EuGH Urteil v. - C-6/01

Glücksspiele als wirtschaftliche Tätigkeit gem. Artikel 2 EG

Leitsatz

[1]

1. Glücksspiele stellen eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 2 EG dar. Insbesondere ist die Tätigkeit des Betriebs von Glücksspielautomaten unabhängig davon, ob sie sich von den die Herstellung, die Einfuhr und den Vertrieb derartiger Geräte betreffenden Tätigkeiten trennen lässt, als Dienstleistung im Sinne des Vertrages zu qualifizieren und kann daher nicht unter die Artikel 28 EG und 29 EG über den freien Warenverkehr fallen. Außerdem fällt ein Monopol für die Veranstaltung derartiger Spiele, da diese eine Dienstleistungstätigkeit darstellen, nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 31 EG, der den Handel mit Waren betrifft.

( vgl. Randnrn. 48, 56, 59-61, Tenor 1-3 )

2. Eine nationale gesetzliche Regelung, die die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen nur an bestimmten Orten, wie z. B. in Kasinosälen, zulässt und die unterschiedslos für eigene Staatsangehörige und für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten gilt, stellt eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar. Die Artikel 49 EG ff. stehen aber einer solchen nationalen gesetzlichen Regelung nicht entgegen, sofern sie auf Erwägungen der Sozialpolitik und der Betrugsvorbeugung gestützt ist.

Im Übrigen ist der Umstand, dass es eventuell in anderen Mitgliedstaaten gesetzliche Regelungen über die Voraussetzungen der Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücksspielen gibt, die weniger einschränkend als die in der streitigen gesetzlichen Regelung vorgesehenen sind, für die Vereinbarkeit der letztgenannten Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht unerheblich. Es obliegt nämlich den nationalen Behörden, zu beurteilen, ob es im Rahmen des verfolgten Zieles notwendig ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen.

Es ist auch allein Sache der nationalen Stellen, im Rahmen ihres Ermessens die Bedingungen für die Organisation und die Kontrolle der Tätigkeiten der Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücksspielen, wie z. B. den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem Staat oder die Beschränkung der Veranstaltung von und der Teilnahme an bestimmten Spielen auf ordnungsgemäß dafür zugelassene Orte, zu wählen.

( vgl. Randnrn. 75, 79, 81, 87-88, Tenor 4-6 )

Gesetze: EG-Vertrag Art. 2 ; EG-Vertrag Art. 28 ; EG-Vertrag Art. 29 ; EG-Vertrag Art. 31 ; EG-Vertrag Art. 49 ; Decreto-Lei Nr. 422/89 vom (Portugal)

Gründe

1 Das Tribunal Cível da Comarca Lissabon hat mit Beschluss vom , beim Gerichtshof eingegangen am , gemäß Artikel 234 EG dreizehn Fragen nach der Auslegung der Artikel 2 EG, 28 EG, 29 EG, 31 EG und 49 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der in Lissabon niedergelassenen Associação National de Operadores de Máquinas Recreativas (im Folgenden: Anomar) sowie acht portugiesischen Handelsgesellschaften, die sich mit dem Handel mit und dem Betrieb von Spielgeräten befassen (im Folgenden: Klägerinnen des Ausgangsverfahrens), und dem portugiesischen Staat. Sie betreffen die portugiesischen Rechtsvorschriften über die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücks- oder Geldspielen, die aus dem Decreto-Lei Nr. 422/89 vom (Diário da República I, Nr. 2777 vom 2. Dezember 1989) in der Fassung des Decreto-Lei Nr. 10/95 vom (Diário da República I, Serie A, Nr. 16, vom ; im Folgenden: Decreto-Lei Nr. 422/89) und die Übereinstimmung dieser Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht.

Die gemeinschaftsrechtliche Regelung

3 Artikel 2 EG sieht vor: Aufgabe der Gemeinschaft ist es, durch die Errichtung eines gemeinsamen Marktes und einer Wirtschafts- und Währungsunion sowie durch die Durchführung der... gemeinsamen Politiken und Maßnahmen in der ganzen Gemeinschaft eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens... zu fördern."

4 Nach den Artikeln 28 EG und 29 EG sind mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

5 Artikel 31 EG bestimmt:

(1) Die Mitgliedstaaten formen ihre staatlichen Handelsmonopole derart um, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist.

Dieser Artikel gilt für alle Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat unmittelbar oder mittelbar die Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen den Mitgliedstaaten rechtlich oder tatsächlich kontrolliert, lenkt oder merklich beeinflusst. Er gilt auch für die von einem Staat auf andere Rechtsträger übertragenen Monopole.

(2) Die Mitgliedstaaten unterlassen jede neue Maßnahme, die den in Absatz 1 genannten Grundsätzen widerspricht oder die Tragweite der Artikel über das Verbot von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten einengt.

(3) Ist mit einem staatlichen Handelsmonopol eine Regelung zur Erleichterung des Absatzes oder der Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden, so sollen bei der Anwendung dieses Artikels gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und Lebenshaltung der betreffenden Erzeuger gewährleistet werden."

6 Artikel 49 EG sieht vor:

Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind verboten.

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind."

Die nationalen Rechtsvorschriften

7 Das Decreto-Lei Nr. 422/89 regelt u. a. die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücks- oder Geldspielen sowie Mischformen von Glücks- oder Geldspielen und anderer Spielformen und sieht vor, dass die Veranstaltung von und die Teilnahme an solchen Spielen außerhalb der ordnungsgemäß zugelassenen Orte eine Zuwiderhandlung darstellt, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Der allgemeine Grundsatz, auf dem die gesetzliche Regelung beruht, ist in Artikel 9 des Decreto-Lei Nr. 422/89 niedergelegt. Danach ist das Recht zur Veranstaltung von Glücks- oder Geldspielen dem Staat vorbehalten. Zwar ist allein der Staat Inhaber dieses Rechts, seine Ausübung ist aber, wenn sie nicht vom Staat oder einer anderen staatlichen Stelle übernommen wird, auf dem Weg über den Abschluss eines Konzessionsvertrags genehmigungspflichtig.

8 Das Decreto-Lei Nr. 422/89, das sich in eine kontinuierliche gesetzgeberische Politik von Konzessionen in Spielzonen einfügt, die auf das Decreto-Lei Nr. 14643 vom zurückgeht, sieht vor, dass die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücks- oder Geldspielen auf die Spielsäle der Kasinos beschränkt sind, die es in den durch Decreto-Lei auf Dauer oder vorübergehend geschaffenen Spielzonen gibt.

9 Das portugiesische Recht unterscheidet zwischen verschiedenen Spielmodalitäten, die nach den in den einschlägigen Bestimmungen des Decreto-Lei Nr. 422/89 formulierten Kriterien in vier Kategorien aufgeteilt sind und für die unterschiedliche rechtliche Regelungen gelten.

10 Die erste Kategorie umfasst die Glücks- oder Geldspiele. Nach Artikel 1 des Decreto-Lei Nr. 422/89 sind Glücksspiele solche, deren Ausgang ungewiss ist, weil er ausschließlich oder im Wesentlichen vom Zufall abhängt".

11 Innerhalb dieser Kategorie sind zwei Arten von Spielen vorgesehen, die mit der Verwendung von Automaten verbunden sind. Zum einen Spiele an Automaten, die die Gewinne in Form von Spielmarken oder Geldmünzen unmittelbar auszahlen, und zum andern Spiele an Automaten, die, ohne die Gewinne unmittelbar in Form von Spielmarken oder Geldmünzen auszuzahlen, für Glücks- oder Geldspiele charakteristische Inhalte aufweisen oder ein Ergebnis in Form einer Punktzahl anzeigen, die ausschließlich oder im Wesentlichen vom Zufall abhängt (Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben f und g des Decreto-Lei Nr. 422/89).

12 Das Recht zur Veranstaltung von Glücks- oder Geldspielen ist dem Staat vorbehalten und kann nur von in Form einer Kapitalgesellschaft gegründeten Unternehmen ausgeübt werden, denen die Regierung die entsprechende Konzession durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag verleiht (Artikel 9 des Decreto-Lei Nr. 422/89). Die Konzession wird auf eine Ausschreibung hin verliehen (Artikel 10 des Decreto-Lei Nr. 422/89), wobei auf die Staatsangehörigkeit gestützte diskriminierende Kriterien ausgeschlossen sind.

13 Die einzigen Orte, an denen die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücks- oder Geldspielen zugelassen sind, sind die in den durch Decreto-Lei dauerhaft oder vorübergehend errichteten Spielzonen vorhandenen Kasinos sowie - in außergewöhnlichen Fällen und nach ministerieller Genehmigung - Schiffe, Luftfahrzeuge, Bingo-Spielhallen und bei bedeutenden touristischen Veranstaltungen dem Spiel vorbehaltene Räumlichkeiten (Artikel 3 Absatz 1, 6, 7 und 8 des Decreto-Lei Nr. 422/89).

14 Die zweite Kategorie entspricht den Mischformen von Glücks- oder Geldspielen und anderer Arten von Spielen, die das Gesetz definiert als die der Öffentlichkeit angebotenen Transaktionen, in denen die Hoffnung auf Gewinn sowohl vom Zufall als auch von der Geschicklichkeit des Spielers oder nur vom Zufall abhängt und bei denen die vergebenen Preise Gegenstände mit wirtschaftlichem Wert sind" (Artikel 159 Absatz 1 des Decreto-Lei Nr. 422/89). Es handelt sich u. a. um Lotterien, Tombolas, Losziehungen, Werbewettbewerbe, Quizwettbewerbe und Wettspiele (Artikel 159 Absatz 2 des Decreto-Lei Nr. 422/89).

15 Die Veranstaltung dieser Mischformen von Glücks- oder Geldspielen und anderer Arten von Spielen unterliegt der Genehmigung durch den zuständigen Minister des Innern, der in jedem Einzelfall die Bedingungen festlegt, die er für angebracht hält, und die entsprechende Kontrollregelung erlässt (Artikel 160 Absatz 1 des Decreto-Lei Nr. 422/89). Grundsätzlich dürfen diese Mischformen von Spielen nicht von Einrichtungen mit Gewinnzweck veranstaltet werden (Artikel 161 Absatz 1 des Decreto-Lei Nr. 422/89). Sie dürfen außerdem keine charakteristischen Inhalte von Glücks- oder Geldspielen aufweisen (Poker, Früchte, Glocken, Roulette, Würfel, Bingo, Zahlenlotterie oder Lotterie mit sofortiger Ziehung, Toto, Lotto) und auch die vergebenen Preise nicht durch Geld oder Spielmarken ersetzen (Artikel 161 Absatz 3 des Decreto-Lei Nr. 422/89).

16 Die dritte Kategorie umfasst die Geschicklichkeitsspiele, bei denen Preise in Bargeld, in Form von Spielmarken oder von Gegenständen vergeben werden, die einen wirtschaftlichen Wert haben (Artikel 162 Absatz 1 des Decreto-Lei Nr. 422/89).

17 Es ist nicht erlaubt, Automaten zu betreiben, deren Ergebnisse ausschließlich und im Wesentlichen von der Geschicklichkeit des Spielers abhängen und die Gewinne in Geld, Spielmarken oder Gegenständen mit - auch nur geringem - wirtschaftlichem Wert ausschütten, abgesehen von der kostenlosen Verlängerung der Dauer der Benutzung des Automaten nach Maßgabe der erzielten Punktzahl (Artikel 162 Absatz 2 des Decreto-Lei Nr. 422/89).

18 Für die vierte Kategorie, die Kategorie der Unterhaltungsspielautomaten, gilt eine besondere Regelung, die durch das Decreto-Lei Nr. 316/95 vom (Diário da República I, Serie A, Nr. 275, vom ; im Folgenden: Decreto-Lei Nr. 316/95) eingeführt worden ist.

19 Als Unterhaltungsspielautomaten gelten die Automaten, die

- den Gewinn nicht unmittelbar in Geld, in Spielmarken oder in Gegenständen mit wirtschaftlichem Wert auszahlen und Spiele beinhalten, deren Ergebnis ausschließlich oder im Wesentlichen von der Geschicklichkeit des Spielers abhängt, wobei der Benutzer eine Verlängerung der unentgeltlichen Nutzung des Automaten entsprechend der erlangten Punktzahl erreichen kann" (Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95);

- die zwar die unter a) genannten Merkmale aufweisen, denen jedoch Gegenstände entnommen werden können, deren wirtschaftlicher Wert das Dreifache des vom Benutzer eingesetzten Betrages nicht überschreitet" (Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).

20 Die Einfuhr, die Herstellung, die Aufstellung und der Verkauf von Unterhaltungsspielautomaten setzen eine Klassifizierung der betreffenden Spielinhalte voraus, die in die Zuständigkeit der Generalinspektion für Spiele fällt (Artikel 19 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).

21 Für den Betrieb von - automatischen, mechanischen, elektrischen oder elektronischen - Geräten dieser Kategorie gilt unabhängig davon, ob sie eingeführt oder im Inland hergestellt oder aufgestellt worden sind, eine Eintragungs- und Erlaubnisregelung (Artikel 17 Absatz 1 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).

22 Der Eigentümer des Geräts muss dessen Eintragung beim Zivilgouverneur des Bezirks beantragen, in dem sich das Gerät befindet oder in dem es in Betrieb genommen werden soll (Artikel 17 Absatz 2 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).

23 Um das Gerät in Betrieb nehmen zu können, muss von dem Zivilgouverneur des Bezirks, in dem sich das Gerät befindet oder in dem es vermutlich in Betrieb genommen werden soll, eine Betriebserlaubnis für den Zeitraum eines Jahres oder eines Halbjahres erteilt werden (Artikel 20 Absätze 1 und 2 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).

24 Die Erteilung der Erlaubnis kann mit begründetem Bescheid abgelehnt werden, sofern diese polizeiliche Maßnahme zum Kinder- und Jugendschutz, zur Kriminalitätsprävention und zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen Friedens gerechtfertigt ist (Artikel 20 Absatz 3 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).

25 Unterhaltungsspielautomaten dürfen in einem Raum oder in einer Einrichtung betrieben werden, für die eine Erlaubnis für die Veranstaltung von erlaubten Spielen mit Unterhaltungsspielautomaten vorliegt; diese dürfen nicht in der Nähe einer Unterrichtsanstalt gelegen sein (Artikel 21 Absatz 2 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95). Um mehr als drei Automaten gleichzeitig betreiben zu können, muss für die betreffende Einrichtung eine Erlaubnis für den ausschließlichen Betrieb von Spielen vorliegen (Artikel 21 Absatz 1 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).

26 Nicht als Unterhaltungsspielautomaten gelten Automaten, die, ohne unmittelbare Gewinne in Form von Spielmarken oder Geldmünzen auszuwerfen, für Glücks- oder Geldspiele charakteristische Inhalte aufweisen oder ein Ergebnis in Form einer Punktzahl anzeigen, die ausschließlich oder im Wesentlichen vom Zufall abhängt. Diese Art von Geräten fällt in die Kategorie der Glücksspiele (Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe g des Decreto-Lei Nr. 422/89) und ist durch das Decreto-Lei Nr. 422/89 geregelt (Artikel 16 Absatz 2 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).

27 Die Vorschriften, durch die die Veranstaltung von und die Teilnahme an Spielen geregelt werden, erhalten aufgrund von Artikel 95 Absatz 2 des Decreto-Lei Nr. 422/89 die rechtliche Qualifizierung als Vorschriften, die im Allgemeininteresse liegen und Bestandteile des Ordre public sind.

Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfragen

28 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens haben gegen den portugiesischen Staat die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 der portugiesischen Zivilprozessordnung vorgesehene Klage mit dem Ziel erhoben, ein positives Feststellungsurteil des Inhalts zu erwirken, dass einige Vorschriften des portugiesischen Rechts im Bereich der Spiele nicht in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen, wobei sie folgende Anträge gestellt haben:

- das Recht, Glücks- oder Geldspiele (im Weiteren: Glücksspiele) außerhalb der ausgewiesenen Spielzonen zu veranstalten und daran teilzunehmen, dadurch anzuerkennen, dass die Monopolstellung der Kasinos beseitigt wird und demzufolge die Artikel 1, 3 Absätze 1 und 2 und 4 Absatz 1 Buchstaben f und g des Decreto-Lei Nr. 422/89 wegen des Vorrangs der in der Klageschrift aufgezählten Regeln und Grundsätze des Gemeinschaftsrechts außer Kraft gesetzt werden;

- mit der Außerkraftsetzung dieser Vorschriften auch das von diesen abgeleitete Recht als außer Kraft gesetzt anzusehen, insbesondere die strafrechtlichen Vorschriften in den Artikeln 108, 110, 111 und 115 desselben Decreto-Lei sowie alle Rechtsvorschriften, die diese Tätigkeiten verbieten oder beschränken, unabhängig davon, ob es sich um materielle oder um Verfahrensvorschriften handelt, und davon, in welchen Rechtsakten sie festgelegt sind.

29 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens stützen ihre Anträge zum einen darauf, dass die genannten Vorschriften des nationalen portugiesischen Rechts nicht in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stuenden, und zum anderen auf den Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem allgemeinen innerstaatlichen Recht gemäß Artikel 8 Absatz 2 der portugiesischen Verfassung.

30 Der portugiesische Staat hat im Wege der Einrede die Unzulässigkeit der Klage geltend gemacht und sich dabei u. a. darauf berufen, dass allen Klägerinnen des Ausgangsverfahrens das Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil sie kein unmittelbares Interesse im Zusammenhang mit der Klage hätten, und dass der Anomar die Sachbefugnis fehle, weil die Anerkennung der Begründetheit der Klage für sie keinerlei Nutzen haben könne.

31 In der Sache macht der portugiesische Staat geltend, die Regeln und Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, auf die sich die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens beriefen, seien auf den streitigen, rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht anwendbar und die Tätigkeit des Betriebs von Glücks- oder Geldspielautomaten könne auf jeden Fall nicht unter die Regelung des freien Warenverkehrs fallen.

32 In erster Instanz war den auf das Fehlen der Sachbefugnis der Anomar und auf das Fehlen des Rechtsschutzinteresses aller Klägerinnen des Ausgangsverfahrens gestützten Einreden stattgegeben worden.

33 Das Tribunal da Relação Lissabon hat jedoch die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts aufgehoben und die Sachbefugnis der Firma Anomar und das Rechtsschutzinteresse aller Klägerinnen des Ausgangsverfahrens bejaht.

34 Das Tribunal Cível da Comarca Lissabon ist der Auffassung, dass es in Anbetracht des Vorbringens der Parteien unbedingt eine Auslegung des Gemeinschaftsrechts benötige, um über die Rechtsstreitigkeit entscheiden zu können, die Gegenstand der bei ihm anhängigen Feststellungsklage ist; es hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen vorzulegen:

1. Sind Glücksspiele eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 2 EG?

2. Sind Glücksspiele eine Tätigkeit im Zusammenhang mit Waren", die als solche unter Artikel 28 EG fällt?

3. Sind Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung, der Einfuhr und dem Vertrieb von Spielautomaten unabhängig vom Betrieb dieser Automaten, und gilt daher für sie der Grundsatz des freien Warenverkehrs nach den Artikeln 28 EG und 29 EG?

4. Sind die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen vom Anwendungsbereich des Artikels 31 EG ausgenommen, weil dieser nicht für Dienstleistungsmonopole gilt?

5. Ist der Betrieb von Glücksspielautomaten eine Dienstleistung", die als solche unter die Artikel 49 ff. EG fällt?

6. Handelt es sich um eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne des Artikels 49 EG, wenn eine gesetzliche Regelung (wie die in den Artikeln 3 Absatz 1 und 4 Absatz 1 des Decreto-Lei Nr. 422/89 vom 2. Dezember 1989 enthaltene) die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen (die in Artikel 1 des genannten Decreto-Lei definiert sind als solche, deren Ausgang ungewiss ist, weil er ausschließlich oder im Wesentlichen vom Zufall abhängt") - zu denen nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben f und g des Decreto-Lei Nr. 422/89 auch Spiele an Automaten gehören, die Gewinne unmittelbar in Spielmarken oder Münzen auszahlen, und Spiele an Automaten, die zwar nicht Gewinne unmittelbar in Spielmarken oder Münzen auszahlen, aber für Glücksspiele charakteristische Inhalte aufweisen oder am Ende eine Punktzahl ergeben, die ausschließlich oder im Wesentlichen vom Zufall abhängt - nur in Spielkasinos zulässt, die in durch gesetzesvertretende Verordnung dauerhaft oder vorübergehend errichteten Spielzonen liegen?

7. Ist die unter Frage 6 beschriebene einschränkende Regelung, selbst wenn sie eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne des Artikels 49 EG darstellen sollte, gleichwohl mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ohne Unterschiede für portugiesische Staatsangehörige und Unternehmen und Staatsangehörige und Unternehmen anderer Mitgliedstaaten gilt und auf zwingenden Gründen des Allgemeininteresses beruht (Verbraucherschutz, Verbrechensprävention, Schutz der öffentlichen Sittlichkeit, Begrenzung des Angebots an Glücksspielen, Finanzierung von im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeiten)?

8. Gelten für die Veranstaltung von Glücksspielen die Grundsätze des freien Zugangs zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit und ihrer freien Ausübung, und beeinträchtigt deshalb das etwaige Bestehen von Regelungen anderer Mitgliedstaaten, die den Betrieb von Spielautomaten weniger einschränken, an und für sich schon die Gültigkeit der unter Frage 6 beschriebenen portugiesischen Regelung?

9. Sind die Einschränkungen der Veranstaltung von Glücksspielen nach portugiesischem Recht verhältnismäßig?

10. Ist die portugiesische gesetzliche Regelung der Genehmigung, die an rechtliche (Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem Staat nach öffentlichem Ausschreibungsverfahren: Artikel 9 des Decreto-Lei Nr. 422/89) und logistische (Begrenzung der Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücksspielen auf Spielkasinos in Spielzonen: Artikel 3 des genannten Decreto-Lei) Bedingungen geknüpft ist, zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich?

11. Stellt die Verwendung des Ausdrucks im Wesentlichen" neben dem Ausdruck ausschließlich" in den portugiesischen Rechtsvorschriften (Artikel 1, 4 Absatz 1 Buchstabe g und 162 des Decreto-Lei Nr. 422/89 und Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Decreto-Lei Nr. 316/95 vom ), um Glücksspiele zu definieren und rechtlich zwischen Glücksspielautomaten" und Unterhaltungsspielautomaten" zu unterscheiden, die Bestimmbarkeit des Begriffs nach den rechtlichen Auslegungsmethoden in Frage?

12. Erfordern die unbestimmten Rechtsbegriffe, auf die sich die portugiesische Legaldefinition von Glücksspielen" (Artikel 1 und 162 des Decreto-Lei Nr. 422/89) und Unterhaltungsspielautomaten" (Artikel 16 des Decreto-Lei Nr. 316/95) stützt, für die Qualifizierung der verschiedenen Spielautomaten eine Auslegung, die das den nationalen Behörden eingeräumte freie Ermessen einbezieht?

13. Verstößt es auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die genannten portugiesischen Rechtsvorschriften keine objektiven Kriterien zur Unterscheidung zwischen den Spielinhalten von Glücksspielautomaten und von Unterhaltungsspielautomaten aufstellen, gegen Grundsätze oder Regeln des Gemeinschaftsrechts, der Generalinspektion ein Ermessen bei der Qualifizierung von Spielinhalten einzuräumen?

Zur Zulässigkeit

35 Die portugiesische Regierung macht zum einen geltend, dass die Vorlagefragen unzulässig seien, da sie sich nicht auf die Auslegung des Vertrages bezögen, sondern auf die Auslegung oder die Beurteilung der Gültigkeit der portugiesischen Rechtsvorschriften über die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen, was ausschließlich in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte falle.

36 Zum anderen vertritt sie die Auffassung, das Ausgangsverfahren, das nur die Bedingungen für die Veranstaltung von Glücksspielen in Portugal durch portugiesische Unternehmen nach den portugiesischen Rechtsvorschriften betreffe, weise keinerlei Bezug zum Gemeinschaftsrecht auf und betreffe einen rein internen Sachverhalt.

37 Was die erste Einrede angeht, so ist der Gerichtshof zwar im Verfahren nach Artikel 234 EG nicht befugt, die Normen des Gemeinschaftsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden, und somit auch nicht dafür zuständig, eine Bestimmung des innerstaatlichen Rechts an diesen Normen zu messen; er kann aber das Gemeinschaftsrecht im Rahmen der durch diesen Artikel vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen den Gerichten anhand der Akten insoweit auslegen, als dies dem innerstaatlichen Gericht bei der Beurteilung der Wirkungen dieser Bestimmung dienlich sein könnte (Urteile vom in der Rechtssache 20/87, Gauchard, Slg. 1987, 4879, Randnr. 5, und vom in den Rechtssachen C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99, Reisch u. a., Slg. 2002, I-2157, Randnr. 22).

38 Im Ausgangsverfahren ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um die Auslegung von Bestimmungen des Vertrages aber allein mit dem Ziel, festzustellen, ob diese Bestimmungen Auswirkungen auf die Anwendung der in diesem Verfahren einschlägigen nationalen Vorschriften haben können. Es kann also nicht behauptet werden, dass die im Ausgangsverfahren gestellten Vorabentscheidungsfragen einen anderen Gegenstand als die Auslegung von Bestimmungen des Vertrages hätten.

39 Hinsichtlich der zweiten Einrede ist zu bejahen, dass das Ausgangsverfahren mit keinem Element über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinausweist. Eine nationale Regelung wie das portugiesische Decreto-Lei Nr. 422/89, die unterschiedslos auf portugiesische Staatsangehörige und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar ist, kann aber nur dann Vertragsbestimmungen über die Grundfreiheiten betreffen, wenn sie auf Sachlagen anwendbar ist, die eine Verbindung zum innergemeinschaftlichen Handel aufweisen (Urteile vom in der Rechtssache 286/81, Oosthoek's Uitgeversmaatschappij, Slg. 1982, 4575, Randnr. 9, und vom in der Rechtssache 98/86, Mathot, Slg. 1987, 809, Randnrn. 8 und 9, sowie Urteil Reisch u. a., Randnr. 24).

40 Das hat jedoch nicht zur Folge, dass die Fragen, die dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorliegen, nicht zu beantworten wären. Grundsätzlich ist es allein Sache der nationalen Gerichte, unter Berücksichtigung des jeweiligen Sachverhalts sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass ihres Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen (Urteil vom in der Rechtssache C-448/98, Guimont, Slg. 2000, I-10663, Randnr. 22). Der Gerichtshof kann das Ersuchen eines nationalen Gerichts nur zurückweisen, wenn offensichtlich kein Zusammenhang zwischen der erbetenen Auslegung oder Prüfung der Gültigkeit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts und der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens besteht (Urteil vom in der Rechtssache C-281/98, Angonese, Slg. 2000, I-4139, Randnr. 18, und Urteil Reisch u. a., Randnr. 25).

41 Im vorliegenden Fall ist nicht offenkundig, dass die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts für das nationale Gericht nicht erforderlich wäre. Eine Antwort könnte ihm nämlich dann von Nutzen sein, wenn sein nationales Recht vorschriebe, dass einem portugiesischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zustehen, die dem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Gemeinschaftsrechts zustuenden (Urteile Guimont, Randnr. 23, und Reisch u. a., Randnr. 26).

42 Es ist daher zu prüfen, ob die Bestimmungen des Vertrages, um deren Auslegung ersucht wird, im Widerspruch zur Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen stehen, wenn diese Regelung auf Personen angewandt würde, die ihren Wohnsitz in anderen Mitgliedstaaten haben.

Zu den Vorabentscheidungsfragen

Zur ersten Frage

43 Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Glücksspiele eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 2 EG darstellen.

44 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, und die Kommission stimmen darin überein, dass den Glücksspielen die Eigenschaft einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Artikels 2 EG zuzuerkennen ist, d. h. einer Tätigkeit, die auf die Erzielung eines Gewinns gerichtet ist, zu einem spezifischen Entgelt führt und sich im Rahmen der im Vertrag niedergelegten wirtschaftlichen Freiheiten bewegt.

45 Die deutsche Regierung trägt vor, weder die Zufallsabhängigkeit der Gewinne noch die Verwendung der Überschüsse aus Glücksspielen stehe dem entgegen, dass diese eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellten.

46 Wie u. a. die portugiesische Regierung ausführt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass Lotterien als Teil des Wirtschaftslebens im Sinne des Vertrages anzusehen seien, da sie aus einer Einfuhr von Waren oder einer Dienstleistung bestehen (Urteil vom in der Rechtssache C-275/92, Schindler, Slg. 1994, I-1039, Randnr. 19). Was insbesondere die im Ausgangsverfahren streitigen Tätigkeiten angeht, hat der Gerichtshof entschieden, dass Spiele, die gegen ein Entgelt an Spielautomaten wie den im Ausgangsverfahren streitigen gespielt werden, als Glücksspiele anzusehen sind, die mit den Lotterien im Sinne des Urteils Schindler vergleichbar sind (Urteil vom in der Rechtssache C-124/97, Läärä u. a., Slg. 1999, I-6067, Randnr. 18).

47 Diese Beurteilung ist zu bestätigen, und alle Glücksspiele sind als wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne von Artikel 2 EG zu qualifizieren, denn sie erfuellen die beiden vom Gerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung zugrunde gelegten Kriterien, nämlich die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gegen Entgelt und die Erwartung eines Gewinns in Geld.

48 Auf die erste Frage ist folglich zu antworten, dass Glücksspiele wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne des Artikels 2 EG darstellen.

Zur zweiten, dritten und fünften Frage

49 Die zweite, die dritte und die fünfte Frage des vorlegenden Gerichts gehen im Wesentlichen dahin, ob Glücksspiele eine Tätigkeit im Zusammenhang mit Waren darstellen oder vielmehr eine Dienstleistung im Sinne des Vertrages und ob in diesem Fall Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung, der Einfuhr und dem Vertrieb von Spielautomaten zum einen und der Betrieb dieser Automaten zum anderen voneinander trennbar sind oder nicht, um zu bestimmen, ob der in den Artikeln 28 EG und 29 EG definierte Grundsatz des freien Warenverkehrs auf alle diese Tätigkeiten, die voneinander untrennbar wären, Anwendung finden kann.

50 Anders als die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind die Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, und die Kommission der Auffassung, dass Spiele betreffende Tätigkeiten nicht unter die für Waren geltenden Regelungen fielen.

51 Sie unterscheiden nämlich die Geldspielgeräte von den Spiele betreffenden Tätigkeiten, wie es der Gerichtshof selbst in Randnummer 20 des Urteils Läärä u. a. mit der ausdrücklichen Feststellung getan hat, dass Geldspielautomaten als solche Waren darstellen, die unter Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) fallen können. Was die mit Spielen zusammenhängenden Tätigkeiten angeht, d. h. die Nutzung von Spielgeräten, vertreten diese Regierungen und die Kommission gestützt auf die Rechtsprechung im Urteil Schindler die Auffassung, dass Spiele betreffende Tätigkeiten sich nicht auf Waren, sondern auf Dienstleistungen bezögen.

52 Der Gerichtshof hat in der Tat in den Randnummern 24 und 25 des Urteils Schindler entschieden, dass die Tätigkeiten im Lotteriewesen keine Tätigkeiten sind, die Waren betreffen und als solche unter Artikel 30 EG-Vertrag fallen, sondern als Dienstleistungen im Sinne des Vertrages anzusehen sind.

53 Was die unter den freien Warenverkehr fallenden, die Herstellung, die Einfuhr und den Vertrieb von Spielgeräten betreffenden Tätigkeiten zum einen und die unter den freien Dienstleistungsverkehr fallende Tätigkeit des Betriebs von Spielautomaten zum anderen angeht, sind die portugiesische, die belgische und die deutsche Regierung der Auffassung, dass diese verschiedenen Tätigkeiten nicht unabhängig voneinander seien. Da die Herstellung und der Vertrieb von Spielgeräten nicht getrennt vom Funktionieren dieser Geräte gesehen werden könnten - weil diese zur Veranstaltung von Glücksspielen hergestellten Geräte keine andere Verwendung finden könnten - wünschen alle Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, dass der Rechtsgrundsatz, nach dem die Nebensache der Hauptsache folgt, angewendet werde.

54 Im verwandten Fall der Lotteriespiele hat der Gerichtshof entschieden, dass bestimmte Tätigkeiten der Herstellung und der Verbreitung von Werbematerial und Anmeldeformularen, ja sogar von Losen, bei denen es sich um konkrete Einzelheiten der Veranstaltung oder des Ablaufs einer Lotterie handele, im Hinblick auf den Vertrag nicht losgelöst von der Lotterie betrachtet werden können, auf die sie sich beziehen. Diese Tätigkeiten sind kein Selbstzweck, sondern sollen den Personen, die in den Mitgliedstaaten wohnen, in die diese Gegenstände eingeführt und in denen sie verteilt werden, die Teilnahme an der Lotterie ermöglichen (Urteil Schindler, Randnr. 22).

55 Ohne dass die Einfuhr von Geldspielautomaten in ungefährer Entsprechung zu diesen Erwägungen als akzessorisch zur Tätigkeit des Betriebs dieser Geräte angesehen zu werden braucht, genügt es festzustellen, wie der Gerichtshof es bereits in den Randnummern 20 bis 29 des Urteils Läärä u. a. getan hat, dass, auch wenn der Betrieb von Geldspielautomaten mit dem Vorgang verknüpft sein sollte, der darin besteht, sie einzuführen, die erstgenannte Tätigkeit unter die Vorschriften des Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr und die zweitgenannte unter die Vorschriften über den freien Warenverkehr fällt.

56 Auf die zweite, die dritte und die fünfte Frage ist daher zu antworten, dass die Tätigkeit des Betriebs von Glücksspielautomaten unabhängig davon, ob sie sich von den die Herstellung, die Einfuhr und den Vertrieb derartiger Geräte betreffenden Tätigkeiten trennen lässt, als Dienstleistung im Sinne des Vertrages zu qualifizieren ist und dass sie daher nicht unter die Artikel 28 EG und 29 EG über den freien Warenverkehr fallen kann.

Zur vierten Frage

57 Die vierte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob ein Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen in den Anwendungsbereich des Artikels 31 EG fällt.

58 Artikel 31 EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, ihre staatlichen Handelsmonopole derart umzuformen, dass jede Diskriminierung zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist.

59 Sowohl aus der Stellung dieser Bestimmung innerhalb des Kapitels über das Verbot der mengenmäßigen Beschränkungen als auch aus der Verwendung der Worte Einfuhr" und Ausfuhr" in Absatz 1 Satz 2 und des Wortes Erzeugnisse" in Absatz 3 folgt, dass sie den Handel mit Waren betrifft, sich aber nicht auf ein Dienstleistungsmonopol beziehen kann (siehe Urteil vom in der Rechtssache 155/73, Sacchi, Slg. 1974, 409, Randnr. 10).

60 Da Glücksspiele eine Dienstleistung im Sinne des Vertrages darstellen, wie in Randnummer 56 dieses Urteils entschieden worden ist, ist ein eventuelles Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen vom Anwendungsbereich des Artikels 31 EG ausgeschlossen.

61 Auf die vierte Vorabentscheidungsfrage ist daher zu antworten, dass ein Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 31 EG fällt.

Zur sechsten, siebten, neunten und zehnten Frage

62 Die sechste, die siebte, die neunte und die zehnte Frage des vorlegenden Gerichts gehen im Wesentlichen zum einen dahin, ob nationale Rechtsvorschriften wie die portugiesischen Rechtsvorschriften über Glücksspiele, die die Veranstaltung von und die Teilnahme an diesen Spielen auf bestimmte Orte beschränken und die unterschiedslos für portugiesische Staatsangehörige und für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten gelten, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellen, und zum anderen dahin, ob solche Rechtsvorschriften aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, insbesondere zum Verbraucherschutz, zum Schutz der öffentlichen Sittlichkeit und zur Verbrechensprävention, auf denen sie beruhen, gerechtfertigt werden können.

63 Was die Frage angeht, ob nationale Rechtsvorschriften wie die im Ausgangsverfahren streitigen portugiesischen Rechtsvorschriften eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellen, sind sowohl die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens als auch die Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, und die Kommission der Auffassung, dass solche Rechtsvorschriften eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellen können, auch wenn die Beschränkungen, die sie enthalten, ohne Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit Anwendung fänden und daher ohne Unterschied für die portugiesischen Staatsangehörigen und die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten Geltung hätten.

64 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens vertreten u. a. die Auffassung, in Portugal sei der Glücksspielsektor durch die Kasinos monopolisiert, was offensichtlich den im Vertrag niedergelegten wirtschaftlichen Grundsätzen und Freiheiten zuwiderlaufe. Die finnische Regierung vertritt die Ansicht, die im Ausgangsverfahren streitige rechtliche Regelung hindere die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer zumindest mittelbar daran, die betreffenden Dienstleistungen in Portugal anzubieten.

65 Unstreitig können nationale Rechtsvorschriften selbst bei unterschiedsloser Geltung unter Artikel 49 EG fallen, wenn sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden oder zu behindern (Urteil Schindler, Randnr. 43).

66 Dies trifft auf nationale Rechtsvorschriften wie die portugiesischen Rechtsvorschriften zu, die das Recht auf Veranstaltung von Glücksspielen auf die in den durch Decreto-Lei geschaffenen ständigen oder zeitweiligen Spielzonen vorhandenen Kasinosäle beschränkt.

67 Die eventuelle Rechtfertigung der portugiesischen Rechtsvorschriften stützt sich auf zwei Gesichtspunkte. Der erste soll sich daraus ergeben, dass die rechtliche Regelung, die durch diese Rechtsvorschriften eingeführt wird, unterschiedslos für portugiesische Staatsangehörige und für die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten gelte, der zweite daraus, dass diese Regelung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die die Grundlage der Regelung darstellten, gerechtfertigt sei.

68 Wie das vorlegende Gericht in seinem Beschluss feststellt, schaffen die portugiesischen Rechtsvorschriften keine Diskriminierung zwischen den Staatsangehörigen der verschiedenen Mitgliedstaaten. Diese Rechtsvorschriften sind folglich als unterschiedslos anwendbar anzusehen.

69 Es ist daher zu ermitteln, ob Artikel 49 EG Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren streitigen, die zwar keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit enthalten, aber den freien Dienstleistungsverkehr beschränken, nicht entgegensteht.

70 Alle Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, vertreten die Ansicht, dass derartige Rechtsvorschriften mit Artikel 49 EG vereinbar seien. Sie seien als durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugs- und Verbrechensvorbeugung, den Schutz der öffentlichen Sittlichkeit und die Finanzierung von im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeiten gerechtfertigt anzusehen.

71 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind dagegen der Auffassung, die in Artikel 30 EG genannten ausnahmsweise zulässigen Beschränkungen hätten offensichtlich Ausnahmecharakter und könnten nicht generell ohne irgendein Kriterium gelten. Außerdem habe der portugiesische Staat, obwohl er gehalten sei, die Bereiche und die Gründe anzugeben, die ihn dazu veranlasst hätten, sich auf Artikel 30 EG zu berufen, den Rückgriff auf eine rechtliche Regelung wie die von ihm geschaffene nicht ausreichend begründet. Dieser Staat bringe keinen Vorbehalt sittlicher Art oder des Ordre public vor, der eine solche rechtliche Regelung rechtfertigen könnte.

72 Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts werden die Vorschriften des portugiesischen Rechts über die Regelung von Glücksspielen rechtlich als im Allgemeininteresse liegende und zum Ordre public gehörende Regeln qualifiziert. Diese rechtliche Regelung hat zwingenden Charakter und einen hohen symbolischen Wert; mit ihr sollen im Allgemeininteresse liegende Ziele und legitime soziale Zwecke wie die Lauterkeit des Spiels" und die Möglichkeit, daraus einen Gewinn für den öffentlichen Sektor zu ziehen", erreicht werden.

73 Die verschiedenen Gründe, die zum Erlass einer derartigen Regelung der Glücksspiele geführt haben, sind in ihrer Gesamtheit zu würdigen, wie der Gerichtshof in Randnummer 58 des Urteils Schindler festgestellt hat. Im vorliegenden Fall beziehen diese Gründe sich auf den Schutz der Verbraucher, die Empfänger der Dienstleistung sind, und auf den Schutz der Sozialordnung. Derartige Ziele sind aber vom Gerichtshof bereits als Gründe angesehen worden, die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen können (Urteile vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 220/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 3663, Randnr. 20; Urteile Schindler, Randnr. 58, und Läärä u. a., Randnr. 33).

74 Darüber hinaus ähneln die im Ausgangsverfahren streitigen portugiesischen Rechtsvorschriften, wie die Kommission unterstreicht, im Wesentlichen der finnischen Regelung über Geldspielautomaten, um die es in der Rechtssache Läärä u. a. ging und von der der Gerichtshof angenommen hat, dass sie im Hinblick auf die mit ihr verfolgten Ziele nicht unverhältnismäßig war (Urteil Läärä u. a., Randnr. 42). Außerdem hat der Gerichtshof angenommen, dass eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von - bestimmten Einrichtungen gewährten oder zur Konzession erteilten - besonderen oder Ausschließlichkeitsrechten der Verwirklichung solcher im Allgemeininteresse liegender Ziele dient (Urteil vom in der Rechtssache C-67/98, Zenatti, Slg. 1999, I-7289, Randnr. 35).

75 Auf die sechste, die siebte, die neunte und die zehnte Frage ist demzufolge zu antworten, dass nationale Rechtsvorschriften wie die portugiesischen Rechtsvorschriften, die die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen nur in den Kasinosälen zulassen, die in den durch Decreto-Lei eingerichteten ständigen oder zeitweiligen Spielzonen vorhanden sind, und die unterschiedslos für portugiesische Staatsangehörige und für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten gelten, eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellen. Die Artikel 49 EG ff. stehen aber solchen nationalen Rechtsvorschriften in Anbetracht der Erwägungen der Sozialpolitik und der Betrugsvorbeugung, auf die sie gestützt sind, nicht entgegen.

Zur achten Frage

76 Die achte Frage des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob schon der Umstand, dass die Veranstaltung und die Teilnahme an Glücksspielen in anderen Mitgliedstaaten Gegenstand gesetzlicher Regelungen sind, die weniger einschränkend als die im Ausgangsverfahren streitige portugiesische gesetzliche Regelung sind, ausreicht, um die letztgenannte Regelung unvereinbar mit dem Vertrag zu machen.

77 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die unterstreichen, dass die gesetzlichen Regelungen anderer Mitgliedstaaten weniger einschränkend als die portugiesische Regelung seien, sind der Auffassung, dass kein sozioökonomischer Grund und auch kein Vorbehalt sittlicher Art oder des Ordre public rechtfertigten, dass die portugiesische Regelung einschränkender sei.

78 Dagegen machen alle Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, geltend, das Schutzniveau, das ein Mitgliedstaat in seinem Hoheitsgebiet bei Glücksspielen gewährleisten wolle, liege in dem den nationalen Behörden eingeräumten Ermessen. Es sei daher Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, die passende rechtliche Regelung für Glücksspiele einzurichten, u. a. nach den jedem einzelnen Staat eigenen soziokulturellen Faktoren und nach den Grundsätzen, die der betreffenden Gesellschaft als am besten angepasst betrachtet würden. Die portugiesische Regierung trägt vor, die Besonderheit des Spiels gebiete und rechtfertige einen rechtlichen Rahmen, der mit der Vorstellung von der Rangordnung der Grundwerte jedes einzelnen Mitgliedstaats vereinbar sei.

79 Unstreitig obliegt es den nationalen Behörden, zu beurteilen, ob es im Rahmen des verfolgten Zieles notwendig ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen (Urteile Läärä u. a., Randnr. 35, und Zenatti, Randnr. 33).

80 Daher ist es für die Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen ohne Belang, dass ein Mitgliedstaat andere Schutzregelungen als ein anderer Mitgliedstaat erlassen hat. Diese sind allein im Hinblick auf die von den nationalen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das Schutzniveau zu beurteilen, das sie gewährleisten sollen (Urteile Läärä u. a., Randnr. 36, und Zenatti, Randnr. 34).

81 Auf die achte Vorabentscheidungsfrage ist daher zu antworten, dass der Umstand, dass es eventuell in anderen Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften über die Voraussetzungen der Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücksspielen gibt, die weniger einschränkend als die in den portugiesischen Rechtsvorschriften vorgesehenen sind, für die Vereinbarkeit Letzterer mit dem Gemeinschaftsrecht unerheblich ist.

Zur elften, zwölften und dreizehnten Frage

82 Die elfte, die zwölfte und die dreizehnte Frage des vorlegenden Gerichts gehen im Wesentlichen dahin, ob Rechtsvorschriften, die die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen von rechtlichen und logistischen Voraussetzungen abhängig machen, wie dem Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem Staat nach öffentlicher Ausschreibung und der Beschränkung der Spielzonen auf die Kasinos, die zur Qualifizierung verschiedener Spielformen unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden und die der Generalinspektion für Spiele ein Ermessen bei der Klassifizierung der Spielinhalte einräumen, mit den Bestimmungen des Vertrages, insbesondere mit Artikel 49 EG, vereinbar sind.

83 Die portugiesische, die belgische, die spanische und die finnische Regierung stimmen in der Auffassung überein, dass der Vertrag den Vorschriften des Decreto-Lei Nr. 422/89 zur Regelung der Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücksspielen nicht entgegenstehe, da diese die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit erfuellten.

84 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind dagegen der Auffassung, dass bei den durch die portugiesischen Rechtsvorschriften eingeführten Beschränkungen für die Veranstaltung von Spielen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet werde, da nähere Angaben in Bezug auf die Gründe und die mit diesen Beschränkungen verfolgten Ziele fehlten und keine Rechtfertigung in Zusammenhang mit dem Ordre public oder dem Schutz der Gesellschaft angeführt werde. Sie beanstanden auch, dass der Generalinspektion für Spiele ein Ermessen bei der Klassifizierung der Spielarten, der Spielgeräte und der Spielinhalte eingeräumt werde. Eine solche Befugnis ohne objektive und transparente Regeln sei willkürlich und verstoße daher gegen den Vertrag.

85 Die Kommission weist darauf hin, dass Maßnahmen, die die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen beschränkten, verhältnismäßig und geeignet sein müssten, die Verwirklichung der angestrebten Ziele zu gewährleisten, und schlägt dem Gerichtshof vor, diese Fragen für unzulässig zu erklären. Da es an einer Definition der verschiedenen Arten von Geräten, mit denen Spiele durchgeführt werden könnten, auf Gemeinschaftsebene fehle, sei es Sache des vorlegenden Gerichts, über die Auslegung der im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Vorschriften zu entscheiden. Ebenso sei das vorlegende Gericht allein für die Entscheidung zuständig, ob es den freien Dienstleistungsverkehr beeinträchtigen könne, dass der Generalinspektion für Spiele durch die portugiesischen Rechtsvorschriften ein Ermessen bei der Qualifizierung und der Klassifizierung eingeräumt werde.

86 Wie die portugiesische Regierung unterstreicht, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes, dass den freien Dienstleistungsverkehr beschränkende nationale Maßnahmen, die unterschiedslos anwendbar und durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind - wie es in der vorliegenden Rechtssache der Fall ist, was aus den Randnummern 68 und 72 bis 75 des vorliegenden Urteils hervorgeht - auch geeignet sein müssen, die Verwirklichung des mit ihnen angestrebten Zieles zu gewährleisten und nicht über das zur Erreichung dieses Zieles Erforderliche hinausgehen dürfen (Urteil vom in der Rechtssache C-288/89, Collectieve Antennevoorziening Gouda, Slg. 1991, I-4007, Randnrn. 13 bis 15, und Urteil Läärä u. a., Randnr. 31).

87 Es obliegt jedoch allein den nationalen Stellen, im Rahmen ihres Ermessens die Ziele festzulegen, deren Erreichung sie gewährleisten wollen, die Mittel zu bestimmen, die ihnen zur Konkretisierung dieser Ziele am besten geeignet erscheinen, und mehr oder weniger strenge Bedingungen für die Veranstaltung von und die Teilnahme an Spielen vorzusehen (siehe in diesem Sinne die Urteile Schindler, Randnr. 61, Läärä u. a., Randnr. 35, und Zenatti, Randnr. 33), die auch für mit dem Vertrag vereinbar befunden worden sind.

88 Auf die elfte, die zwölfte und die dreizehnte Frage ist daher zu antworten, dass im Rahmen von mit dem EG-Vertrag vereinbaren Rechtsvorschriften die Wahl der Bedingungen für die Organisation und die Kontrolle der Tätigkeiten der Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücksspielen, wie z. B. der Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem Staat oder die Beschränkung der Veranstaltung von und der Teilnahme an bestimmten Spielen auf ordnungsgemäß dafür zugelassene Orte, Sache der nationalen Stellen im Rahmen ihres Ermessens ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

89 Die Auslagen der portugiesischen, der belgischen, der deutschen, der spanischen, der französischen und der finnischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
IAAAC-93307

1Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg