Begründung der Revision durch Bezugnahme auf eine in einem vorausgegangenen Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision abgegebene Begründung
Gesetze: FGO § 116 Abs. 7, FGO § 120 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Revision der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gegen das ist mit Beschluss des Senats vom VII B 271/06, welcher dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am zugestellt worden ist, zugelassen worden. In dem als Revisionsverfahren VII R 46/07 fortgeführten Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin —nachdem ihm ein Hinweis erteilt worden war, dass die Revision nicht in der vorgeschriebenen Frist begründet worden ist— mit am gleichen Tage eingegangenem Schriftsatz vom mitgeteilt, er gehe davon aus, dass die Begründung der —erfolgreichen— Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision vom den gesetzlichen Mindestanforderungen an eine Revisionsbegründung genügt. Es wäre daher, wie der (BStBl II 1981, 578) erkannt habe, überflüssige Förmelei, die Begründung der Beschwerdeschrift zu wiederholen, statt lediglich auf sie zu verweisen.
Im Übrigen müsse das Verfahren ausgesetzt werden, nachdem die Klägerin mit anderen Firmen zu der X-GmbH verschmolzen worden sei.
Der beschließende Senat hat die Revision unter dem Aktivrubrum vorgenannter Firma durch Beschluss vom als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgerecht begründet worden sei. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit dem Schriftsatz vom , der am folgenden Tag beim BFH eingegangen ist, und trägt sinngemäß und zusammengefasst vor, der Senatsbeschluss vom sei für sie überraschend gewesen; es handele sich um eine neue BFH-Rechtsprechung, die nach der einschlägigen Rechtsprechung und aktuellen Kommentierungen zur Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht irgendwie habe vorausgesehen werden können. Deshalb müsse Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Revisionsbegründungsfrist gewährt werden.
II. Der Schriftsatz der Klägerin vom zu dem Aktenzeichen VII R 46/07 ist —ungeachtet der in ihm „hilfsweise” erhobenen Anhörungsrüge— vorrangig als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Revisionsbegründungsfrist in dem Verfahren VII R 46/07 zu behandeln. Der Senat geht dabei, ohne dass dies näherer Erörterung bedürfte, davon aus, dass dem nicht entgegensteht, dass die Revision aufgrund der Säumnis der Klägerin bereits als unzulässig verworfen worden ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 44).
Der demnach zulässige, insbesondere auch fristgerecht begründete Antrag hat keinen Erfolg. Nach § 56 Abs. 1 FGO kann Wiedereinsetzung nur demjenigen gewährt werden, der unverschuldet verhindert war, eine gesetzliche Frist —hier: die Revisionsbegründungsfrist des § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO— einzuhalten. Nach § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO sind die Tatsachen zur Begründung eines solchen Begehrens bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen.
Es ist jedoch seitens der Klägerin weder dargelegt noch auch nur sonst erkennbar, dass die Klägerin auf eine fristgerechte Begründung ihrer Revision deshalb verzichtet hat, weil sie aufgrund des (Neue Juristische Wochenschrift 2004, 2981) angenommen hätte, es bedürfe —nachdem die Revision von dem beschließenden Senat selbst zugelassen und deshalb das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren in das Revisionsverfahren kraft Gesetzes übergeleitet worden ist— keiner Begründung der Revision, weil die von der Klägerin in dem vorgenannten Beschwerdeverfahren vorgelegte Begründung den inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung genügte. Die Klägerin behauptet nicht einmal, dass sie dieses Urteil vor Bekanntgabe des Beschlusses des Senats vom VII R 46/07 gekannt habe und auf dessen Richtigkeit vertraut habe. Wenn sie sich stattdessen auf die —nicht näher bezeichnete— „einschlägige Rechtsprechung und aktuelle Kommentarliteratur zum Revisionsrecht der FGO” beruft, so genügt das weder den Darlegungsanforderungen eines Wiedereinsetzungsantrags noch ist dieses Vorbringen nachvollziehbar. Denn jedenfalls aus der einschlägigen Kommentarliteratur ergibt sich, soweit ersichtlich, gerade nicht, dass eine Revision nach Zulassung durch das Revisionsgericht nicht begründet werden müsste, sondern es wird vielmehr lediglich die (zutreffende) Auffassung vertreten, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Revision durch Bezugnahme auf eine in einem vorangegangenen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren abgegebene Beschwerdebegründung begründet werden kann (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 62). Dementsprechend hat auch die Klägerin in ihrem verspätet abgegebenen, auf den BFH-Beschluss in BStBl II 1981, 578 gestützten Schriftsatz nicht geltend gemacht, eine Revisionsbegründung sei im Streitfall überflüssig, sondern sie könne durch eine Bezugnahme auf die Begründung einer vorangegangenen Nichtzulassungsbeschwerde ersetzt werden. Die Klägerin hat also mit anderen Worten offenkundig den rechtslogischen Unterschied zwischen einer Bezugnahme und dem völligen Verzicht auf eine fristgerechte Revisionsbegründung verkannt, der auch im Falle der Überleitung eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens in ein Revisionsverfahren zur Unzulässigkeit der Revision führt. Dass dies keine sinnentleerte Förmelei ist, sondern auf sachlichen Erwägungen beruht, hat der beschließende Senat bereits in seinem Beschluss vom dargelegt.
Ob das Vertrauen eines Beteiligten auf das vorgenannte, in der Sache ohnehin überholte BGH-Urteil unbeschadet der, soweit ersichtlich, mit ihm nicht übereinstimmenden bzw. dieses Urteil nicht berücksichtigenden Kommentierungen zur FGO zu einem unverschuldeten Rechtsirrtum führen würde, bedarf danach keiner Erörterung mehr.
Weshalb im Übrigen die Verschmelzung der Klägerin mit anderen Firmen zu der im Rubrum dieses Beschlusses genannten Firma zu einer Unterbrechung des Verfahrens führen und den beschließenden Senat daran hätte hindern sollen, die unzulässige Revision —bei Berichtigung des Aktivrubrums— zu verwerfen, ist nicht erkennbar.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 38 Nr. 1
SAAAC-96354