Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 263
Instanzenzug: LG Oldenburg, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges unter Einbeziehung von anderweitig verhängten Strafen zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und ausgesprochen, dass hiervon drei Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als verbüßt gelten. Gegen dieses Urteil wendet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtmittel führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht.
Der Strafausspruch kann hingegen nicht bestehen bleiben. Der vom Landgericht angenommene und seiner Strafzumessung zugrunde gelegte besonders schwere Fall des Betruges in der Alternative des Herbeiführens eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Alt. StGB) wird durch die Urteilsfeststellungen nicht hinreichend belegt.
1. Danach gewährte die geschädigte Bank dem Angeklagten einen Kredit in Höhe von 1,7 Millionen € zur Finanzierung des Kaufpreises für eine Immobilie, die - nach einem von der Bank in Auftrag gegebenen Gutachten abzüglich der Kosten für notwendige Sanierungen - einen Wert von lediglich 1,682 Millionen € hatte. Um diesen Kredit zu erlangen, hatte der - erst wenige Wochen zuvor aus der Untersuchungshaft in einer anderen Betrugssache entlassene - Angeklagte der Bank unter anderem durch die Vorlage gefälschter Unterlagen über seine Einkommens- und Vermögenslage sowie durch eine inhaltlich falsche Selbstauskunft vorgespiegelt, dass er zur Bedienung des Kredits in der Lage sei. Im Vertrauen auf die wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten zahlte die Bank im Dezember 2003 das Darlehen aus. Zur Sicherung ihrer Ansprüche wurde der Kreditgeberin eine Grundschuld über 1,7 Millionen € bestellt. Nachdem der Bank später die wahren finanziellen Verhältnisse des Angeklagten - kein festes Einkommen und Verbindlichkeiten von mehr als drei Millionen € - bekannt geworden waren, kündigte sie den Kredit und veräußerte die Immobilie im August 2005 freihändig zum Preis von 1,3 Millionen €. Infolgedessen verblieb bei der Darlehensgeberin letztlich ein Schaden von 520.000 € inklusive der aufgelaufenen Zinsen. Diesen Betrag hat das Landgericht als Betrugsschaden zugrunde gelegt. Der Angeklagte habe diese Schädigung der Bank zumindest billigend in Kauf genommen.
2. Die Feststellungen zur Höhe des Vermögensschadens halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Vermögensschaden im Sinne von § 263 StGB ist ein negativer Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der irrtumsbedingten Vermögensverfügung des Getäuschten (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 263 Rdn. 70 m. w. N.). An einem Schaden fehlt es, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und - ohne dass dies der Schuldner vereiteln kann - mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (vgl. Fischer aaO § 263 Rdn. 102 m. w. N.). Danach entfiel ein Vermögensschaden im Sinne des Betrugstatbestandes, soweit die als Sicherheit eingeräumte Buchgrundschuld werthaltig war (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 54). Somit lag - gemessen am damaligen, auch dem Angeklagten bekannten Wert der Immobilie - nach den getroffenen Feststellungen eine Deckungslücke in Höhe von (lediglich) 18.000 € vor. In dieser Höhe wurde die Bank in ihrem Vermögen geschädigt.
Darauf, dass der Gläubigerin aus dem Kreditgeschäft mit dem Angeklagten letztlich ein Vermögensverlust von 520.000 € entstanden ist, kommt es hingegen insoweit nicht an; denn hinsichtlich der Werthaltigkeit der Sicherheit ist auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung abzustellen (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 331). Der darüber hinaus gehende Schaden der Bank kam allenfalls als verschuldete Tatauswirkung (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 241, 242).
b) Danach ist das Herbeiführen eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes durch den Angeklagten bereits objektiv nicht belegt (vgl. BGHSt 48, 360). Die Urteilsgründe tragen auch die Annahme des Landgerichts nicht, der Angeklagte habe die Schädigung der Gläubigerin in Höhe von 520.000 € billigend in Kauf genommen. Offen bleibt insofern, weshalb der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung im Dezember 2003 den Eintritt eines Schadens diesen Umfangs für möglich hielt. Der Umstand, dass der rund ein Jahr und acht Monate später vorgenommene freihändige Verkauf der Immobilie einen etwa 400.000 € unter der früheren Bewertung liegenden Erlös erbrachte, ließ einen Schluss auf den Schädigungsvorsatz des Angeklagten zur Zeit der Auszahlung des Darlehens jedenfalls nicht zu.
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Zugrundelegung des rechtlich zutreffenden Schadensumfanges eine niedrigere Einzelstrafe und eine mildere Gesamtstrafe zugemessen hätte. Dies hat die Aufhebung des Strafausspruches zur Folge.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
wistra 2009 S. 60 Nr. 2
IAAAC-97620
1Nachschlagewerk: nein