum Rechtszustand unter Geltung der Reichsversicherungsordnung davon ausgegangen, dass ambulante Behandlungen in Universitäts-Polikliniken Bestandteil der kassenärztlichen Versorgung sind und sich die Gewährleistungsverpflichtung der KÄV auch hierauf erstreckt (BSG SozR 2200 § 368e Nr 10 S 25; BSGE 68, 195, 198 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 5 S 19 f).
b) Diese Zuständigkeit der Prüfgremien nach § 106 SGB V ist entgegen der Ansicht des Beklagten und des SG mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung des diagnoseorientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (FPG - vom , BGBl I 1412) zum nicht entfallen.
aa) Art 1 Nr 3a und Nr 4 FPG haben § 117 und § 120 SGB V umgestaltet. Die Änderung von § 117 Abs 1 SGB V beruhte auf Änderungswünschen des Bundesrats (vgl BT-Drucks 14/7421, Anlage 2, Zu Art 1 Nr 3a - neu -). Diese bestanden zum einen darin, die von der Ermächtigung begünstigten Einrichtungen zu erweitern. Zur besseren Erfassung der Versorgungswirklichkeit und des Forschungsbedarfs in speziellen Fachgebieten wurde die Möglichkeit einer Ermächtigung nicht mehr nur für herkömmliche Polikliniken vorgesehen, sondern auf alle Ambulanzeinrichtungen von Abteilungen und Instituten einer Hochschulklinik ausgedehnt (s auch Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 14/7862, S 4 - Zu Art 1 Nr 3a (neu) FPG) und deshalb die vormaligen "poliklinischen Institutsambulanzen der Hochschulen (Polikliniken)" durch "Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen)" ersetzt. Zum anderen sollten nicht mehr die Träger der Hochschulkliniken, sondern wegen ihrer größeren Sachnähe die Hochschulen oder Hochschulkliniken selbst die Ermächtigung beantragen und ergänzende dreiseitige Verträge abschließen können. Die Neufassung des § 120 SGB V war abgesehen von kleineren Änderungen insbesondere begrifflicher Art bereits in den - gleichlautenden - Gesetzentwürfen der Bundesregierung bzw der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BT-Drucks 14/7421 bzw 14/6893) enthalten. Mit der Streichung der Polikliniken in § 120 Abs 1 SGB V und der Einbeziehung der Hochschulambulanzen in die bislang nur für psychiatrische Institutsambulanzen und sozialpädiatrische Zentren vorgesehene unmittelbare Vergütung durch die Krankenkassen gemäß § 120 Abs 2 SGB V sollten die Gesamtvergütungen entlastet und zudem vermieden werden, dass die Vergütung der Hochschulkliniken "durch die innerärztliche Honorarverteilung betroffen wird" (Bericht des Ausschusses für Gesundheit, aaO, S 5 - Zu Art 1 Nr 4 FPG - Zu § 120 Abs 2). Irgendwelche Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber mit diesen Änderungen zugleich auch die Behördenzuständigkeit für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Hochschulambulanzen in Abkehr von der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat neu bestimmen wollen, sind den Gesetzesmaterialien an keiner Stelle zu entnehmen.
bb) Eine Verlagerung der Prüfungszuständigkeit von den Prüfgremien gemäß § 106 SGB V auf die Krankenkassen ab kann auch nicht aus einer systematischen Zusammenschau der §§ 106, 113 Abs 4, 115b Abs 2, 116b Abs 5 Satz 9 und Abs 6 Satz 5, 117 bis 120 SGB V hergeleitet werden. Ein solches Vorgehen hätte allerdings seine Berechtigung, falls die vorhandene gesetzliche Regelung zur Zuständigkeit für die Wirtschaftlichkeitsprüfung lückenhaft oder unklar bzw widersprüchlich wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Wie bereits erwähnt, ergibt sich die umfassende Zuständigkeit der Prüfgremien nach § 106 SGB V für die Prüfung auch der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen aus dem eindeutigen Wortlaut von § 106 Abs 6 SGB V. Nur soweit für einzelne Bereiche etwas Abweichendes geregelt ist, haben diese speziellen Zuständigkeitsregelungen Vorrang vor der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung in § 106 Abs 6 SGB V hinsichtlich aller Leistungen, die zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gehören (vgl BSGE 68, 195, 196 = SozR 3-2500 § 106 Nr 5 S 17). Eine solche spezielle Zuständigkeitsregelung für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der in Hochschulambulanzen nach § 117 SGB V erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen enthält das Gesetz jedoch nicht; sie ist insbesondere auch nicht in den Änderungen des SGB V aufgrund des FPG enthalten, denn das FPG hatte die Regelung der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht im Blick.
Die Neugestaltung des Zahlungsweges für die Leistungen der Hochschulambulanzen in § 120 Abs 2 SGB V (idF des FPG) hat weder - wie die Beigeladene zu 1. annimmt - eine Regelungslücke hinsichtlich der Zuständigkeit für Wirtschaftlichkeitsprüfungen neu geschaffen noch - wovon der Beklagte und das SG ausgehen - diese Zuständigkeit automatisch abweichend von § 106 Abs 6 SGB V geregelt. Beide Ansichten setzen voraus, dass ein den gesetzlichen Regelungen des SGB V übergeordneter allgemeiner Grundsatz zu beachten wäre, demzufolge sich die Zuständigkeit für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen danach richtet, ob die entsprechenden Leistungen aus den von den Krankenkassen an die KÄVen zu entrichtenden Gesamtvergütungen oder außerhalb dieser Gesamtvergütungen direkt durch die Krankenkassen honoriert werden (vgl Hohnholz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2008, K § 117 RdNr 11; Engelhard in Hauck/Noftz, aaO, K § 106 RdNr 104, 106; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand November 2007, C 117-9; in diesem Sinne auch Hess in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand April 2008, § 106 RdNr 94; anders derselbe, aaO, § 117 RdNr 7). Eine solche über den positiven gesetzlichen Regelungen stehende Zuständigkeitsvorgabe für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen ist jedoch nicht anzuerkennen. Zwar mag der Gedanke der Finanzierungsverantwortung für die Ausgestaltung der im SGB V explizit getroffenen - als solche regelmäßig von Zweckmäßigkeitsüberlegungen geprägten - Zuständigkeitsregelungen oftmals maßgeblich gewesen sein; ein vorrangig zu beachtendes übergesetzliches Prinzip kann hieraus jedoch nicht hergeleitet werden.
Der Senat hat vielmehr bereits in anderem Zusammenhang - hinsichtlich der Zuständigkeit für die Festsetzung von Schadensregressen bei mangelhafter zahnprothetischer Versorgung - verdeutlicht, dass es entscheidend darauf ankommt, ob die entsprechenden zahnärztlichen Leistungen Teil der vertragszahnärztlichen Versorgung und als solche von der Sicherstellungsund Gewährleistungsverpflichtung der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfasst sind; dem vom Gesetz jeweils vorgeschriebenen Zahlungsweg kommt hingegen nur untergeordnete Bedeutung zu (BSG SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 9, 14). Dasselbe gilt auch für den hier in Streit stehenden Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Arzneimittelverordnungen. Die KÄVen sind auch insoweit nicht in den Zahlungsweg eingebunden, denn die Kosten der verordneten Arzneimittel werden direkt von den Krankenkassen gegenüber den abgebenden Apotheken beglichen (s hierzu BSGE 94, 213 RdNr 10 f = SozR 4-5570 § 30 Nr 1 RdNr 9 f; BSGE 97, 23 = SozR 4-2500 § 129 Nr 3, jeweils RdNr 10). Gleichwohl erfasst die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB V offensichtlich und unbestritten auch die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung (§ 106 Abs 1 SGB V) verordneten Arzneimittel, Krankenhauseinweisungen und sonstigen veranlassten Leistungen sowie die finanziell ebenfalls ausschließlich die Arbeitgeber bzw Krankenkassen belastenden Feststellungen von Arbeitsunfähigkeit. Mithin ist nach der gesetzlichen Regelung zur Begründung der Zuständigkeit der Prüfgremien nach § 106 SGB V nicht allein der Zahlungsweg oder die Finanzverantwortung für die jeweils betroffenen Leistungen maßgeblich, sondern in erster Linie der Umstand, ob es sich um Leistungen handelt, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden.
cc) Die von Ärzten in Hochschulambulanzen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang erbrachten ambulanten Leistungen sind weiterhin Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Dies ergibt sich daraus, dass die Hochschulambulanzen gemäß § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V zu ermächtigen sind. Die Rechtsfolge einer solchen Ermächtigung wird in § 95 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Satz 1 SGB V (ab idF von Art 6 Nr 16 des PflegeWeiterentwicklungsgesetzes vom , BGBl I 874) näher beschrieben; dort ist angeordnet, dass die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. In § 95 Abs 4 Satz 2 SGB V ist zudem bestimmt, dass sämtliche vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung auch für die ermächtigte Einrichtung verbindlich sind. Nur über diese Brücke sind auch die ArzneimittelRichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, die ihrerseits kraft Gesetzes Bestandteil der Bundesmantelverträge sind (§ 92 Abs 8 SGB V), für die Tätigkeit der Ärzte in den Hochschulambulanzen maßgeblich. Daraus ergibt sich, dass die vom SG und von der Beigeladenen zu 1. aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts in §§ 116 bis 119b SGB V angenommene verschiedene Qualität von Ermächtigungen "zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten" einerseits und "zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten" andererseits nicht besteht. Alle diese Ermächtigungen führen dazu, dass von Nicht-Vertragsärzten Leistungen im Rahmen und nach den Regeln der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden können. Davon geht nicht zuletzt auch § 2 Abs 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (idF vom - DÄ 2008, A-1406) aus, wenn dort festgehalten wird, dass die ärztlichen Leistungen in ermächtigten poliklinischen Institutsambulanzen der Hochschulen und - unbeschadet der besonderen Regelungen über die Vergütung - die ärztlichen Leistungen in ermächtigten psychiatrischen Institutsambulanzen sowie in ermächtigten sozialpädiatrischen Zentren zur vertragsärztlichen Versorgung gehören.
dd) Im Ergebnis sind somit die Prüfgremien nach § 106 SGB V auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Verordnungen, die von Ärzten in ermächtigten Hochschulambulanzen zu Lasten der Krankenkassen ausgestellt wurden, zuständig (ebenso Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand März 2008, § 106 SGB V RdNr 63; Hess, aaO, § 117 RdNr 7). Von dieser Rechtslage wird auch in der Prüfpraxis verbreitet ausgegangen (vgl zB die Regelung in Nr 11 der Anlage 3 zu der ab geltenden PrüfV für den Bereich der KÄV Bayerns, wobei gemäß der Protokollnotiz Nr 4 die Vertragspartner übereinstimmen, dass sich die Prüfung der Hochschulambulanzen auf die verordneten Leistungen beschränkt, weil die Vergütung dieser Einrichtungen pauschaliert erfolgt; s auch § 2 Abs 1 der Vereinbarung zur Überwachung und Kostentragung der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V zwischen der KÄV Sachsen und den Krankenkassen). Keiner Entscheidung bedarf vorliegend, ob in den dreiseitigen Verträgen auf der Grundlage von § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V zur Regelung näherer Einzelheiten der Durchführung der Ermächtigung eine hiervon abweichende Prüfzuständigkeit - etwa ausschließlich der Krankenkassen - wirksam vereinbart werden kann (ausdrücklich verneint noch in BSGE 68, 195, 199 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 5 S 20), denn eine solche Vereinbarung ist für die Hochschulambulanzen des Beigeladenen zu 2. nicht abgeschlossen worden. Die mit Wirkung vom in § 116b Abs 6 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V (idF des PflegeWeiterentwicklungsgesetzes) allerdings nur hinsichtlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Verordnungen eröffnete Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber bei Übereinstimmung aller Beteiligten auch die Regelung der Zuständigkeit für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung für disponibel hält.
3. Nach alledem erweist sich die Entscheidung des Beklagten zur Unzuständigkeit der Prüfgremien als rechtswidrig und ist somit aufzuheben. Bei der nunmehr zu treffenden inhaltlichen Entscheidung über die Regressanträge der Klägerin ist allerdings zu beachten, dass nach § 106 Abs 5 Satz 1 und 8 SGB V (in der ab geltenden Fassung des GKV-WSG) über die Ausgleichspflicht für den Mehraufwand für Leistungen, die durch das Gesetz oder die Richtlinien nach § 92 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen sind, im Verwaltungsverfahren ausschließlich die Prüfungsstelle zu entscheiden hat und ein Vorverfahren insoweit nicht mehr stattfindet. Der Beklagte wird deshalb die Sache zur weiteren Prüfung an die Prüfungsstelle abzugeben haben. Eine unmittelbare Verurteilung der Prüfungsstelle zur erneuten Bescheidung ist dem Senat nicht möglich, da diese bislang am Verfahren nicht beteiligt war und in der Revisionsinstanz auch nicht mehr beteiligt werden kann (vgl § 168 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und Abs 3, § 159 Satz 1 und § 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2. ist nicht veranlasst, weil dieser keinen Antrag gestellt hat (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 16).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAC-97656