BGH Urteil v. - III ZR 15/08

Leitsatz

[1] Zur Amtshaftung eines Notars, der durch Einreichung der Auflassungs- und Umschreibungsunterlagen beim Grundbuch den Vollstreckungszugriff eines dritten Gläubigers des - später insolvent gewordenen - Käufers auf das Grundstück ermöglicht hatte, bevor die Zahlung des Restkaufpreises sichergestellt worden war; insbesondere zur (hier verneinten) Frage eines Haftungsausschlusses gemäß § 839 Abs. 3 BGB wegen versäumter Grundbuchbeschwerde (§ 71 GBO).

Gesetze: BNotO § 19; BGB § 839 H; GBO § 71

Instanzenzug: LG Hannover, 16 O 313/06 vom OLG Celle, 3 U 104/07 vom

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den beklagten Notar wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.

Durch einen von dem hamburgischen Notar Dr. von K. beurkundeten Vertrag vom verkaufte die Klägerin ein in Hannover-D. gelegenes Grundstück zum Preise von 505.000 € an die Firma B. Baubetreuungs GmbH (im Folgenden: B. ). Die B. beabsichtigte, den Grundbesitz zu parzellieren und weiter zu veräußern. Der Kaufpreis war von der Käuferin bis spätestens auf ein bei dem Notar Dr. von K. eingerichtetes Notaranderkonto einzuzahlen. Diese Frist wurde später einvernehmlich bis zum verlängert.

In dem Kaufvertrag wurde zugleich die Auflassung beurkundet. Die Beteiligten beauftragten den Notar Dr. von K. unter anderem damit, die erforderlichen Anträge beim Grundbuchamt zu stellen. Allerdings war zur Sicherung der Klägerin eine "Sperrung der Auflassung" in der Weise vorgesehen, dass der Notar die Auflassungserklärung erst dann beim Grundbuchamt einreichen durfte, wenn alle vertraglichen Bedingungen erfüllt seien, insbesondere der Kaufpreis in Höhe von 505.000 € bezahlt oder auf Notaranderkonto hinterlegt sei.

In der Folgezeit parzellierte die B. das Grundstück - wie von vornherein beabsichtigt - in vier Teile und verkaufte diese weiter. Die Kaufverträge mit den Enderwerbern beurkundete der Beklagte, der auch mit dem Vollzug dieser Verträge beauftragt war; die von drei Enderwerbern bezahlten Kaufpreise verwahrte er auf seinen Anderkonten. Ein vierter Kaufvertrag wurde später wieder rückgängig gemacht.

Ihrer Verpflichtung, den Kaufpreis an die Klägerin zu zahlen, kam die B. jedoch auch innerhalb der verlängerten Zahlungsfrist nicht nach. Anstatt von ihrem für diesen Fall vertraglich vorgesehenen Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen, traf die Klägerin am mit der B. eine von dem Beklagten entworfene privatschriftliche Vereinbarung, nach der abweichend von den Bestimmungen des Ursprungsvertrages eine Teilabwicklung in der Weise durchgeführt werden sollte, dass aus den auf den Anderkonten des Beklagten verwahrten Beträgen ein Kaufpreisanteil von mindestens 380.000 € an die Klägerin gezahlt werden sollte. Außerdem wurde Folgendes festgelegt:

"Hierzu weisen wir, die Unterzeichnenden - Verkäuferin und Käuferin,

a) den Notar Dr. von K. unwiderruflich an, dem Notar H. B. [Beklagten], Hannover, Siegesstraße 2, sämtliche zur lastenfreien Eigentumsumschreibung erforderlichen Unterlagen (insbesondere Pfandhaftentlassung und Vertragsausfertigung mit Auflassung) nebst beurkundeter Auflassung des Gesamtgrundstücks auf die Firma B. zur Verfügung zu stellen;

b) den Notar H. B. [Beklagten], Hannover, unwiderruflich an,

- von dem auf den Notaranderkonten hinterlegten Beträgen einen Teilbetrag in Höhe von mindestens 380.000 € an die Verkäuferin (...) zu überweisen, sofern sichergestellt ist, dass die Eigentumsumschreibung zugunsten der drei Erwerber der Teilflächen entsprechend den Urkunden erfolgt (...);

- (...)

Weiterhin wird der Notar H. B. [Beklagter] unwiderruflich angewiesen, nur Teilauflassungen zugunsten der drei Käufer der bezeichneten Grundstücksverträge zu veranlassen, zur Sicherstellung, dass das verbleibende vierte Restgrundstück weiterhin zur Besicherung des nach Abwicklung dieser Vereinbarung noch offenen Restkaufpreises zuzüglich evtl. Zinsen für die Verkäuferin U. L. [Klägerin] zur Verfügung steht. Zur Besicherung des Restkaufpreises zzgl. evtl. Zinsen tritt die Käuferin (...) der Verkäuferin (...) bis zur Höhe dieser Beträge alle künftigen Kaufpreisansprüche gegen Erwerber der vierten Teilparzelle ab, die die Abtretung hiermit annimmt. (...)"

Daraufhin übersandte der Notar Dr. von K. dem Beklagten die Vertragsunterlagen, unter anderem die erste Ausfertigung des Kaufvertrages vom nebst Auflassungserklärung sowie den an das Amtsgericht - Grundbuchamt - Hannover gemäß § 15 GBO gerichteten Antrag auf Eigentumsumschreibung zur weiteren Verwendung. Mit Schreiben vom übersandte der Notarvertreter des Beklagten mit den Anträgen auf Eigentumsumschreibung der drei Parzellen auf die Enderwerber auch den von dem Notar Dr. von K. verfassten Umschreibungsantrag, unter anderem mit dem Zusatz, eine Zwischeneintragung auf die B. brauche nicht mehr zu erfolgen. Bereits am Vortage hatte er ein weiteres Schreiben beim Grundbuchamt eingereicht, an dessen Schluss es in Fettdruck hervorgehoben heißt:

"Die Eigentumsumschreibung des verbleibenden Grundstückes (...) auf die Firma B. Baubetreuungsgesellschaft mbH darf zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erfolgen. Insoweit wird gesonderte Auflassung erklärt. Vielmehr verbleibt dieses Flurstück zunächst im Eigentum der Frau L. [Klägerin]".

In engen zeitlichen Zusammenhang hiermit reichten entweder der Beklagte oder sein Vertreter auch die Erklärung über die gesamte Auflassung der Klägerin an die B. beim Grundbuchamt ein.

Zum damaligen Zeitpunkt war - noch auf Veranlassung des Notars Dr. von K. - zugunsten der B. eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Eine an die potentiellen Erwerber der vierten Parzelle erfolgte Abtretung dieser Auflassungsvormerkung wurde später wieder rückgängig gemacht, so dass die B. als aus der Vormerkung Berechtigte im Grundbuch eingetragen blieb.

Am beantragten die Eheleute A. und I. F. als Gläubiger der B. den Erlass eines - am ergangenen - Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem sie den angeblichen Anspruch ihrer Schuldnerin (B. ) auf Eintragung als Eigentümerin des näher bezeichneten Grundstücks aufgrund der von der Eigentümerin erklärten Auflassung vom - d.h. das aufgrund der Auflassungserklärung, aber vor Eintragung in das Grundbuch entstandene Anwartschaftsrecht der B. als Grundstückskäuferin - pfändeten und sich zur Einziehung überwiesen ließen. Am beantragten die Gläubiger gegenüber dem Amtsgericht Hannover - Grundbuchamt - die Umschreibung des Eigentums an dem Grundstück auf die B. und die Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe von 26.081,93 €. Daraufhin wurde die B. am als Eigentümerin der vierten Teilfläche im Grundbuch eingetragen; gleichzeitig wurde eine Sicherungshypothek zugunsten der Eheleute F. eingetragen. Mit Beschluss vom wurde gegen die B. das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter erkannte die Forderung der Klägerin gegen die B. auf den Restkaufpreis in Höhe von 143.637,73 € an.

Die Klägerin lastet dem Beklagten als Amtspflichtverletzung an, er habe - persönlich oder durch seinen Notarvertreter - die zur Eigentumsumschreibung auf die B. erforderlichen Unterlagen beim Grundbuchamt eingereicht, ohne dass zuvor die Zahlung oder die Sicherstellung des auf das vierte Teilgrundstück entfallenden Restkaufpreises seitens der B. an sie, die Klägerin, gewährleistet gewesen sei. Sie nimmt deshalb den Beklagten auf Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 143.637,73 € nebst 1.218,29 € vorgerichtlicher Anwaltskosten und Zinsen in Anspruch.

Der Beklagte hat eine Amtspflichtverletzung bestritten und sich insbesondere darauf berufen, dass er durch die ausdrückliche Weisung an das Grundbuchamt, die Eigentumsumschreibung des verbleibenden vierten Grundstücks auf die Firma B. dürfe zunächst nicht erfolgen, seine Pflichten gegenüber der Klägerin erfüllt und deren berechtigtem Sicherungsinteresse Rechnung getragen habe.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung gegen den Beklagten weiter.

Gründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht (OLGR Celle 2008, 463) nimmt an, dass der Beklagte und sein Notarvertreter Amtspflichtverletzungen zu Lasten der Klägerin begangen haben. Insoweit hält das Berufungsurteil der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand (I.). Das Berufungsgericht lässt den Amtshaftungsanspruch der Klägerin jedoch daran scheitern, dass sie es schuldhaft unterlassen habe, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB). Insoweit vermag der Senat dem Berufungsgericht nicht zu folgen (II.).

I.

1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Haftung des Beklagten hier nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 19 BNotO) richtet. Soweit es um Handlungen des Notarvertreters geht, haftet der Beklagte nach § 46 BNotO. Die tatbestandlichen Voraussetzungen beider Haftungsnormen hat das Berufungsgericht hier in revisionsrechtlich nicht angreifbarer tatrichterlicher Würdigung festgestellt.

2. Bei dem Entwurf und dem Vollzug der privatschriftlichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und der B. vom wurde der Beklagte nicht als Rechtsanwalt zur Wahrung einseitiger Interessen einer Vertragspartei (dort: der B. ), sondern als Notar auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege als unparteiischer Betreuer aller Beteiligten, d.h. auch der Klägerin, tätig (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO). Der diesbezügliche Auftrag an den Beklagten bezog sich auf ein selbständiges Betreuungsgeschäft im Sinne des § 24 Abs. 1 BNotO, das zu einer primären Haftung nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO führen konnte. Der Entwurf dieses Vertrags zur Sicherstellung des Kaufpreisanspruchs der Klägerin gegen die B. hing mit dem Verkauf der Teilgrundstücke an die Enderwerber so eng zusammen, dass der Vertragsentwurf nur als unselbständiger Teil dieses - dem Beklagten obliegenden - Urkundsgeschäfts angesehen werden konnte. Insoweit gelten die Grundsätze des Urteils des IX. Zivilsenats des = NJW 1993, 729, 730 m.w.N.): Danach richtet sich die Amtspflicht des Notars beim Entwurf eines privatschriftlichen Vertrags nach dem Betreuungsauftrag. Sie erstreckt sich auf eine auftragsgerechte, zweckmäßige und rechtlich zuverlässige Gestaltung des beabsichtigten Rechtsgeschäfts. Im Übrigen hatte der Beklagte im Schreiben seines Notarvertreters vom selbst darauf hingewiesen, dass er auch das Interesse der Klägerin am Erhalt oder der Sicherstellung des Kaufpreises wahrnehmen wollte.

3. Damit hatte der Beklagte, nachdem er durch den Notar Dr. von K. sämtliche erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen hatte, auch die Überwachung des den kaufvertraglichen Interessen der Klägerin entsprechenden ordnungsgemäßen Grundbuchvollzuges übernommen. Er musste daher - wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt - auch sicherstellen, dass die Klägerin Eigentümerin des vierten Teilgrundstücks blieb, und war deshalb verpflichtet, die Anweisungen interessengerecht - vor allem auch im Interesse der Klägerin darin, ihr (Rest-)Grundstück nicht ohne Sicherstellung der Kaufpreiszahlung durch die B. zu verlieren - auszuführen.

4. Deswegen musste der Beklagte angesichts mehrerer gangbarer Wege den sichersten und gefahrlosesten Weg beschreiten oder vorschlagen (BGHZ 27, 274, 276; 56, 26, 28; 70, 374, 375; - VersR 1974, 336, 337; Urteil vom - VI ZR 118/74 - VersR 1976, 730, 731; Urteil vom - VI ZR 56/79 - RuS 1981, 34, 35; Urteil vom - IX ZR 209/91 - NJW 1992, 3237, 3239). Dies gilt auch dann, wenn damit Mehrkosten verbunden sind (Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 6. Aufl. 2008 § 19 Rn. 52 m.w.N.). Dazu hätte es sich etwa angeboten, entweder eine neue Auflassung zwischen der Klägerin und der B. , die nur die drei Teilgrundstücke erfasst hätte, zu beurkunden oder drei gesonderte (Teil-)Auflassungen unmittelbar zwischen der Klägerin und den Enderwerbern der drei endgültig verkauften Grundstücke. Weiterhin wäre es denkbar gewesen, die Interessen der Klägerin durch die Beurkundung und Eintragung eines den Kaufpreisanspruch absichernden Grundpfandrechts, etwa einer Restkaufpreishypothek, zu wahren, die den Vorrang vor einer zugunsten der Gläubiger einzutragenden Sicherungshypothek gehabt hätte.

5. Statt dessen haben der Beklagte und sein Vertreter die die Umschreibung des Gesamtgrundstücks von der Klägerin auf die B. ermöglichenden Unterlagen, insbesondere die Gesamtauflassung und den vom Notar Dr. von K. unter Hinweis auf § 15 GBO gefertigten ursprünglichen (Gesamt-)Eintragungsantrag, beim Grundbuch eingereicht. In Verbindung mit der - rechtmäßig - zugunsten der B. bestehenden Auflassungsvormerkung wurde damit gegenüber dem Grundbuchamt offen gelegt und in grundbuchrechtlicher Form nachgewiesen (§ 29 GBO), dass der B. an dem nach Abschreibung der drei Teilgrundstücke verbleibenden Restgrundstück ein Anwartschaftsrecht im Sinne der in BGHZ 83, 395, 399 niedergelegten Grundsätze zustand.

6. Auf diese Weise wurde den Drittgläubigern der B. der Vollstreckungszugriff auf das Restgrundstück ermöglicht. Denn nach einer verbreiteten, wenn auch nicht unumstrittenen Meinung in Rechtsprechung und wissenschaftlichem Schrifttum kann der Pfandgläubiger des Anwartschaftsrechts den Eigentumserwerb des Auflassungsempfängers selbständig herbeiführen, indem er im eigenen Namen und aus eigenem Recht den Umschreibungsantrag gemäß § 13 GBO stellt (so: Vollkommer, Rpfleger 1969, 409, 411 m.w.N.; MünchKomm/Kanzleiter BGB, 4. Aufl., § 925 Rn. 40; KG JFG 4, 339; LG Essen NJW 1955, 1401 f mit zustimmender Anmerkung Horber; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 9. Aufl. Bd. 1 § 13 Rn. 50; differenzierend: Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl. Rn. 2061 und 2065; anderer Meinung wohl Wieczorek/Schütze/Lüke, ZPO 3. Aufl. § 848 Rn. 15 ff). Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser Frage bislang noch nicht geäußert, sondern sie ausdrücklich offen gelassen (BGHZ 49, 197, 207). An dem Risiko, dass sich das Grundbuchamt der ein eigenes Antragsrecht des Gläubigers bejahenden Auffassung anschließen werde, änderte auch der im Schreiben des Notarvertreters vom enthaltene, durch Fettdruck hervorgehobene Hinweis nichts, dass die Eigentumsumschreibung des verbleibenden Grundstücks auf die Firma B. nicht erfolgen dürfe und dieses Flurstück zunächst im Eigentum der Klägerin verbleibe. Dieser Hinweis schloss die Gefahr nicht aus, dass er vom Grundbuchamt rechtlich im Sinne einer lediglich die Kaufvertragsparteien (Klägerin und B. ) betreffenden Handlungsanweisung gewürdigt werde, die die Rechte außenstehender dritter Gläubiger auf Vollstreckung in das bestehende Anwartschaftsrecht unberührt ließ. Deswegen bedarf die Frage, ob das Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung hier überhaupt hätte vornehmen dürfen, keiner Entscheidung. Das Hinzutreten einer etwaigen eigenen Amtspflichtverletzung des Grundbuchamts würde die Amtshaftung des Beklagten für die Schaffung derjenigen Gefahrenlage, die sich im konkreten Fall tatsächlich verwirklicht hat, nicht ausschließen ( - NJW 1998, 2048, 2050 m.w.N.; Urteil vom - VI ZR 164/80 - NJW 1981, 572, 573; Zugehör in: Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, S. 879 Rn. 2222; Schramm in: Bracker/Schippel, BNotO, 8. Aufl., § 19 Rn. 89; Sandkühler aaO, § 19 Rn. 149; Frenz in Eylmann/Vaasen, BNotO und BeurkG, 2. Aufl., § 19 BNotO Rn. 32). Daher geht insbesondere die Erwägung des Landgerichts fehl, der Beklagte habe mit der späteren Eintragung der B. als Eigentümerin der Restfläche aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nichts zu tun gehabt. Die haftungsrechtliche Zurechnung dieser Vorgänge an den Beklagten ergibt sich vielmehr bereits daraus, dass sich damit ein Risiko verwirklicht hat, das in der amtspflichtwidrigen Ausführung des Auftrags bereits angelegt gewesen war.

7. Deswegen vermag es den Beklagten auch nicht zu entlasten, dass das Landgericht als mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht eine Amtspflichtverletzung hier verneint hat. Die - an sich auch zugunsten des Notars anwendbare - "Kollegialgerichts-Richtlinie" findet nämlich dann keine Anwendung, wenn das Gericht für die Beurteilung des Falls wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (vgl. z.B. Senatsurteil vom - III ZR 306/04 = NJW 2005, 3495, 3497 m.w.N.). Im Übrigen hätten die Unzweckmäßigkeit und das Risiko der Gestaltung und der Durchführung des Vertrags dem Beklagten bei Einhaltung der an einen pflichttreuen Durchschnittsnotar zu stellenden Sorgfaltsanforderungen erkennbar sein können und müssen.

8. Eine Verweisung auf etwaige anderweitige Ersatzmöglichkeiten kommt hier nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 i.V.m. § 24 BNotO nicht in Betracht. Der Beklagte hatte die hier in Rede stehenden selbständigen Amtspflichten auch gegenüber der Klägerin als (Mit-)Auftraggeberin im Rahmen eines Betreuungsgeschäfts nach § 24 BNotO übernommen (vgl. BGHZ 134, 100, 112).

II.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten hier nicht bereits deswegen ausgeschlossen, weil die Klägerin es unterlassen hatte, gegen die Eintragung der B. als Eigentümerin des vierten Teilgrundstücks die grundbuchrechtliche Beschwerde nach § 71 GBO einzulegen.

1. Gegen die Eintragung selbst wäre eine solche Beschwerde ohnehin unzulässig gewesen (§ 71 Abs. 2 Satz 1 GBO). Es hätte allenfalls verlangt werden können, das Grundbuchamt anzuweisen, nach § 53 GBO einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen. Beides wäre jedoch kein "Rechtsmittel" im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB gewesen. Denn die "Rechtsmittel" im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB müssen sich unmittelbar gegen eine sich als Amtspflichtverletzung darstellende Handlung oder Unterlassung richten und das Ziel haben, diese zu beseitigen oder zu berichtigen (Senatsurteil vom - III ZR 39/03 = NJW-RR 2004, 706, 707; = NJW 1991, 1172, 1174; = VersR 1980, 649, 650; zum allgemeinen Amtshaftungsrecht siehe auch Staudinger/Wurm, BGB [Neubearbeitung 2007] § 839 Rn. 338). Das hier in Rede stehende Rechtsmittel der Beschwerde hätte sich indessen nicht unmittelbar gegen die schadensstiftenden Handlungen des beklagten Notars, sondern gegen eine etwaige rechtswidrige Maßnahme des Grundbuchamts gerichtet. Deswegen kann die Unterlassung eines derartigen Rechtsbehelfs nicht zum Totalverlust des Amtshaftungsanspruchs nach § 839 Abs. 3 BGB führen, sondern allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines Mitverschuldens im Sinne des § 254 BGB gewürdigt werden (Senatsurteil vom , jeweils aaO). Dass die Unterlassung eines Rechtsmittels gegen eine etwaige Pflichtverletzung des Grundbuchamts eine Haftung des Notars nach § 839 Abs. 3 BGB nicht ausschließt, ist auch in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt (vgl. Senatsurteil vom - III ZR 41/59 = DNotZ 1960, 663, 666 f; Schramm in Bracker/Schippel, BNotO 8. Aufl., § 19 Rn. 130; Zugehör aaO S. 949 Rn. 2310; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl., S. 335 Rn. II 282).

2. Hinzu kommt hier Folgendes:

a) Wie das Berufungsgericht im Einzelnen nachweist, ist die Frage, ob der Pfandgläubiger des Anwartschaftsrechts den Eigentumserwerb des Auflassungsempfängers selbständig herbeiführen kann, indem er den Umschreibungsantrag gemäß § 13 GBO stellt, in Rechtsprechung und wissenschaftlichem Schrifttum umstritten (siehe zum Meinungsstand oben I. 6.). Unabhängig von der Frage der Antragsberechtigung ist der Antrag, obwohl nach § 13 Abs. 1 GBO eine Eintragung nur auf einen solchen vorgenommen werden soll, kein Erfordernis der materiellen Rechtsänderung, sondern eine reine Verfahrenshandlung. So wird das Grundbuch durch eine Eintragung ohne Antrag nicht unrichtig (BGHZ 141, 347, 349 f; BayObLGZ 1988, 124, 127; jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze sind uneingeschränkt auf die vorliegende Fallgestaltung anzuwenden, bei der das Anwartschaftsrecht des Käufers auf der Auflassung und der Eintragung einer Auflassungsvormerkung beruhte. Fraglich hätte dies allenfalls dann sein können, wenn für die B. keine Auflassungsvormerkung eingetragen gewesen wäre, also ein (pfändbares) Anwartschaftsrecht nur durch Stellung eines eigenen Antrags der B. auf Eintragung als Eigentümer hätte entstehen können (vgl. hierzu BGHZ 49, 197, 200 ff; 83, 395, 399). Was bei einer derartigen Konstellation, bei der die Stellung des Antrags gerade durch den Auflassungsbegünstigten nicht nur verfahrensrechtliche Bedeutung hat, sondern darüber hinaus konstitutive Voraussetzung für das Entstehen des materiell-rechtlichen Anwartschaftsrechts ist, zu gelten hätte, kann indes dahinstehen.

b) Daher lässt sich nicht feststellen, dass, nachdem durch die vollzogene Eintragung vollendete Tatsachen geschaffen worden waren, die Beschwerde Erfolg gehabt hätte. Auch aus diesem Grunde ist ein Haftungsausschluss zu verneinen.

3. Nach dem zuvor Gesagten kann gegen die anwaltlich beratene Klägerin auch kein Mitverschuldensvorwurf im Sinne des § 254 BGB erhoben werden, weil sie keine Beschwerde nach § 71 GBO eingelegt hat.

III.

Der Rechtsstreit ist noch nicht zur Entscheidung reif, da Feststellungen zur Schadenshöhe - vom Rechtsstandpunkt der Vorinstanzen aus folgerichtig - noch nicht getroffen worden sind.

Fundstelle(n):
NJW 2009 S. 71 Nr. 1
WM 2009 S. 86 Nr. 2
EAAAC-96256

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja