Kein Werbungskostenabzug bei Verlusten eines Wirtschaftsprüfers aus der Veräußerung von Aktien und Fondsanteilen
Leitsatz
Private Vermögensverluste können unter Beachtung des objektiven Nettoprinzips als Erwerbsaufwand nur berücksichtigt werden, wenn besondere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass die Gründe für die unfreiwilligen (völligen oder teilweisen) Verluste in der Berufs- bzw. Erwerbssphäre liegen. Verluste eines bei einer Wirtschaftsprü-fungsgesellschaft beschäftigten Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters aus der Veräußerung von Aktien und Fondsanteilen können auch dann nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden, wenn die Verluste deshalb realisiert wurden, weil sein Arbeitgeber den Verkauf der Wertpapiere nach Übernahme der Mandate der zu prüfenden Gesellschaften verlangte, um gesetzliche Unabhängigkeitsregeln zu wahren.
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, EStG § 2 Abs. 1, EStG § 17, EStG § 23
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) erforderlich.
1. Mit Urteil vom 13 K 4849/06 E, nicht veröffentlicht —n.v.—, hat das Finanzgericht (FG) entschieden, dass die Verluste des —als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater beschäftigten— Klägers aus der Veräußerung von Aktien und Fondsanteilen nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien; die Verluste seien der steuerlich unbeachtlichen Vermögenssphäre des Klägers zuzurechnen. Für die Zuweisung der Verluste zur Erwerbssphäre reiche es nicht aus, dass der Kläger die Verluste deshalb realisierte, weil sein Arbeitgeber, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, den Verkauf der Wertpapiere nach Übernahme der Mandate der zu prüfenden Gesellschaften verlangte, um gesetzliche Unabhängigkeitsregeln zu wahren.
2. Die Kläger haben die Rechtsfrage aufgeworfen, ob der Verlust aus dem Verkauf von Wertpapieren, die auf Verlangen des Arbeitgebers veräußert werden, als Werbungskosten zu berücksichtigen sei. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt. Für eine neuerliche Leitentscheidung besteht kein Klärungsbedarf.
a) Entsprechend der einkommensteuerlichen Systematik bleiben Verluste in der privaten Vermögenssphäre bei der Einkunftsermittlung im Rahmen der Überschusseinkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) —abgesehen von den in §§ 17 und 23 EStG genannten Ausnahmen— außer Betracht. Dieser Grundsatz gebietet es auch, Wertänderungen eines Wirtschaftsguts im Falle seiner Veräußerung (Veräußerungsgewinn bzw. -verlust) außer Ansatz zu lassen (, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, 836; , BFHE 191, 552, BStBl II 2000, 474; vgl. auch Grube in Festschrift für Franz Klein, Köln, 1994, S. 913, 923).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können allerdings private Vermögensverluste unter Beachtung des objektiven Nettoprinzips als Erwerbsaufwand berücksichtigt werden, wenn besondere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass die Gründe für die unfreiwilligen (völligen oder teilweisen) Verluste in der Berufs- bzw. Erwerbssphäre liegen. So wurde Erwerbsaufwand anerkannt, wenn der Verlust bei der beruflichen Verwendung eintritt oder die Einwirkung auf das betreffende Wirtschaftsgut aus in der Berufssphäre liegenden Gründen erfolgt (vgl. Senatsbeschluss vom VI B 47/05, BFH/NV 2006, 296, m.w.N; Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl., § 9 Rz 24 ff. und 56 ff.; Schneider, Der Betrieb, Beilage 6/2006, S. 51 ff., insbesondere S. 56 f.; umfassend: Kreft in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 9 EStG Rz 184 ff. und Anm. von Kühnen in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 831, 832 mit einschlägigen Beispielsfällen). Gemeinsam ist solchen berücksichtigungsfähigen Verlusten, dass das Wirtschaftgut einem spezifischen Risiko der Erwerbshandlung ausgesetzt ist und aus diesem Grunde der Verlust eingetreten ist (vgl. Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 19. Aufl., § 9 Rz 281; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 600 „Vermögensverluste” unter 2.).
c) Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze hat der Senat in seinem Beschluss in BFH/NV 2006, 296 (vgl. auch , n.v.) in einem gleichgelagerten Fall ausführlich dargelegt, unter welchen Voraussetzungen der Verlust aus der Veräußerung von Aktien —nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F.— als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden kann. Realisiert der Arbeitnehmer (Partner einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) den Aktienverlust zur Vermeidung einer Kündigung, weil sein Arbeitgeber nach Übernahme des Mandats der betreffenden Aktiengesellschaft zur Wahrung von Unabhängigkeitsregeln auf dem Verkauf der Anteile besteht, liegt nach Ansicht des BFH bei wertender Betrachtung jedoch kein hinreichend berufsspezifiziertes Risiko vor, das den Bezug zum Vermögen überlagerte.
d) Gleiches gilt für den Streitfall. Auch hier betrifft das Schicksal der Kapitalanlage die private Vermögenssphäre des Klägers. Einen hinreichenden Bezug des Veräußerungsverlustes (wie auch eines etwaigen Veräußerungsgewinns) auf die Erwerbsund Berufssphäre des Klägers konnte das FG rechtsfehlerfrei verneinen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 13 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 3/2009 S. 106
XAAAC-96348