Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 64
Instanzenzug: LG Koblenz, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II. B 6., 7. und 9. hat keinen Bestand. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte im Fall II. B 6. (II. 6. der Anklage) 30 Gramm Heroin, im Fall II. B 7. (II. 7. der Anklage) 30 Gramm Heroin und 1 Gramm Kokain und im Fall II. B 9. (II. 9. der Anklage) 20 Gramm Heroin aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführt, um es "teilweise" selbst zu verbrauchen und "teilweise" an unbekannte Abnehmer weiter zu veräußern. Nähere Ausführungen zum Verhältnis zwischen zum Eigenkonsum und zum Verkauf bestimmten Betäubungsmitteln finden sich nicht. Damit ist das Überschreiten des Grenzwertes der nicht geringen Menge von 1,5 g Heroin-hydrochlorid nicht hinreichend dargelegt. Der Senat vermag entgegen der Stellungnahme des Generalbundesanwalts der Gesamtschau der Urteilsgründe nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte jeweils den überwiegenden Teil der eingeführten Drogen gewinnbringend weiter veräußerte und nur einen geringen Teil selbst verbrauchte. Diese Annahme ist mit dem Wortlaut der Urteilsgründe in den betreffenden Fällen sowie den weiter gehenden Formulierungen in den Fällen II. B 8., 10. und 12., in denen der Angeklagte die Betäubungsmittel nach den Feststellungen "überwiegend" gewinnbringend weiter verkauft hat, unvereinbar. Darüber hinaus hat das Landgericht in den Fällen II. B 6. und 7. keine Feststellungen zur Qualität des Heroins getroffen. Auch wenn mangels sichergestellter Betäubungsmittel insoweit exakte Feststellungen nicht möglich waren, war das Tatgericht gehalten, anhand bestimmter Kriterien - Preis, Herkunft, Bewertung durch Tatbeteiligte - die Wirkstoffkonzentration durch Schätzung zu bestimmen (Senat, Beschluss vom - 2 StR 167/08). Soweit das Landgericht im Fall II. B 9. von "zumindest durchschnittlicher Qualität" ausgeht, hat es nicht - wie grundsätzlich erforderlich (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 StR 167/08 und vom - 2 StR 277/08) - angegeben, welchen Mindestwirkstoffgehalt es konkret hierbei zugrunde gelegt hat. Angesichts dieser Versäumnisse und Ungenauigkeiten bieten die Urteilsfeststellungen in den im Beschlusstenor bezeichneten Fällen keine hinreichende Gewähr dafür, dass der Grenzwert der nicht geringen Menge tatsächlich erreicht worden ist.
2. Das Urteil kann ferner nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat (§ 64 StGB). Die Begründung hierfür begegnet rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat festgestellt, dass der im Jahre 2004 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 77 Fällen zu einer Geldstrafe verurteilte Angeklagte in allen abgeurteilten Fällen das Heroin teilweise selbst verbraucht hat. Die Anwendung des § 64 StGB hat es unter pauschalem Hinweis auf Ausführungen des Sachverständigen abgelehnt, weil es "an einem beachtlichen Zusammenhang zwischen etwaiger Sucht und Delinquenz mangelt". Da das Landgericht nicht mitteilt, auf welche Erwägungen des Sachverständigen es sich dabei stützt, ist dem Senat eine revisionsrechtliche Überprüfung dieser Behauptung verwehrt. Die vom Landgericht allein gegebene Begründung, "dass das strafrechtlich relevante Vorgehen des Angeklagten zu einem beachtlichen Maß von der Sicherung des Lebensunterhalts geprägt war und erst in untergeordnetem Sinne zur Suchtfinanzierung diente", trägt die Annahme, dass es an einem symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang und den abgeurteilten Straftaten fehlt, gerade nicht. Sie deutet vielmehr umgekehrt darauf hin, dass der Hang in allen Fällen jedenfalls neben anderen Umständen zur Begehung der Anlasstaten beigetragen haben kann. Dies würde für die Annahme einer Symptomtat ausreichen (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 78). Darüber hinaus spricht die enge zeitliche Abfolge der elf Betäubungsmitteldelikte, die der Angeklagte im Zeitraum von Juni 2007 bis im Abstand von teilweise nur wenigen Tagen begangen hat und die nach den Feststellungen durchweg zumindest teilweise der Beschaffung von Heroin zum Eigenkonsum dienten, dafür, dass die Straftaten auch auf den Hang zu übermäßigem Genuss von Rauschmitteln zurückzuführen sind.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZAAAC-95157
1Nachschlagewerk: nein