BFH Beschluss v. - X B 50/08

Rüge einer vermeintlichen Nichtbeachtung der Feststellungslast oder einer fehlerhaften Sachverhaltswürdigung oder Beweiswürdigung rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2, ZPO § 295

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (unten 1.) nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor (unten 2.).

1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

a) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist —vom hier nicht vorliegenden Fall ihrer Offenkundigkeit abgesehen— schlüssig und substantiiert darzulegen. Hierzu muss der Beschwerdeführer zunächst eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Des Weiteren muss der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechsprechung des BFH).

b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger beschränken sich darauf, die Frage aufzuwerfen, ob von der Finanzverwaltung und vom Finanzgericht (FG) private Aufzeichnungen, die keine zwingende Verbindung mit den betrieblichen Aufzeichnungen haben, ohne weitere Prüfung der Besteuerung zu Grunde gelegt werden dürfen, insbesondere dann, wenn die Aufzeichnungen wirtschaftlich absolut unwahrscheinlich sind und die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage offenkundig gegen das Gebot der sachgerechten Schätzung verstoßen hat. Ihre Ausführungen lassen keine über das Interesse der Kläger am Ausgang des Verfahrens hinausreichende, allgemein interessierende, klärungsbedürftige und in diesem Rechtsstreit klärungsfähige Rechtsfrage erkennen. Zudem haben es die Kläger versäumt, sich in der Beschwerdebegründungsschrift mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur auseinanderzusetzen.

2. Auch die Rüge der Kläger, das FG habe die von Ihnen angetretenen Beweise nicht erhoben und insbesondere auf die Einvernahme des sachverständigen Zeugen, Herrn Steuerberater X verzichtet, führt nicht zur Zulassung der Revision. Wird —wie hier— mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend gemacht, das FG habe Beweisanträge übergangen, so muss der Beschwerdeführer, da es sich dabei um die Rüge eines „verzichtbaren Mangels” i.S. von § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO handelt, nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. auch vortragen, dass die Nichterhebung der Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt worden sei (vgl. z.B. , BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841) oder —wenn dies nicht geschehen sein sollte— weshalb eine solche Rüge dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 145/04, BFH/NV 2005, 1494).

Daran fehlt es im Streitfall. Weder haben die Kläger substantiiert dargelegt noch ist aus dem Sitzungsprotokoll über die mündliche Verhandlung am ersichtlich, dass die Kläger die Nichterhebung von Beweisen beanstandet haben. Vielmehr hat der rechts- und sachkundige Prozessvertreter der Kläger lt. Sitzungsprotokoll rügelos zur Sache verhandelt. Ohne auf weitere Sachaufklärung zu bestehen, hat er den Antrag gestellt, die Einkommensteuerbescheide 1995 bis 2002 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 1995 bis 2002 jeweils vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen. Damit kann dem Vorbringen der Kläger in der Beschwerdebegründung, das FG habe nicht zu erkennen gegeben, dass ein Beweis nicht erhoben werden soll, keine Bedeutung beigemessen werden.

3. Die von den Klägern gerügte (vermeintliche) Nichtbeachtung der Feststellungslast oder eine fehlerhafte Sachverhalts- oder Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im Einzelfall rechtfertigen indessen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24, m.w.N.).

Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn das angefochtene Urteil derart schwerwiegende Mängel bei der Auslegung revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. , BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837).

Dass das angefochtene Urteil derart gravierende Mängel aufweist, haben die Kläger nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich.

4. Die zusätzliche Begründung vom , in der die Kläger sinngemäß vortragen, der ungeklärte Vermögenszuwachs sei auf eine Erbschaft der Klägerin von ihrer Mutter zurückzuführen und erst jetzt habe sie Zugang zu den Nachlassunterlagen und dem Testament, ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen— nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen widerspricht diese Einlassung früherem Vorbringen der Kläger. Danach sollte es sich bei dem im Jahr 2000 in Österreich angelegten Geld um Ersparnisse der Klägerin aus der Angestelltentätigkeit in den Jahren 1978 bis 1990 handeln, das ihr der Vater erst zum Jahreswechsel 1999/2000 ausgehändigt habe, und der Vater des Klägers sollte diesem im Laufe der Jahre bei mehreren Gelegenheiten insgesamt 85 000 € geschenkt haben.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 2047 Nr. 12
ZAAAC-94749