BFH Urteil v. - VI R 4/07 BStBl 2009 II S. 111

Aufwendungen für die Schulung zum Verkehrs- und Privatflugzeugführer im Rahmen einer durchgehenden Ausbildung als Werbungskosten abziehbar

Leitsatz

Aufwendungen eines Zeitsoldaten für den Erwerb eines Verkehrsflugzeugführerscheins im Rahmen einer Fachausbildung sind vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dies gilt auch dann, wenn die Schulung die Ausbildung für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins einschließt (Abgrenzung zum , BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202).

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1EStG § 12 Nr. 1

Instanzenzug: (EFG 2007, 744) (Verfahrensverlauf), ,

Gründe

I.

Der 1977 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 2003 als Zeitsoldat beschäftigt und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Antragsgemäß förderte das Kreiswehrersatzamt H mit Bescheid vom als Fachausbildung nach §§ 5, 5a des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) die Teilnahme des Klägers an der Berufsbildungsmaßnahme „mit dem Berufsziel Verkehrsflugzeugführer; hier: Erwerb des ATPL bei . GmbH .”. Außerdem erkannte das Kreiswehrersatzamt in diesem Bescheid Lehrgangsgebühren bis zu 8 003 € als erstattungsfähig an. Mit Bescheid vom wurde der Kläger vom militärischen Dienst freigestellt.

Am schloss der Kläger mit der GmbH einen Vertrag, der die Ausbildung zum Erwerb der Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer (Airline Transport Pilot Licence —ATPL—) und Privatflugzeugführer (Private Pilot Licence —PPL—) in einem durchgehenden Verfahren („ab initio”) umfasste. Im Dezember des Streitjahres bestand er die theoretische Prüfung zum Erwerb der PPL und im September 2005 die theoretische Prüfung zum Erwerb der ATPL.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Schulungskosten in Höhe von 6 807 € als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) ab.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 744 veröffentlichten Gründen statt, nachdem der Kläger seinen Antrag der Höhe nach eingeschränkt hatte.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 9 Abs. 1 und 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision des FA ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der Verkehrsflugzeugführerlizenz im Streitjahr zu Recht als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

1. Bildungsaufwendungen können, sofern sie beruflich veranlasst sind, Werbungskosten sein. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403), vom VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) und vom VI R 33/01 (BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884) verwiesen. Entscheidend ist, ob Aufwendungen darauf gerichtet sind, Erwerbseinnahmen zu erzielen.

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen folgt aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, dass die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der ATPL einschließlich der PPL als vorab entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats, die von den Beteiligten auch nicht in Frage gestellt wird, sind Aufwendungen für den Erwerb der ATPL regelmäßig als Werbungskosten zu berücksichtigen (Urteile in BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884; vom VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202). Demgegenüber sind die Kosten für den Erwerb einer PPL grundsätzlich keine Werbungskosten, da insoweit regelmäßig die private Lebensführung in nicht unerheblichem Maße betroffen ist (BFH-Urteil in BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202; , BFH/NV 2004, 338). Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn die Ausbildung zum Privatpiloten Teil der durchgehenden Schulung zum Erwerb der ATPL ist. Anders als bei einer Stufenausbildung dient in einem solchen Fall die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die auch für den Erwerb der PPL erforderlich sind, nicht vornehmlich dazu, ihrem Inhaber das Führen und Bedienen von (kleineren) Flugzeugen im nichtgewerblichen Luftverkehr zu ermöglichen. Die entsprechende Schulung ist vielmehr Bestandteil der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer und in diesem Rahmen notwendige Voraussetzung für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins. In steuerlicher Hinsicht sind die gesamten Kosten dann einheitlich als Werbungskosten zu beurteilen.

b) Im Streitfall ist Ziel der Ausbildung laut Ausbildungsvertrag zwischen dem Kläger und der GmbH die Schulung zum Verkehrsflugzeugführer im Wege einer durchgehenden Ausbildung. Der Erwerb der PPL stellt lediglich eine Ausbildungsstufe dar. Diese Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer über mehrere Ausbildungsstufen ist auch Gegenstand des Fachausbildungsbescheids des Kreiswehrersatzamtes und damit der staatlichen Förderung. Die (isolierte) Ausbildung zum Privatflugzeugführer ist keine Berufsbildungsmaßnahme i.S. des § 5 SVG und wäre deshalb auch nicht förderungswürdig.

3. § 3c Abs. 1 EStG kommt, wie das FG ebenfalls zu Recht entschieden hat, nicht zur Anwendung. Dies entspricht offensichtlich auch der Auffassung der Beteiligten. Zwar hat das FG insoweit die Revision ausdrücklich zugelassen, das FA hat jedoch in der Revisionsbegründung die Verletzung der genannten Norm nicht gerügt.

Im Ergebnis stand zur Überzeugung des FG nicht fest, dass die nach dem Streitjahr „möglicherweise steuerfrei erfolgte Erstattung” in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den im Streitjahr erbrachten Aufwendungen steht. An diese Würdigung ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).

Fundstelle(n):
BStBl 2009 II Seite 111
BFH/NV 2008 S. 2116 Nr. 12
BFH/PR 2009 S. 53 Nr. 2
BStBl II 2009 S. 111 Nr. 3
DB 2008 S. 2572 Nr. 47
DStRE 2008 S. 1496 Nr. 24
DStZ 2008 S. 863 Nr. 24
EStB 2008 S. 428 Nr. 12
FR 2009 S. 289 Nr. 6
HFR 2009 S. 30 Nr. 1
KÖSDI 2008 S. 16283 Nr. 12
NJW 2009 S. 320 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 46/2008 S. 4280
SJ 2008 S. 4 Nr. 25
StB 2008 S. 430 Nr. 12
StBW 2008 S. 3 Nr. 23
StuB-Bilanzreport Nr. 23/2008 S. 931
DAAAC-95293