Leitsatz
1. Die Berechnung des zur Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG notwendigen Bedarfs und des erforderlichen Einkommens richtet sich bei erwerbsfähigen Ausländern nach den entsprechenden Bestimmungen des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs SGB II über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
2. Bei erwerbsfähigen Ausländern sind bei der Ermittlung des zur Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG erforderlichen Einkommens von dem Erwerbseinkommen sämtliche in § 11 Abs. 2 SGB II angeführten Beträge abzuziehen. Dies gilt auch für den Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Pauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II.
Gesetze: AufenthG § 2 Abs. 3; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG § 6 Abs. 4 Satz 2; AufenthG § 32 Abs. 3; AufenthG § 32 Abs. 4; AufenthG § 104 Abs. 3; AuslG 1990 § 20; SGB II § 11; SGB II § 30; Richtlinie 2003/86/EG Art. 7
Instanzenzug: VG Berlin, VG 2 V 5.06 vom OVG Berlin, OVG 12 B 16.07 vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja
Gründe
I
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Visums zum Zwecke des Familiennachzugs zu ihrer im Bundesgebiet lebenden Mutter.
Die Klägerin ist türkische Staatsangehörige und wurde im Mai 1990 in Istanbul geboren. Die Ehe der Eltern wurde 1994 geschieden, wobei der Mutter das alleinige Sorgerecht für die Klägerin übertragen wurde. Nach erneuter Heirat zog die Mutter der Klägerin im September 1998 zu ihrem zweiten Ehemann nach Deutschland. Ihre Aufenthaltserlaubnis wurde - auch nach Scheidung dieser zweiten Ehe im Jahre 2001 - jeweils befristet verlängert, bis ihr 2004 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.
Die Klägerin, die in der Türkei zurückgeblieben war, hatte seit September 2000 mehrfach ohne Erfolg ein Visum zum Zwecke des Nachzugs zu ihrer Mutter beantragt. Im Mai 2005 stellte sie beim Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul erneut einen Antrag auf Erteilung eines Visums. Die Ausländerbehörde des Beigeladenen verweigerte die erforderliche Zustimmung, weil sie die von der Mutter der Klägerin vorgelegten Erklärungen und Unterlagen über deren Miet- und Einkommensverhältnisse für falsch bzw. in Teilen für unrichtig hielt und den Nachweis der Sicherung des Lebensunterhalts nicht als erbracht ansah. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom ab.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar lägen die in § 32 Abs. 3 Alt. 2 AufenthG genannten besonderen Nachzugsvoraussetzungen bei der Klägerin vor. Die Mutter sei Inhaberin des alleinigen Sorgerechts und verfüge seit September 2004 über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die seit Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz fortgelte. Die inzwischen 17 Jahre alte Klägerin erfülle auch die altersmäßigen Voraussetzungen der Vorschrift, weil sie zum Zeitpunkt der Beantragung des Visums das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe. Es fehle aber an der allgemeinen Nachzugsvoraussetzung der erforderlichen Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zum Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres der Klägerin im Mai 2006. Um dem Sinn und Zweck der gesetzlich festgelegten Altersgrenze gerecht zu werden, müssten die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums nicht nur zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz erfüllt sein, sondern auch bereits im Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres. Im Mai 2006 habe die aus der Klägerin und ihrer Mutter bestehenden Familie aber nicht über eine ausreichende wirtschaftliche Existenzgrundlage verfügt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG sei der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten könne. Die Feststellung dieser Voraussetzung erfordere einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit dem tatsächlich zur Verfügung stehenden Einkommen. Der Unterhaltsbedarf setze sich hier aus der Summe der auf die Familie entfallenden Regelsätze nach §§ 20, 28 SGB II sowie den Kosten der Unterkunft zusammen und betrage 986 €. Diesem Bedarf habe im Mai 2006 kein gesichertes Einkommen der Mutter der Klägerin gegenübergestanden. Von den nach § 11 Abs. 1 SGB II zu ermittelnden Einnahmen seien sämtliche in Absatz 2 der Vorschrift genannten Beträge abzusetzen. Dies gelte auch für den Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6, § 30 SGB II. Auch wenn der Freibetrag zu einer nur fiktiven Einkommensminderung führe und arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Zwecken diene, stehe dies einer Berücksichtigung bei der Berechnung des zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Einkommens im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 3 AufenthG nicht entgegen. Die Lebensunterhaltssicherung sei die wichtigste Voraussetzung, um die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu verhindern. Dieses legitime gesetzgeberische Interesse gebiete, den Lebensunterhalt bereits dann als nicht gesichert anzusehen, wenn der Ausländer einen Anspruch auf öffentliche, nicht auf eigenen Beiträgen beruhende Leistungen habe, und zwar unabhängig davon, ob er diese tatsächlich in Anspruch nehme. Nur durch die Berücksichtigung eines voraussichtlich bestehenden Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II werde dieser gesetzgeberische Zweck gewährleistet. Es entspreche auch dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 AufenthG, die zu treffende prognostische Entscheidung hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts an der Prüfung auszurichten, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gegeben wäre. Darüber hinaus handele es sich bei den die Hilfebedürftigkeit regelnden Normen des SGB II um ein geschlossenes, in sich stimmiges System, aus dem nicht einzelne Regelungen herausgelöst werden könnten. Dem bedeutsamen Interesse der Bundesrepublik Deutschland, neu entstehende Soziallasten für die öffentliche Hand zu verhindern, könne auch nicht bei einer später anstehenden Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder durch eine ggf. auszusprechende Ausweisung hinreichend Rechnung getragen werden. Die mit dem Abzug des Freibetrags verbundene Beschränkung des Familiennachzugs verstoße auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 8 EMRK. Beiden Vorschriften lasse sich nicht entnehmen, dass ausländischen Staatsangehörigen in jedem Fall die Möglichkeit einzuräumen sei, ihre familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland zu führen. Aus den gleichen Gründen sei auch der in § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II vorgesehene Pauschalbetrag in Höhe von 100 € vom Einkommen abzusetzen, der zudem den im Regelfall tatsächlich entstehenden Aufwand etwa für Werbungskosten abdecken solle.
Das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerin und ihrer Mutter betrage nach Abzug des Erwerbstätigenfreibetrages in Höhe von 174 € und des Pauschalbetrages in Höhe von 100 € nur 739,45 €. Daraus ergebe sich eine Unterdeckung des Unterhaltsbedarfs in Höhe von 246,55 €. Umstände, die eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG rechtfertigten, seien von der Klägerin weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Sie könne schließlich die Erteilung eines Visums auch nicht im Rahmen der Härteregelung nach § 32 Abs. 4 AufenthG beanspruchen. Eine Ermessensentscheidung nach dieser Vorschrift wäre selbst bei Vorliegen einer besonderen Härte nur eröffnet, wenn auch die übrigen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt wären. Dies sei jedoch nicht der Fall. Entgegen der Ansicht der Klägerin könne hier anders als in den Fällen von § 5 Abs. 3 oder § 29 Abs. 2 und 4 AufenthG mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht von der erforderlichen Sicherung des Lebensunterhalts abgesehen werden.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie macht insbesondere geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht den Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres als maßgeblich angesehen. Richtigerweise müsste vielmehr wie auch sonst bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt werden, in dem ihre Mutter ein um 300 € höheres Gesamteinkommen erzielt habe. Unabhängig davon seien entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II und die Pauschale von 100 € nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bei der Ermittlung des tatsächlich verfügbaren Einkommens nicht zu berücksichtigen. Sie bezieht sich insoweit auf abweichende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und meint, die mit Wirkung vom eingeführten höheren Freibeträge stellten ein arbeitsmarktpolitisches Instrumentarium zugunsten geringfügig Erwerbstätiger dar, das nicht zum Nachteil von erwerbstätigen Ausländern im aufenthaltsrechtlichen Verfahren missbraucht werden könne. Jedenfalls lägen aber bei ihr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums wegen besonderer Härte vor. Bei der Prüfung dieses Anspruchs sei auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht abzustellen, in dem ihre Mutter bereits ein um 300 € monatlich höheres Einkommen erzielt habe, das zur Lebensunterhaltssicherung ausreiche. Die Erteilung eines Visums zur Familienzusammenführung sei im Interesse des Kindeswohls zur Vermeidung einer besonderen Härte im Sinne dieser Vorschrift geboten.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt zu einem etwaigen Anspruch nach § 32 Abs. 4 AufenthG ergänzend vor, die zusätzlichen Einkünfte aus einer von der Mutter der Klägerin im Oktober 2006 aufgenommenen Aushilfstätigkeit könnten bei der Berechnung des Lebensunterhalts nicht berücksichtigt werden, weil insoweit noch nicht von einer hinreichend nachhaltigen Einkommensquelle ausgegangen werden könne. Im Übrigen liege auch eine besondere Härte im Sinne der Vorschrift bei der Klägerin nicht vor.
Der Beigeladene und der Vertreter des Bundesinteresses verteidigen ebenfalls das angefochtene Urteil.
II
Die zulässige Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Visums zum Zwecke der Familienzusammenführung nach § 32 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ohne Verstoß gegen Bundesrecht verneint (1.). Auch ein Anspruch auf Erteilung eines Visums wegen Vorliegens einer besonderen Härte steht der Klägerin nicht zu (2.). Die hierfür vom Berufungsgericht angeführte Begründung ist zwar nicht in vollem Umfang mit Bundesrecht vereinbar, die Entscheidung erweist sich aber jedenfalls im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht zunächst geprüft, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung eines Visums nach § 32 Abs. 3 AufenthG hat. Nach dieser Bestimmung ist dem minderjährigen Kind eines Ausländers, welches das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine Aufenthaltserlaubnis - und vor der Einreise gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ein Visum - zu erteilen, wenn beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzen.
a) Diese seit dem geltende Vorschrift - und nicht etwa die Vorgängervorschrift des § 20 Abs. 3 AuslG 1990 - ist als Rechtsgrundlage für das Nachzugsbegehren der Klägerin gemäß § 104 Abs. 3 AufenthG heranzuziehen. Nach dieser Übergangsvorschrift des Aufenthaltsgesetzes gilt bei Ausländern, die sich vor dem rechtmäßig in Deutschland aufhalten, für den Nachzug ihrer vor diesem Zeitpunkt geborenen Kinder § 20 des Ausländergesetzes (AuslG) in der zuletzt gültigen Fassung, es sei denn, das Aufenthaltsgesetz gewährt eine günstigere Rechtsstellung. Das Nachzugsbegehren der Klägerin unterfällt, auch wenn der Visumsantrag erst nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes gestellt worden ist, dieser Übergangsregelung. Denn die Mutter, zu der die Klägerin nachziehen will, hat sich vor dem rechtmäßig aufgrund einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufgehalten, und die Klägerin selbst ist vor diesem Zeitpunkt geboren worden.
Die Übergangsvorschrift führt hier allerdings dazu, dass der geltend gemachte Anspruch der Klägerin nach § 32 Abs. 3 AufenthG und nicht nach § 20 Abs. 3 AuslG zu beurteilen ist, da das Aufenthaltsgesetz in der vorliegenden Fallkonstellation eine günstigere Rechtsstellung gewährt. Denn § 32 Abs. 3 AufenthG vermittelt dem unter 16 Jahre alten minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers, das aus dem Heimatland zu dem allein personensorgeberechtigten Elternteil nachziehen will, einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis, wenn der Elternteil einen der dort genannten Aufenthaltstitel besitzt und die sonstigen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen. Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 AuslG war es dagegen bei Vorliegen der sonstigen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellt, den Nachzug zu dem allein personensorgeberechtigten Elternteil zu gestatten. Dies genügt, um eine günstigere Rechtsstellung aufgrund des Aufenthaltsgesetzes zu bejahen (im Ergebnis ebenso OVG 7 B 24.05 - juris Rn. 32 ff.). Denn § 104 Abs. 3 AufenthG erfasst mit seiner Verweisung auf § 20 AuslG nach Wortlaut und Sinn und Zweck nur die in dieser Vorschrift geregelten personen- und familienbezogenen Nachzugsvoraussetzungen, beinhaltet aber nicht, dass im Sinne einer "Stand-Still-Klausel" insgesamt auf die frühere Rechtslage abzustellen wäre, etwa auf die vor dem geltenden sozialhilferechtlichen Bestimmungen bei der Prüfung des Erfordernisses der Sicherung des Lebensunterhalts. Eine derartig weitgehende, längerfristige Aufrechterhaltung der gesamten früheren Rechtslage im Rahmen des Kindernachzugs war mit dieser Übergangsregelung nicht beabsichtigt. Hintergrund für die Regelung war vielmehr, dass nach dem ursprünglichen Entwurf des Zuwanderungsgesetzes die Altersgrenze für den Kindernachzug vom 16. auf das 12. Lebensjahr herabgesetzt werden sollte und wegen dieser "gravierenden Rechtsänderung, auf die sich die Betroffenen in ihrer Lebensplanung nicht einstellen konnten", eine weite Übergangsregelung für erforderlich gehalten wurde (BTDrucks 15/420 S. 100). Dadurch, dass im Vermittlungsverfahren wieder an der bisherigen Altersgrenze von 16 Jahren festgehalten wurde, ist das zentrale Motiv für die Übergangsregelung entfallen. Ob und in welchen Fällen sie gegebenenfalls noch von Bedeutung sein kann, kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls sollte die Übergangsregelung ersichtlich nur das berechtigte Vertrauen auf bisherige günstigere personen- und familienbezogene Nachzugsvoraussetzungen schützen, nicht aber die erforderlichen Standards etwa für den ausreichenden Wohnraum oder den gesicherten Lebensunterhalt aus der Zeit vor dem für eine Vielzahl von künftigen Kindernachzugsfällen festschreiben.
b) Der Klägerin steht indes - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - ein Nachzugsanspruch nach § 32 Abs. 3 AufenthG nicht zu. Allerdings erfüllt sie die in dieser Vorschrift genannten besonderen Nachzugsvoraussetzungen. Denn ihre Mutter ist der alleinpersonensorgeberechtigte Elternteil für die ledige Klägerin und besitzt seit September 2004 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die seit dem als Niederlassungserlaubnis fortgilt. Auch die altersmäßigen Voraussetzungen liegen bei der Klägerin vor, weil insoweit nach der Rechtsprechung des Senats auf den Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2005 abzustellen ist und die Klägerin zu diesem Zeitpunkt das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (vgl. BVerwG 1 C 22.96 - Buchholz 402.240 § 20 AuslG 1990 Nr. 4 = InfAuslR 1998, 161). Für einen Nachzugsanspruch nach § 32 Abs. 3 AufenthG müssen aber zusätzlich sowohl die allgemeinen Voraussetzungen des Familiennachzugs nach § 29 Abs. 1 AufenthG (hier zur Verfügung stehender ausreichender Wohnraum nach Nr. 2) als auch die sonstigen Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG (hier insbesondere die Sicherung des Lebensunterhalts nach Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) erfüllt sein. Im Falle der Klägerin fehlt es an der zuletzt genannten Voraussetzung, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ihr Lebensunterhalt zum Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres im Mai 2006 nicht gesichert war.
aa) Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung insoweit zu Recht die Verhältnisse im Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres der Klägerin zugrunde gelegt. Soweit die Revision meint, auf diesen Zeitpunkt könne es nicht ankommen, weil entweder, wie bei der altersmäßigen Voraussetzung, auf den Zeitpunkt der Antragstellung oder, wie sonst bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen sei, kann der Senat dem nicht folgen. Allerdings gilt auch für den Nachzugsanspruch von Kindern, dass wie sonst allgemein bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich ist. Sofern die Kinder allerdings während des Verfahrens die gesetzliche Altersgrenze überschreiten, ergeben sich aus dem materiellen Recht Besonderheiten, die dazu führen, dass es nicht allein auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts ankommt. Wie oben bereits ausgeführt, ist für die Einhaltung der Altersgrenze von 16 Jahren der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich, weil andernfalls der mit der Regelung verfolgte Zweck, Kindern unter 16 Jahren die Herstellung der Familieneinheit im Bundesgebiet zu ermöglichen, vielfach aufgrund des Zeitablaufs während des Verfahrens entfiele (Urteil vom a.a.O.). Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Antragstellung für die Altersgrenze soll aber lediglich verhindern, dass das nachzugswillige Kind ihm an sich zustehende Rechte wegen der Verfahrensdauer allein durch Zeitablauf verliert, soll aber nicht dazu führen, dass es Sachverhaltsänderungen zu seinen Gunsten nach Vollendung des 16. Lebensjahres geltend machen kann, die bei rechtmäßiger Bescheidung seines Antrags nie zu einem Anspruch hätten führen können. Deshalb müssen die übrigen Anspruchsvoraussetzungen für den Kindernachzug nach § 32 Abs. 3 AufenthG jedenfalls auch im Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres vorgelegen haben (vgl. BVerwG 1 B 63.07 - juris; Urteil vom a.a.O. Rn. 27, für das Merkmal der Minderjährigkeit entsprechend Rn. 30; BVerwG 1 C 12.96 - Buchholz 402.240 § 23 AuslG 1990 Nr. 7 Rn. 23). Andernfalls würde durch eine länger dauernde Rechtsverfolgung - über das Ziel eines effektiven Rechtsschutzes hinaus - die vom Gesetz vorgesehene Altersgrenze umgangen. Daraus folgt, dass nach dem Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres eingetretene Sachverhaltsänderungen zu Gunsten des Betroffenen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden können. Dies gilt - abgesehen von der Einhaltung der gesetzlichen Altersgrenze - für sämtliche Nachzugsvoraussetzungen einschließlich der hier streitigen Voraussetzungen der Sicherung des Lebensunterhalts.
bb) Ausgehend von den vom Berufungsgericht festgestellten wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin und ihrer Mutter im Mai 2006 wäre deren Lebensunterhalt nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gesichert gewesen.
Nach der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 3 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Dabei bleiben das Kindergeld, der Kinderzuschlag und das Erziehungsgeld oder Elterngeld sowie öffentliche Mittel außer Betracht, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Diese Definition des zentralen Begriffs der Lebensunterhaltssicherung sollte sich an der bisher geltenden Auslegung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG orientieren (BTDrucks 15/420 S. 68). Die Feststellung der Sicherung des Lebensunterhalts erfordert demnach einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den tatsächlich zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs, die sich früher an dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des § 12 BSHG orientierte, der wiederum - vorbehaltlich der Besonderheiten des Einzelfalles - durch die Regelsätze nach § 22 BSHG konkretisiert wurde (vgl. etwa BVerwG 1 B 189.96 - Buchholz 402.240 § 17 AuslG 1990 Nr. 7), richtet sich seit der Änderung des Rechts der Sozial- und Arbeitslosenhilfe vom an bei erwerbsfähigen Ausländern nach den entsprechenden Bestimmungen des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB II. Dies gilt grundsätzlich auch für die Berechnung des zur Verfügung stehenden Einkommens, das nach den Regelungen in § 11 SGB II zu ermitteln ist. Danach sind von dem nach § 11 Abs. 1 SGB II zu ermittelnden Bruttoeinkommen die in § 11 Abs. 2 SGB II genannten Beträge abzuziehen. Hierzu gehören auch der Freibetrag bei Erwerbstätigkeit gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Pauschale von 100 €, die nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II an die Stelle der Beträge nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 tritt.
Der Senat folgt damit nicht der von der Revision und auch in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach der Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 30 SGB II und die Pauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bei der Einkommensermittlung im Rahmen von § 2 Abs. 3 AufenthG deshalb nicht abzusetzen seien, weil sie einem anderen Zweck als dem der Existenzsicherung dienten. Es handele sich um arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten nach dem SGB II, mit denen nicht bezweckt gewesen sei, nachteilige Auswirkungen im Bereich des Ausländerrechts herbeizuführen und insbesondere die Voraussetzungen für den Familiennachzug oder die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zu verschärfen. Die Höhe dieser Abzugsbeträge sei im Vergleich zur bisherigen Rechtslage so erheblich, dass sie trotz voller Erwerbstätigkeit häufig nicht zusätzlich erwirtschaftet werden könnten. Es handle sich zudem um fiktive Abzugsbeträge, die die tatsächlich zur Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Mittel nicht minderten. Der Gefahr, dass die deutschen Sozialsysteme durch eine Nachzugsgenehmigung in derartigen Fällen belastet würden, könne dadurch begegnet werden, dass der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG ausgewiesen oder die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wegen Vorliegens eines Ausweisungsgrundes nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abgelehnt werden könne, wenn er nach seiner Einreise tatsächlich ergänzende Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehme (vgl. - InfAuslR 2006, 21; - AuAS 2006, 146 - allerdings nur bezüglich des Erwerbstätigenfreibetrags; VG Lüneburg, Urteil vom - 6 A 353/05 - InfAuslR 2007, 241 -, im Ergebnis ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom - 11 LB 127/06 - juris; 29 V 20.05 - juris; Funke-Kaiser, in: GK-Aufenthaltsgesetz II, Stand: Januar 2008, § 2 Rn. 46; im Ergebnis ebenso Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2008, § 2 AufenthG Rn. 25 ff.; vgl. zum Meinungsstand auch den Siebten Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, BTDrucks 16/7600 S. 108 f.).
Diese Argumentation überzeugt nicht. Die maßgebliche Bestimmung des § 2 Abs. 3 AufenthG ist vielmehr in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen dahingehend auszulegen, dass sämtliche in § 11 Abs. 2 SGB II genannten Beträge bei der Ermittlung des Einkommens abzusetzen sind, weil der Lebensunterhalt dann nicht gesichert ist, wenn ein Anspruch auf (aufstockende) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II besteht. Dies lässt sich zwar nicht schon aus dem Wortlaut der Vorschrift herleiten. Denn die Formulierung, der Ausländer müsse seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten "können", lässt auch eine Interpretation im Sinne der Auffassung der Revision zu. Es ergibt sich aber aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift in Verbindung mit den Gesetzesmaterialien und der systematischen Stellung im Rahmen des Aufenthaltsgesetzes. Der Sinn und Zweck der Regelung besteht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, darin, neue Belastungen für die öffentlichen Haushalte zu vermeiden. Die Lebensunterhaltssicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3 AufenthG wird in der Begründung des Gesetzentwurfs als eine der Erteilungsvoraussetzungen von grundlegendem staatlichen Interesse und als wichtigste Voraussetzung, um die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu verhindern, bezeichnet (BTDrucks 15/420 S. 70). Dies spricht dafür, dass im Falle eines voraussichtlichen Anspruchs auf öffentliche Mittel - sofern sie nicht ausdrücklich nach § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG außer Betracht zu bleiben haben - der Lebensunterhalt nicht als gesichert angesehen werden kann, da dann auch eine Inanspruchnahme dieser Mittel zu erwarten oder jedenfalls nicht auszuschließen ist. Ob die Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden, ist nach dem gesetzgeberischen Regelungsmodell unerheblich. Dies wird u.a. auch durch die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 27 Abs. 3 AufenthG bestätigt, in der zu dem vergleichbaren Erfordernis des Angewiesenseins auf Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs ausgeführt wird, es komme wie im bisherigen Recht "nur auf das Bestehen eines Anspruchs auf Sozialhilfe, d.h. das Vorliegen der Voraussetzungen, nicht auf die tatsächliche Inanspruchnahme an" (BTDrucks 15/420 S. 81).
Dass die hier in Rede stehenden öffentlichen Leistungen des (ergänzenden) Arbeitslosengeldes II (für die Mutter der Klägerin) und des Sozialgeldes (für die Klägerin) nach dem SGB II beitragsunabhängig sind und auch sonst nicht zu den nach § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG unschädlichen Leistungen gehören, ist unstreitig. Das Arbeitslosengeld II wird ebenso wie das Sozialgeld vom Gesetzgeber ausdrücklich als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts bezeichnet (vgl. die Überschrift von Kapitel 3 Abschnitt 2 SGB II). Diese Leistungen nach dem SGB II werden auch im Aufenthaltsgesetz mehrfach den Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII gleichgesetzt (vgl. etwa § 27 Abs. 3, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AufenthG), ohne dass zwischen verschiedenen Leistungen oder Teilleistungen der Lebensunterhaltssicherung nach dem SGB II differenziert wird. Der in erster Linie aus arbeitsmarkt- bzw. beschäftigungspolitischen Gründen in dieser Höhe gewährte Freibetrag nach § 30 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II, der in Kapitel 3 Abschnitt 2 (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts) Unterabschnitt 3 (Anreize und Sanktionen) geregelt ist, ändert nichts daran, dass das Arbeitslosengeld II selbst eine einheitliche Leistung zur Lebensunterhaltssicherung darstellt. Der von der Gegenmeinung angeführte Gesichtspunkt, dass der Gesetzgeber mit der Verbesserung der Leistungen nach dem SGB II nicht die Nachzugsvoraussetzungen für Ausländer verschärfen wollte, spricht deshalb nicht gegen die Anrechnung der Abzugsbeträge. Wenn der Gesetzgeber zusätzliche Belastungen für öffentliche Haushalte vermeiden will, nimmt er es auch in seinen Willen auf, dass sich die Nachzugsvoraussetzungen bei steigenden Sozialleistungen für den Lebensunterhalt zwangsläufig verschärfen.
Soweit die Gegenmeinung argumentiert, trotz des Bestehens eines rechnerischen Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II könne ein Nachzug zugelassen werden, weil eine Belastung der öffentlichen Haushalte auch dadurch wirksam vermieden werden könne, dass im Falle der tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Leistungen der Aufenthalt des Ausländers nachträglich beendet werden könne, kann der Senat dem nicht folgen. Eine spätere Aufenthaltsbeendigung, sei es durch Ausweisung oder durch Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis, dürfte bei unveränderten wirtschaftlichen Verhältnissen des Ausländers rechtlich kaum möglich sein. Hierzu hat das Berufungsgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass es - noch ungeachtet der Frage, ob der Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG überhaupt Leistungen nach dem SGB II, und nicht nur Leistungen nach dem SGB XII erfasst (verneinend u.a. Hailbronner, a.a.O. § 55 Rn. 80 mit Hinweisen auf das Gesetzgebungsverfahren) - ermessensfehlerhaft wäre, einen Ausländer in Kenntnis seiner finanziellen Verhältnisse einreisen zu lassen, um ihn dann bei Inanspruchnahme ihm zustehender Leistungen auszuweisen. Entsprechendes gilt für die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei unveränderten finanziellen Verhältnissen (so auch Hailbronner, a.a.O. § 2 Rn. 27). Im Falle des Kindernachzugs kommt bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis noch hinzu, dass nach § 34 Abs. 1 AufenthG die einem Kind erteilte Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 (Lebensunterhaltssicherung) und § 29 Abs. 1 Nr. 2 (ausreichender Wohnraum) zu verlängern ist, so dass eine Ablehnung der Verlängerung wegen fehlender Lebensunterhaltssicherung nicht mehr in Betracht kommt. In der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 34 AufenthG heißt es hierzu, der hohe Stellenwert der familiären Lebensgemeinschaft gebiete es, an die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ebenso wie bei nachgezogenen Ehegatten einen weiteren Maßstab als bei der Erteilung anzulegen (BTDrucks 15/420 S. 83). Ob unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck dieser Regelung dann noch auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6 AufenthG wegen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II zurückgegriffen werden könnte, erscheint zweifelhaft, ganz abgesehen von dem oben bereits angesprochenen Problem der Reichweite von § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG. Im Übrigen vernachlässigt die Gegenmeinung dabei auch, dass § 2 Abs. 3 AufenthG in gleicher Weise u.a. auch für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG von Bedeutung ist und dabei weder eine nachträgliche Korrektur über ein Verlängerungsverfahren noch - angesichts des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG - eine Ausweisung wegen Sozialleistungsbezugs in Betracht kommt. Die nachträgliche Ausweisung oder Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist damit nach der gesetzgeberischen Konzeption kein geeigneter Weg, um der Gefahr neu entstehender Belastungen für öffentliche Haushalte wirksam zu begegnen. Vielmehr entspricht es dem Willen des Gesetzebers, bei der (erstmaligen) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts einen strengen Maßstab anzulegen.
cc) Die hier vertretene Auslegung von § 2 Abs. 3 AufenthG ist auch mit der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl L 2003/251 vom , S. 12) - sog. Familienzusammenführungsrichtlinie - vereinbar. Denn die durch das Aufenthaltsgesetz mit Wirkung vom umgesetzte Richtlinie, die auch den Fall der Klägerin erfasst (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie), erlaubt es den Mitgliedstaaten u.a., von dem Zusammenführenden den Nachweis zu verlangen, dass er über feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, die ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen des Mitgliedstaates für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreichen (Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie).
dd) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Lebensunterhalt der aus der Klägerin und ihrer Mutter bestehenden Familie auf der Grundlage ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse im Mai 2006 nicht gesichert war. Danach setzte sich der Unterhaltsbedarf aus der Summe der auf die Klägerin und ihre Mutter entfallenden Regelsätze nach den §§ 20, 28 SGB II in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung (345 € und 276 €) und den Kosten der Unterkunft (365 €) zusammen. Dies ergab einen Gesamtbedarf von 986 €. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden dabei nicht berücksichtigt, weil sie bereits durch den Arbeitgeber vom Lohn abgezogen wurden. Ob gegebenenfalls noch zusätzlich ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II in Höhe von 12 % des Regelsatzes anzusetzen wäre, weil die Mutter der Klägerin im Falle des Nachzugs mit einem minderjährigen Kind zusammenleben und allein für dessen Pflege und Erziehung sorgen würde, kann mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilt werden. Ein noch höherer Unterhaltsbedarf würde im Übrigen an der mangelnden Sicherung des Lebensunterhalts nichts ändern.
Dem Unterhaltsbedarf von 986 € stand nach den Feststellungen des Berufungsgericht das Erwerbseinkommen der Mutter und das für die Klägerin zu erwartende Kindergeld (154 €) gegenüber. Von dem Bruttolohn der Mutter in Höhe von 1 140 € waren neben den Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nach § 11 Abs. 2 SGB II der Freibetrag bei Erwerbstätigkeit in Höhe von 174 € und die Pauschale in Höhe von 100 € abzuziehen, so dass sich ein zu berücksichtigendes Einkommen von 739,45 € ergab. Daraus folgte eine Unterdeckung in Höhe von 246,55 €, die zu einem entsprechenden Anspruch auf aufstockende Leistung zum Lebensunterhalt nach dem SGB II geführt hätte.
c) Von der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG war auch nicht wegen des Vorliegens eines Ausnahmefalles abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall liegt bei besonderen, atypischen Umständen vor, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, aber auch dann, wenn entweder aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug geboten ist, z.B. weil die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist (vgl. allgemein zur Ausnahme nach § 5 Abs. 1 AufenthG im Hinblick auf Art 6 GG: - InfAuslR 2007, 336 <338>; ferner OVG 2 M 17.08 - AuAS 2008, 171). Für das Vorliegen eines atypischen Falles sind von der Klägerin allerdings keine besonderen Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich. Es sind auch keine ausreichenden Gründe dafür geltend gemacht und erkennbar, dass eine Herstellung der Familieneinheit zwischen der alleinstehenden Mutter und der Klägerin in der Türkei nicht möglich wäre. Unter diesen Umständen sind die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verneinung eines Ausnahmefalles revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Erteilung eines Visums wegen einer besonderen Härte zu. Die hierfür im Berufungsurteil angeführte Begründung wird allerdings zu Recht von der Revision beanstandet.
a) Ob das Berufungsgericht mit der Prüfung eines derartigen Anspruchs anhand von § 32 Abs. 4 AufenthG auf die formal richtige Rechtsgrundlage abgestellt hat oder ob gemäß der Übergangsregelung in § 104 Abs. 3 AufenthG auf die Vorgängerregelung in § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG 1990 hätte zurückgegriffen werden müssen, kann hier dahinstehen. Da beide Anspruchsgrundlagen zur Prüfung der gleichen materiellrechtlichen Voraussetzungen eines besonderen Härtefalles führen, würde sich durch einen Rückgriff auf die frühere Anspruchsgrundlage in der Sache nichts ändern. Die Revision hat insoweit - zu Recht - auch keine Rüge erhoben.
b) Wie die Revision zutreffend rügt, hat das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung in Fällen einer besonderen Härte allein mit der Begründung verneint, es fehle an der auch hierbei erforderlichen Sicherung des Lebensunterhalts, hat aber dieses Erfordernis nicht bezogen auf den Zeitpunkt der Berufungsverhandlung geprüft und verneint. Denn es ist auf die zusätzlichen Einnahmen in Höhe von monatlich 300 €, die die Mutter der Klägerin nach ihren Angaben seit Oktober 2006 erzielte, nicht eingegangen, sondern hat ersichtlich an seine Feststellungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Prüfung des § 32 Abs. 3 AufenthG angeknüpft. Diese bezogen sich aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres der Klägerin im Mai 2006. Für den in § 32 Abs. 4 AufenthG geregelten Nachzugsanspruch in Fällen besonderer Härte, der für minderjährige ledige Kinder unabhängig von der Altersgrenze der Vollendung des 16. Lebensjahres gilt, besteht aber kein Grund, von dem nach den allgemeinen Regeln maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz abzuweichen, sofern das Kind - wie hier die Klägerin - zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig ist. Da das Berufungsgericht den Anspruch allein wegen der fehlenden Lebensunterhaltssicherung verneint hat, diese aber für den maßgeblichen Zeitpunkt nicht geprüft hat, beruht die Entscheidung insoweit auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
c) Gleichwohl hat die Revision keinen Erfolg, weil das Berufungsurteil sich aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO). Denn unabhängig von der im Revisionsverfahren nicht abschließend zu beantwortenden Frage der Sicherung des Lebensunterhalts zum maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung hat die Klägerin, selbst wenn man von ihrem eigenen Vorbringen ausgeht, keine Umstände vorgetragen, die auf das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 32 Abs. 4 AufenthG schließen lassen. Der Begriff der besonderen Härte ist ebenso auszulegen wie der entsprechende, bereits in § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG 1990 verwandte Begriff (vgl. hierzu Urteil vom a.a.O.). Nach diesen Maßstäben scheidet die Annahme einer besonderen Härte im Falle der Klägerin aus. Sie macht weder eine bei der freiwilligen Trennung im Jahre 1998 unvorhersehbare Veränderung der Betreuungssituation in der Türkei geltend noch zeigt sie überhaupt die Dringlichkeit von persönlicher Betreuung durch ihre Mutter für den relativ kurzen Zeitraum bis zur Volljährigkeit im Mai 2008 auf. Auch ist nicht ersichtlich, dass ihrer alleinstehenden Mutter eine Herstellung der Familieneinheit in der Türkei nicht möglich wäre. Weitere familiäre Umstände, die für eine besondere Härte sprechen könnten, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen. Damit sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte erkennbar, die mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK zu Gunsten der Klägerin ins Gewicht fallen könnten. Soweit die Klägerin schließlich eine besondere Härte daraus herleiten will, dass im Zeitpunkt der Antragstellung und im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung der Lebensunterhalt gesichert gewesen sei, kann dahinstehen, ob derartige Gesichtspunkte überhaupt geeignet wären, die Annahme einer besonderen Härte zu rechtfertigen. Denn das Vorbringen trifft schon im Ausgangspunkt nicht zu, da es im Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2005 entgegen der Ansicht der Klägerin auch schon einen - wenn auch etwas geringeren - Erwerbstätigenfreibetrag aufgrund der seinerzeit geltenden Fassung des § 30 SGB II gab, der ebenfalls zu einem Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach dem SGB II geführt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
WAAAC-95628