Ursprünglich einbringungsgeborene Anteile an einer GmbH in der Veräußerungsgewinnbesteuerung
Gesetze: EStG § 17, UmwStG § 21 Abs. 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Ehemann (AX) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) brachte mit Wirkung zum seinen Betrieb zu Buchwerten in die Fa. X-GmbH (GmbH) ein. Im Jahr 1990 übertrug er der Klägerin zum Ausgleich des Zugewinns (wegen Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Vereinbarung der Gütertrennung) die Hälfte seiner GmbH-Anteile. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) behandelte diesen Vorgang als entgeltliche Übertragung, so dass die Anteile steuerentstricktes Privatvermögen der Klägerin wurden. Im Anschluss daran übertrugen AX und seine Ehefrau, die Klägerin, Anteile an ihre drei Kinder. Zum war AX noch zu 42,5 % am Stammkapital der GmbH beteiligt. Im Jahr 1994 kam es zu weiteren Übertragungen auf die Kinder, als deren Ergebnis AX zum nur noch zu 25 % am Stammkapital der GmbH beteiligt war. Am beantragte u.a. AX die Versteuerung seiner Anteile nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Umwandlungssteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (1995) —UmwStG—. Als gemeiner Wert wurden 150 DM pro 100 DM Anteile angesetzt. Das FA erfasste im bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994 für AX einen Entstrickungsgewinn von 125 000 DM.
Im Mai des Streitjahres veräußerte AX seine gesamten Anteile für 2 Mio. DM (800 DM pro 100 DM Stammkapital). Das FA erfasste im Streitjahr gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen Veräußerungsgewinn von 1 625 000 DM als Unterschied des Veräußerungspreises und den im Rahmen der Versteuerung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG angesetzten Werten und setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr in dem hier maßgebenden Einkommensteuerbescheid vom für den Zeitraum der bis zum Wegzug von AX nach Australien am bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht auch gegenüber der Klägerin entsprechend fest.
Die Klägerin wandte sich gegen die Versteuerung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG. Die in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven seien auf Antrag bereits im Jahr 1994 versteuert worden. § 17 EStG sei gegenüber § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG subsidiär. Die so im Jahr 1994 entstrickten Anteile könnten nicht mehr berücksichtigt werden. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 17 EStG. Diese Vorschrift erfasse nach ihrem Sinn und Zweck nicht den Veräußerungsgewinn, um den es hier gehe. Bei der Veräußerung einer —wie hier— unwesentlichen Beteiligung sei die Fünf-Jahres-Regelung nicht anzuwenden, wenn innerhalb der letzten fünf Jahre der Steuerpflichtige zwar wesentlich beteiligt gewesen sei, diese Beteiligung indes —wie hier— aus einbringungsgeborenen Anteilen bestanden habe und die stillen Reserven durch eine Entstrickung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG versteuert worden seien; durch die Veräußerung der Beteiligung würden nämlich nur noch solche stillen Reserven realisiert, die während des Bestehens der unwesentlichen Beteiligung entstanden seien. Die Entstrickung bewirke, dass die wesentliche Beteiligung fiktiv insgesamt veräußert und danach fiktiv eine Minderheitsbeteiligung erworben werde. Die Auffassung, nach der § 17 EStG auf eine Veräußerung der Anteile nach ihrer Entstrickung nicht anwendbar sei, ergebe sich auch aus dem ab dem Veranlagungszeitraum 1999 eingefügten § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG. Wenn dort die Entstrickung als Anschaffung bei privaten Veräußerungsgeschäften gelte, so wäre diese ergänzende Regelung nicht erforderlich gewesen, wenn der Gesetzgeber von einer Steuerpflicht nach § 17 EStG ausgegangen wäre. Schließlich sei die vom Finanzgericht (FG) vertretene Auffassung auch verfassungsrechtlich problematisch. Es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), wenn Wertsteigerungen in den Anteilen nach Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen weiterhin besteuert würden, Wertsteigerungen übriger Wirtschaftsgüter dagegen keiner Besteuerung unterfielen.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr insoweit zu ändern, als kein Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG angesetzt wird,
hilfsweise,
die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Subsidiärbesteuerung von einbringungsgeborenen Anteilen im Rahmen des § 17 EStG, die im Gegensatz zu § 16 EStG i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG stehe, dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen; denn sie ist unbegründet. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass bei der Festsetzung der Einkommensteuer auch der Gewinn aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der GmbH durch AX berücksichtigt werden musste.
1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war.
AX erfüllt diese Voraussetzungen. Er war bis zum Jahr 1994 mit 42,5 % zu mehr als einem Viertel und damit wesentlich i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG am Kapital der GmbH beteiligt. Die Anteilsveräußerung im Streitjahr lag innerhalb der Fünfjahresfrist.
2. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG wird nicht durch § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG verdrängt. Eine Subsidiarität des § 17 EStG gegenüber § 21 Abs. 1 UmwStG besteht nur bei einbringungsgeborenen Anteilen, also Anteilen, die der Veräußerer durch eine Sachanlage unter dem Teilwert (§ 20 Abs. 1 UmwStG) erworben hat (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222; vom I R 111/00, BFH/NV 2002, 628).
Zwar hat AX zunächst einbringungsgeborene Anteile erworben, als er seinen Betrieb zu Buchwerten in die GmbH einbrachte und dafür als Gegenleistung neue Anteile an der GmbH erhielt. Seine im Streitjahr veräußerten Anteile von 25 % des Stammkapitals hatten diesen Status durch den Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG allerdings verloren.
3. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch dann anwendbar, wenn mit der Veräußerung nur solche Wertsteigerungen erfasst werden, die während des Bestehens der unwesentlichen Beteiligung entstanden sind, die stillen Reserven der wesentlichen, aus einbringungsgeborenen Anteilen bestehenden Beteiligung aber bereits zuvor durch einen Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG und Anteilsveräußerungen realisiert worden waren (in dieser Richtung auch Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., § 21 UmwStG Rz 35; Haritz in Haritz/Benkert, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 21 Rz 198). Der Senat verweist zur weiteren Begründung dieses schon aus der ständigen Rechtsprechung des BFH herzuleitenden Ergebnisses (BFH-Urteile in BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222, und vom VIII R 25/02, BFHE 209, 275, BStBl II 2005, 436) auf sein zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenes Urteil vom heutigen Tag in der Sache IX R 58/05.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1998 Nr. 12
EStB 2008 S. 437 Nr. 12
GAAAC-93283