Ungleichbehandlung auf Grund des Sitzes eines Unternehmens
Leitsatz
Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 52 EWG-Vertrag verstoßen, daß sie den in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nicht unter den gleichen Bedingungen wie Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich ein Steuerguthaben für die von diesen Zweigniederlassungen und Agenturen bezogenen Dividenden französischer Gesellschaften gewährt hat.
Gesetze: EG Art. 43
Tatbestand
Der Sachverhalt, der Verfahrensablauf sowie die Anträge und das Vorbringen der Parteien im schriftlichen Verfahren lassen sich wie folgt zusammenfassen:
I – Sachverhalt
1. Die französischen Vorschriften über das Steuerguthaben
Gemäß Artikel 205 des französischen Code général des impôts (Abgabenordnung) wird von den dort in Artikel 206 aufgeführten Gesellschaften und anderen juristischen Personen eine Steuer auf sämtliche Gewinne oder Einkünfte erhoben, die von den steuerpflichtigen Gesellschaften und juristischen Personen erzielt werden. Diese Steuer wird als Körperschaftsteuer bezeichnet. Ihr Satz beträgt 50 %. Sie entspricht bei den Gesellschaften und juristischen Personen, von denen sie erhoben wird, der Einkommensteuer für natürliche Personen gemäß Artikel 1 des Code général des impôts.
Gesellschaften sind grundsätzlich unabhängig vom Ort ihres Sitzes oder dem Mittelpunkt ihrer Betätigung körperschaftsteuerpflichtig. Gemäß Artikel 209 des Code général des impôts werden in diesem Rahmen nur Gewinne berücksichtigt, die von in Frankreich tätigen Unternehmen oder solchen Unternehmen erzielt werden, deren Besteuerung durch ein internationales Doppelbesteuerungsabkommen Frankreich zugewiesen ist.
Um die kumulative Besteuerung der von den Gesellschaften ausgeschütteten Einkünfte einzuschränken, die ein erstes Mal bei den Gesellschaften, die die Dividenden ausschütten, mit der Körperschaftsteuer belegt werden, und sodann ein zweites Mal bei den Empfängern entweder mit der Einkommensteuer für natürliche Personen oder mit der Körperschaftsteuer, ist durch Artikel 158a des Code général des impôts eine als „avoir fiscal” (Steuerguthaben) bezeichnete Steuergutschrift zugunsten der Empfänger von Dividenden geschaffen worden. Diese Vorschrift lautet wie folgt:
„Personen, die von französischen Gesellschaften ausgeschüttete Dividenden empfangen, verfügen insoweit über Einkünfte, die sich zusammensetzen aus
den Geldbeträgen, die sie von der Gesellschaft erhalten, und
einem Steuerguthaben in Form einer Gutschrift der Staatskasse.
Diese Steuergutschrift entspricht der Hälfte der von der Gesellschaft tatsächlich gezahlten Beträge.
Von dieser Gutschrift kann nur insoweit Gebrauch gemacht werden, als die Einkünfte in der Besteuerungsgrundlage für die von dem Empfänger geschuldete Einkommensteuer enthalten sind.
Sie wird auf diese Steuer angerechnet.
…”
Gemäß Artikel 158b des Code général des impôts wird das Steuerguthaben „nur Personen, die ihren tatsächlichen Wohnsitz oder ihren Sitz in Frankreich haben”, gewährt.
Artikel 242c des Code général des impôts lautet:
„Das Steuerguthaben kann Personen mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet der Staaten gewährt werden, die mit Frankreich Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen haben. Die Einzelheiten und die Durchführungsbestimmungen werden für jedes Land durch diplomatische Abkommen geregelt.”
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich – vorbehaltlich gegenteiliger Regelung in einem Doppelbesteuerungsabkommen –, daß zwar Gesellschaften und juristische Personen mit Sitz in Frankreich einschließlich der in Frankreich errichteten Tochterunternehmen ausländischer Gesellschaften in den Genuß der Regelung des Steuerguthabens gelangen, daß dieser Vorteil jedoch den in Frankreich gelegenen Agenturen und Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland verweigert wird. Nach einer Verwaltungsanordnung vom wird das Steuerguthaben nicht für Dividenden gewährt, die von französischen Gesellschaften an ausländische Gesellschaften mit einer Niederlassung in Frankreich ausgeschüttet werden, selbst wenn diese Dividenden sonst zu den in Frankreich besteuerten Einkünften dieser Niederlassung gehören.
Nach Artikel 15 der Loi de finances (Finanzgesetz) für 1978 (Nr. 77–1467 vom ) können Versicherungs-, Rückversicherungs- und Kapitalisierungsgesellschaften von ihrer Körperschaftsteuerschuld die gesamte gemäß Artikel 158a des Code général des impôts erteilte Steuergutschrift in bezug auf die Dividenden, die sie beziehen, in Abzug bringen.
2. Das vorgerichtliche Verfahren
Mit Schreiben vom teilte die Kommission der französischen Regierung gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag mit, ihrer Ansicht nach stelle die Anwendung einer anderen Regelung des Steuerguthabens auf in Frankreich befindliche Agenturen und Zweigniederlassungen von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherungsgesellschaften als auf französische Versicherungsgesellschaften eine diskriminierende Behandlung dar, die gegen Artikel 52 EWG-Vertrag verstoße.
In ihrem Antwortschreiben vom erklärte die französische Regierung, es handele sich nur um einen besonderen Aspekt des allgemeineren Problems der Verwendung des Steuerguthabens durch natürliche und juristische Personen mit Sitz außerhalb Frankreichs, die in Frankreich eine Tätigkeit ausübten. Diese Regelung sei dadurch gerechtfertigt, daß die steuerliche Situation einer französischen Gesellschaft in verschiedener Beziehung nicht die gleiche sei wie diejenige einer Betriebsstätte (Agentur oder Zweigniederlassung) einer ausländischen Gesellschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitze. Die davon herrührenden steuerlichen Probleme könnten nicht einseitig auf der Grundlage von Artikel 52 EWG-Vertrag gelöst werden, sondern nur im Rahmen einer Angleichung des Steuerrechts auf dem Gebiet der direkten Steuern oder auf bilateraler Ebene im Rahmen von Besteuerungsabkommen. Jede andere Lösung berge die Gefahr der Steuerflucht in sich.
Am gab die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag ab, in der sie geltend machte, die französische Regierung habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag, insbesondere Artikel 52, verstoßen, daß sie den in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherungsgesellschaften nicht unter denselben Voraussetzungen wie französischen Gesellschaften ein Steuerguthaben gewährt habe. Die fragliche französische Regelung zwinge die ausländischen Gesellschaften dazu, in Frankreich Tochtergesellschaften, also Gesellschaften französischen Rechts, zu gründen, und benachteilige Zweigstellen und Agenturen ohne eigene Rechtspersönlichkeit; auf diese Weise höhle sie Artikel 52 EWG-Vertrag aus. Die begonnenen Vorarbeiten für eine Harmonisierung könnten nichts an der Verpflichtung jedes einzelnen Mitgliedstaats ändern, bereits von jetzt an sein eigenes Steuersystem auf nichtdiskriminierende Weise anzuwenden.
Die französische Regierung antwortete mit Schreiben vom , es sei nicht möglich, die steuerrechtliche Regelung für Zweigstellen ausländischer Versicherungsgesellschaften in Frankreich einseitig zu ändern. Um eine völlige steuerliche Gleichbehandlung von Tochtergesellschaften und Zweigstellen ausländischer Versicherungsunternehmen herzustellen, müsse man eine ganze Reihe anderer Bestimmungen, darunter einige, durch die Zweigstellen gegenüber Tochtergesellschaften bevorzugt würden, ändern. Außerdem würde eine Maßnahme, die auf Versicherungsgesellschaften beschränkt bliebe, diskriminierenden Charakter haben, denn das Problem betreffe die Zweigniederlassungen aller ausländischen Gesellschaften. Eine ausländische Gesellschaft habe im übrigen immer die Möglichkeit, eine Tochtergesellschaft zu gründen, um das Steuerguthaben zu erhalten.
II – Verfahren und Anträge
1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage gegen die Französische Republik erhoben.
Die Kommission beantragt,
festzustellen, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag, insbesondere Artikel 52, verstoßen hat, daß sie den in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherungsgesellschaften nicht unter den gleichen Bedingungen wie französischen Gesellschaften ein Steuerguthaben gewährt hat;
der Französischen Republik die Verfahrenskosten aufzuerlegen.
2. Die Französische Republik beantragt,
die Klage der Kommission abzuweisen;
der Klägerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen.
3. Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen.
Der Gerichtshof hat nach Anhörung des Generalanwalts beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die Parteien sind jedoch aufgefordert worden, vor der mündlichen Verhandlung schriftlich einige Fragen zu beantworten.
III – Vorbringen der Parteien im schriftlichen Verfahren
1. Zum diskriminierenden Charakter der französischen Regelung über das Steuerguthaben
a) Die Kommission macht geltend, die streitige französische Regelung verstoße gegen Artikel 52 Absatz 2 EWG-Vertrag, denn sie benachteilige Gesellschaften des Rechts eines anderen Mitgliedstaats.
Nach dieser Regelung würden die französischen Versicherungsgesellschaften einschließlich der französischen Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen sowie die französischen Agenturen und Zweigniederlassungen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat unterschiedlich behandelt, obwohl die Ausübung einer Versicherungstätigkeit in Frankreich durch eine französische Gesellschaft keinerlei Unterschied zu der Ausübung der gleichen Tätigkeit durch die Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft aufweise. Durch die streitige Regelung würden die Agenturen und Zweigniederlassungen, denen das Steuerguthaben vorenthalten werde, in eine ungünstigere Lage versetzt. Für diese Ansicht beruft sich die Kommission auf das folgende bezifferte Beispiel: Für ein und dieselbe ausgeschüttete Dividende von 100 FF zahle eine Gesellschaft mit Sitz in Frankreich Körperschaftsteuer in Höhe von 25 FF, nämlich ([100 + 50] × 50 %) – 50 FF, während eine Agentur oder Zweigniederlassung einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat Steuer in Höhe von 50 FF, nämlich 100 × 50 %, zahle.
Der wesentliche Unterschied zwischen der französischen Tochtergesellschaft einer ausländischen Gesellschaft und einer Agentur oder Zweigniederlassung bestehe darin, daß die Tochtergesellschaft nichts anderes als eine Gesellschaft französischen Rechts sei, während die Agentur und die Zweigniederlassung Bestandteil der Gesellschaft ausländischen Rechts blieben. Die beanstandete diskriminierende Behandlung sei somit darin begründet, daß für eine Gesellschaft französischen Rechts und eine Gesellschaft des Rechts eines anderen Mitgliedstaats unterschiedliche steuerliche Regelungen gälten. Das Kriterium des Gesellschaftssitzes laufe tatsächlich darauf hinaus, daß eine Unterscheidung aufgrund eines Kriteriums getroffen werde, das dem der Staatsangehörigkeit bei natürlichen Personen entspreche, denn der Sitz einer Gesellschaft diene deren Zuordnung zu einer bestimmten Rechtsordnung. Zudem bedeute das Abstellen auf den Wohnsitz einer Person eine verschleierte Diskriminierung.
Diese ungleiche Behandlung führe dazu, daß ausländische Gesellschaften, die ihre Tätigkeit in Frankreich durch eine Zweigniederlassung oder eine Agentur ausübten, in zweierlei Hinsicht benachteiligt würden. Zum einen könne die streitige Regelung bewirken, daß die ausländischen Gesellschaften höhere Tarife als ihre französischen Mitbewerber ansetzen müßten und auf diese Weise unter Verstoß gegen Artikel 3 Buchstabe f EWG-Vertrag den Wettbewerb verfälschten. Zum anderen beschränke diese Regelung die Wahlfreiheit der Agenturen und Zweigniederlassungen ausländischer Versicherungsgesellschaften bei der Zusammensetzung ihrer Bestände und ihrer Anlagen in beweglichen Aktiva, denn die erste Richtlinie 73/239 des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) (ABl. L 228, S. 3) und die erste Richtlinie 79/267 des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) (ABI. L 63, S. 1) sowie die zur Durchführung dieser Richtlinien erlassenen französischen Rechtsvorschriften hinderten die Zweigniederlassungen ausländischer Versicherungsgesellschaften dadurch, daß ihnen die Bildung technischer Reserven vorgeschrieben werde, die „durch Aktivwerte gedeckt werden [müssen], die gleichwertig, kongruent und im Tätigkeitsland belegen sind”, was wiederum „die Bedeckung von Verpflichtungen, deren Erfüllung in einer bestimmten Währung gefordert werden kann, durch Aktiva, deren Wert in der gleichen Währung veranschlagt ist oder die in dieser Währung realisierbar sind”, bedeute, daran, ausländische Beteiligungen zu halten; somit seien sie praktisch dazu gezwungen, ihre Bestände aus französischen Schuldverschreibungen zu bilden, für die kein Steuerguthaben gewährt werde.
Die Diskriminierung von Gesellschaften des Rechts eines anderen Mitgliedstaats werde noch dadurch verdeutlicht, daß das französische Steuerrecht in Artikel 209 des Code général des impôts zur Ermöglichung der Besteuerung ein anderes Kriterium verwende als zur Vermeidung der Steuerbefreiung. Von der Besteuerung her gesehen werde nämlich bei den Zweigniederlassungen von Gesellschaften des Rechts eines anderen Mitgliedstaats die gleiche Regelung angewandt wie bei französischen Gesellschaften; die Festlegung der Besteuerungsgrundlage und der Steuersatz seien in beiden Fällen gleich, während ihnen jedoch die Steuerbefreiung verweigert werde. Entsprechend dem Grundsatz der Territorialität der Steuer würden bei einer französischen Gesellschaft oder einer Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft in Frankreich nur die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit in Frankreich besteuert, und die Tätigkeit einer ausländischen Zweigniederlassung einer französischen Gesellschaft werde in Frankreich nicht besteuert.
Die Wahl der Form der Geschäftsnebenstelle – Tochtergesellschaft, Agentur oder Zweigniederlassung – sei keineswegs ohne Bedeutung. Zum einen sei die Gründung einer Tochtergesellschaft wegen der mit der Errichtung einer neuen Gesellschaft verbundenen Kosten teurer. Zum anderen könnten das Alter und der Ruf einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat durch die Gründung einer neuen Gesellschaft in gewisser Weise verdeckt werden.
Es könne auch keinesfalls hingenommen werden, daß die Gewährung des Steuerguthabens auch an Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig gemacht werde, daß französischen Gesellschaften im Rahmen von bilateralen Besteuerungsabkommen der gleiche Vorteil gewährt werde. Der Gerichtshof habe in seinem Urteil vom in der Rechtssache 159/78 (Kommission/Italien, Slg. 1979, 3247) festgestellt, daß die Verpflichtungen gemäß Artikel 52 EWG-Vertrag von keiner Gegenseitigkeitsvoraussetzung abhängig gemacht werden dürften. Zwar nähmen derzeit einige Mitgliedstaaten in bezug auf die Erteilung des Steuerguthabens die gleiche Haltung wie Frankreich ein, eine Entscheidung des Gerichtshofes in dieser Frage sei jedoch bindend für alle Mitgliedstaaten, die somit diese Einschränkung ebenfalls beseitigen müßten, so daß dem Gegenseitigkeitserfordernis Genüge getan sei. Im übrigen sei das Gegenseitigkeitserfordernis in der Gemeinschaft praktisch gegenstandslos, denn mit Ausnahme von Griechenland, wo Dividenden für das ausschüttende Unternehmen abzugsfähig seien, sowie von Luxemburg und den Niederlanden, wo das klassische Besteuerungssystem gelte, würden Steuerguthabenen auch Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften gewährt (Deutschland, Dänemark, Italien), oder die ausgeschütteten Dividenden würden nicht besteuert (Belgien, Irland, Vereinigtes Königreich). Zudem dürften Doppelbesteuerungsabkommen, die nach dem Inkrafttreten des EWG-Vertrags abgeschlossen worden seien, keinerlei Wirkungen entfalten, die nicht mit dem Vertrag vereinbar seien, und der Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht verbiete es, daß man sich im vorliegenden Fall entgegen dem Gemeinschaftsrecht auf eine Rechtsnorm berufen könne, die als Bestandteil des französischen Rechts gelte, wie dies gemäß Artikel 55 der französischen Verfassung bei zwischenstaatlichen Übereinkünften der Fall sei.
b) Die französische Regierung macht geltend, die direkte Besteuerung gehöre beim gegenwärtigen Stand des Rechts zur Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die sie vorbehaltlich des EWG-Vertrags nach ihrem Belieben gestalten könnten; nach Bedarf könnten sie auch zwischenstaatliche Abkommen schließen. Die Nichtgewährung des Steuerguthabens an Agenturen und Zweigniederlassungen nicht gebietsansässiger Versicherungsgesellschaften gehöre in den vom Code général des impôts und den Doppelbesteuerungsabkommen gebildeten systematischen Zusammenhang.
Das Diskriminierungsverbot werde nicht berührt, da die Lage einer Betriebsstätte anders sei als die einer Einheit mit eigener Rechtspersönlichkeit; beide Formen böten Versicherungsgesellschaften, die in Frankreich tätig werden wollten, Vor- und Nachteile. Diese Unterschiede hätten entsprechend den anerkannten Grundsätzen des internationalen Rechts und der Praxis der meisten Mitgliedstaaten dazu geführt, daß Frankreich auf die Betriebsstätten die steuerliche Regelung für Gebietsfremde anwende. Die Unterscheidung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden werde von den meisten Staaten vorgenommen; sie werde in allen diesen Staaten als notwendig und nicht diskriminierend angesehen.
Die französische Regierung verweist auf die Bedeutung des Kriteriums des Wohnsitzes bei natürlichen Personen und des Sitzes bei juristischen Personen in der Regelung der direkten Besteuerung nach französischem Recht. Bei Gesellschaften stelle das Kriterium des Sitzes im französischen Recht wie in den meisten anderen Steuerrechtsordnungen auf den Ort des Sitzes oder der tatsächlichen Leitung der rechtlichen Einheit ab. Weder bei natürlichen noch bei juristischen Personen beruhe die Unterscheidung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden auf der Staatsangehörigkeit. Die Kommission selbst räume die Möglichkeit dieser Unterscheidung bei natürlichen Personen ein. Da nach internationalem Recht einer Betriebsstätte keine eigene Rechtspersönlichkeit zugebilligt werde, könne diese nur nach dem Recht derjenigen Gesellschaft behandelt werden, zu der sie gehöre, und dies sei das Recht des Sitzes der Gesellschaft. Deshalb könne einer Gesellschaft mit Sitz in den französischen Überseegebieten, in denen ein eigenes Steuersystem gelte, kein Steuerguthaben gewährt werden, während eine Tochtergesellschaft mit Sitz in Frankreich steuerlich als gebietsansässig behandelt werde, selbst wenn sie vollständig Anteilseignern gehöre, die im Ausland oder in den Überseegebieten ansässig seien.
Der Sitz als Kriterium des internationalen Steuerrechts sei auch in das Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der OECD aufgenommen worden. In allen Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung, die Frankreich mit zahlreichen Ländern, darunter sämtlichen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, abgeschlossen habe, werde ungeachtet von Besonderheiten aufgrund der Beschaffenheit der jeweiligen nationalen Steuersysteme zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden unterschieden, und Zweigniederlassungen und Agenturen von Gesellschatten mit Sitz im Ausland würden als Betriebsstätten eingestuft, für die besondere Bestimmungen gälten. Diese Abkommen beruhten ebenfalls auf dem Diskriminierungsverbot.
Die steuerrechtliche Regelung für Betriebsstätten in bezug auf das Steuerguthaben sei zwar unterschiedlich, jedoch nicht diskriminierend, da diese unterschiedliche Behandlung Unterschieden in der objektiven Lage entspreche. Die unterschiedliche Behandlung beruhe auf dem Kriterium des Sitzes und nicht der Staatsangehörigkeit. Das Fehlen der eigenen Rechtspersönlichkeit bei einer Betriebsstätte ermögliche es ihr, unter vorteilhafteren Bedingungen tätig zu sein als Tochtergesellschaften, da sie das Kapital und bestimmte Betriebsmittel der nicht gebietsansässigen Gesellschaft nutzen könne und von deren Ruf und Solvabilitätsgarantien profitiere.
In der Regelung für Betriebsstätten sei zwar die Gewährung des Steuerguthabens nicht vorgesehen, hingegen sei diese Regelung in anderen Fragen günstiger als diejenige für Tochtergesellschaften. Von Betriebsstätten werde keine Übertragungsgebühr erhoben, die bei einer Gesellschaft französischen Rechts einschließlich der Tochtergesellschaften im Falle der Gründung, Kapitalerhöhung, Umwandlung usw. fällig werde. Aufgrund der Abkommen mit den anderen Mitgliedstaaten werde auf Gewinne, die eine Betriebsstätte in Frankreich erwirtschafte, keine Steuer erhoben, die eine nicht gebietsansässige Gesellschaft im Land ihres Sitzes abführen müsse. Schließlich habe Frankreich im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen und entsprechend den von der OECD ausgearbeiteten Grundsätzen darauf verzichtet, auf im Ausland ausgeschüttete Gewinne eine Quellensteuer einzubehalten.
Die von der Kommission vorgeschlagene Lösung werfe auch das Problem des Abzugsbetrags (précompte), des Gegenstücks zum Steuerguthaben, auf: Das Steuerguthaben werde nämlich nur dann gewährt, wenn die ihm zugrundeliegende Körperschaftsteuer zum Satz von 50 % entrichtet werde, während im gegenteiligen Fall, beispielsweise bei der Besteuerung des Vermögenszuwachses zum Satz von 15 %, die Dividenden ausschüttende Gesellschaft eine ergänzende, als Abzugsbetrag bezeichnete Steuer zu entrichten habe.
Die Nachteile, die die steuerliche Regelung für Betriebsstätten nach Ansicht der Kommission mit sich bringe, seien in Wirklichkeit nicht feststellbar. Die in der Richtlinie 73/239 des Rates vom und im französischen Code des assurances (Versicherungsgesetz) aufgestellten Grundsätze der Deckung der technischen Verpflichtungen und der Kongruenz verlangten keineswegs den Besitz von Aktien im Bestand einer Versicherung, sondern beschränkten sich darauf, hierfür einen höchstzulässigen Prozentsatz neben den Schuldverschreibungen festzusetzen. Zudem könne eine Zweigniederlassung neben Schuldverschreibungen ausländische Aktien halten, die in Frankreich an der Börse gehandelt würden. Auf jeden Fall hielten die Beschränkung des Umfangs des Aktienbestandes, den eine Gesellschaft halten dürfe, und die niedrigere Rendite dieser Anlageform den finanziellen Einfluß – falls dieser überhaupt vorhanden sei – der Nichtgewährung des Steuerguthabens an Betriebsstätten in Grenzen. Die wesentliche Bedeutung einer Anlage in Aktien bestehe in der Möglichkeit, unter Umständen einen Kapitalzuwachs zu erzielen, über den Zweigniederlassungen ebenso wie Gesellschaften mit Sitz in Frankreich verfügen könnten. Einige Versicherungsgesellschaften, die die niedrigsten Tarife auf dem französischen Markt praktizierten, hielten im übrigen nur Schuldverschreibungen. Die Erfahrung zeige außerdem, daß Versicherungsgesellschaften, die ihre Tätigkeit in der Form von Zweigniederlassungen oder Agenturen ausübten, keine höheren Tarife praktizierten, was nicht überraschen könne, denn die Wettbewerbsfähigkeit und die Höhe der Tarife hingen viel mehr von der Höhe der Gemeinkosten, der Art und Weise des Vertriebs, sowie der Vertragsabschlußpolitik als von der Gewährung des Steuerguthabens für einen auf jeden Fall beschränkten Teil der im Anlagebestand vorhandenen Aktiven ab.
Die von der Kommission vorgeschlagene Lösung führe dazu, daß Frankreich das durch die Doppelbesteuerungsabkommen mit den anderen Mitgliedstaaten hergestellte Gleichgewicht einseitig störe. Das Bestehen von Doppelbesteuerungsabkommen könne bei der Beurteilung der Frage, ob die französische Regelung diskriminierenden Charakter besitze, nicht außer acht gelassen werden. Diese Abkommen beruhten auf dem Diskriminierungsverbot, und mit ihnen werde bezweckt, den hauptsächlichen Grund für eine diskriminierende Behandlung, nämlich die Doppelbesteuerung, zu beseitigen. Eine einseitige Handlungsweise sei nicht dazu geeignet, diese Zielsetzung zu verwirklichen; der bilaterale Rahmen dieser Abkommen ermögliche es im Gegenteil, ausgewogene Lösungen zu finden.
c) Die Kommission erwidert in bezug auf die Vorteile, die die Regelung für Betriebsstätten nach Ansicht der französischen Regierung besitzt, die jährliche Entrichtung der Körperschaftsteuer könne nicht, wie die französische Regierung dies tue, mit der Entrichtung der Eintragungsgebühren verglichen werden, die, wenn eine Gesellschaft nicht umgewandelt werde, nur einmal während des Bestehens einer Gesellschaft bei ihrer Gründung fällig würden.
In bezug auf die praktizierten Tarife räumt die Kommission ein, daß die Zweigniederlassungen ausländischer Versicherungsgesellschaften keine höheren Tarife praktizierten als ihre französischen Konkurrenten. Dies bedeute jedoch ganz einfach, daß nur besonders wirtschaftlich arbeitende ausländische Gesellschaften in Frankreich trotz der nachteiligen rechtlichen Regelung in Form einer Tochtergesellschaft tätig seien. Zwar zwinge der Grundsatz der Kongruenz der Aktiva nicht dazu, französische Aktien zu halten; er bewirke jedoch, daß die Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft infolge der Verweigerung des Steuerguthabens bei der Zusammensetzung ihres Bestandes über weniger ausgedehnte Möglichkeiten verfüge als eine Gesellschaft mit Sitz in Frankreich.
2. Zum Vorliegen einer indirekten Beschränkung für Nebenniederlassungen
a) Die Kommission macht zweitens geltend, diese steuerrechtliche Regelung stelle eine indirekte Beschränkung für Nebenniederlassungen im Sinne von Artikel 52 Absatz 1 EWG-Vertrag sowie der Wahl der Form der Agentur oder Zweigniederlassung für Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in Frankreich dar.
Eine Gesellschaft, die gemäß Artikel 58 EWG-Vertrag über das Recht der Niederlassung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats verfüge, habe den Zugang dazu gemäß Artikel 52 in Form einer Agentur, Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft. Ferner zwinge die unterschiedliche steuerrechtliche Regelung die Agenturen und Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften dazu, die Grundsätze ihres Finanzgebarens unter Voraussetzungen festzulegen, die sich von denjenigen, die für Gesellschaften mit Sitz in Frankreich gälten, unterschieden. Insbesondere könnten die Kongruenzregel und die weniger ausgedehnten Möglichkeiten für die Zusammensetzung des Bestandes einer Zweigniederlassung aufgrund dieses Unterschieds ein Anreiz dafür sein, die Form einer Tochtergesellschaft anstelle einer Zweigniederlassung zu wählen, um den Nachteil der Verweigerung des Steuerguthabens zu vermeiden.
Das unmittelbar vom EWG-Vertrag verliehene Grundrecht der Niederlassung, das die Angehörigen der Mitgliedstaaten vor der innerstaatlichen Gerichten geltend macher könnten, führe dazu, daß die steuerrechtlichen Bestimmungen gegenüber Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, die in Frankreich eine Agentur oder Zweigniederlassung eröffneten, unwirksam seien. Der Rat habe zwar den Vorschlag der Kommission vom für eine Richtlinie zur Harmonisierung der Körperschaftsteuersysteme und der Regelung der Quellensteuer auf Dividenden (ABl. 1975, C 253, S. 2) immer noch nicht angenommen. Der fehlende Abschluß der Harmonisierungsarbeiten entbinde jedoch die einzelnen Mitgliedstaaten nicht von ihrer Verpflichtung, ihre eigene steuerliche Regelung in nichtdiskriminierender Weise anzuwenden. In dieser Hinsicht könne man die Rechtsprechung des Gerichtshofes in bezug auf den freien Warenverkehr (s. das Urteil vom in der Rechtssache 193/80, Kommission/Italien, Slg. 1981, 3019) ohne weiteres auf die Freizügigkeit übertragen. Artikel 52 müsse seine Wirkung unabhängig von der Annäherung der Steuersysteme entfalten.
b) Die französische Regierung vertritt die Ansicht, eine indirekte Beschränkung für die Gründung einer Zweigniederlassung oder Agentur könne nur dann entstehen, wenn wirklich eine Diskriminierung vorliege, durch die die Ausübung der Tätigkeit einer Versicherung in Form einer Nebenniederlassung im Vergleich zur Ausübung in Form einer Tochtergesellschaft benachteiligt werde. Es gebe jedoch keinerlei Nachteil. Im Gegenteil, die von der Kommission vorgeschlagene Änderung der Regelung benachteilige die Tochtergesellschaften, die nur mit den Gerichtsgebühren für die Gründung und der Übertragungsgebühr sowie den Unannehmlichkeiten belastet würden, die die Bildung von Tochtergesellschaften mit sich bringe.
Es bestehe ferner kein Anreiz für ausländische Gesellschaften, die Form einer Tochtergesellschaft derjenigen einer Betriebsstätte vorzuziehen, da sich die Frage des Steuerguthabens nur bei französischen Aktien stelle, die Anlagebestände von Versicherungsgesellschaften auch ausländische Aktien enthalten dürften, die in Frankreich an der Börse zugelassen seien, und die sehr niedrige durchschnittliche Rendite der Aktien den Schluß zulasse, daß die Verweigerung des Steuerguthabens nichts darstelle, was die Wahl der Zweigniederlassungen beeinflusse.
3. Zu dem übrigen Vorbringen zur Rechtfertigung der Verweigerung des Steuerguthabens
a) Nach Ansicht der französischen Regierung würde die Auffassung der Kommission, falls man ihr folge, zu einer Ungleichbehandlung verschiedener Branchen zugunsten der Versicherungsbranche führen.
Außerdem würde die Gewährung eines Steuerguthabens für Betriebsstätten die Gefahr der Steuerflucht herbeiführen. In den von Frankreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen werde nämlich das Steuerguthaben niemals solchen ausländischen Gesellschaften gewährt, die eine umfangreiche Beteiligung am Kapital der ausschüttenden französischen Gesellschaft hielten. Die Gewährung des Steuerguthabens für eine Betriebsstätte könne auf diese Weise einen Anreiz für ausländische Gesellschaften darstellen, Aktien französischer Gesellschaften, die sie hielten, nur zu dem Zweck auf der Aktivseite ihrer Betriebsstätte in Frankreich zu verbuchen, auf diese Weise steuerlich günstiger behandelt zu werden. Die Vorteile, die eine Verbuchung ihrer französischen Aktien bei einer Betriebsstätte in Frankreich für eine Gesellschaft biete, und somit die Gefahr der Steuerflucht, würden deutlich, wenn man die tatsächlich eingenommenen Beträge unter dem Gesichtspunkt vergleiche, ob die Wertpapiere auf der Aktivseite der ausländischen Gesellschaft oder auf derjenigen der Betriebsstätte verbucht würden.
b) In bezug auf das Vorbringen, wonach verschiedene Branchen ungleich behandelt würden, führt die Kommission aus, der EWG-Vertrag verbiete lediglich eine Ungleichbehandlung von Angehörigen eines Mitgliedstaats und Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats, nicht jedoch eine Ungleichbehandlung je nach der Branche. Vor allem müsse jedoch das Steuerguthaben in Zukunft allen Zweigniederlassungen und Agenturen in Frankreich, die von Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat errichtet worden seien, unabhängig von ihrer Tätigkeit gewährt werden; die Beschränkung der vorliegenden Klage auf den Versicherungssektor sei darauf zurückzuführen, daß die Aufmerksamkeit der Kommission auf diesen Bereich gelenkt worden sei, während die Lösung, die der Gerichtshof im vorliegenden Fall finden werde, allgemeine Bedeutung haben werde.
Die Gefahr der Steuerflucht bestehe nicht. Eine ausländische Gesellschaft, die selbst Aktien französischer Gesellschaften halte, unterliege in Frankreich nur der beschränkten Steuerpflicht und werde im eigenen Land in vollem Umfang besteuert; sie könne aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommen Steuererleichterungen wie ein Steuerguthaben erhalten. Hingegen unterlägen Dividenden, die Betriebsstätten in Frankreich bezögen, dort der unbeschränkten Steuerpflicht – im allgemeinen seien sie im eigenen Land davon befreit –, das Steuerguthaben werde der Betriebsstätte jedoch verweigert. Der Fall einer Agentur oder Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft, die Aktien halte, sei somit der einzige, bei dem eine ganz klare Benachteiligung eintrete.
Würden Aktien als Aktiva der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft in Frankreich verbucht, so führe dies zu keiner Verringerung des Betrags der in Frankreich erhobenen Steuern. Verblieben die von einer ausländischen Gesellschaft gehaltenen Aktien an deren Sitz, so werde bei der Ausschüttung der Abzug einer Quellensteuer zum Satz von 15 % aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommen vorgenommen, von einer Dividende in Höhe von 100 FF also 15 FF. Frankreich gewähre allerdings unter bestimmten in einigen Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Bedingungen ein Steuerguthaben. Wenn hingegen die Aktien bei den Aktiva der Zweigniederlassungen verbucht würden, so werde bei der Ausschüttung derselben Dividende Körperschaftsteuer zum Satz von 50 % unter Gewährung des Steuerguthabens erhoben, somit in Frankreich in Höhe von 25 FF. Der Betrag der Steuer, die in Frankreich erhoben werde, sei also höher, wenn die Aktien von der Zweigniederlassung gehalten würden. Für den Fall, daß eine ausländische Gesellschaft eine umfangreiche Beteiligung am Kapital einer französischen Gesellschaft halte, also ein Fall, bei dem niemals ein Steuerguthaben gewährt werde, bestehe keine Gefahr der Steuerflucht.
c) Die französische Regierung erwidert auf das Vorbringen der Kommission, wonach das Steuerguthaben allen Zweigniederlassungen und Agenturen ausländischer Gesellschaften in Frankreich unabhängig von ihrer Tätigkeit gewährt werden muß, diese Lösung gehe über den Gegenstand der Klage hinaus. Zudem führe dies dazu, daß der Grundsatz der Unterscheidung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden und somit ein bedeutender Teil der nationalen Steuersysteme und der Doppelbesteuerungsabkommen für einen großen Teil seines Anwendungsgebiets in Frage gestellt werde. Es könne nicht ohne eine vorherige umfassende Untersuchung der verschiedenen Aspekte der komplexen steuerrechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten für Gebietsansässige und Gebietsfremde behauptet werden – wie die Kommission dies dadurch tue, daß sie die Frage des Steuerguthabens aus ihrem Zusammenhang löse –, daß Frankreich der einzige Mitgliedstaat sei, der Gebietsansässige und Betriebsstätten Gebietsfremder unterschiedlich behandele.
Was die Gefahr der Steuerflucht angehe, so sei es erforderlich, daß, wenn man, wie die Kommission bei ihren Berechnungen, die vom Dividendenempfänger geschuldete Körperschaftsteuer in den Vergleich der Besteuerung in den verschiedenen Fällen miteinbeziehen wolle, dies für alle denkbaren Fälle getan werde und bei der Berechnung der gesamten Steuerbelastung die im Ausland erhobene Körperschaftsteuer berücksichtigt werde. Zu diesem Zweck legt die französische Regierung eine Tabelle vor, die ihrer Ansicht nach bestätigt, daß ausländische Gesellschaften dann, wenn ihre Betriebsstätten wie eine gebietsansässige Gesellschaft behandelt würden, ein Interesse daran hätten, französische Aktien nur durch eine Betriebsstätte in Frankreich halten zu lassen. Obwohl die französische Staatskasse in bestimmten Fällen einen Vorteil aus einer solchen Übertragung von Aktien ziehen könne, bestehe die Gefahr der Steuerflucht auf zwischenstaatlicher Ebene und insbesondere zwischen den Mitgliedstaaten weiter, was durch Doppelbesteuerungsabkommen gerade vermieden werden solle. Die Meinung der Kommission sei auch im Falle umfangreicher Beteiligungen unrichtig, bei denen ein Vergleich der Gesamtbesteuerung, auf zwischenstaatlicher Ebene berechnet, ebenfalls die Gefahr der Steuerflucht aufzeige.
IV – Antworten auf die Fragen des Gerichtshofes
1. Zum Klagegegenstand
Die französische Regierung macht geltend, bei der Regelung im französischen Steuerrecht gebe es keine unterschiedliche Behandlung von Versicherungsgesellschaften und anderen Gesellschaften in bezug auf das Steuerguthaben, seitdem die Beschränkung der Anrechnung des Steuerguthabens auf ein Viertel seines Betrags für gebietsansässige Versicherungsgesellschaften durch Artikel 15 der Loi des finances für 1973 aufgehoben worden sei.
Die Kommission führt aus, sie habe sich zwar beim Gegenstand ihrer Klage auf den Bereich der Versicherungsgesellschaften beschränkt, aus dem ihr Beschwerden zugegangen seien und in dem das Niederlassungsrecht in bezug auf Geschäftsnebenstellen im Unterschied zu den anderen Bereichen weitgehend in Form von Zweigniederlassungen ausgeübt werde; sie vertrete aber die Meinung, ohne insoweit dem Gerichtshof vorzuschlagen, über einen anderen Sachverhalt als denjenigen zu entscheiden, der diesem Verfahren zugrundeliegt, daß jeder Mitgliedstaat aus einem Urteil, durch das die französische Regelung für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt werde, die Konsequenzen zu ziehen habe.
2. Zu den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Frankreich und den anderen Mitgliedstaaten
Die französische Regierung trägt vor, Frankreich habe mit allen Mitgliedstaaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Nach den Erklärungen, die sie hierzu abgibt, verfügt eine ausländische Gesellschaft – mit Ausnahme der Fälle, in denen sie eine wesentliche Beteiligung an einer französischen Gesellschaft hält und in denen keine Übertragung des Steuerguthabens auf die ausländische Gesellschaft stattfindet – dann über das Steuerguthaben für Dividenden französischer Aktien, die zum Vermögen ihrer Hauptniederlassung gehören, wenn sich ihr Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden oder dem Vereinigten Königreich befindet, während die Abkommen mit den anderen Mitgliedstaaten keine Übertragung des Steuerguthabens auf die ausländische Gesellschaft vorsehen. In keinem Abkommen sei das Steuerguthaben für eine Betriebsstätte in Frankreich vorgesehen, die zu einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gehöre. Derzeit seien Verhandlungen mit Dänemark und Italien im Gange, die einen Einfluß auf die Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne haben könnten. Andere Mitgliedstaaten hätten bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Interesse daran gezeigt, daß dort ansässige Personen für ihre französischen Aktien ein Steuerguthaben erhielten. Die Gründe, aus denen in verschiedenen Abkommen keine Übertragung des Steuerguthabens vorgesehen sei, seien vielfältig und insbesondere auf die Besonderheiten der fraglichen Steuersysteme, die Notwendigkeit, Zugeständnisse verschiedener Art zu machen, um ein ausgewogenes Abkommen zu erhalten, und verschiedene Erwägungen nicht steuerrechtlicher Art wie etwa das Bestreben, keinen Anreiz für Investitionen im Ausland zu bieten, zurückzuführen.
Die Kommission erklärt, daß die Gewährung des Steuerguthabens für Dividenden, die von der Betriebsstätte einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat vereinnahmt würden, nicht in den Doppelbesteuerungsabkommen geregelt sei, sondern ausschließlich von den nationalen Rechtsvorschriften abhänge. Frankreich sei der einzige Mitgliedstaat mit einer Steuerregelung, bei der die an die Betriebsstätte einer nicht gebietsansässigen Gesellschaft ausgeschütteten Dividenden ohne Gewährung des entsprechenden Steuerguthabens besteuert würden. In allen anderen Ländern der Gemeinschaft sei die inländische Besteuerung von Dividenden mit der Gewährung eines Steuerguthabens verbunden.
Falls die Dividenden unmittelbar von der Gesellschaft vereinnahmt würden, würden sie in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz habe, besteuert, wobei die Quellensteuer, die in Frankreich von den Dividenden einbehalten werde, auf die Steuerschuld im Staat des Sitzes angerechnet werde, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. In den von Frankreich mit der Bundesrepublik Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich abgeschlossenen Abkommen sei ausdrücklich die Gewährung des französischen Steuerguthabens vorgesehen, obwohl die in Frankreich vereinnahmten Dividenden nur im Staat des Sitzes besteuert würden, mit der Folge, daß die in diesem Staat zu zahlende Steuer herabgesetzt werde.
3. Zur Berechnung der steuerlichen Belastung der Dividenden
Die französische Regierung erläutert die Vergleichstabelle, mit der sie das Vorhandensein einer Steuerfluchtgefahr dadurch beweisen will, daß sie die Folgen der von der Kommission vertretenen Meinung aufzeigt, wonach eine Betriebsstätte einer in Frankreich ansässigen Gesellschaft gleichzustellen ist. Sie vergleicht die Lage einer ausländischen Gesellschaft, die ihre französischen Aktien als Vermögen ihrer Hauptniederlassung verbucht, mit derjenigen einer ausländischen Gesellschaft, die die gleichen Aktien als Vermögen einer Geschäftsnebenstelle in Frankreich verbucht, wenn diese Geschäftsnebenstelle in bezug auf das Steuerguthaben mit einer französischen Gesellschaft gleichgestellt sei. Bei diesem Vergleich soll sich die steuerliche Belastung bei einem erwirtschafteten Gewinn von 200 FF und einer ausgeschütteten Dividende von 100 FF, zu der das Steuerguthaben in Höhe von 50 FF komme, die steuerliche Belastung auf 120 FF belaufen, wenn die Beteiligung unmittelbar gehalten werde, während sie nur 87,5 FF erreiche, wenn eine Betriebsstätte in Frankreich zwischengeschaltet sei, die einer gebietsansässigen Gesellschaft gleichgestellt werde. Dieser Vergleich beweise also, daß eine Verzerrung entstehe, die zur Ursache einer Steuerflucht werde.
Die Kommission vertritt die Ansicht, die Tabelle, auf der dieser Vergleich beruhe, sei unverständlich oder irrelevant und die dort aufgeführten Zahlen seien unrichtig. Die Angaben, auf denen dieser Vergleich beruhe, seien rein fiktiv, denn die französische Regelung verweigere einer Betriebsstätte das Steuerguthaben. Vielmehr sei der Unterschied zu berücksichtigen, der zur Zeit zwischen der Situation einer Gesellschaft mit Sitz in Frankreich und derjenigen einer ausländischen Gesellschaft bestehe, die Aktien entweder selbst halte oder von ihrer Betriebsstätte halten lasse. Dieser Vergleich zeige, daß die steuerliche Belastung zwar die gleiche sei, wenn die Aktien von einer Gesellschaft mit Sitz in Frankreich oder von einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gehalten würden, der mit Frankreich ein Abkommen geschlossen habe, in dem die Gewährung des Steuerguthabens vorgesehen sei; sie sei jedoch größer, wenn der Aktienbesitzer die Betriebsstätte sei, die von einer nicht gebietsansässigen Gesellschaft in Frankreich unterhalten werde. Die in diesem Fall vorhandene diskriminierende Behandlung entfalle, wenn das Steuerguthaben gewährt werde.
4. Zu den einschlägigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
Die Kommission erläutert, daß in bezug auf die Besteuerung von ausgeschütteten Gewinnen und Dividenden in der Gemeinschaft vier Fälle zu unterscheiden seien:
die in Luxemburg und den Niederlanden geltende Regelung, die eine uneingeschränkte Doppelbesteuerung enthalte, nach der die Gewinne bei der Gesellschaft besteuert würden, die sie erwirtschaftet habe, und sodann nochmals bei dem Aktionär, der die ausgeschütteten Dividenden vereinnahme,
das in Griechenland geltende System, nach dem die Doppelbesteuerung dadurch vermieden werde, daß vom steuerpflichtigen Gewinn der ausschüttenden Gesellschaft der Betrag der Dividenden in Abzug gebracht werde,
die Regelung in der Bundesrepublik Deutschland und in Italien, wo die Doppelbesteuerung durch die vollständige Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die vom Empfänger der Dividenden zu entrichtende Steuer vermieden werde,
die in den übrigen Mitgliedstaaten geltenden Regelungen, die eine teilweise Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die vom Empfänger der Dividenden geschuldete Steuer dadurch vorsähen, daß ein „avoir fiscal”, „crédit d’impôt” oder „tax credit” gewährt werde, dessen Satz von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variiere.
Um ein Steuerguthaben zu erhalten, müsse der Dividendenempfänger im allgemeinen in dem betreffenden Mitgliedstaat ansässig und in bezug auf die vereinnahmten Dividenden steuerpflichtig sein. Allerdings erhielten in allen Mitgliedstaaten mit Gutschriftenregelung diejenigen Gesellschaften, die nicht gebietsansässig seien, jedoch im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats eine Betriebsstätte unterhielten, das Steuerguthaben für die Dividenden, die diese Betriebsstätte vereinnahme, mit Ausnahme von Frankreich, wo die von der Betriebsstätte vereinnahmten Dividenden ohne Gewährung eines Steuerguthabens besteuert würden.
Im allgemeinen werde im Recht der Mitgliedstaaten als Kriterium für die Festlegung des Sitzes einer juristischen Person der Gesellschaftssitz herangezogen. Der Aufenthaltsort diene zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage des Steuerpflichtigen. So könne bei Gesellschaften eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft, die ihre Tätigkeit im Ausland durch eine Betriebsstätte ausübe, in bezug auf diese Betriebsstätte im Aufenthaltsland besteuert werden, wobei möglicherweise die in dem Land, in dem die Tätigkeit ausgeübt werde, entrichtete Steuer angerechnet werde, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Eine in Frankreich ansässige Gesellschaft werde gemäß dem Territorialitätsprinzip nur hinsichtlich ihrer in Frankreich erwirtschafteten Gewinne besteuert und nicht hinsichtlich der Gewinne ihrer Betriebsstätten im Ausland, so daß sich ihre steuerliche Situation unter dem Gesichtspunkt der Besteuerungsgrundlage nicht von derjenigen der Betriebsstätte einer nicht gebietsansässigen Gesellschaft unterscheide.
V – Mündliche Verhandlung
In der mündlichen Verhandlung vom haben die Kommission, vertreten durch Herrn Druesne, und die französische Regierung, vertreten durch Herrn Guillaume, mündlich verhandelt und Fragen des Gerichtshofes beantwortet.
Der Generalanwalt hat seine Schlußanträge in der Sitzung vom vorgetragen.
Entscheidungsgründe
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag, insbesondere Artikel 52, verstoßen hat, daß sie den in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherungsgesellschaften nicht unter den gleichen Bedingungen wie französischen Gesellschaften ein Steuerguthaben gewährt hat.
Zum einschlägigen nationalen Recht
Nach französischem Steuerrecht wird eine Steuer von 50 % auf sämtliche von steuerpflichtigen Gesellschaften und anderen steuerpflichtigen juristischen Personen erzielte Gewinne erhoben, die als „impôt sur les sociétés (Körperschaftsteuer)” bezeichnet wird und der Einkommensteuer für natürliche Personen entspricht. Die Gesellschaften unterliegen dieser Steuer grundsätzlich unabhängig vom Ort ihres Sitzes. Allerdings werden gemäß Artikel 209 des Code général des impôts (Abgabenordnung) in diesem Rahmen nur Gewinne berücksichtigt, die von in Frankreich tätigen Unternehmen erzielt werden, sowie solche, deren Besteuerung durch ein Doppelbesteuerungsabkommen Frankreich zugewiesen ist.
Um die kumulative Besteuerung der von den Gesellschaften ausgeschütteten Gewinne einzuschränken, die sich daraus ergibt, daß diese Gewinne zuerst bei den Gesellschaften, die die Dividenden ausschütten, mit der Körperschaftsteuer belegt werden, und sodann bei den Dividendenempfängern entweder mit der Einkommensteuer oder der Körperschaftsteuer, ist in Artikel 158a des Code général des impôts eine als „avoir fiscal” (Steuerguthaben) bezeichnete Steuergutschrift zugunsten der Empfänger von Dividenden, die von französischen Gesellschaften ausgeschüttet werden, vorgesehen, die der Hälfte der von diesen Gesellschaften tatsächlich ausgeschütteten Beträge entspricht. Dieses Steuerguthaben wird auf die vom Empfänger geschuldete Steuer angerechnet. Es stellt seinerseits ein Einkommen dar, von dem nur insoweit Gebrauch gemacht werden kann, als es in die Besteuerungsgrundlage für die vom Empfänger geschuldete Einkommensteuer einbezogen ist.
Nach Artikel 158b Absatz 2 des Code général des impôts wird das Steuerguthaben „nur Personen, die ihren tatsächlichen Wohnsitz oder ihren Gesellschaftssitz in Frankreich haben”, gewährt. Außerdem kann es gemäß Artikel 242c des Code général des impôts Personen mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet von Staaten gewährt werden, die mit Frankreich Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen haben.
Nach den Auskünften, die die Parteien dem Gerichtshof erteilt haben, ist in den Abkommen, die Frankreich mit vier anderen Mitgliedstaaten, nämlich der Bundesrepublik Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich geschlossen hat, vorgesehen, daß einer Gesellschaft mit Sitz in diesen Mitgliedstaaten, die Aktien französischer Gesellschaften im Vermögen ihrer Hauptniederlassung hält, ein Steuerguthaben gewährt werden kann. Hingegen ist die Gewährung des Steuerguthabens für Aktien im Vermögen von Betriebsstätten, Zweigniederlassungen oder Agenturen von Gesellschaften, die ihren Sitz nicht in Frankreich haben, in keinem Fall vorgesehen.
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich – wie durch Artikel 15 der Loi de Finances (Finanzgesetz) für 1978 (Nr. 77–1467 vom , JORF 1977, S. 6316) bestätigt wird –, daß Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich einschließlich der in Frankreich von ausländischen Versicherungsgesellschaften gegründeten Tochtergesellschaften für Aktien französischer Gesellschaften, die sie in ihrem Bestand halten, ein Steuerguthaben gewährt wird. Dieser Steuervorteil wird jedoch Betriebsstätten in Form von Zweigniederlassungen oder Agenturen, die in Frankreich von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat errichtet worden sind, verweigert.
Zum Streitgegenstand
Mit der vorliegenden Vertragsverletzungsklage möchte die Kommission dartun, daß diese Regelung über das Steuerguthaben die Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat diskriminiere und eine indirekte Beschränkung der Freiheit, eine Geschäftsnebenstelle zu gründen, darstelle. Sie fügt hinzu, sie habe ihre Klage zwar auf den Versicherungsbereich beschränkt, da ihr Beschwerden nur aus diesem Bereich zugegangen seien; es sei aber Sache aller Mitgliedstaaten und insbesondere Frankreichs, aus einem Urteil des Gerichtshofes alle notwendigen Konsequenzen zu ziehen, auch auf anderen Gebieten.
Die französische Regierung widersetzt sich dieser Erweiterung des Streitgegenstands durch die Kommission auf alle Gesellschaften unabhängig von deren Tätigkeitsgebiet.
Hierzu ist festzustellen, daß die streitigen nationalen Vorschriften zwar besonders spürbare Auswirkungen in einem Bereich wie dem der Versicherungen haben, in dem Zweigniederlassungen ausländischer Versicherungsgesellschaften verpflichtet sind, im Tätigkeitsland belegene technische Aktivreserven zu bilden, daß die gleiche Regelung jedoch auch für andere Bereiche gilt. Es ist deshalb bedauerlich, daß die vorliegende Klage dadurch, daß sie sich auf Versicherungsgesellschaften beschränkt, die Probleme unter Voraussetzungen aufwirft, die nur einen Teil des Anwendungsbereichs der fraglichen französischen Rechtsvorschriften abdecken. Diese Feststellung ändert jedoch nichts an der Zulässigkeit der Klage.
Da im Laufe des Verfahrens verschiedentlich Unsicherheit über die Abgrenzung des Streitgegenstands entstanden ist, ist noch zu bemerken, daß die Klage die ungleiche Behandlung in bezug auf die Gewährung des Steuerguthabens von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich einschließlich der in Frankreich gegründeten Tochtergesellschaften ausländischer Gesellschaften auf der einen und in Frankreich errichteten Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat auf der anderen Seite betrifft. Die Klage bezieht sich also nicht allgemein auf jede unterschiedliche Behandlung von Gesellschaften als unabhängigen juristischen Körperschaften einerseits und Zweigniederlassungen und Agenturen ohne eigene Rechtspersönlichkeit andererseits. Schließlich ist insbesondere hervorzuheben, daß die Klage keine mögliche ungleiche Besteuerung der Zweigniederlassungen und Agenturen sowie der Tochtergesellschaften von Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat für den Fall betrifft, daß diese Zweigniederlassungen und Agenturen oder Tochtergesellschaften die in ihren Betrieben in Frankreich erzielten Gewinne ihren Muttergesellschaften überweisen.
Zur Anwendung von Artikel 52 EWG-Vertrag
Die Kommission trägt vor, die streitige Regelung über das Steuerguthaben verstoße aus zwei Gründen gegen Artikel 52 Absatz 2 EWG-Vertrag. Erstens würden Zweigniederlassungen und Agenturen, die von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten in Frankreich unterhalten würden, gegenüber Gesellschaften mit Sitz in Frankreich diskriminiert. Sie hindere diese Zweigniederlassungen und Agenturen daran, französische Aktien in ihren Bestand aufzunehmen, und benachteilige sie somit bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in Frankreich. Die diskriminierende Behandlung trete um so deutlicher hervor, als nach französischem Steuerrecht zur Bestimmung der steuerbaren Einkünfte für französische Gesellschaften die gleiche Regelung gelte wie für Betriebsstätten ausländischer Gesellschaften. Zweitens beschränke diese für die Zweigniederlassungen und Agenturen ausländischer Versicherungsgesellschaften ungünstige Steuerregelung indirekt die den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Versicherungsgesellschaften zustehende Freiheit, sich in Frankreich niederzulassen, sei es in Form von Tochterunternehmen, sei es in Form einer Zweigniederlassung oder Agentur. Sie stelle einen Anreiz dar, der Form des Tochterunternehmens den Vorzug zu geben, um den in der Verweigerung des streitigen Steuerguthabens liegenden Nachteil zu vermeiden.
Nach Ansicht der französischen Regierung stellt die fragliche Ungleichbehandlung keine Diskriminierung dar und verstößt nicht gegen die Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Artikel 52 Absatz 2, auf Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten ihre Bestimmungen für die eigenen Staatsangehörigen anzuwenden. Die französische Regierung macht zwei Gruppen von Argumenten geltend, die im wesentlichen darauf hinauslaufen, daß im vorliegenden Fall eine unterschiedliche Behandlung durch objektiv unterschiedliche Situationen gerechtfertigt sei und diese unterschiedliche Behandlung auf Besonderheiten der steuerrechtlichen Regelung zurückzuführen sei, die je nach den verschiedenen Mitgliedstaaten sowie den Doppelbesteuerungsabkommen unterschiedlich seien.
Zunächst ist festzustellen, daß Artikel 52 EWG-Vertrag eine der grundlegenden Vorschriften der Gemeinschaft darstellt und seit dem Ablauf der Übergangszeit in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar ist. Nach dieser Vorschrift umfaßt die Niederlassungsfreiheit der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Die Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit erstreckt sich auch auf Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.
Artikel 52 will also die Vergünstigung der Inländerbehandlung jedem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats garantieren, der sich, sei es auch nur mit einer Nebenstelle, in einem anderen Mitgliedstaat niederläßt, um dort eine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, und untersagt jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, die sich aus den Rechtsvorschriften als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ergibt.
Es zeigt sich also, daß die beiden von der Kommission vorgebrachten Klagegründe, nämlich einmal die Diskriminierung von Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten gegenüber in Frankreich niedergelassenen Gesellschaften im französischen Recht und zum anderen die Beschränkung der Freiheit der Niederlassung in Form von Zweigniederlassungen und Agenturen gegenüber ausländischen Versicherungsgesellschaften, in engem Zusammenhang stehen. Sie sind deshalb zusammen zu prüfen.
Nach dem französischen Recht, insbesondere Artikel 158b des Code général des impôts, steht fest, daß Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich für die Dividenden aus den zu ihrem Bestand gehörenden Aktien französischer Gesellschaften ein Steuerguthaben erhalten, während diese Vergünstigung den Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat vorenthalten wird. Insofern werden Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, die ihre Tätigkeit in Frankreich durch Zweigniederlassungen oder Agenturen ausüben, nicht in derselben Weise behandelt wie Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich.
Mit einer ersten Reihe von Argumenten möchte die französische Regierung dartun, daß diese Ungleichbehandlung wegen objektiver Unterschiede zwischen der Situation einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in Frankreich und derjenigen einer Zweigniederlassung oder Agentur einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gerechtfertigt sei. Der betreffende Unterschied beruhe auf der in allen Rechtsordnungen bekannten und auf internationaler Ebene zugelassenen Unterscheidung zwischen „Gebietsansässigen” und „Gebietsfremden”; sie sei im Steuerrecht unerläßlich. Diese Unterscheidung sei auch im Rahmen von Artikel 52 EWG-Vertrag vorzunehmen. Ferner seien die Zweigniederlassungen und Agenturen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland in verschiedener Hinsicht besser gestellt als französische Gesellschaften, wodurch mögliche Nachteile in bezug auf das Steuerguthaben ausgeglichen würden. Schließlich seien solche Nachteile auf jeden Fall unbedeutend und könnten leicht durch die Gründung einer Tochtergesellschaft in Frankreich vermieden werden.
Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, daß mit der Niederlassungsfreiheit, die Artikel 52 den Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats zuerkennt und die für sie die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten nach den gleichen Bestimmungen wie den im Niederlassungsstaat für dessen eigene Angehörigen festgelegten umfaßt, gemäß Artikel 58 EWG-Vertrag das Recht für die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, verbunden ist, ihre Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat durch eine Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben. In bezug auf die Gesellschaften ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, daß ihr Sitz im genannten Sinn, ebenso wie die Staatsangehörigkeit bei natürlichen Personen, dazu dient, ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Staates zu bestimmen. Würde man also zulassen, daß der Mitgliedstaat der Niederlassung nach seinem Belieben eine ungleiche Behandlung allein deshalb vornehmen kann, weil sich der Sitz einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat befindet, so würde diese Vorschrift ausgehöhlt.
Auch wenn nicht völlig auszuschließen ist, daß eine Unterscheidung je nach dem Sitz einer Gesellschaft oder eine Unterscheidung je nach dem Wohnsitz einer natürlichen Person unter bestimmten Voraussetzungen auf einem Gebiet wie dem des Steuerrechts gerechtfertigt sein kann, so ist im vorliegenden Fall doch darauf hinzuweisen, daß die französischen Steuerbestimmungen in bezug auf die Festlegung der Besteuerungsgrundlage für die Festsetzung der Körperschaftsteuer keine Unterscheidung zwischen Gesellschaften mit Sitz in Frankreich und in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland vornehmen. Gemäß Artikel 209 des Code général des impôts werden bei beiden diejenigen Gewinne besteuert, die in den in Frankreich tätigen Unternehmen erzielt werden – mit Ausnahme der im Ausland erzielten Gewinne – oder die durch ein Doppelbesteuerungsabkommen Frankreich zugewiesen worden sind.
Da die streitige Regelung die Gesellschaften mit Sitz in Frankreich und die in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland bei der Besteuerung ihrer Gewinne auf die gleiche Stufe stellt, kann sie sie nicht ohne Schaffung einer Diskriminierung im Rahmen dieser Besteuerung hinsichtlich der Gewährung einer damit zusammenhängenden Vergünstigung, wie des Steuerguthabens, ungleich behandeln. Der französische Gesetzgeber hat nämlich dadurch, daß er die beiden Niederlassungsformen im Rahmen der Besteuerung der von ihnen erzielten Gewinne gleichbehandelt, anerkannt, daß zwischen beiden Formen in bezug auf die Modalitäten und Voraussetzungen dieser Besteuerung kein Unterschied in der objektiven Situation besteht, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte.
Entgegen der These der französischen Regierung kann die unterschiedliche Behandlung auch nicht durch mögliche Vorteile gerechtfertigt sein, die die Zweigniederlassungen und Agenturen im Verhältnis zu den Gesellschaften genießen und die nach Ansicht der französischen Regierung die aus der Verweigerung des Steuerguthabens entstehenden Nachteile ausgleichen. Selbst wenn man unterstellt, daß solche Vorteile bestehen, können sie keinen Verstoß gegen die Verpflichtung aus Artikel 52 EWG-Vertrag, die Inländerbehandlung hinsichtlich des Steuerguthabens zu gewähren, rechtfertigen. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht notwendig, die Bedeutung der Nachteile abzuschätzen, die den Zweigniederlassungen und Agenturen ausländischer Versicherungsgesellschaften durch die Verweigerung des Steuerguthabens entstehen, und zu untersuchen, ob sich diese Nachteile auf die von ihnen angewandten Tarife auswirken können, denn Artikel 52 verbietet jede Diskriminierung, auch von nur geringem Umfang.
Die Tatsache, daß es den Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat freisteht, für ihre Niederlassung die Form einer Tochtergesellschaft zu wählen, um das Steuerguthaben erhalten zu können, kann auch keine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Denn da Artikel 52 Absatz 1 Satz 2 den Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich die Möglichkeit läßt, die geeignete Rechtsform für die Ausübung ihrer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat frei zu wählen, darf diese freie Wahl nicht durch diskriminierende Steuerbestimmungen eingeschränkt werden.
Mit einer zweiten Argumentationsreihe möchte die französische Regierung dartun, daß die Ungleichbehandlung in Wirklichkeit auf die Besonderheiten und die Unterschiede der Steuerregelungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten sowie auf die Doppelbesteuerungsabkommen zurückzuführen sei. Da die betreffenden Rechtsvorschriften noch nicht harmonisiert seien, seien unterschiedliche Maßnahmen je nach Einzelfall notwendig, um diesen Unterschieden zwischen den Steuerregelungen Rechnung zu tragen, und somit gemäß Artikel 52 EWG-Vertrag gerechtfertigt. Deshalb sei die streitige Regelung insbesondere erforderlich, um die Steuerflucht zu verhindern. Die Anwendung der steuerrechtlichen Regelungen auf natürliche Personen und Gesellschaften, die ihre Tätigkeit in verschiedenen Mitgliedstaaten ausübten, werde durch Doppelbesteuerungsabkommen geregelt, deren Bestehen von Artikel 220 EWG-Vertrag ausdrücklich anerkannt werde. Die in der streitigen Regelung vorgesehene unterschiedliche Behandlung verstoße deshalb nicht gegen Artikel 52 EWG-Vertrag.
Hierzu ist zunächst festzustellen, daß eine mangelnde Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Körperschaftsteuer die fragliche Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen kann. Zwar hängt bei Fehlen einer solchen Harmonisierung die steuerrechtliche Lage einer Gesellschaft von dem für sie geltenden nationalen Recht ab; Artikel 52 EWG-Vertrag verbietet jedoch jedem Mitgliedstaat, in seinen Rechtsvorschriften für die Personen, die von der Freiheit, sich in diesem Staat niederzulassen, Gebrauch machen, andere Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit vorzusehen, als sie für seine eigenen Staatsangehörigen festgelegt sind.
Ebensowenig kann in diesem Zusammenhang die Gefahr der Steuerflucht geltend gemacht werden. Artikel 52 EWG-Vertrag läßt keine Ausnahme vom Grundprinzip der Niederlassungsfreiheit aus solchen Gründen zu. Im übrigen sind die Berechnungen nicht überzeugend erschienen, die die französische Regierung in dieser Hinsicht vorgelegt hat, um darzutun, daß die Gewährung des Steuerguthabens an Zweigniederlassungen und Agenturen von Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten einen Anreiz für diese Gesellschaften biete, Aktien französischer Gesellschaften, die sie besäßen, als Vermögen der Zweigniederlassungen und Agenturen in Frankreich zu verbuchen. Diese Berechnungen beruhen nämlich auf der Annahme, die in Artikel 158a des Code général des impôts keine Grundlage findet, daß die Überweisung der von den Zweigniederlassungen oder Agenturen erwirtschafteten Gewinne an die Hauptniederlassung der Gesellschaft ihrerseits mit einem Steuerguthaben verbunden ist; die Kommission hat aber im vorliegenden Verfahren auch nicht verlangt, daß die Gewährung eines Steuerguthabens für solche Fälle vorgesehen wird.
Schließlich macht die französische Regierung zu Unrecht geltend, die fragliche Ungleichbehandlung beruhe auf den Doppelbesteuerungsabkommen. Diese Abkommen betreffen nämlich nicht die hier untersuchten Fälle, wie sie oben definiert worden sind. Außerdem sind die Rechte, die sich für die Begünstigten aus Artikel 52 EWG-Vertrag ergeben, unbedingt, und ein Mitgliedstaat kann ihre Beachtung nicht vom Inhalt eines mit einem anderen Mitgliedstaat geschlossenen Abkommens abhängig machen. Insbesondere erlaubt es dieser Artikel nicht, diese Rechte einer Gegenseitigkeitsbedingung zu unterwerfen, um in anderen Mitgliedstaaten entsprechende Vorteile zu erhalten.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß Artikel 158b des Code général des impôts dadurch, daß den in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat das Steuerguthaben für die Dividenden französischer Gesellschaften, die die Zweigniederlassungen und Agenturen beziehen, verweigert wird, diesen Gesellschaften nicht die gleichen Bedingungen gewährt, wie sie nach französischem Recht für Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich aufgestellt sind. Diese Diskriminierung stellt für die Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschränkung ihrer Niederlassungsfreiheit dar, die gegen Artikel 52 Absätze 1 und 2 EWG-Vertrag verstößt.
Deshalb ist festzustellen, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 52 EWG-Vertrag verstoßen hat, daß sie den in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nicht unter den gleichen Bedingungen wie Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich ein Steuerguthaben für die von diesen Zweigniederlassungen und Agenturen bezogenen Dividenden französischer Gesellschaften gewährt hat.
Kosten
Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Französische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
für Recht erkannt und entschieden:
Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 52 EWG-Vertrag verstoßen, daß sie den in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nicht unter den gleichen Bedingungen wie Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich ein Steuerguthaben für die von diesen Zweigniederlassungen und Agenturen bezogenen Dividenden französischer Gesellschaften gewährt hat.
Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
CAAAC-97246